Wir probieren Dinge aus Sebastien Bazin CEO AccorHotels verteidigt seine Vision und Fehler
HI+

"Wir probieren Dinge aus"

Sébastien Bazin, CEO AccorHotels, verteidigt seine Vision und Fehler

Familienzuwachs: Heute betreibt AccorHotels 25 Marken, verglichen zu 14 vor zwei Jahren.

Paris. Vorgestern gab AccorHotels Rekord-Einnahmen für 2017 bekannt sowie beträchtliche RevPAR-Zuwächse in beinahe allen Märkten. Die Gruppe eröffnete 2017 die Rekordzahl von 301 Hotels und möchte diese Zahl 2018 und darüber hinaus verdreifachen. Zu dem Plan, Anteile seines Immobilien-Unternehmens AccorInvest zu verkaufen, sagte CEO Sébastien Bazin nicht viel, nur, dass französische und internationale Käufer interessiert seien und der Deal innerhalb weniger Wochen abgeschlossen sein wird. Er verteidigt weiterhin seine Vision. Sarah Douag hat genau zugehört.

Gestern abend sickerten über US-Medien dann doch die ersten Gerüchte möglicher Kapitalpartner durch: So verhandelt angeblich Saudi Arabiens Staatsfonds über den Kauf von 15% am Immobiliengeschäft der Accor SA. Die Transaktion könnte einen Wert von rund 7,64 Milliarden US-Dollar aufweisen, so eine Bloomberg-Reportage unter Berufung auf Personen, die mit der Angelegenheit vertraut sind. Laut dieser Personen beteilige sich der Public Investment Fonds, genannt PIF, an der Seite von Singapurs staatlicher GIC, dem französischen Assetmanager Amundi SA und dem US Investment Trust Colony Northstar Inc. Die Gruppe plane, gemeinsam die Mehrheitsanteile von AccorInvest zu kaufen, auch wenn nicht sofort klar war, wie hoch die Anteile der jeweiligen PIF-Partner seien, sagten sie. Keine der betroffenen Parteien nahm dazu Stellung.

Während der Präsentation der Finanz-Ergebnisse von 2017 in Paris schwelgte Sébastien Bazin, CEO von AccorHotels, in der Vergangenheit und erinnerte das Publikum daran, wie gross die Herausforderung ist, eine Vision zu haben und die Leute um einen herum davon zu überzeugen, einem zu vertrauen und zu folgen. "In den letzten vier Jahren haben viele gesagt, dass wir nicht wissen, was wir tun, dass wir zu viel für Übernahmen ausgeben, dass wir nicht wissen, was Luxus ist, dass unsere Synergien Quatsch sind und noch vieles mehr. Aber sehen Sie, was wir seit 2014 erreicht haben. Wir verkünden Rekord-Einnahmen, brechen unseren Rekord bei den neuen Hotels und wir haben bereits 65 Millionen Euro durch Synergien eingespart, und das ist viel früher als geplant". Er fügte hinzu: "Innerhalb von vier Jahren haben wir diese Gruppe transformiert, ihre Positionierung und auch die Motivation und das Vertrauen der Personen, die gezeigt haben, dass man Dinge ausprobieren und Erfolge und Niederschläge akzeptieren muss".

Positive Kennzahlen weltweit

Zugegebenermassen sprechen die Zahlen für sich. Letztes Jahr profitierte AccorHotels von einem sehr starken Geschäft im Grossteil seiner Schlüssel-Märkte. Der RevPAR stieg insgesamt um 4,7% mit Zuwächsen in Frankreich und der Schweiz um +2,5%, Europa +7,2%, Nordamerika, Mittelamerika & in der Karibik um +5,2%, Nahost & Afrika +2,7% und APAC +7,7%, wodurch die operativen Margen und Ergebnisse gesteigert wurden. Der einzige Rückgang war in Lateinamerika zu verzeichnen.

AccorHotels-CEO Sébastien Bazin verteidigt seinen Kurs vor Aktionären, Analysten und Medien.

Ein näherer Blick auf die Ergebnisse in Europa zeigen, dass die Asiaten und Amerikaner nach Paris zurückgekehrt sind, was den RevPAR nach den Angriffen wieder stärkt, dass London trotz Brexit-Gesprächen weiterhin wächst, dass Polen und Portugal an Fahrt aufnehmen, während Spanien unter den Ereignissen von Barcelona leidet und Deutschland an einem ungünstigen Messe-Kalender von April bis Juni zu knabbern hat. Der konsolidierte Umsatz 2017 belief sich auf 1,9 Milliarden Euro.

