Tourismus weltweit: Verheerende Verluste vor dem Herbst
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Tourismus weltweit: Verheerende Verluste vor dem Herbst

Berlin. Die Freude am Sommer war dieses Jahr nur kurz und vor allem weltweit ungleich verteilt. Die Verluste im Tourismus sind verheerend, von Erholung im Jahr 2020 spricht fast niemand mehr. Europa ist nach Asien-Pazifik die Region, die am härtesten getroffen wurde, so die UNWTO. Airliner korrigieren ihre Erwartungen, ganze Länder wie der Iran stehen vorm touristischen Bankrott. Eine bittere Momentaufnahme vor dem Herbst.

Die UNWTO hat diese Woche enthüllt, dass die internationalen Touristenankünfte im Juni im Vergleich zu 2019 um 93% zurückgegangen sind, wobei die jüngsten Daten der Welttourismus-Organisation die schwerwiegenden Auswirkungen von Covid-19 auf den Sektor aufzeigen. Laut der neuen Ausgabe des Welttourismus-Barometers der Sonderorganisation der Vereinten Nationen gingen die internationalen Touristenankünfte in der ersten Jahreshälfte um 65% zurück. Dies stellt einen beispiellosen Rückgang dar, da Länder auf der ganzen Welt als Reaktion auf die Pandemie ihre Grenzen schlossen und Reisebeschränkungen einführten.

Nach Angaben der UNWTO bedeutet der massive Rückgang der Nachfrage nach internationalen Reisen im Zeitraum Januar-Juni 2020 einen Verlust von 440 Millionen internationalen Ankünften und etwa 460 Milliarden US-Dollar an Exporteinnahmen aus dem internationalen Tourismus. Dies entspricht etwa dem Fünffachen der Einbussen bei den Einnahmen aus dem internationalen Tourismus, die 2009 vor dem Hintergrund der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise verzeichnet wurden.

Europa von allen Regionen am zweithärtesten betroffen

Trotz der schrittweisen Wiedereröffnung vieler Reiseziele seit der zweiten Maihälfte ist die erwartete Verbesserung der Zahlen des internationalen Tourismus während der Sommer-Hochsaison in der nördlichen Hemisphäre nicht eingetreten. Europa war von allen Weltregionen am zweitschlimmsten betroffen, mit einem Rückgang der Touristenankünfte um 66% in der ersten Hälfte des Jahres 2020. Amerika, Afrika und der Nahe Osten litten ebenfalls darunter.

Asien und der Pazifik, die erste Region, die die Auswirkungen von Covid-19 auf den Tourismus zu spüren bekam, war jedoch mit einem Rückgang der Touristenzahlen um 72% in den ersten sechs Monaten am stärksten betroffen.

Auf subregionaler Ebene erlitten Nordostasien und Europa im südlichen Mittelmeerraum die grössten Rückgänge. Alle Weltregionen und Subregionen verzeichneten im Zeitraum Januar-Juni 2020 einen Rückgang der Ankünfte um mehr als 50%. Der Rückgang der internationalen Nachfrage spiegelt sich auch in zweistelligen Rückgängen der Ausgaben für den internationalen Tourismus auf den grossen Märkten wider.

Mit Blick auf die Zukunft scheint es wahrscheinlich, dass die geringere Reise-Nachfrage und das Verbraucher-Vertrauen die Ergebnisse für den Rest des Jahres weiterhin beeinflussen werden. Im Mai skizzierte die UNWTO drei mögliche Szenarien und wies auf einen Rückgang der internationalen Touristenankünfte um 58% bis 78% im Jahr 2020 hin. Die aktuellen Trends bis August deuten auf einen Nachfragerückgang näher an 70% hin, insbesondere jetzt, da einige Reiseziele wieder Reise-Beschränkungen einführen.

Die Verlängerung der Szenarien bis 2021 deutet auf eine Trendwende im nächsten Jahr hin, die auf den Annahmen einer allmählichen und linearen Aufhebung der Reisebeschränkungen, der Verfügbarkeit eines Impfstoffs oder einer Behandlung und der Rückkehr des Vertrauens der Reisenden beruht. Nichtsdestotrotz würde die Rückkehr auf das Niveau von 2019 in Bezug auf die Touristenankünfte zwischen zweieinhalb und vier Jahren dauern.

Weltweite Reisewarnung bald passé?

