NEIN zum Touristen Tsunami Amsterdam wünscht sich den richtigen Touristen Typ und ändert Strategie
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NEIN zum Touristen-Tsunami

Amsterdam wünscht sich den "richtigen" Touristen-Typ und ändert Strategie

Touristenfreies Amsterdam: Die Einheimischen lieben die neue Stille in der Stadt.Foto: Boudewijn Bo Boer Unsplash

Amsterdam. Das touristenfreie Amsterdam ist schöner als je zuvor. Die Stadtbewohner lieben es, die Strassen während des Lockdowns wieder für sich zu haben und die Stadt würde dies gerne so beibehalten. Zumindest, solange sie sozial verträglichere, wirtschaftlich und ökologisch nachhaltigere Rahmenbedingungen ausarbeitet. Mit 29 Millionen erwarteten Besuchern für das Jahr 2025 wünscht sich die Bürgermeisterin, dass "der richtige Typ" von Touristen kommt. Weniger Coffeeshop-Begeisterte und mehr Geschichtsliebhaber. Für Unternehmer aus der Hotellerie scheint es wichtiger zu sein, wieder Touristen willkommen heissen zu dürfen – und zwar aller Art.

Als eine der am meisten besuchten Städte Europas lautet die Frage nicht "ob", sondern eher "wann" Amsterdam wieder Touristen willkommen heisst. Je früher, desto besser, so die Hoteliers, die hilflos mit ansehen mussten, wie ihre Belegungsrate über Nacht von 85% auf null sank. Ganz zu schweigen von den Finanzen, die nach zweieinhalb Monaten erzwungener Inaktivität wie Schnee in der Sonne zusammengeschmolzen sind.

Obwohl der Druck ab 1. Juni in Amsterdam etwas nachlassen dürfte, möchte es die Stadtverwaltung lieber etwas langsamer angehen lassen. Die neue Bürgermeisterin machte klar, dass sie die alte Tsunami-Welle von Touristen, die die engen Strassen der Stadt überfluteten, in Zukunft nicht dulden wird. Femke Halsema möchte keine zweite Infektionswelle riskieren. Ausserdem möchte sie ausnutzen, dass die Stadt verwaist ist, um die Rahmen-Bedingungen für eine "nachhaltigere" Tourismus-Strategie zu schaffen. Ihre Teams arbeiten gemeinsam mit Amsterdam & Partners daran, der Organisation, die Amsterdam vermarktet.

Femke Halsema: Die neue Bürgermeisterin ergreift strenge Massnahmen.Foto: Stadt Amsterdam

Von 19 auf 29 Millionen Besucher in 5 Jahren

Übertourismus ist eine nagende Krankheit, die das Stadtzentrum von Amsterdam in einen Zoo voller Touristen verwandelt hat, die sich nicht zu benehmen wissen und mehr oder weniger nur auf Alkohol, Drogen und Prostituierte aus sind. Leider bestand ein Grossteil der 19 Millionen Reisenden, die 2019 die Stadt besuchten, genau aus dieser Art von Besuchern. Diese Zahl soll Prognosen zufolge in den nächsten Jahren dramatisch steigen.

Bürgermeisterin Halsema hat gesagt, dass sie 29 Millionen Besucher für 2025 erwartet. Diese Prognose ist ein Schreck für die Einheimischen, die bereits Teile der Strassen an Tourismus-Attraktionen, Junk Food-Stände und noch mehr Coffeeshops verloren haben. Und das Eindringen von Airbnb in den Markt hat mit Sicherheit nicht dazu beigetragen, diesen Trend zu entschleunigen. Im Gegenteil.

Laurens Ivens, Leiter für Wohnwesen in der Stadtverwaltung: "Rund 80% der Bewohner im Stadtzentrum fühlen sich durch häufige und auch regelmässig vermietete Ferienwohnungen belästigt." Ein Bericht besagt, dass vor der Pandemie eine von 15 Wohnungen auf der Plattform gelistet waren und 25.000 Einheiten auf Vermietungs-Website von Ferienwohnungen angeboten werden. Dies entspricht einer fünffachen Zunahme in den letzten Jahren.

Um bestimmtes Verhalten einzudämmen und um für weniger Belästigung und Ärgernis zu sorgen, hat die Stadt strikte neue Massnahmen verhängt. Dazu zählt unter anderem:

> Eine höhere Touristen-Steuer. Das macht Amsterdam zu den teuersten Städten bei den Übernachtungen.

> Keine Anlege-Rechte mehr für Kreuzfahrtschiffe. Obwohl die Saison dieses Jahr durch die Pandemie ruiniert ist, müssen die schwimmenden Hotels ab nächstem Jahr ausserhalb der Innenstadt ankern. Mehrere Kreuzfahrt-Unternehmen haben Amsterdam bereits als Anlaufhafen gestrichen.

