Schwimmende Umwelt Sünder Eine Studie und neue Regulierungen nehmen Kreuzfahrtschiffe in die Mangel
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Schwimmende Umwelt-Sünder

Eine Studie und neue Regulierungen nehmen Kreuzfahrtschiffe in die Mangel

Die Wellen der Nachhaltigkeitsdiskussionen rund um die Kreuzschifffahrt schlagen hoch. Studien steigern den Druck auf dieses schnell wachsende Segment.Foto: Jonathan Leonardo Unsplash

Brüssel. 47 Schiffe der Carnival Corporation, die in Europa anlanden, stossen zehnmal so viel Schwefel aus wie alle Pkws in ganz Europa. Das ist eine der schockierenden Erkenntnisse einer aktuellen Studie über Kreuzfahrtschiffe. Sie sind die grössten Umwelt-Verschmutzer überhaupt. Kreuzfahrten, eines der am rasantesten wachsenden Segmente der europäischen Reisebranche, wird bald schon strengen Vorschriften für Umweltschutz-Normen unterliegen, was zweifellos die Kosten für die Betreiber massiv erhöhen wird.

Während der Grossteil der aktuellen Diskussion über mehr Umweltschutz in der Reisebranche sich auf den Kohlendioxid-Ausstoss eingeschossen hat, der für die globale Erwärmung verantwortlich ist, hat die Kreuzfahrerei mit Blick auf die Luftverschmutzung noch ein weitaus ernsteres Problem. Das derzeit von Kreuzfahrtschiffen verwendete Schweröl ist stark verschmutzt und enthält Schwefeloxide, die als Ursache für den sauren Regen identifiziert wurden.

Bestätigt wurde diese Bedrohung durch die Kreuzfahrt-Branche durch die Ergebnisse der Studie "One Corporation to Pollute Them All Luxury cruise air emissions in Europe" des europäischen Think Tanks Transport & Environment vom Juni 2019, in der 203 Kreuzfahrtschiffe untersucht wurden, die 2017 auf Routen in Europa unterwegs waren. Die Studie fand beispielsweise heraus, dass 47 Schiffe der Carnival Corporation in Europa zehnmal mehr Schwefel in die Luft entliessen als alle Pkws in ganz Europa zusammen!

Darüber hinaus kam die Studie zu dem Schluss, dass von 20 der umweltschädlichsten Kreuzfahrt-Linien ganze sieben von Carnival-Marken betrieben wurden, darunter Costa Cruise oder AIDA, Marktführer in Deutschland. Insgesamt emittierten Kreuzfahrt-Linien mehr als 60 Kilotonnen Schwefeldioxid, eine Ursache für sauren Regen und Lungenkrebs. Schwefeldioxid-Emissionen von Autos lagen bei 3,2 Millionen kt gegenüber 62 Millionen kt durch Kreuzfahrtschiffe, wobei laut Studie die Hälfte davon auf Carnival entfällt.

Bereits hohe Strafen erhoben

Der Bericht wurde Anfang Juni 2019 veröffentlicht, nur wenige Tage nachdem Carnival zugestimmt hatte, eine Geldstrafe von 20 Millionen US-Dollar zu zahlen und eine verstärkte Überwachung durchzuführen, weil festgestellt worden war, dass immer noch Abwasser und Plastikabfälle im Meer entsorgt wurden, Kraftstoff und Schmutzwasser austraten sowie Aufzeichnungen von Vorfällen gefälscht worden waren. Im Jahr 2016 hatte sich das Unternehmen bereits schuldig bekannt, Ölabfälle auf seinen Schiffen der Princess Line im Meer entsorgt zu haben; es wurde mit einer Geldstrafe von 40 Millionen US-Dollar belegt und zu einer fünfjährigen Bewährungsstrafe verurteilt. Am Montag, 3. Juni 2019, gestand man jedoch vor einem Gericht in Miami ein, gegen diese Bewährung verstossen zu haben. Der Werbeslogan des Unternehmens, "Unser Bestreben ist es, die Orte, zu denen wir reisen, noch besser zu hinterlassen als wir sie vorgefunden haben", straft diesem Verhalten Lügen.

Der Hamburger Hafen ist der erste in Deutschland, in dem Kreuzfahrtschiffe Landstrom speisen können.Foto: map

Die USA haben
strengere Standards

Faig Abbasov, Shipping Policy Manager bei Transport & Environment, bemerkt, dass Kreuzfahrten "ein Segment sind, das im Licht der Öffentlichkeit steht, und dessen Image und Reputation bei den Kunden von Bedeutung sein sollten. Aber Kunden ahnen nicht, dass sie mit so einer enormen Luftverschmutzung konfrontiert sind, obwohl sie doch fern der Stadt sind." Doch laut Faig Abbasov würden die Kreuzfahrt-Emissionen trotz der neuen Schwefelgrenzen den Ausstoss von mehr als 260 Millionen Autos in Europa deutlich übertreffen.

"Die Ironie ist, dass Trumps USA besser vor Luftverschmutzung durch Schiffe geschützt ist als das ambitionierte Europa", merkt Faig Abbasov an. Schwefel-Emissionen werden an der gesamten US-Küste überwacht, während in Europa nur die Ost- und Nordsee diesen Schutzstatus geniessen. Die USA haben also strengere Stickoxid-Emissionsgrenzen.

