Pausieren verzögern lockern FranchiseGeber über ihre Massnahmen gegenüber den Franchise Nehmern
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Pausieren, verzögern, lockern

Franchise-Geber über ihre Massnahmen gegenüber den Franchise-Nehmern

Berlin Skyline: Die Stadt-Hotellerie ist ohne grosse Franchise-Marken nicht vorstellbar.Foto: unsplash adam vradenburg

Wiesbaden. Die Corona-Krise hat auch die Franchise-Branche durchgeschüttelt. Franchise-Geber und -Nehmer sind mehr denn je aufeinander angewiesen. Aus der Perspektive der Geber klingt alles gut: Gebühren-Erlass oder gar -Aussetzung, gelockerte Marken-Standards, mehr Kommunikation… Accor, Marriott, IHG, Hilton, Choice, Best Western geben Einblick in ihre Massnahmen. Franchise-Nehmer haben sich hingegen nicht zurückgemeldet.

Die Beziehung zwischen Franchise-Geber und -Nehmer ist zu keiner Zeit einfach. Während Franchise-Geber stets beteuern, alles denkbar Mögliche für ihre Kunden zu unternehmen, hinterfragen diese immer wieder aufs Neue die Sinnhaftigkeit und die Kosten für ihre Franchise-Verträge.

Jean-Marc Schnell: Wir erstellen individuelle Zahlungspläne.Foto: AccorHotels

"Accor ist in der Krisensituation noch näher an alle Partner herangerückt, und wir stehen im stetigen Austausch. Entsprechend haben wir die Zahlung der Franchise Fees vorerst von April bis Juni pausiert, da die Situation nun weiter anhält, erstellen wir – je nach Notwendigkeit – mit jedem Partner einen individuellen Zahlungsplan, der auf die jeweiligen Möglichkeiten abgestimmt ist," sagt Jean-Marc Schnell, bei Accor zuständig für Franchise Operations in Deutschland, Österreich und der Schweiz. "Darüber hinaus haben wir mit sämtlichen Dienstleistern und Dritten verhandelt und so viele weitere Zahlungspausen und zusätzliche Unterstützung für unsere Franchisenehmer erreichen zu können, wie z.B. kostenlose Verlängerung von Verträgen für Dienstleistungen oder flexiblere Konditionen, die stärker an das Geschäftsaufkommen angepasst sind."

Accor mache keine Unterschiede zwischen den Hotels, entscheidend sei der Partner und seine individuelle Situation. Zusätzlich zu diesen Massnahmen hat Accor aber auch den "ALL Heartist Fund" ins Leben gerufen, der besonders für Mitarbeiter zur Verfügung steht. Er eröffnet insbesondere die Möglichkeit, individuellen Partnern zu helfen, die eines oder wenige Hotels betreiben. Bis Ende September wurden über ALL Heartist 38.000 Beträge an Betroffene ausbezahlt.

Morten Skumsrud: Wir haben Zulieferer-Verträge neu verhandelt.Foto: Marriott

Marriott, IHG: Verträge neu verhandelt

Auf transparente Kommunikation und offene Dialoge mit den Partnern setzt auch Marriott: "Wir haben regelmässig Webinare für Franchise-Nehmer und Hotel-Eigentümer durchgeführt, ebenso viele Einzelberatungen und umfangreiche operative Schulungen, die sich auf Sauberkeit, Sicherheit und das Wohlbefinden unserer Gäste und Mitarbeiter konzentrierten. Gleichzeitig haben wir versucht, die finanzielle Belastung unserer Franchise-Partner in dieser schwierigen Zeit zu reduzieren, indem Verträge mit Zulieferern neu verhandelt und geplante Projekte und Audits pausiert wurden. Ausserdem haben unsere Partner von unserem flexiblen Kostenrahmen profitiert, der so gestaltet ist, dass er die Unternehmensleistung widerspiegelt. Wir arbeiten weiterhin mit jedem unserer Franchise-Nehmer zusammen, um die Kosten zu senken," erklärt auch Morten Skumsrud, VP Full Service & Luxus-Franchising, EMEA.

