Wer bezahlt dafür Expo Real Talk über digitalisierte Immobilie Das alte Problem bleibt
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Wer bezahlt dafür?

Expo Real-Talk über digitalisierte Immobilie: Das alte Problem bleibt

Roboter im Restaurant-Service oder an der Rezeption sind ein nettes Gimmick, bringen Hotels in Bezug auf die Digitalisierung aber nicht weiter.Foto: YakobchukOlena Fotolia

München. Mit neuer Technologie und digitaler Vernetzung lassen sich Immobilien heute so gestalten, dass sowohl Investoren wie Betreiber viel Geld sparen und auch noch mehr Umsatz generieren können. Doch noch sind beide Seiten in der Regel nicht dazu bereit, sich an den Mehrkosten zu beteiligen oder eine faire Verteilung zu finden. Und so verzichten manche Investoren eben auf die Einführung moderner digitaler Lösungen. Ein Teufelskreis, der ein baldiges Ende finden sollte.

Entwickler, Investoren und Betreiber: Dieses Trio bestimmt, wie eine Gewerbe-Immobilie gestaltet sein wird, und genau das ist das Problem. Um die Daten einer Immobilie aufeinander abzustimmen, sei eine ganzheitliche Annährung nötig, formulierte es Patrick de Nooijer, Senior Development & Investment Manager bei citizenM, auf einem Panel im "Nova3 Forum" der Expo Real, moderiert von Tim Davis, Partner Pace Dimensions, einer spezialisierten Beratungsgesellschaft aus London. "Smart Buildings zu schaffen, die ganzheitlich arbeiten, ist die grosse Herausforderung", unterstrich auch Erik Florvaag des Kölner Investors und Projekt-Entwicklers Art-Invest. Die aktuelle Barriere bestehe darin, dass jede Partei auf sich selbst fokussiert sei. Allerdings seien Investment-Strategien institutioneller geworden, das Verständnis untereinander gewachsen, dies werte er als eine Chance.

Für ein Unternehmen wie Hilton, das überwiegend auf Franchise-Verträge setze, sei die ganzheitliche Annährung an die Immobilie eine Herausforderung, unterstrich James Wright, VP IT Field Services EMEA für die 500 Häuser der Region bei Hilton. Bei den IT-Anforderungen setze man vor allem auf die Gästewünsche. Um diese herum entstehe eine Infrastruktur mit so wenig Reibungsverlusten wie möglich.

Zudem im Fokus: das Thema Sicherheit sowohl bei der Auswahl der Materialien wie beispielsweise Verkabelungen als auch die Sicherheit der Informationstechnologie inklusive der Vertriebssysteme. "Wenn wir dabei lokale Produkte auswählen, weil der Eigentümer einen Freund hat, der ein anderes System entwickelt hat, dann wird es schwierig", so Wright. Die Technologie müsse mit vorhandenen Systemen interagieren und gleichzeitig sicher sein. "Wenn die Systeme gehackt werden, dann gerät ein Unternehmen in die Schlagzeilen und muss seine Marke neu aufbauen", so Wright.

Digital vernetzte Hotel-Immobilien standen im Fokus der Diskussion von Patrick de Nooijer, Erik Florvaag, James Wright und Moderator Tim Davis.Foto: HI Natalie Ziebolz

Digitales nur, wenn es
den Umsatz fördert

Die Marken-Standards von Hilton regeln Dinge wie die Qualität der Kabel und Schalter, die Anforderungen an Spam-Filter, Firewalls etc. Nur zuverlässige Menschen dürften ein solches System aufbauen. Der Einsatz neuer Technologien hapere aber auch häufig an der unterschiedlichen Gesetzgebung der Länder. "Wir haben das Digital Key Programme eingeführt, wobei der Gast wählen kann, ober er an die Rezeption geht oder direkt aufs Zimmer", so Wright. Die Rechtsprechung in Europa sei hierbei oft hinderlich. In Grossbritannien und Frankreich sei es möglich, an der Rezeption vorbei zu gehen, in Russland aber nicht.

