Wird Kapital italienisches Luxusflair auslöschen Die Finanzkraft ausländischer Investoren überrumpelt teils nationale Konzerne
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Wird Kapital italienisches Luxusflair auslöschen?

Die Finanzkraft ausländischer Investoren überrumpelt teils nationale Konzerne

Luxushotels in Italien - in der Krise heiss begehrt.Foto: christopher ott unsplash

Mailand. Ein fantastischer Sommer entschädigt nicht für zwei herausfordernde Jahre. Dennoch ist in Italien noch Raum für Investitionen im Luxus-Hotel-Segment. Das bedeutet: Hauptsächlich Investoren aus dem Ausland gehen in den Markt hinein, sichern sich erstklassige Objekte in Toplagen und finanzieren diese dann mit Geldern aus dem Ausland. Gleichzeitig haben lokale Investoren und Betreiber mit der Pandemie zu kämpfen und vielen Betrieben droht die Schliessung.

Nach einem Rekord-Sommer, zumindest in den Leisure-Destinationen, schwankte auf der von Teamwork organisierten Luxury Hospitality Conference in Mailand die Stimmung zwischen den Vor- und Nachteilen von nationalen und internationalen Investoren.

"In letzter Zeit haben wir uns grösstenteils auf die neuen Entwicklungen für 2023 bis 2025 konzentriert. Wir glauben fest daran, dass die derzeitige Krise vorübergehend ist, auch wenn wir noch nicht wissen, wann sie endgültig vorbei sein wird. Positive Signale kommen von unserem einzigen aktiven Haus, dem Hotel Santavenere in Maratea, das im August beinahe eine Auslastung von 100% erzielen konnte", so der CEO von Arsenale, Paolo Barletta.

Aldo Melpignano: Der beste August aller Zeiten! Foto: San Domenico Hotels

Der letzte Sommer war eine Rekordsaison für viele Leisure-Unterkünfte. Das ist Fakt – trotz der fehlenden internationalen Gäste: "In Apulien kommen im August normalerweise 70-75% der Gäste aus dem Ausland. Dieses Jahr war es anders. Es kamen nur wenige Europäer zu Besuch und die Reisenden aus den USA kehrten nur langsam und zögerlich nach Italien zurück. Trotzdem war es der beste August aller Zeiten. Und das habe ich auch von mehreren anderen Kollegen gehört", so Aldo Melpignano, Eigentümer von den Borgo Egnazia und San Domenico Hotels.

Lefay Resort & Residences verzeichneten ebenfalls hohe Zahlen im Haus am Gardasee in Südtirol: "Wir haben gerade ein rekordverdächtiges drittes Quartal abgeschlossen", so Unternehmens-CEO Alcide Leali. Für das Forte Village auf Sardinien, berichtete CEO und General Director Lorenzo Giannuzzi Folgendes: "Die Nachfrage aus dem Inland boomte förmlich und aktuell hat das Buchungsvolumen aus dem italienischen Markt schon das Niveau von 2019 erreicht."

Trotzdem ist nicht alles Gold, was glänzt: "Wir sollten nicht zu euphorisch sein. Wir müssen zwischen Kontingent- und strukturellen Faktoren unterscheiden. Es gab eine angestaute Nachfrage in Italien, auch weil den italienischen Reisenden die traditionellen Mittel- und Langstreckenziele fehlten. Ich glaube, dass zumindest ein Teil dieser Nachfrage mittelfristig erhalten bleibt, da Fluggesellschaften erst wieder zu ihren Kapazitäten von der Zeit vor Covid zurückkehren müssen", so Leali.

"Andererseits dürfen wir die bestehenden Herausforderungen nicht ausser Acht lassen, an denen wir dringend arbeiten müssen: das Fehlen einer passenden Transport-Infrastruktur, die unsere besten Leisure-Destinationen anschliesst, das Fehlen einer starken nationalen Airline sowie die Notwendigkeit, zusätzliche Ausbildungsprogramme speziell für die Hospitality-Branche zu schaffen."

Paolo Barletta: Internationale Marken machen erst 7% der Markt-Penetration aus.   Foto: Arsenale

Wird das italienische Flair verschwinden?

Diese Herausforderungen haben internationale Investoren, insbesondere Private Equity-Unternehmen, bisher nicht davon abgehalten, ihr Engagement in italienische Luxushäuser zu erhöhen. "Dieser Trend, der bereits seit einigen Jahren besteht, wird in Zukunft bleiben", davon ist Leali überzeugt. "Internationale Megafonds haben Zugriff auf so hohe Summen, so dass ich glaube, dass sie weiterhin Assets mit Summen einkaufen werden, denen italienische Investoren oder Unternehmer nichts entgegensetzen können. Auch ein unglaubliches Kulturerbe lässt sich an Sekundär-Standorten erschliessen. Die Assets in Reichweite der Provinzhauptstädte, wie beispielsweise der Palazzo Doglio in Cagliari. Das Haus hat erst vor 1,5 Jahren eröffnet und wir sind mehr als zufrieden", so Giannuzzi.