Mario Maxeiner: Wir offerieren Gebühren-Erleichterungen.Foto: IHG

IHG war ebenfalls an vielen Fronten aktiv. "Unsere Bemühungen reichen von der Entwicklung von Toolkits für die Wiederbelebung von Hotels über gezielte Marketing-Kampagnen bis hin zur regelmässigen Kommunikation mit unseren GMs und Eigentümern. Des Weiteren haben wir eine Reihe von Massnahmen ergriffen, die unsere Partner bei der Kostensenkung und dem Erhalt des Cashflow unterstützen. Operativ haben wir in kurzer Zeit neue standardisierte Prozesse entwickelt, um einen sicheren Hotelbetrieb zu ermöglichen. Ausserdem haben wir von Anfang an mit Regierungen und Branchenvertretern zusammengearbeitet, um im Namen unserer Eigentümer und Partner Unterstützung für die Hotellerie zu sichern," erläutert Mario Maxeiner, Managing Director, Northern Europe, Russia, CIS & Georgia bei IHG. Zudem habe das Unternehmen Hotels auch finanzielle Hilfe beziehungsweise die Möglichkeit zu Einsparungen gewährt, so z.B:

- Marktspezifische Pakete mit Gebühren-Erleichterungen und Optionen zum Aufschub von Zahlungen.
- Verzögerung von Renovierungen
- Gelockerte Marken-Standards, die Kosten senken und häufig auch Hygiene-Massnahmen erleichtern.
- Temporäre Rabatte von 25% auf Technologie-Gebühren zwischen 1. März und 31. Mai 2020.
- Weitergabe von Preisnachlässen durch Verhandlungen mit mehr als 140 Lieferanten, inkl. Abschluss eines neuen globalen Vertrags mit American Express für ermässigte Swipe-Gebühren.

Mit der langsam steigenden Auslastung in den Hotels wurden die Massnahmen zur Gebühren-Erleichterung Ende Juli beendet. Der IHG-Fokus liegt nun darauf, Eigentümern bei der Verwaltung ihrer Kosten zu helfen und die Hotelauslastung auf Basis der steigenden Nachfrage in den einzelnen Märkten zu erhöhen.

Andreas Lackner: Wir ändern Marken-Standards.Foto: Hilton

Hilton: Mehr Aufwand, drastisch geringere Gebühren

Zu den Massnahmen bei Hilton sagt Andreas Lackner, Regional Head Brand Management EMEA: "Als die Pandemie ausbrach, haben wir schnell vorübergehende Massnahmen ergriffen, um für unsere Eigentümer, die von Einzelpersonen bis zu grösseren institutionellen Anlegern reichen, Wertsteigerungen zu erzielen und Belastungen zu verringern. Hinzu kamen die Unterstützung des Cashflows, Änderungen der Marken-Standards, die Umsetzung von Kostensenkungs-Massnahmen einschliesslich der Gemeinkosten der Unternehmen, und in vielen Ländern die Zusammenarbeit mit politischen Entscheidungsträgern, um zusätzliche staatliche Unterstützung zu erhalten. Da die Gebühren als Prozentsatz der Einnahmen berechnet werden, waren sie während der Krise natürlich niedriger als normal."

Ein Blick in den Halbjahres-Finanzbericht von Hilton Worldwide bestätigt das Ausmass: Die Einnahmen aus Franchisegebühren und Lizenzen hatten im zweiten Quartal 2019 noch 444 Millionen USD betragen, im Vergleichszeitraum 2020 sanken sie auf 132 Millionen USD. Im gesamten ersten Halbjahr 2020 wurden 471 Millionen USD an Gebühren und Lizenzen eingenommen, ein Einbruch um rund 43% gegenüber dem Vorjahreszeitraum 2019 mit Einnahmen in Höhe von 826 Millionen USD.

"In den letzten Wochen und Monaten haben viele Hotels, deren Betrieb vorübergehend eingestellt worden war, wieder geöffnet, und wir haben ein strenges Überprüfungsverfahren eingeführt, um sicherzustellen, dass die Wiedereröffnung so effizient wie möglich erfolgt und die Rentabilität maximiert wird", so Lackner. "Alle Massnahmen, die wir den Eigentümern vorgestellt haben, wurden auf globaler Ebene angewandt. So wurden beispielsweise bestimmte IT-System- und Servicekosten vorübergehend angehalten."