Das Geschäftsvolumen von "HotelServices" belief sich auf 17,9 Milliarden Euro während die "New Businesses" das Umsatz-Wachstum auf 100 Millionen Euro verdoppeln konnten verglichen mit 44 Millionen Euro 2016.

Mehr Zimmer, mehr Marken, mehr Länder

Als Metapher, um die starken Zuwächse bei den Einnahmen, der robusten und dynamischen Geschäftsentwicklung der Gruppe zu beschreiben, verglich Sébastien Bazin AccorHotels mit einer feingearbeiteten mechanischen Uhr, "die drei verschiedene, aber ergänzende Uhrwerke besitzt, die die grosse Maschinerie am Laufen halten".

- Das erste Uhrwerk und das wichtigste von allen ist die geographische Präsenz. AccorHotels ist heute in 99 Ländern vertreten und führend in Frankreich, Europa, Lateinamerika, Asien-Pazifik, Afrika und schon bald die Nummer eins im Nahen Osten, so Bazin. In China und Nordamerika hinkt die Gruppe hinterher, wo lokale Anbieter stärker sind. Um die Lücke in bestimmten Regionen zu schliessen, möchte sie ihre Entwicklung beschleunigen.

Letztes Jahr brach AccorHotels seinen eigenen Rekord mit der Eröffnung von 51.413 Zimmern, von denen 94% unter Management- oder Franchising-Verträgen betrieben werden und möchte 61.000 weitere Zimmer seinem aktuellen globalen Portfolio von 616.181 Zimmern hinzufügen. 78% von ihnen befinden sich in aufstrebenden Märkten und 47% in der Region Asien-Pazifik, wo AccorHotels bereits gutetabliert ist.

- Das zweite Uhrwerk sind Marken. Die Gruppe betreibt heute 25 Marken, vor zwei Jahren waren es noch 14. "Das mag nicht nach viel klingen, aber jede trifft genau das Preis-Segment eines bestimmten Kundenstamms. Es mögen vielleicht nur 5 Euro zwischen zwei Marken liegen, aber in den Köpfen der Kunden macht dies einen grossen Unterschied. Ein grösseres Marken-Portfolio hilft ebenfalls, die Aufmerksamkeit von mehr Eigentümern auf sich zu lenken", hebt der CEO hervor.

- Das dritte Uhrwerk ist Qualität. Und um diese wahren zu können, glaubt Sébastien Bazin, muss das Unternehmen ehrgeizig genug sein und den Mut haben, sogar sein Kerngeschäft der Disruption zu unterwerfen. Allerdings hat er bereits einige Strategien umgesetzt, die nicht funktioniert haben. "Der Marktplatz mit Fastbooking ist ein Misserfolg", erkennt Bazin an, "aber wir wussten, wann wir aufgeben und rausgehen mussten".


 2016 und 2017 im Vergleich: Die Ergebnisse sprechen für sich.


Andere Strategien könnten dem CEO zufolge vielversprechender sein, der auf Kundennähe, Upscale und Luxus sowie digitale Verbesserungen setzt. Upscale-Wohnraum beispielsweise über Onefinestay ist eines der Geschäfte, an das Bazin glaubt. Er erwartet ebenfalls grossen ROI von Gekko, die die Geschäftskunden bedienen, welche 60% der Klientel von AccorHotels ausmachen, sowie von VeryChic, die Upscale-Hotels vergünstigt anbieten.

"Wenn wir diese drei Uhrwerk zusammenfügen, können wir neue Dinge entdecken und uns von der Konkurrenz absetzen. Das haben wir seit 2013 getan und bewiesen, dass das, was wir tun, funktioniert, höhere Margen generiert und gute Ergebnisse liefert", so der CEO. Seit November 2013 erlebte AccorHotels starke Verbesserungen bei der Rentabilität sowie eine digitale Welle, die Auferstehung von Airbnb, die wachsende Macht der OTAs, Terror-Angriffe und jetzt künstliche Intelligenz. "Das war kein Zuckerschlecken", so Bazin, "aber wir haben es überlebt".