"Italienische Investoren sollten besser nach Sekundärstandorten Ausschau halten", so Eigentümer Aldo Melpignano. "Wir wissen, dass internationale Investoren hauptsächlich an Trophy Assets interessiert sind und viel bezahlen. Sobald sie ein Objekt übernommen haben, überlassen sie das Management meist grossen Gruppen. Andererseits denken mehrere Unternehmen in Familienbesitz nach zwei Jahren Überlebenskampf aufgrund der Pandemie darüber nach, ihre Aktivitäten zu verkaufen. Deshalb droht unser nationales Hospitality-Flair aus vielen renommierten Häusern zu verschwinden", so Melpignano weiter.

"Wegen der grossen internationalen Gruppen mache ich mir keine grossen Sorgen", sagte Paolo Barletta, CEO von Arsenale, im Gegenteil: "In unserem Land beträgt die Markendurchdringung lediglich rund 7% aller Hotels. Angesichts der Tatsache, dass der Durchschnitt in Europa bei 30% liegt, bin ich der Meinung, dass es ein mehr als positives Signal wäre, sollten wir einen Anteil von 25 % erreichen." (Anm.d.Red.: Im letzten Bericht von Thrends beträgt die Ketten-Durchdringung im Luxus-Segment bereits 53% aller Zimmer.)

Lorenzo Giannuzzi: Höhere Inflation erfordert höhere Zimmerpreise.Foto: Forte Village  

Internationale Investoren: ein unfairer Wettbewerb?

Das eigentliche Problem in Italien ist vielmehr das Alter der Hotels und ihre schlechte Instandhaltung, so der Arsenale-CEO: "Wir brauchen Innovation." Aber italienische Investoren kritisieren die Kreditfrage noch viel stärker: "Das italienische Bankensystem finanziert die Hospitality-Branche häufig nicht, da sie als Risikoinvestition gilt", beschwert sich Barletta. "Im Gegenteil dazu stossen internationale Megafonds mit hoher Liquidität bei den italienischen Nationalbanken auf fruchtbaren Boden, die bereitwillig ihre Käufe finanzieren. Interessanterweise verlasen sich dieselben Megafonds dann auf inländische Partner, die zwar keine Mittel erhalten, dafür aber im Land tief verwurzelt sind. Diese finanzielle Spanne schadet unseren Investoren, Entwicklern und Betreibern", fügt Barletta hinzu.

Ausserdem droht auf globaler Ebene das Risiko einer Inflation, die sich auf zukünftige Entwicklungen auswirken könnte. Leali dazu: "Wenn der Kapitalbedarf für neue Projekte wegen höherer Rohstoffkosten um 10-20% steigt, wird dies mit Sicherheit grosse Auswirkungen auf Geschäftspläne und -tätigkeiten haben, und zwar für immer. Wir müssen unterscheiden, ob diese Inflation nur vorübergehender Natur oder strukturell ist. Im letzteren Fall sind wir gezwungen, unsere Investitionslogik zu überdenken."

Arbeitskosten

Ein weiterer Risikofaktor sind die Arbeitskosten. In der Branche herrscht derzeit ein Arbeitskräfte-Mangel, der sich auf das Lohnniveau auswirkt. "Das ist fair", sagte Aldo Melpignano, Eigentümer der Borgo Egnazia und San Domenico Hotels. "Aber wir müssen unsere Organisationsprozesse verbessern, Ressourcen optimieren und Aktivitäten digitalisieren."

Alcide Leali: Lefay profitierte ebenfalls von der starken regionalen Nachfrage. Foto: Lefay Resort Residences

Forte Village-CEO Giannuzzi ist der Ansicht, "eine höhere Inflation lässt sich mit höheren Zimmer-Preisen ausgleichen". Tatsache ist, dass es immer noch ein Preisgefälle zwischen italienischen Reisezielen und mehreren Destinationen in Konkurrenz-Märkten gibt. Die italienische Alpenregion ist beispielsweise viel günstiger als entsprechende Regionen in Frankreich oder der Schweiz. Im Luxussegment rechnen Hotels in Paris oder London oft mit Preisen, die 500 Euro über den Preisen in Rom liegen. "Für einige Luxuskunden ist das ein echtes Problem", so Barletta. "Dies führt zu einer verzerrten Wahrnehmung der Stadt als Touristen-Destination. Aus Kundensicht wird ein so grosser Unterschied oftmals mit einem minderwertigeren Produkt interpretiert. Bei Investoren ist dies auch häufig der Fall."

Ein italienischer Marken-Champion fehlt

Eigentlich fehlt dem italienischen Luxussegment ein Marken-Champion: "Ich glaube, hier ist der Zug bereits abgefahren. Wir hatten eine letzte Chance in dem 1990ern mit CIGA Hotels", sagte Leali (Anm.d.Red.: Das Unternehmen wurde erst von Sheraton, dann von Starwood Hotels übernommen. Das Portfolio war das erste Kernprodukt der Marke The Luxury Collection). "Jetzt ist es zu spät, einen nationalen Champion zu schaffen. Ich glaube, dass es stattdessen viel Platz für italienische Luxusmarken gibt, die sich auf besondere Segmente spezialisieren können wie Wellness, Leisure Resorts ..." Alles in allem "stehen uns heute so viele Vertriebskanäle zur Verfügung, dass Platz für alle ist", so Melpignano. "Ich glaube nicht, dass ein internationaler Markenname auf der Fassade immer für einen Mehrwert sorgt", so Giannuzzi weiter. "Ausserdem ist im Leisure-Bereich der Anteil an Stammgästen oft wichtiger als die Nachfrage durch Neuankömmlinge aufgrund von internationalen Marken." / Massimiliano Sarti

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