Choice: Fair bleiben

Georg Schlegel: Wir setzen auf Win-Win. Foto: Choice

Georg Schlegel, Managing Director International, erläutert die Aktivitäten bei Choice: "Grundsätzlich ist das Franchisegebühren-Modell so aufgebaut, dass wir vom Erfolg eines Franchise-Nehmers profitieren: Verdient der Franchise-Nehmer weniger, verdienen auch wir weniger. Daher gibt es per se keinen pauschalen Nachlass auf Basisgebühren wie Royalty und Service Fee. Das Modell ist sehr fair auf Win-Win ausgelegt. In Ländern, in denen wir Partner auf Basis eines Fixed Fee Models haben wurden die Gebühren in Abhängigkeit der lokalen Situation vollständig für diesen Zeitraum erlassen. Sehr wohl haben wir aber bestimmte operationelle Gebühren für alle Franchise-Nehmer reduziert bzw. gestoppt. Beispielsweise haben wir unsere Revenue Management Services während der kritischen Monate reduziert und auch die Franchise-Nehmer von Gebühren freigestellt. Ebenfalls wurde die Gebührenzahlung komplett bis Ende Juni gestundet. Im Nachgang haben wir individuell über die Zahlung der offenen Rechnungen gesprochen."

Erfreulicherweise, so Schlegel, hätten sehr viele Franchise-Nehmer ihre Aussenstände bereits vollständig zurückgezahlt. "Da die Situation jedes Hotels anders ist, führen wir mit allen Franchise-Nehmern individuelle Gespräche seit Beginn der Pandemie und versuchen zu evaluieren, welche Form der Unterstützung unsere Hotels benötigen", sagt er und weist dabei auch auf die Unterschiede zwischen erfolgreichen Häusern an touristischen Standorten und denjenigen in leergefegten Grossstädten hin. "Im Augenblick arbeiten unsere Teams daran, die Hotels bei ihrer Erholung zu unterstützen und sie auch mit Marktinformationen zu versorgen, die die Hotels allein nur schwer oder verzögert bekommen würden. Immer noch ändert sich die Lage wöchentlich."

Marcus Smola: Wir sind immer erreichbar.Foto: BWH

Best Western: Immer erreichbar

In der Eschborner Zentrale der BWH Hotel Group Central Europe wurde seit Beginn der Corona-Krise ebenfalls auf Hochtouren an Unterstützung für die angeschlossenen Hotels gearbeitet. Marcus Smola, Geschäftsführer BWH Hotel Group Central Europe GmbH: "Wir haben in operativen Dingen beraten, mit Kommunikationsmassnahmen und bei Vertriebsthemen geholfen. Alle verzichtbaren Marketing-Massnahmen wurden verschoben, Kürzungen der Hotel-Beiträge vorgenommen und Kurzarbeit in der Zentrale eingeführt. Zudem unterstützt die globale Organisation mit diversen Massnahmen, um Umsatz-Einbrüche unserer Hotels abzumildern. Teilweise wurden während der Corona-Krise Hotels auch behördlich geschlossen, bei BWH trat dies zuerst in Österreich ein. Für diesen Zeitraum haben wir die Dienstleistungsbeiträge für die Betriebe ausgesetzt."

Einige Beispiele der Unterstützung durch BWH:

- Finanziell: Erlass und Stundung der Monatsgebühr, zeitweise Aufhebung bestimmter Kontrollen und Ziele: Qualitätsprüfung für 6 Monate ausgesetzt, Wegfall der Rewards-Enrollments-Ziele, d.h. die Vorgabe pro Haus, wie viele Best Western Rewards-Teilnehmer es monatlich werben sollte, wird temporär ausgesetzt.
- Kostensenkung Zentrale: Verschiebung von Marketing-Massnahmen, Kurzarbeit, die noch andauert, aber sukzessive nach möglicher Leistungserbringung für die Hotels angepasst wird.
- Regelmässige Updates zu allen relevanten Informationen in der Krise bereits ab März, u.a. mit einem täglichen Newsletter.
- Durchführung der ersten virtuellen Tagung über 4 Tage mit Workshops und Diskussionen zu allen relevanten Themen in der Krise.
- Regelmässige Digitale Member Lunches sowie Webinare für alle Hotel-Mitarbeiter aus verschiedenen Fachbereichen zu aktuellen Themen in der Krise, z.B. F&B-Lösungen, MICE-Markt, Leisure-Markt, Pricing, Sales in der Krise etc.
- Offenes Ohr für Situation vor Ort, telefonisch rund um die Uhr erreichbar, gemeinsame und individuelle Lösungen erarbeitet. Motto: Zusammenstehen in der Krise. Auch heute stehen den Hoteliers alle Abteilungen – teils im Homeoffice – telefonisch, aber auch per Mail oder Videocall oder -konferenz für Anfragen zur Verfügung. Durchschnittlich erreichen die Zentrale so etwa 50 Anrufe von Hoteliers täglich.