Bei der IT-Entwicklung stehen heute grundsätzlich mobile Lösungen im Mittelpunkt. Und: alles, was zur Personalisierung des Aufenthalts dient. "Heute ist WiFi Standard, man muss nicht mehr dafür bezahlen. Künftig werden andere Dinge Standard, die es heute noch nicht sind", erklärte Patrick de Noojier. z.B. auch die Integration von Netflix-Diensten im Zimmer. Doch auch hier gilt: Nicht alles, was mobile Lösungen technisch leisten könnten, stösst auf aller Verständnis. Ein Beispiel: die Temperatur-Regulierung per App durch den Gast. "Als Betreiber würde ich solche lieber unter meiner Kontrolle behalten", sagte dazu Erik Florvaag. Andernfalls könnten überhitzte Zimmer die Energiekosten drastisch steigern.

Wichtigstes Ziel in der Kommunikation mit dem Gast sollte es dagegen sein, mehr Umsatz zu generieren. Art-Invest investiere in verschiedene Start-ups im IT-Bereich, um neue Lösungen zu generieren. "Warum bekommt ein Gast keine Push-up-Nachrichten über sein Handy, dass es jetzt gerade zwei Bier für den Preis von einem in der Bar gibt? Über die Temperatur-Reglung per Handy generiert man keinen Umsatz", so Florvaag.

Technologie ist "over-hyped"

Weitere technologische Entwicklungen, die die Runde in Frage stellte, waren Roboter im Restaurant-Service oder an der Rezeption, die Patrick de Nooijer von citizenM als Geldverschwendung und bestenfalls Gimmicks bezeichnete. Schliesslich sei die Hotellerie ein People Business. Und auch Erik Florvaag unterstrich, dass viele technologische Erfindungen "over-hyped" würden. "Wir brauchen kein voll digitalisiertes Zimmer, weil wir damit viele Gäste nicht mitnehmen", erklärte er.

Auf der anderen Seite warnte Hilton-Manager Wright davor, technologische Innovationen zu sehr auf die leichte Schulter zu nehmen. "Natürlich sind es Menschen, die Menschen dienen, aber wir sollten auch alle Tools dafür zur Verfügung haben, ohne dieses Grundprinzip zu ändern". Je mehr Daten einem Hotel zur Verfügung stünden, desto besser könne es die Wüsche der Gäste analysieren. Wo kaufen die Gäste ein, welche Vorlieben haben sie, wohin reisen sie? "Roboter sind vielleicht etwas over-hyped, aber Datensammeln nicht".

Ein weiterer Teil des Panels befasste sich mit den Themen Kosten-Einsparung durch Technologie sowie Nachhaltigkeit. Man könne durch den Einsatz neuer Technologien Energie- und Arbeitskosten sparen, unterstrich Florvaag. Aber die Betreiber seien bisher nicht bereit, den Investoren die Kosten für zusätzliche Innovationen über höhere Pachten zu bezahlen.

Mit dem SPG Keyless System ermöglichte Starwood Hotels seinen Gästen bereits 2014, das Smartphone als Zimmerschlüssel zu nutzen.Foto: Starwood Hotels & Resorts

Leichter hat es da citizenM, bei denen Eigentum und Betrieb in einer Hand liegen können. "Wir betrachten die Frage nach neuer IT von allen drei Seiten", so de Nooijer – "als Entwickler, Investor, Betreiber." Die Hotellerie hinke der Luftfahrt in puncto Buchungstechnologie nach wie vor hinterher. Die Barriere dafür liege im Wesentlichen auf der Investment-Seite, so seine Meinung.

Moderator Tim Davis wies zudem auf technologische Entwicklungen hin, wodurch sich Gebäude anhand integrierter Netzwerke mit anderen Gebäuden verbinden könnten. Direkt von der Hotel-App aus können so z.B. Termine im nahegelegenen Fitnesscenter, Co-Working Space oder auch Parkplätze gebucht oder verwaltet werden.

