Selbst agieren oder lieber Strafen zahlen Studie ermahnt Investoren und Betreiber eindringlich zu mehr Nachhaltigkeit
HI+

Selbst agieren oder lieber Strafen zahlen?

Studie ermahnt Investoren und Betreiber eindringlich zu mehr Nachhaltigkeit

Experten drängen Investoren zu mehr Nachhaltigkeit bei Hotel-Immobilien.Foto: Chris Barbalis unsplash

London. Die Hotellerie ist in den letzten zehn Jahren weltweit um fast 20% gewachsen. Zwei Millionen neue Hotel-Zimmer belasten die Nachhaltigkeitsbilanz der Branche weiter. Deshalb drängt eine neue Studie der Hotelketten-Vereinigung ITP/International Tourism Partnership und IFC/International Finance Corporation vor allem Investoren dazu, nachhaltig zu bauen. Und die Diskussionen mit Betreibern darüber, wer investiert und wer von Einsparungen profitiert, lassen sich über "grüne Verträge" lösen. Ein neuer, intensiver Appell an die Branche.

Im Rahmen des World Travel Market 2019 in London stellte die International Tourism Partnership eine Studie vor, die von der International Finance Corporation der World Bank Group unterstützt wurde. Die ITP vereinigt derzeit 14 Hotelketten unterschiedlicher Grössen unter ihrem Dach und fördert deren nachhaltiges Verhalten durch praktische Produkte und Programme. Die IFC ist eine Schwester-Organisation der Weltbank und die grösste globale Entwicklungsinstitution, die sich auf den Privatsektor in Entwicklungsländern konzentriert. Sie will u.a. die extreme Armut beenden.

Der neue Report "Business Case for sustainable hotels" will Investoren Hotel-Investments näherbringen, welche den Forderungen des Pariser Abkommens und den UN Sustainable Development Goals entsprechen. ITP-Direktor Madhu Rajesh präsentierte das Papier, bei dem es sich erst um eine "Vorschau" handelt. Im Laufe dieses Jahres soll die komplette Version auf der ITP-Homepage zum Gratis-Download vorliegen. Die "Preview" finden Sie im anhängenden PDF.

Der Report transportiert streckenweise stark die Interessen der IFC. Diese Tatsache ändert aber nichts an vielen wertvollen Inhalten und Analysen der Studie. "Das Pariser Abkommen und die UN SDGs, die Massnahmen von Regierungen, Industrien und allen Menschen erfordern, mutige Schritte zu setzen, gewinnen auch Einfluss auf das Handeln ihrer Geschäftspartner", sagte Madhu Rajesh in London und sprach damit direkt an, dass das Wirtschaftswachstum nicht mehr über den Anstieg der Treibhausgas-Emissionen erfolgen dürfe.

Das Mass aller Dinge in puncto Nachhaltigkeit: die UN Sustainable Development Goals.Foto: UN Laura Jarriel

2 Millionen neue Hotel-Zimmer belasten

In dem Bericht werden die schwierigen Voraussetzungen für die Hotellerie detailliert angeführt. Die Branche ist in den letzten zehn Jahren um fast 20% gewachsen – weltweit um weitere zwei Millionen Hotelzimmer in der Pipeline. Das bedeutet, dass die Branche – zur Erfüllung des Pariser Abkommens – bis 2030 eine absolute CO2-Reduktion pro Zimmer um zwei Drittel erzielen muss, bis 2050 sogar um 90%. Dieses Ziel muss durch Energie-Effizienz-Massnahmen erreicht werden, darunter nachhaltige Gebäude-Planung, verantwortungsbewusster Einkauf und Umstellung auf erneuerbare, kohlenstoffarme Energiequellen.

"Die vorliegende Studie von ITP und IFC liefert überzeugende Beweise für Möglichkeiten der Zusammenarbeit von Investoren, Eigentümern und Betreibern, um einen Weg zu zukunftssicheren Hotels zu ebnen, der maximalen Ertrag garantiert, wenn die ökologisch erforderlichen Änderungen berücksichtigt werden", erklärte der ITP-Direktor. Das Potenzial ist gross, wie allein diese Zahl zur Ressource Wasser zeigt: Der Verbrauch pro Gäste-Nacht variiert demnach von 50 bis 5.000 Liter.

