Reagieren kann man nur danach Arbeitgeber Bewertungen Was können Unternehmen gegen Verrisse tun
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Reagieren kann man nur danach

Arbeitgeber-Bewertungen: Was können Unternehmen gegen Verrisse tun?

'I like it'. Bei negativen Bewertungen stehen Arbeitgeber zumindest in Deutschland häufig vor rechtlichen Herausforderungen.Foto: fizkes stock.adobe.com 

München. Fachkräfte sind rar. Da ist eine schlechte Bewertung als Arbeitgeber auf Portalen wie kununu.com nicht nur ärgerlich, sondern erschwert auch die Rekrutierung von neuen Mitarbeitern. Doch wie geht man damit um? Die Rechtsprechung ist selbst in Deutschland noch nicht schlüssig, für manche Situationen fehlen einfach noch Urteile.

97 Prozent der Konsumenten informieren sich über Unternehmen vorab im Netz. 85 Prozent vertrauen Online-Bewertungen genauso wie persönlichen Empfehlungen, erklärte Dr. Jonas Kahl von der Kanzlei Spirit Legal LLP Rechtsanwälte in Leipzig. Ein Verriss könne daher schnell zum Problem werden. "Der rechtssichere Umgang mit Arbeitgeber-Bewertungen im Netz" lautete deshalb der Titel eines Vortrags auf dem HSMA HR 4.0 Day 2019 auf der Talentpro im März in München. Auf der zweitägigen Messe, die unter der Bezeichnung "Expofestival für Lösungen im Recruiting, Talentmanagement & Employer Branding" firmierte, präsentierten vor allem Software-Anbieter Lösungen für die schnelle und einfache Personal-Gewinnung.

Muss man als Arbeitgeber also schlechte Bewertungen hinnehmen? Zunächst einmal gilt hierbei in Deutschland das Grundrecht der Meinungsfreiheit. Dort unterscheiden die Gerichte zwischen Meinung und Tatsachen-Behauptungen. Tatsachen sind dem Beweis zugänglich und wahr oder unwahr. Meinungen sind es nicht. Die Aussage "Das Bett war mir zu klein" ist daher eine Meinungsäusserung, ebenso wie vergebene Sternchen ein Werturteil sind und damit hingenommen werden müssen. Allerdings ist die Unterscheidung oftmals nicht so eindeutig und was das eine Gericht als Meinung anerkennt, sieht das andere als Tatsachen-Behauptung.

Den Fokus des Portals analysieren

Auch Bewertungsportale müssen aufpassen: Auch ihre Meinungsfreiheit kann eingeschränkt sein. Das zeigte das jüngste Jameda III-Urteil. Dazu urteilte der deutsche Bundesgerichtshof, dass das Ärzte-Bewertungsportal Jameda mit der Bevorzugung von Anzeigenkunden seine Stellung als "neutraler" Informationsmittler verlassen habe und daher sein Grundrecht der Meinungs- und Medienfreiheit lediglich mit geringerem Gewicht geltend machen könne. Geklagt hatte eine Ärztin, die sich gegenüber den zahlenden Wettbewerbern benachteiligt fühlte.

Im Klartext: Steht bei einem Bewertungsportal die Generierung von Anzeigen-Erlösen an erster Stelle, muss man eine Bewertung nicht hinnehmen. Das treffe eigentlich auch auf Hotel-Bewertungen und Arbeitgeber-Bewertungen zu, so der Jurist Jonas Kahl. Nur gebe es hier leider noch kein entsprechendes Urteil.

Zunächst gelte es stets, eine Gesamtschau der Äusserungen vorzunehmen, erklärte Kahl. Man müsse sich also den sprachlichen Kontext, den genauen Wortlaut und die erkennbaren Begleitumstände genau anschauen. Massstab müsse dabei stets der Durchschnittsadressat und nicht der betroffene Hotelier sein.

Grundsätzlich gebe es bei jeder Bewertung so etwas wie einen impliziten Vertrag. Wer einen Arbeitgeber bewertet, muss tatsächlich in dem Hotel gearbeitet haben – genauso wie der Bewerter eines Hotels dort übernachtet haben muss. Ist das nicht der Fall, ergibt dies einen unwahren Tatsachenkern und die Bewertung müsste aus dem Netz genommen werden.

Portale mit in der Beweispflicht

Wie geht man vor? Das Beste ist natürlich, immer zuerst den Autor zu kontaktieren – sofern das möglich ist. Beim Löschen des Beitrags auf der eigenen Website rät der Jurist zur Vorsicht. "Das kann wettbewerbsrechtlich als irreführend angreifbar sein". Die meisten Bewertungen werden auf Portalen anonym oder unter Pseudonym abgegeben. "Es gibt keinen Anspruch auf die Offenlegung der Kontaktdaten", sagte Kahl. Das ginge nur über ein Strafverfahren, bei dem dann die IP-Adresse ermittelt wird.

Also müsse man sich an das Bewertungsportal wenden. Das hafte aber nur als Störer, wenn zumutbare Prüfpflichten verletzt wurden. Es habe keine Vorab-Prüfpflicht, aber es müsse reagieren, wenn ein Betroffener auf das Portal zukommt. Dazu sollte man den vollständigen Text mit einem Screenshot, dem aktuellen Datum und der URL sichern und einen Unterlassungsanspruch geltend machen.

Das Portal müsse das Ganze dann an den Autor weiterleiten. Der müsse einen Nachweis vorlegen, dass er tatsächlich in dem Hotel gearbeitet hat. Das Portal müsse das prüfen, anonymisieren und zurück an Antragssteller schicken. "Wenn ein Portal dabei Fehler macht, besteht ein Anspruch auf Löschung, auch wenn es inhaltlich nicht notwendig wäre", erklärt Kahl.

Schwierig wird es bei internationalen Portalen. Hier entschieden die deutschen Gerichte unterschiedlich. Manche halten sich für nicht zuständig, andere erlassen auch Urteile gegen US-Plattformen. – Es bleibt diffizil. / Bärbel Schwertfeger

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