Schöne Bescherung Lockdown 2 in Deutschland verlängert Hotels auf oder zu Blitzumfrage
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Schöne Bescherung

Lockdown 2 in Deutschland verlängert – Hotels auf oder zu? Blitzumfrage

Weihnachten adé! Manche Hoteliers wollen erst im Februar oder März wieder eröffnen.Foto: unsplash alicia slough

Wiesbaden. Geöffnet oder geschlossen? Wie das Weihnachts- und Winter-Geschäft weiter geht, steht für viele europäische Hotel-Unternehmen in den Sternen. In Deutschland wurde der aktuelle zweite Lockdown gerade von Ende November bis mindestens 20. Dezember verlängert. Restaurants bleiben geschlossen, touristische Hotel-Übernachtungen bleiben verboten. Wie reagiert die Hotellerie, wie viele Häuser bleiben geöffnet, wie plant man überhaupt? Eine hospitalityInside-Blitzumfrage unter grossen Hotelgruppen und Kooperationen ergab: Einig sind sie sich nicht. Manche werden erst wieder im April öffnen.

Ob Hotels am besten geschlossen oder auf Sparflamme geöffnet bleiben sollten, entscheidet jeder anders. Allen Hotelgruppen gemein ist: Geplant werden kann nichts, die Politik hat keinen Masterplan.

Zu den geöffneten Hotels in Deutschland, die das auch weiter bleiben sollen, zählen die 25 a&o Hotels, die über 30 Maritim Hotels, die Leonardo Hotels, die B&B Hotels sowie alle Motel One und alle Dorint Hotels. Ganz anders sieht es bei Vienna House aus: "Wir haben alle unsere Hotels in Deutschland für den Zeitraum des Lockdowns geschlossen; dies wird auch entsprechend der neuen politischen Entscheidungen so bleiben. Da sich dann nahtlos die in der Stadthotellerie eher schwierige Winterzeit angliedert, wird individuell entschieden, mit welcher Anzahl an Hotels wir ins neue Jahr wieder reingehen. Realistischerweise wird ein Grossteil erst im Februar oder März eröffnen", erklärt CEO Rupert Simoner.

Von den rund 100 Ringhotels in Deutschland sind aktuell 31 Häuser geschlossen, darunter drei saisonbedingt. Bei Romantik Hotels sind die meisten Häuser, bei BWH etwa die Hälfte der insgesamt 220 Hotels in Deutschland zu. Aufgrund der starken Food-Kompetenz von Romantik bieten allerdings derzeit knapp 28 der 150 Hotels in Deutschland, Österreich und der Schweiz einen Lieferdienst oder Abholservice über die Romantik-Website an. Bei Accor empfangen derzeit rund 60 Häuser in Deutschland keine Gäste.

Philipp von Bodman: Äusserst flexibel bleiben!Foto: Achat

"Wir beobachten die Buchungsentwicklung in unseren Hotels weiterhin täglich und sehr differenziert pro Standort, so dass wir aktuell 10 unser 35 Hotels heruntergefahren haben. Bei der Entscheidung über das Offenhalten bzw. Herunterfahren von Hotels berücksichtigen wir eine Vielzahl an Faktoren: Neben der aktuellen Buchungsnachfrage wägen wir natürlich auch die vorhandene Personal- und Kostenstruktur vor Ort ab", erklärt Philipp von Bodman, CEO der Achat Hotels seine aktuelle Strategie. "Wir haben aus dieser Krise gelernt, dass es entscheidend ist, äussert flexibel auf die Marktsituation zu reagieren. Was wir heute als Annahme treffen, kann morgen schon überholt sein. In einigen unserer Hotels fahren wir flexible Modelle, so dass wir sogar tageweise auf die aktuelle Nachfrage reagieren."

Wer geöffnet hat, kämpft mit einer verheerenden Auslastung. Der Umsatz in nahezu allen Maritim Hotels ist in den beiden Lockdowns zu über 90% eingebrochen. Jetzt, zum zweiten so genannten Lockdown Light, sind nahezu alle Beschäftigten in den Hotels auf 100% Kurzarbeit. "Wo Hotels für Geschäftsreisen geöffnet blieben, sind die Umsätze auf einem extrem niedrigen Niveau. Die Hotels leisten dabei einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag, auch wenn sich der Betrieb eines Hotels unter den jetzigen Umständen kaum wirtschaftlich rentiert", unterstreicht auch Marcus Smola, CEO BWH Central Europa.