FF&E Reserve als Nothilfe

Markus Lehnert: Wir alle sollten mehr als Buchungssysteme bieten.Foto: Marriott

Der gemeinsame Kampf ums Überleben hat bei Franchise-Gebern und -Nehmern Kräfte freigesetzt. "Corona ist ein super Katalysator für Innovation und Disruption und stellt gleichzeitig neue Anforderungen an Franchise-Geber und -Nehmer" äusserte sich Markus Lehnert, Vice President International Hotel Development bei Marriott, im September anlässlich eines Webinars von Hogan Lovells. Während sich die Franchise-Nehmer um die Liquiditätsprobleme ihrer Häuser gekümmert und mit Banken verhandelt hätten, sahen die Franchise-Geber ihre Aufgabe darin, ihnen im Operativen jedwede Unterstützung zu gewährleisten. "Klar wurde dabei, dass Franchise-Geber nicht nur tolle Buchungssysteme bieten sollten, sondern auch ihr Gästemix und das Management des Gäste-Ursprungs so gestalten müssen, dass es möglichst gewinnbringend ist. Franchise-Geber müssen ihren Kunden entweder höhere Umsätze im Vergleich zu Nicht-Franchise-Hotels bringen oder sie beim Kosten-Management unterstützen." Optimal wäre gewiss beides.

Lehnert bringt noch einen anderen Aspekt ins Gespräch: die FF&E Reserve, auf die Franchise-Geber in der Regel pochen und die Franchise-Nehmer bisweilen lästig finden. "Wäre sie nicht da gewesen, könnte so mancher Betreiber jetzt seine Lobby nicht mehr renovieren", erklärt er. Zudem habe die FF&E Reserve bei einigen Hotels das Überleben überhaupt erst gesichert, weil sie diese auflösen und als Notgroschen einsetzen konnten.

Lehnert ist davon überzeugt, dass die Krise viele Fragen aufgeworfen, aber auch die Kreativität in der Branche beflügelt hat. Eigentümer und Betreiber hinterfragten heute eher, ob ihr Hotel überhaupt richtig positioniert sei oder ob sie dessen Profil nicht schärfen müssten. "Lifestyle oder Extended Stay oder auch Konferenz-Hotel, diese spezialisierten Kategorien sollte man auch in die Sekundär- und Tertiär-Standorte tragen. Sie haben ihren Platz auch dort und werden vom Kunden verstanden", erklärt er. Es sei z.B. auch vorstellbar, mit der Marke Moxy über die Umwandlung von Bestandshotels zu wachsen, wo dies sinnvoll erscheine.

Generell beschreibt Lehner die Aufgabe von Franchise-Gebern folgendermassen: Vor der Krise setzten sie den Schwerpunkt auf die Marke und die Entwicklung, während der Krise auf das Asset Management und das Controlling, nach der Krise seien zunächst HR Training, Revenue Management und Loyalty-Programme wichtig, um die bestehenden Häuser wieder in Schwung zu bringen.

Keine Reaktion von Franchise-Nehmern

All das klingt nach einer wirklich tollen Unterstützung und Partnerschaft, doch ob die Franchise-Nehmer dies auch so beurteilen, war leider in diesen hektischen Tagen nicht zu erfahren. Offenbar sind sie nach wie vor zu sehr mit dem Kampf ums Überleben beschäftigt, um auf die Recherche-Mails von hospitalityInside.com zu antworten. / Susanne Stauss

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