Österreichs Steuerreform kein Gewinn für die Hotellerie
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Österreichs Steuerreform kein Gewinn für die Hotellerie

Wien. Die konservativ-grüne Regierung in Wien hat die Eckpfeiler für ihre Steuerreform 2022 eingeschlagen. Die Tourismus-Ministerin spricht von einem Gewinn für die Branche, aber die Hotellerie kritisiert die Reform, vor allem bezüglich der Lohnkosten.

Zwar laufen noch Fristen zur Begutachtung, aber die Regierungskoalition bestimmt den Kurs. Am Tag nach dem Sturz von Bundeskanzler Sebastian Kurz hat die Koalition unter dem neuen Bundeskanzler Alexander Schallenberg sofort das Budget und auch die Steuerreform beschlossen. Natürlich stehen die parlamentarische Begutachtung und Beschlussfassung noch aus.
Zunächst die Fakten. Diese Eckpunkte der Steuerreform sollen die Haushalte und Unternehmen um insgesamt 18 Milliarden Euro entlasten:

Foto: Adobe Stock Robert Kneschke

1. Lohn- und Einkommenssteuer: Entlastet werden Jahreseinkommen zwischen 18.000 und 60.000 Euro, allerdings in unterschiedlicher Höhe.

2. Für kleine Einkommen ist die Reduktion der Beiträge zur  Krankenversicherung ab Juli 2022 vorgesehen.

3. Der Familienbonus wird ab 1. Juli 2022 erhöht. Wer 2.500 Euro brutto pro Monat verdient und zwei Kinder hat, zahlt dann keine Steuern mehr.

4. Für Unternehmen: KÖSt wird 2023 von 25 auf 24% und im Jahr 2024 weiter auf 23% gesenkt.

5. Unternehmen profitieren auch von der Erhöhung der sofort abschreibbaren Wirtschaftsgüter von 800 auf 1000 Euro.

6. Die ökologische Steuerreform: Die CO2-Bepreisung wird mit folgenden Daten eingeführt. Ab 1. Juli 2022 kostet der CO2-Ausstoss 30 Euro pro Tonne und steigt dann jährlich auf 35 Euro, 45 Euro und schliesslich 2025 auf 55 Euro an. Nach aktuellem Stand gibt das zusätzliche Staats-Einnahmen von 1,4 Milliarden Euro pro Jahr. In vier Stufen von 100 bis 200 Euro pro Jahr und Person werden die Einnahmen aus der CO2-Steuer als Klimabonus zurück an die Bevölkerung fliessen. Benachteiligt sind die Städte. Begründung: Man könne dort leichter auf Autofahrten verzichten. Die niedrigste Kompensation gilt nur in Wien.

Reitterer: Lohnkosten-Situation aussen vor gelassen

Während bei der Steuerreform 2015 noch von einem "Todesstoss gegen die Tourismuswirtschaft" gesprochen wurde, zeigt sich die Tourismusbranche dieses Mal – wie die gesamte Wirtschaft – auf Anhieb eher zufrieden. Nur von Hotelier-Präsidentin Michaela Reitterer kamen kritischere Töne. Die Regierung habe eine Chance verpasst, indem man sich die Lohnnebenkosten nicht näher angeschaut habe, unterstrich Reitterer die grosse Bedeutung einer intelligenten Lohnnebenkosten-Senkung in dieser mitarbeiter-intensiven Branche. Die Kosten-Senkung bringe nur Kapitalgesellschaften etwas und in der Hotellerie seien die Gewinnspannen in den meisten Betrieben auch zu niedrig.

Demgegenüber konstatierte die Tourismus-Ministerin Elisabeth Köstinger eine "erhebliche Entlastung" für die Branche. Denn es soll auch der Gewinn-Freibetrag von 13 auf 15% erhöht werden. Diesen Freibetrag können alle natürlichen Personen mit betrieblichen Einkunftsarten in Anspruch nehmen, unabhängig von ihrer Gewinnermittlungsart.

Bettenobergrenze verhindert Wachstum

In der neutralen Einschätzung eines Tourismusberaters klingt die Bewertung der Steuerreform so: "Mit der Form der Gegenfinanzierung setzt die Regierung stark auf Wachstum. Es bleibt zu hoffen, dass dieses Wachstum auch wirklich eintrifft." Genau das könne allerdings in einigen Bundesländern, z.B. in Tirol, zu einem Problem werden, wurde dort doch eine Bettenobergrenze eingezogen. "Wenn in bestimmten Regionen keine neuen Betten mehr entstehen können", so Thomas Reisenzahn von der Prodinger Tourismusberatung, "wie soll dann Wachstum stattfinden?" Der Investitionsfreibetrag könnte eine Motivation sein, in Qualität und Ökologisierung zu investieren. Insbesondere wäre dieser steuerliche Anreiz bei den derzeitigen hohen Baukosten eine Kompensation.

Rückgänge im Reiseverkehr aufgrund der geplanten CO2-Abgabe für Autofahrer erwartet sich angesichts der bescheidenen Auswirkungen der CO2-Steuer kaum jemand. Das so genannte Diesel-Privileg, die geringere Besteuerung von Diesel-Treibstoff gegenüber Benzin, blieb auf Druck der Bauern und Spediteure unverändert. Steuer-Privilegien des Flugverkehrs blieben trotz geplanter Kerosinsteuer erhalten. Während Bahnkunden für Auslandsreisen Mehrwertsteuer bezahlen, trifft das auf den Flugverkehr nicht zu.

Steuerfreies Bedienungsgeld für die Branche?

Keine Fortschritte sieht Reisenzahn beim Bürokratie-Abbau. Positiv sei nur ein neues Mitarbeiter-Beteiligungsmodell, durch das Unternehmen, die etwa Gewinnprämien an ihre Beschäftigten auszahlen, ihre Arbeitnehmer mit maximal 3.000 Euro steuerfrei am Gewinn eines Unternehmens beteiligen können. "Hier müssen wir auf die Ausformulierung im Gesetzestext warten. Alle Massnahmen zur steuerneutralen Beteiligung von Mitarbeitern sind zu begrüssen", betont der Tourismus-Insider. Doch wie Reitterer sieht auch Reisenzahn wenig kreative Ansätze in der Reform.

Interessant dafür die Idee aus dem Hause Prodinger selbst: "Mitarbeiter, die im Tourismus beschäftigt sind, müssen mit ihrer Arbeitsleistung fehlende Rekrutierungen anderer Kollegen auffangen. Daher schlagen wir ein steuerfreies Bedienungsgeld von 15% für die Tourismusbeschäftigten vor. Dienstleistung wird in Zukunft einiges mehr kosten. Daran müssen sich die Gäste gewöhnen", unterstreicht Reisenzahn.

Zuletzt war von mehreren Branchen-Insidern zu hören, dass in den nächsten Jahren die Netto-Einkommen im Gastgewerbe bis zu einem Viertel zulegen müssen, um im Arbeitsmarkt punkten zu können. / Fred Fettner

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