Anstrengende Fahrt auf Sicht

Planungen sind praktisch unmöglich. "Wir fahren auf Sicht, mehr geht nicht", sagt Max C. Luscher, CEO Central and Northern Europe bei B&B. Vienna House-CEO Rupert Simoner unterstreicht: "Wir brauchen es nicht schönreden, die Situation ist eine Katastrophe und wir werden sehr abgespeckt ins neue Jahr starten."
Ursula Schelle-Müller, Chief Marketing Officer von Motel One, bestätigt: "Es ist derzeit leider nicht möglich, zu planen. Die nicht ausbezahlten 'Novemberhilfen' und auch die noch immer nicht geklärte Situation für Hotelgruppen, ob und in welcher Höhe wir finanziell berücksichtigt werden, lassen eine Planung zudem nicht zu und schaffen auch keine Perspektive. Die Hoffnung ruht letztendlich auf dem Impfstoff und einer schnellen Verfügbarkeit."

Susanne Weiss: Wir schütteln Daten gründlich durch.Foto: privat

Bei der Kooperation Ringhotels nutzen laut Vorstand Susanne Weiss viele Häuser die Zeit des zweiten Lockdowns für interne Weiterbildungen, Umstrukturierungen, Renovierungen und Umbau-Massnahmen. So werde beispielsweise die E-Akademie der Kooperation gerade rege genutzt. Auch die Umstellung von TourOnline Office auf Cockpit und parallel dazu in einigen Häusern eine Überarbeitung des Ratenplanes passten ganz gut in die aktuelle Zeit. Alles in allem fährt auch diese Kooperation auf Sicht und hält dabei ihre im Juni gestartete zentrale Marketing-Aktionen unter dem Motto HeimatGenuss aufrecht, die Lust auf Reisen im Inland wecken soll.

"Als Orientierungshilfe nehmen wir die aktuellen und perspektivisch die angenommenen neuen Fallzahlen, die Daten des RKI und der Johns Hopkins Universität, die Markt-Erhebungen der DZT, Infos von VDR, GCB oder IHA, schütteln gründlich durch – und was bleibt, ist eine etwas klarere Glaskugel," beschreibt Weiss ihren "Forecast".

National schlägt international

Den Begriff "Blick in die Glaskugel" wählt auch Marcus Smola für die Planung der BWH Gruppe und verweist dabei auf die von aussen auferlegten Reiseverbote und Umsatz-Beschränkungen, die zum Teil wöchentlich angepasst und verändert werden und vielerorts auch noch nach Bundesländern unterschiedlich sind. Für die nächsten Monate, aber auch für das Budget 2021, hat BWH deshalb gemeinsam mit dem BWH-Beirat ein Höchstmass an Flexibilität in die Planungen eingebaut. "Es gilt an vielen Stellen neue Wege zu gehen, kreative Ideen und Umsatz-Potenziale zu entdecken und zu realisieren", so Smola. "Parallel versuchen wir, die fehlenden Erlöse durch umfangreiche Kostensenkungen zu kompensieren."

Achat differenziert bei der Planung: "Wir müssen davon ausgehen, dass die Hotels an touristisch geprägten Standorten von einer längeren Schliessphase betroffen sein werden als die eher business-geprägten Standorte. Ein weiteres Kriterium ist, wie international bzw. national das Geschäft an den einzelnen Standorten geprägt ist. Die Standorte mit überwiegend nationalem Geschäft erweisen sich aktuell als deutlich widerstandsfähiger. Da sich unsere Hotelteams vor Ort in den vergangenen Monaten immer sehr flexibel auf die Situation eingestellt haben, stellen wir zwar verschiedene Überlegungen und Planungen an, aber sind jederzeit in der Lage sehr kurzfristig auf Marktveränderungen zu reagieren", sagt von Bodman.

Marcus Smola: Planungen sind wie der Blick in die Glaskugel.Foto: Best Western

Doch wie lange halten das die Betriebe überhaupt noch durch? Der Romantik-Vorstandsvorsitzende Thomas Edelkamp sieht es so: Die nächsten Monate zu planen, sei ein Glücksspiel. Jedes Szenario hinge am Ende immer von den Vorgaben der Politik ab. Und da in den letzten Wochen föderale Vielstimmigkeit vorherrschte, Beschlüsse teils sprunghaft und wenig rechtssicher getroffen wurden – wie die Beherbergungsverbote im Oktober –, könne jede noch so durchdachte Strategie schon morgen Makulatur sein. Auch nach den Beschlüssen von vorgestern herrsche weiter langfristige Planungsunsicherheit. "Die Prozedur, die wir in den letzten Wochen erleben durften, grenzt an Politikversagen", sagt er, auch mit Hinweis auf die stockenden Novemberhilfen.