Ab 1. Oktober soll die weltweite Reisewarnung fallen und nur noch für Risikogebiete gelten. Damit würde das deutsche Auswärtige Amt nicht mehr vor Reisen in 38 Länder warnen, sagte die Behörde vor dem Tourismusausschuss des Bundestags. Gleichzeitig will das Robert-Koch-Institut ein Ampelsystem für Länder einführen: Rot für Risikogebiet, Gelb für Einreise-Beschränkungen und Quarantäne, aber kein Risiko, Grün für unbedenklich.

In Zentraleuropa breitet sich das Coronavirus in diesen Wochen – nach Ferienschluss – wieder schneller aus. Die Bundesregierung hat daher diese Woche ihre Reisewarnungen auf Wien, Budapest, Holland, Mittelböhmen und Fribourg/Schweiz ausgedehnt. Die RKI-Liste bleibt lang.

Rückkehrer aus Risikogebieten sind verpflichtet, sich bei Einreise nach Deutschland sofort testen zu lassen, das Gesundheitsamt zu informieren und auf das Testergebnis in Quarantäne zu warten. Ab 1. Oktober gilt generell eine fünftägige Quarantäne mit der anschliessenden Möglichkeit, sich testen zu lassen. Wird ein solcher Test nicht gemacht, müssen die Betroffenen 14 Tage in Quarantäne verharren – natürlich auch dann, wenn der Test positiv ausfällt.

Die Airline macht wenig Hoffnung, ihre Ziel erfüllen zu können.Foto: Lufthansa Group Oliver Roesler

Airliner korrigieren Prognose

Lufthansa-Chef Carsten Spohr stellte in einem internen Gesprächsformat infrage, ob der Kranich jemals wieder die Umsätze der Jahre 2017 bis 2019 erreichen könne, berichtete der deutsche Kolumnist Gabor Steingart gestern. Die Airline verkaufe nur noch 10% der Tickets im Vergleich zum Vorjahr. Die Hoffnung des Vorstands, dass bis Jahresende 50% der Kapazitäten wiederhergestellt sein könnten, habe sich in Luft aufgelöst.

Eine Analyse der europäischen Flugsicherung Eurocontrol geht davon aus, dass die ursprüngliche Annahme von 30% weniger Flugbewegungen im Oktober 2020 sich auf 57% weniger Flugbewegungen verschlechtert hat. Eurocontrol-Chef Eamonn Brennan sagte laut Steingart: "Wir bewegen uns jetzt rückwärts. Das ist beunruhigend für die gesamte Branche."

Ein anderes Indiz ist der Stopp der dritten Startbahn am Münchner Flughafen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder kündigte in einer Klausurtagung an, die Planungen für weitere fünf Jahre auf Eis zu legen. Im nächsten Haushalt werde man stattdessen Geld für die Flughäfen und die Messen bereitstellen müssen.

Insolvenz-Alarm bei den Veranstaltern

Bis 2021 dürften 50% der touristischen Unternehmen von der Pleite bedroht sein, schätzt Ingo Burmester, der Zentraleuropa-Chef von DER Touristik. Aktuell seien es bereits rund 20%. Auch 2021 werde die Nachfrage nach Reisen geringer sein. "Das nächste Jahr wird das Jahr der Entscheidung," sagte er dpa. Bis zu einem Impfstoff müsse man die Branche stabilisieren, damit eine massive Welle von Insolvenzen vermieden werde.

Tragik in aller Welt: Beispiel Iran

Im Iran droht der Tourismusbranche nach Darstellung der Regierung wegen der Corona-Krise der Bankrott, berichtete boerse.de vor zwei Tagen. "Bis jetzt war die Rede davon, dass der Tourismus in einer Krise ist. Aber wenn es so weiter gehen sollte, dann verpuffen alle Investitionen, und die Branche würde letztendlich Bankrott gehen," sagte Tourismusminister Ali-Asghar Munessan am Mittwoch in Teheran. Die Touristik-Unternehmer hätten seit dem Ausbruch der Pandemie Ende Februar keine Einnahmen mehr gehabt, dafür aber gewaltige Schulden.

Die nationale Luftbehörde registrierte nach Ausbruch der Pandemie im Durchschnitt über 80% weniger Auslandsflüge und mehr als 95% weniger Fluggäste. Jetzt denkt man darüber nach, die Einreise von ausländischen Touristen unter strengen hygienischen Vorschriften wieder zu erlauben. Auch die Einschränkungen für Inlandsreisen der Iraner könnten gelockert werden.

Doch auch im Iran rechnet man im Herbst wieder mit steigenden Fallzahlen. Die Medien zitieren das Gesundheitsministeriums, dem zufolge die aktuelle Zahl der Corona-Toten im Iran bei über 23.000 liegt, die der bisher nachgewiesenen Infektionen bei mehr als 400. 000. / kn 

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