Die Erarbeitung des Business Case für nachhaltige Hotellerie geht von der Grundbehauptung aus, dass viele Investoren, Eigentümer und Markenträger Nachhaltigkeit ausschliesslich als negativen Kostenfaktor sehen. Die Studie versucht zu belegen, dass nach gründlicher Überprüfung die Kosten für alle Beteiligten nicht so hoch sind wie angenommen und dass der Nutzen nicht nur langfristig, sondern auch unmittelbar eintreffen kann.

Dafür bedarf es aber einer verstärkten Zusammenarbeit, denn Hotel-Immobilien werden von einer Vielzahl von Interessengruppen verwaltet – von Investoren/Eigentümern und Entwicklern bis hin zu Hotelmarken-Betreibern und Franchisenehmern. Jeder Stakeholder sollte Nachhaltigkeit als integralen Bestandteil des langfristigen Vermögenswertes betrachten.

Eigeninitiative statt Regulierung

Während die ITP-Studie mehrfach die langfristige Rentabilität ökologischer Bauweise betont, gaben sich andere Diskussionsteilnehmer durch die Gesetzgebung alarmiert: "Wir müssen etwas tun, weil sonst nur noch mehr Regularien kommen, die das für uns machen", führte Allan L. Agerholm, CEO der in Kopenhagen beheimateten BC Hospitality Group an. Und Regularien sind in der Regel mit Strafen verbunden.

Eine Möglichkeit, CO2 zu reduzieren, ist die Umstellung auf erneuerbare, kohlenstoffarme Energiequellen.Foto: elxeneize Fotolia

"Wir dürfen nicht vergessen, dass die Hospitality Industry ein dominanter Faktor im internationalen Wirtschaftsleben ist. Also werden die Knöpfe am WC reguliert, der Durchschnittsverbrauch geregelt, aber bei baulichen Richtlinien ist vieles offen. Wo es keine Verordnungen gibt, wird aber auch nicht nachhaltig gebaut", forderte er mehr Eigeninitiative.

Den Zugang zu Finanzmitteln für "grüne" Investitionen erachten die Studien-Autoren aktuell als sehr einfach. Der Markt für Green Bonds wuchs im Jahr 2018 auf 389 Milliarden US-Dollar. U.a. würden Investoren wie IFC, HSBC, Crédit Agricole CIB und Japan Hotel REIT Investment Corporation bereits Millionen in Nachhaltigkeits-Massnahmen für den Bau und die Renovierung von Hotels fliessen lassen. Die Erträge aus der Ressourcen-Ersparnis von 20% könnten zwischen den Eigentümern und Betreibern mittels Green Leasing-Agreement geteilt werden. Die typische Amortisationszeit von Nachhaltigkeits-Upgrades betrage weniger als ein Jahr bei Neubauten und bis zu zehn Jahre bei Nachrüstungen.

Als zweites Argument für Ertragssteigerungen wird die höhere Kunden-Zufriedenheit angeführt. Vor allem aber sind es Unternehmen, die bei Ausschreibungen wachsenden Wert auf zertifizierte Nachhaltigkeit legen. So verfügen heute 55% der US-Unternehmen über Nachhaltigkeitsprogramme, die sich auf die Wahl von Reise- und Unterkunftsanbietern auswirkt.

"Selbstverständlich ändert sich etwas auf Konsumenten-Seite", bestätigte CEO Agerholm. "Als wir vor zehn Jahren untersuchten, ob die Konsumenten unsere Nachhaltigkeits-Philosophie schätzen, mussten wir noch feststellen: Nein. Aber es wird aktuell wichtiger. Nur der Preis wird immer die Nummer 1 bleiben." Andererseits spiele der Klimawandel den Hotel-Investoren nicht in die Karten. "In Kopenhagen müssen wir jetzt so bauen, dass wir die Innentemperatur auf 23°C bringen. Das heisst: Air Condition in einer Stärke, die wir für maximal 6 bis 12 Tage benötigen", ergänzte Agerholm. Das sei nicht smart.