Das Vertrauen in die Politik sinkt, das ist in vielen Gesprächen in diesen Tagen spürbar. Und die am Mittwochabend verkündeten Massnahmen fordern die Branche eher zum Schliessen als zum Öffnen auf.

Wer wirtschaftlich denkt, sperrt nicht mehr auf. Rolf Seelige-Steinhoff, geschäftsführender Gesellschafter der Seetel Hotels auf Usedom, hat sich gerade genau so entschieden: Er wird seine 14 Ferienhotels auf der Ostsee-Insel jetzt bis Ende März geschlossen halten. Der grösste Arbeitgeber auf Usedom braucht Planungssicherheit, kein Spiessrutenlaufen.

Die Hoffnung liegt auf dem Tourismus

Doch die Hotel-Unternehmer zeigen sich krisenerprobt. Trotz des aktuellen Lockdowns verweisen die meisten Manager darauf, wie wichtig es sei, an die Zukunft zu denken. "Wir werden wahrscheinlich wieder ein starkes inländisches Reise-Aufkommen bei den Urlauben im nächsten Jahr verbuchen; viele Romantiker konnten schon letzten Sommer oft neue Gäste begrüssen. Diese Zielgruppen treffsicher zu adressieren, ist, wenn es um die Vermarktung geht, derzeit die grösste Aufgabe", so Edelkamp.

Thomas Edelkamp: Die Zukunft bringt mehr Reisen!Foto: Pielmedia

"Mit unserer technologischen Infrastruktur können wir effizientes One-to-One-Marketing ohne Streuverluste für alle Romantiker leisten und haben dies nach dem ersten Lockdown unter Beweis gestellt. Dies zu perfektionieren, ist die Aufgabe der nächsten Wochen und Monate. Damit helfen wir auch den wenigen Romantik-Hotels, die einen stärkeren Business-Schwerpunkt haben. Häuser, die hier derzeit, teils mit massiven Investitionen ihr Geschäftsmodell justieren, begleiten wir aktiv in diesem Prozess."

Auch bei Accor ist man davon überzeugt, dass sich 2021, wie bereits in den Sommer-Monaten 2020 erlebt, das Leisure-Geschäft schneller erholen wird als der Business-Bereich. Ebenso werden Reisen im lokalen Markt oder den Nachbarländern wieder schneller Fahrt aufnehmen als weite Distanzen. Darauf und auf die erwartete grösstmögliche Flexibilität sowie neue Erwartungen in puncto Hygiene stellt die Gruppe u.a. ihre Aktivitäten ab.

Die Hostelgruppe a&o blickt ebenfalls nach vorn und bereitet sich darauf vor, dass touristische Reisen, Klassenfahrten und Gruppenreisen 2021 wieder stattfinden. "Wir haben in den letzten Monaten – und zwar täglich – erlebt, dass Flexibilität und Kreativität überlebenswichtig sind, dass es erst einmal galt, die Frage nach Morgen und nächster Woche zu beantworten. Wir haben neue Produkte entwickelt, neue Kooperationen geschlossen. Dieser ganze 'Erfahrungsschatz 2020' hilft uns bei der Planung, gibt uns Orientierung und Zuversicht", zeigt sich CEO Phillip Winter ähnlich optimistisch wie Leonardo-CEO Yoram Biton.

Im Ausland ist es nicht besser

In anderen europäischen Ländern ist die Lage selten besser als in Deutschland. "Die Durststrecke wird aber jetzt auch hierzulande gefährlich lang und wir sehnen uns alle nach einem wieder 'normalen' 2021, wenigstens in weiten Teilen", sagt Winter, der bislang alle a&o Häuser im Ausland offenhalten konnte.