Volle Kraft voraus für Luxus

Heute stammen 41% der Erträge bei Hotel-Dienstleistungen aus dem Luxus-Segment, was für eine Gruppe wie AccorHotels eine grosse Veränderung ist, die 47 Jahre lang 80% seines Umsatzes über solide Marken wie Ibis, Novotel und Mercure erwirtschaftete. Das Economy-Segment trägt 27% bei und Midscale 32%. "In zwei bis drei Jahren wird Luxus 50% ausmachen", wettet Sébastien Bazin, der erklärt, dass ein Management-Vertrag mit einem Fairmont Hotel vier Millionen Euro erwirtschaften kann, während es bei einem Ibis 400.000 Euro sind. "Deshalb strengen wir uns im Luxus-Markt besonders an".

Für den Betrieb setzt Bazin lieber auf Management-Verträge. Heute werden 80% der HotelServices-Gebühren durch Hotels unter Management generiert. Sie ermöglichen langfristige Verträge, mehr Kontrolle über die Operations und starken ROI. "Amerikanische Gruppen bevorzugen das Franchising-Modell, ausser im Luxus-Segment. Das ist nicht besser oder schlechter, nur anders".

130 Millionen Euro für eine Buchungsmaschine

2014, wie viele sicherlich noch wissen, kündigte den Start einer digitalen Strategie mit einem Budget von 250 Millionen Euro an. Wo ist das Geld hin? Erstens ist es in die Verbesserung des Loyalty-Programms geflossen. AccorHotels hatte 2014 noch 20 Millionen Mitglieder, heute sind es 41 Millionen und die Gruppe möchte in den nächsten Jahren 70 Millionen erreichen. "Die Anzahl der Mitglieder ist nicht wichtig, sondern nur ihr Beitrag zu unserem Umsatz", so der CEO, der hinzufügt, dass 31% des heutigen Umsatzes von treuen Kunden stammen. "Loyalty ist wichtig und amerikanische Gruppen sind uns hier einfach meilenweit voraus".

Von dem 250 Millionen-Euro-Budget wurde auch eine Mobile App entwickelt und finanziert. Aber der grösste Anteil floss in die Entwicklung einer Buchungsmaschine, die stark genug ist, um Big Data zu unterstützen und zu analysieren. Aktuell ist der Algorithmus von AccorHotels in der Lage, Preise neun Millionen mal pro Tag zu überprüfen, abhängig von Wetter, Belegungsrate und vielem mehr.

In den letzten vier Jahren hat AccorHotels 6,3 Milliarden für Übernahmen ausgegeben: 3,7 Milliarden für Marken des Kern-Geschäfts und geografische Positionierungen, darunter FRHI, Mantra, Banyan Tree, Mama Shelter, Huazhu usw., 2 Milliarden für Hotel-Assets und 600 Millionen für neue Unternehmen.

Bazins Vision ist wahrlich nicht billig, aber sie scheint bisher zu funktionieren. "AccorHotels hat sich verändert, aber wir sind immer noch Hoteliers, die sich um Reisende kümmern, und das können wir ziemlich gut. Aber jetzt befinden wir uns auch im Reise-Weltraum und bieten Personen Dienstleistungen an, die noch nicht einmal ein Hotelbett benötigen oder die überhaupt nicht reisen, die uns aber lokal in ihrem täglichen Leben brauchen könnten. Damit möchte ich nur sagen, dass wir Dinge ausprobieren und erst im Laufe der Zeit sehen, ob wir damit erfolgreich sind", so Sébastien Bazin abschliessend.

Sie finden die neuesten Ergebnisse von AccorHotels für das Gesamtjahr unter diesem Link. / SD

{"host":"www.hospitalityinside.com","user-agent":"Mozilla/5.0 AppleWebKit/537.36 (KHTML, like Gecko; compatible; ClaudeBot/1.0; +claudebot@anthropic.com)","accept":"*/*","x-forwarded-for":"18.189.2.122","x-forwarded-host":"www.hospitalityinside.com","x-forwarded-port":"443","x-forwarded-proto":"https","x-forwarded-server":"d9311dca5b36","x-real-ip":"18.189.2.122","accept-encoding":"gzip"}REACT_APP_OVERWRITE_FRONTEND_HOST:hospitalityinside.com &&& REACT_APP_GRAPHQL_ENDPOINT:http://app/api/v1