Berlin. Rückzahlungen an Buchende für Reisen, die während der Corona-Krise nicht zustande kamen, treiben die deutsche Reise-Branche weiter in eine finanzielle Katastrophe. Nachdem die EU den Vorschlag einer verpflichtenden Gutschein-Regelung abgelehnt hat und Deutschland hierbei nun auf Freiwilligkeit setzt, fordern die Verbände einen Rettungsfonds für die Reisebranche.
Die derzeitigen Rückzahlungs-Forderungen für Urlaube aus Corona-bedingten Reisen-Absagen summieren sich auf rund 6 Milliarden Euro, hat der Deutsche Reiseverband berechnet. Die Reiseveranstalter sind derzeit nicht in der Lage, diese Gelder fristgerecht zu erstatten. Verbraucher werden zunehmend ungeduldig. Drohende Insolvenzen verstärken die Unsicherheit.
In einem gemeinsamen Schreiben fordern deutsche Verbände der Reise- und Tourismuswirtschaft und Verbraucherschützer die Minister Peter Altmaier, Christine Lambrecht und Olaf Scholz jetzt auf, einen Kreditfonds für die Reisebranche aufzulegen. Aus dem Fonds sollen Reiseveranstalter vorübergehend Geld entnehmen können, um ihren Kunden die Gelder für pandemiebedingte Stornos rückzuerstatten. Es geht dabei um Reisen, die aufgrund der Reisewarnung von Veranstaltern abgesagt und in der Regel von Reisebüros rückabgewickelt werden mussten.
Die Unterzeichner des Schreibens sind sich einig: "Ohne ein ergänzendes Instrumentarium ist die freiwillige Gutschein-Lösung bei Pauschalreisen wenig belastbar und von geringem Vorteil für Verbraucher und Veranstalter gleichermassen." Die Akzeptanz für die freiwilligen Reise-Gutscheine sei gering, argumentieren die Unterzeichner. Er werden also viele Kunden eine Bar-Auszahlung bevorzugen.
Fonds agiert wie ein Kreditgeber
Der vom Bundesverband der Tourismuswirtschaft, dem Deutschen Reiseverband und der Verbraucherzentrale Bundesverband jetzt gemeinsam geforderte Kreditfonds käme nur dann zum Tragen, wenn der Kunde auf einer Bar-Auszahlung besteht. Reisebüros könnten sich aus dem Fonds die Liquidität ausgleichen lassen, die durch die zurückzuzahlenden Provisionen abfliesst.
Der Fonds würde vorübergehend als Kreditgeber agieren. Die teilnehmenden Reisebüros und Veranstalter müssten aber nach Ablauf einer Frist die entnommenen Mittel wieder zurückzahlen. Damit würde der Staat dazu beitragen, die derzeitigen Liquiditäts-Engpässe der Reisewirtschaft zu überbrücken, Arbeitsplätze zu sichern und eine Grosszahl von Unternehmen vor der Insolvenz zu bewahren. Gleichzeitig würde das Vertrauen der Verbraucher in die Pauschalreise gestärkt.
Der Fonds muss staatlich abgesichert sein. In dem gemeinsamen Schreiben heisst es: "Der Staat würde in diesem Fall eine Kreditlinie zur Verfügung stellen und eine Ausfallbürgschaft übernehmen. Bei einer erfolgreichen Bewältigung der Covid-19-Krise ist das Risiko für den Staatshaushalt als gering einzuschätzen." / red