Mediterrane Destinationen am schlimmsten betroffen

Die Studie misst ferner die Auswirkungen von Kreuzfahrtschiffen im Hafen und stellte fest, dass Barcelona, Palma und Venedig am stärksten von Schwefeldioxid-Emissionen betroffen sind. Zudem hätten die Länder des Mittelmeerraums die höchsten Schwefeldioxid-Werte durch Kreuzfahrtschiffe, da sie zugleich touristische Zentren und ausserhalb der Schutzzonen liegen.

Laut Abbasov ist die europäische Regulierung der Branche zu zersplittert und internationale Regeln gelten nur für neue Schiffe. Ein Teil des Problems in den Häfen besteht darin, dass fossile Brennstoffe auf See nicht besteuert werden, während Landstrom im Rahmen einer EU-Energiesteuer-Richtlinie aus dem Jahr 2003 sehr wohl besteuert wird, was es für Schiffe billiger macht, den für ihre Restaurants und Unterhaltungsangebote an Bord benötigten Strom durch die Verbrennung von Kraftstoff im Hafen zu betreiben. Nur wenige europäische Häfen oder Schiffe haben bisher in die landseitige Strom-Infrastruktur investiert.

Drastische Senkung der Emissionen erforderlich

Die Vereinten Nationen hat über die International Maritime Organization verfügt, dass alle Schiffe ihre Schwefel-Emissionen über nach um 85% senken müssen.
Im Rahmen der International Convention for the Prevention of Pollution from Ships werden Schwefel-Emissionen seit 2005 begrenzt, doch das neue Limit liegt drastisch unter dem vorherigen. Für die Reedereien gibt es im Wesentlichen drei Wege, die Emissionen von 3,5% der Gesamtmenge auf 0,5% zu senken, wie es ab Januar 2020 verpflichtend ist.

Die AIDA, hier in der Werft, engagiert sich jetzt für die Umwelt.Foto: Carsten Neff

Sie können den reineren Kraftstoff Marinedieselöl verwendet, der nur wenig Schwefel enthält. Sie können ausserdem verflüssigtes Erdgas als alternativen Kraftstoff nutzen, der nahezu keine Schwefel-Emissionen erzeugt, müssten dann aber die bestehenden Schiffe umrüsten oder neue bauen. Oder sie können Abgasreinigungssysteme, sogenannte Scrubber, einsetzen, die dreckige Krafststoff-Emissionen herausfiltern, um den Schwefelausstoss zu verringern.

Scrubber als häufigste Lösung

Wenn das Limit in Kraft tritt, werden laut einer Analyse des Miami Herald 68% der 207 Schiffe im Betrieb der vier grössten Kreuzfahrtreedereien – Carnival Corp., Royal Caribbean Cruises, Norwegian Cruise Lines und MSC Cruises – Scrubber verwenden. Weitere 31% werden auf schwefelarmen Kraftstoff umsteigen, und nur 1% sollen mit Flüssiggas betrieben werden. Es gibt Pläne für weitere Schiffe mit Flüssiggasantrieb, darunter 10 von Carnival bestellte Schiffe und 26 Schiffe insgesamt, so die Cruise Lines International Association, die Lobbygruppe der Branche.

Bei 85 seiner 102 Schiffe wird Carnival auf Scrubber zurückgreifen. Die nächstgrösste Gesellschaft, Royal Caribbean, wird diese Technologie auf 70% seiner 63 Schiffe installieren, während der Rest auf schwefelarmen Kraftstoff zurückgreifen wird. Im Juli 2019 startete Carnival eine Website, auf der die Nutzung der Scrubber-Technologie erklärt wird, wobei dort von "hoch entwickelten Luftqualitätssystemen" die Rede ist, und im September erläuterte Carnival CEO Arnold Donald beim Skift Global Forum in New York, warum das Unternehmen sich für Scrubber entschieden hat.

Durchsetzung wird schwierig

Dennoch wird es schwierig sein, die Durchsetzung einer solchen Regelung zu erreichen, da Kreuzfahrt-Gesellschaften unter einem Rechtsrahmen arbeiten, der sich von anderen Sektoren der Reisebranche unterscheidet. Obwohl Kreuzfahrt-Passagiere ihre Schiffe in Miami oder Southampton besteigen, befinden sich die Behörden, die das meiste von dem, was an Bord passiert regeln, am häufigsten in Ländern mit wenig Anreizen oder Möglichkeiten, Vorschriften durchzusetzen. Regierungen wie die der Bahamas und Bermudas, zwei klassischen Kreuzfahrt-Dstinationen, besitzen deutlich weniger Mittel zur Durchsetzung verglichen mit den USA oder Europa.

Die IMO arbeite hart daran, "Länder zu unterstützen, ihre Möglichkeiten zur Inspektion von Schiffen zu stärken" und biete diesen Ländern an, "technische Unterstützungsprogramme zu nutzen, wenn Hilfe benötigt wird" oder ein entsprechendes Training durchzuführen, so Sprecherin Natasha Brown. Der neue Standard legt keine eigenen Geldbussen oder Sanktionen fest, so dass dies den Ländern überlassen bleibt, in denen Schiffe registriert sind und wo diese Schiffe haltmachen. In der Zwischenzeit haben sich CLIA-Mitglieder verpflichtet, die Rate der CO2-Emissionen zwischen 2008 und 2030 um 40% zu senken. / Macy Marvel

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