Grünes Kapital und grüne Verträge

Durch Investitionen in Hotel-Portfolios mit starken Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien sowie einer guten Marken-Bekanntheit werden künftige Ertragsrisiken gemindert und Türen für Green Finance-Mechanismen wie ESG-gebundene Kredite und Green Bonds geöffnet. IFC steuert hier eine konkrete Zahl bei: Sie habe 5,4 Milliarden US-Dollar in "Green Buildings" investiert, davon eine Milliarde in Hotels.

Viel Optimierungspotential: Der Wasserverbrauch pro Gäste-Nacht variiert zwischen 50 und 5.000 Liter.Foto: IHG

Eine konkrete Zahl zur Kosten-Einsparung stammt vom australischen Regierungssystem NABERS, das in Australien seit 2010 gewerblichen Gebäude-Eigentümern und -verwaltern 870 Millionen US-Dollar an Energiekosten gespart haben soll.

Dimitris Manikis, President & Managing Director EMEA von Wyndham Hotels, wollte aber nicht im Raum stehen lassen, die internationalen Marken wären nicht an "Green Buildings" interessiert: "Man kann nicht sagen, die Brands würden sich nicht um die nachhaltige Bauqualität kümmern. Aber ich sehe das vielleicht auch ein wenig anders. Wenn wir im Zentrum von Paris ein Hotel in einem 300 Jahre alten Haus betreiben, das ist eigentlich nachhaltiger als moderne Gebäude, die nach strengen Öko-Kriterien errichtet werden."

Sehr ausführlich widmet sich die Studie den Empfehlungen für die unterschiedlichen Stakeholder zum Thema nachhaltige Bauweise. Wobei viele der Ratschläge mit Software-Lösungen von IFC und ITP verknüpft wurden. Nach ESG-Messwerten sollte das Hotelvermögen evaluiert werden und "Nachhaltigkeitsindices" zum Einsatz kommen.

Effizienz nur durch Kooperation

Hotelentwicklern wird nahegelegt, Nachhaltigkeitskriterien vom Entwurf an zu berücksichtigen, um die beste Kosten-Effizienz zu erzielen. Die meisten nachhaltigen Lösungen würden die Kosten um maximal 10% steigern, hiess es auch in London; diese Zahl hat sich in der Branche inzwischen als gängiger Wert etabliert. Darüber hinaus wird empfohlen, existierende Benchmarks zu nutzen, um den zukünftigen Energieverbrauch abzuschätzen.

Sinnvoll sei die Investition in eine Green Building-Zertifizierung, denn sie erhöhe den Wert der Immobilie; doch hierzu gibt es in der Branche inzwischen auch viele Gegenmeinungen. Als wichtiger Punkt geht die Studie noch auf Green Leases ein, welche die finanziellen und energetischen Vorteile für Eigentümer und Betreiber in Einklang bringen können. Viele Ideen für Investoren finden sich auch in den Ratschlägen für Betreiber wieder.

Und last but not least sollten dann alle die Kraft des Marketings nutzen, um das nachhaltige Handeln der Unternehmen auf ehrliche Weise nach aussen zu kommunizieren. / Fred Fettner

 

{"host":"www.hospitalityinside.com","user-agent":"Mozilla/5.0 AppleWebKit/537.36 (KHTML, like Gecko; compatible; ClaudeBot/1.0; +claudebot@anthropic.com)","accept":"*/*","x-forwarded-for":"3.16.70.101","x-forwarded-host":"www.hospitalityinside.com","x-forwarded-port":"443","x-forwarded-proto":"https","x-forwarded-server":"d9311dca5b36","x-real-ip":"3.16.70.101","accept-encoding":"gzip"}REACT_APP_OVERWRITE_FRONTEND_HOST:hospitalityinside.com &&& REACT_APP_GRAPHQL_ENDPOINT:http://app/api/v1