Grundsätzlich, so Erik Florvaag, stelle sich dabei die Frage, ob die Integration moderner Lösungen in die Verantwortung der Entwickler/Investoren oder der Betreiber falle – und kam damit erneut auf die anfangs erwähnte, uralte Kernfrage zurück. "Betreiber geben Marken-Standards und -beschreibungen vor", erklärte er erneut. Auf lange Sicht sei es aber wichtig, nachhaltige, smarte und intelligente Gebäude zu bauen. Die Branche sei jedoch auf der Investmentseite gerade sehr erfolgreich, jeder kaufe alles, so Florvaag. Eine wirtschaftliche Krise könnte allerdings ein Umdenken anstossen und Immobilien würden nachhaltiger und technologischer gebaut. "Man muss den Betreibern den Wert erklären, den Innovationen mit sich bringen", sagte er. "Im Augenblick verstehen viele Investoren den Betreiber nicht."

Noch verlassen sich viele Entwickler auf die Vorgaben der Betreiber. "Der Betreiber hat den intensivsten Kontakt zum Gast. Er muss dem Investor mitteilen, was er braucht, um den Gast zufrieden zu stellen", so de Nooijer.

Nachhaltigkeit zwingt bereits zum Umdenken

Aus einer Richtung beeinflusst der Gast bereits definitiv die Immobilien-Welt: beim Thema Nachhaltigkeit. Gäste würden grundsätzlich umweltbewusster, bestätigt Wright. Gäste-Befragungen ergäben sogar eine Bereitschaft, einen höheren Zimmerpreis für ein nachhaltiges Hotel zu bezahlen, hob Florvaag hervor und schloss daraus: "Wenn Gäste zunächst einen höheren Preis bezahlen, dann können die Hotels auch höhere Pachten zahlen und wir können teurer bauen". Alleine durch ein intelligentes Lichtsystem könne ein Betreiber am Ende des Tages bis zu 80 Prozent dieser Energie einsparen.

Und Patrick de Nooijer brachte einen weiteren Punkt ein, der die Branche zum Handeln zwingen könnte: verschärfte Gesetzgebungen zugunsten nachhaltiger Bauweise. Seine Überzeugung: "Wer heute nachhaltig baut, wird künftig zu den Gewinnern zählen." Art-Invest spürt diese Veränderung im Markt bereits bei eigenen Projekten: "Wir sind Eigentümer von Moxys in Deutschland und betreiben sie zum Teil auch. Jetzt bauen wir gerade ein Moxy aus Holz".

Am Ende des Panels plädierten die drei Teilnehmer unisono für mehr Innovationsbereitschaft. "Seid innovativ und kopiert nicht nur das, was andere machen", riet de Nooijer, während Florvaag für eine weitere Intensivierung der Kommunikation zwischen allen Parteien appellierte. "Ihr seid es, die die Hotels für die Zukunft bauen", wandte sich James Wright an die Investoren und Entwickler: "Sorgt für die Zukunft, denkt nicht zu kurz, investiert in zukunftsfähige Technologie und versucht, unsere Branche zu verstehen."

Das Fazit der Runde? Hotel-Betreiber haben vielleicht einen wesentlich grösseren Einfluss auf die Immobilien-Entwicklung als sie es sich eingestehen. Verschärfen sie ihre Marken-Standards, dann müssten die Entwickler mitziehen. Doch dazu gehört eben auch, dass die Branche an einem Strang denkt und zieht. / Susanne Stauss


Lesetipp: In einem Artikel für die aktuelle Ausgabe von "raum und mehr", dem Inhouse-Magazin der Union Investment Real Estate, hat hospitalityInside-Chefredakteurin Maria Pütz-Willems die hier diskutierten Herausforderungen aus weiteren Facetten beschrieben. Der Link.

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