> Keine weiteren Genehmigungen für Touristen-Läden.

> Keine weiteren Hotels im Stadtzentrum.

> Kein Airbnb in bestimmten Bereichen. Die Stadtverwaltung hat ab 1. Juli ein Verbot von Ferienapartments in drei Bezirken erlassen, darunter auch das Rotlicht-Viertel.

> Die Neubewertung der Prostituierten-Fenster im Rotlicht-Viertel.

> Das Einfrieren der Marketing-Kampagne, die Amsterdam als Destination anpreist.

> Amsterdam & Partners wird stattdessen Geld investieren, um den "richtigen Typ" von Besuchern anzusprechen.

> Die Stadtverwaltung hat eine Kampagne gegen Besucher gestartet, die ein schlechtes Benehmen an den Tag legen und verhängt heftige Bussgelder für den Konsum von Alkohol auf der Strasse, das Pinkeln in die Kanäle oder das laute Singen und Grölen ausserhalb von Häusern und Apartments in der Nacht.

Die neue Normalität: Bussgelder gegen schlechtes Benehmen.Foto: Douag

Weniger betrunkene Jungesellen, mehr Kunstliebhaber

Geerte Udo, Leiterin von Amsterdam & Partners, dem Unternehmen, das die Stadt als Destination vermarktet, will nicht weniger Touristen. Sie möchte eben nur "die richtigen" haben. In einem Interview mit DutchNews.nl erklärte sie, dass die Corona-Krise einen möglichen Wendepunkt in der Vermarktung Amsterdams geschaffen hat und eine andere Art von Kultur für die Rückkehr der Reisenden möglich ist. Aktuell arbeitet sie gemeinsam mit der Stadtverwaltung am Aufbau eines neuen Tourismus-Sektors, der "sozial, wirtschaftlich und ökologisch nachhaltig" ist.

"Die Auswirkungen des Lockdowns haben für die gesamte Branche weitreichende Folgen, aber er zeigt auch, wie Amsterdam nur mit Einwohnern ist. Es ist an der Zeit, dass wir in die Zukunft investieren, unser Angebot anpassen und einen besseren Ruf aufbauen", sagte sie. Eine Strategie der klaren Kommunikation wird darauf abzielen, die richtige Art von Besuchern anzulocken und andere von bestimmten Bereichen fernzuhalten. Amsterdam würde mit Freuden die betrunkenen Junggesellen gegen mehr Kunst-Liebhaber und Geschichtsbegeisterte eintauschen.

Vorsichtige Wiedereröffnung Amsterdams

"Amsterdam war schon immer eine offene und internationale Stadt und wir würden gerne möglichst bald wieder Besucher willkommen heissen", so Udo, die genau weiss, wie viel der Lockdown lokale Tourismus-Unternehmen kostet. Bürgermeisterin Femke Halsema wünscht sich stattdessen einen "behutsamen und vorsichtigen" Start des Tourismus. Sie ist besorgt, dass eine zweite Infektionswelle die Stadt überrollt, und hofft – wie viele Unternehmer–, dass nicht plötzlich alles wieder so voll sein wird wie vor dem Corona-Virus. "Ich glaube, dass Hoteliers und Gastronomen mit mir einer Meinung sind, denn auch sie wollen keinen langfristigen wirtschaftlichen Rückschlag erleiden."

1,5 Meter-Abstand in Restaurants absurd

Die Sache ist, dass nicht alle Unternehmen am 1. Juni wieder öffnen können. Viele haben ihrem Unmut gegen die strengen Sicherheits-Richtlinien Luft gemacht, die garantiert werden müssen, um für Kunden wieder öffnen zu dürfen. Darunter auch die Abstandsregel von 1,5 Meter zwischen Gästetischen und Stühlen. Laut niederländischer Hospitality-Vereinigung macht diese Regel vielleicht für Hotels oder Caterer Sinn, aber nicht für Restaurants oder Bars. "Unternehmer können nicht 100% ihrer Fixkosten mit 50% Umsatz decken", warnt die Vereinigung auf ihrer Website.

Ein Sprecher der KNH, der von hospitalityInside.com kontaktiert wurde, bestätigte, dass es Sache des Hotel- und Gaststätten-Unternehmers ist, zu entscheiden, ob es finanziell tragbar ist, sein Hotel geöffnet zu lassen. "Bei Ketten haben wir gesehen, dass Unternehmer manchmal vorübergehend Gäste in einem ihrer Häuser unterbringen und die anderen Hotels vorübergehend schliessen. Es gibt auch Hotels, die ihre Türen für Patienten, Pflegepersonal oder Asylbewerber geöffnet haben. Der Weiterbetrieb ist sehr variabel, und diese Entscheidung liegt wirklich bei dem Hospitality-Unternehmer. Er/sie muss abwägen, ob es sich lohnt, geöffnet zu bleiben". / Sarah Douag

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