Ursula Schelle-Müller: Kleine Teams halten die Hotels weiter offen.Foto: Motel One

Maritim hat im Ausland sein Hotel Galatzó auf Mallorca geschlossen. Das Maritim Resort und Spa Mauritius ist ebenfalls zu, allerdings aufgrund einer umfassenden Renovierung. Alle anderen Auslandshotels im Portfolio sind geöffnet. Bei B&B sind im Ausland die meisten Hotels geöffnet, sie schliessen höchstens sporadisch, sofern dies vorgeschrieben wird. "Die Situation in Deutschland ist im Vergleich zu anderen europäischen Ländern besser, Frankreich liegt hier gemeinsam mit Deutschland vorne", so Luscher. "Nur Portugal ist erstaunlich besser aufgestellt. Alle kleineren Länder dagegen viel schlechter."

Rupert Simoner von Vienna House sagt zum internationalen Vergleich: "In Deutschland ist die Absicherung durch die Kurzarbeit besser als in einigen anderen europäischen Ländern; allerdings beginnen auch hier die Regierungen neu zu denken. Für uns im Speziellen ist die Unterstützung kaum spürbar und da wir die meisten Hotels in Deutschland haben, trifft uns dieser Markt besonders." Auch in anderen Ländern habe Vienna House entsprechend der gesetzlichen Regelungen fast alle Hotels geschlossen und erwarte keine Rückkehr des Geschäftes bis Februar oder März.

Motel One beurteilt die Situation im In- und Ausland aus Hotelsicht sehr vergleichbar. In einigen Ländern, z.B. in Österreich sei allerdings die Situation etwas besser, da die Zuschüsse und Hilfen deutlich schneller ausbezahlt würden. "Wir sehen bei Motel One ein – wenn auch auf sehr niedrigem Niveau – höheres Geschäftsreise-Aufkommen, was sicher auch daran liegt, dass wir in Deutschland als Marke bekannt sind und einen hohen Stammgäste-Anteil haben" so Schelle-Müller. Auch alle internationalen Hotels würden von kleinen Teams weiter für Geschäftsreisende offengehalten.



BLITZUMFRAGE BAYERN: "Katastrophal" 

Die Hoffnung, wenigstens das Weihnachtsgeschäft als extrem wichtigen Umsatzbringer mitnehmen zu können, haben sich mit der angekündigten Verlängerung des Lockdowns bis mindestens 20. Dezember zerschlagen. Bei einer aktuellen Umfrage des Dehoga Bayern, an der diese Woche über Nacht mehr als 2.000 Hoteliers und Gastronomen aus dem ganzen Land teilgenommen haben, antworteten auf die Frage, was sie von einer Verlängerung des Lockdowns über den November hinaus hielten, 32% "katastrophal", 22% "schlecht" und weitere 27% "geht so"; nur 19% würden hingegen die Verlängerung als "gut" bezeichnen. 

Optimistisch bleiben

Susanne Weiss von den Ringhotels fühlt sich in Deutschland noch verhältnismässig gut unterstützt: "Wir beurteilen die Situation im Vergleich zu anderen Ländern als deutlich besser, auch wenn nicht alles gut ist," sagt sie. "Wir stehen jedenfalls nur am Rand des Abgrundes und befinden uns noch nicht im Sturzflug. Ich persönlich bin ganz optimistisch, dass wir mit einem dunkelblauen Auge davonkommen, vor allem da wir am Ende doch weniger Tote zu beklagen haben als viele andere Länder," so ihre Meinung.

Achat hat sein Hotel in Salzburg geschlossen, das in Budapest weiter geöffnet, weil die Gruppe dort eine Grundauslastung durch ungarische Geschäftsreisende verzeichnet. Zum Ländervergleich sagt von Bodmann: "Wenn man sich die aktuellen Statistiken ansieht, dann hat Deutschland im europäischen Vergleich noch immer gute Performance-Kennzahlen. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Massgeblich sind sicherlich die Wirtschaftskraft unseres Landes, das gute Gesundheitssystem, die soziale Absicherung von Arbeitnehmern und die hohe Attraktivität Deutschlands als sicheres Reiseziel. Wir gehen davon aus, dass sich der Hotelmarkt in Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Staaten wahrscheinlich schneller erholen wird und nach Corona hoffen wir auf einen starken Nachhol-Effekt vonUrlaubern für innerdeutsche Destinationen."

Marcus Smola bewertet die Lage in Deutschland ebenfalls etwas besser als im Ausland und lobt ebenso das Instrument der Kurzarbeit. Ob es ein Vorteil ist, sein Haus für ein paar wenige Geschäftsreisende offenhalten zu dürfen, ist offenbar Geschmackssache. / Susanne Stauss

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