Die Immobilien-Lücke
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Die Immobilien-Lücke

Gesundheitsimmobilien immer mehr im Trend - Hotellerie zögert noch

Wien/München. "Nach unserer Einschätzung hat der Trend zu Gesundheitsimmobilien Westeuropa erfasst; in Osteuropa ist es ein Zukunftsmarkt," sagt Nicole Hörmann, Beratungs- und Bewertungsspezialistin bei der europaweit ausgerichteten Immobilien-Beratungsgesellschaft MRG Metzger mit Sitz in Wien. "Die Initiative in diesem neuen Segment aber geht eindeutig von den Betreibern aus," sagt die Analystin, die inzwischen regelmässig Anfragen für Standort- und Konzeptbewertungen erhält. Die Nachfrage nach diesem Immobilientypus lässt hoffen, dass sich auch Hotels künftig der Gesundheitsbranche annähern. Potential gibt sich schon allein aus der demographischen Entwicklung. Details zu den aktuellen Trends im Gesundheits- und Medizintourismus vermittelt ein Workshop am 5. Juli in München. Hier das Interview mit Nicole Hörmann.

Hotel- und Tourismusimmobilien gehören zu Ihrem Fokus als Beratungsgesellschaft. Kommt im Tourismusland Österreich ein neues Interesse für Gesundheitsimmobilien und Medical-Konzepte hoch?

Nicole Hörmann: Ja, es gibt grundsätzliches Interesse und ein steigendes Interesse. Primär sind es Betreiber und weniger die Investoren, die das Thema Gesundheitsimmobilien hinterfragen. Der Bedarf nach diesem Typus wird auch immer grösser: So müssen vor allem viele existierende Pflegeheime ihre Standards verbessern und auch ihre Kapazitäten erweitern, da der Bedarf an Pflegeplätzen durch die immer älter werdende Gesellschaft immer grösser wird. Und das Thema ist nicht mehr allein interessant für Grossstädte, sondern auch für viele kleinere Gemeinden, die ihren Senioren Angebote und Perspektiven bieten müssen.

Wie definieren Sie Gesundheitsimmobilien?

Nicole Hörmann: Alle, die der Gesundheits-Verbesserung, -erhaltung und -behandlung dienen - also alles von Mehr-Generationen-Wohnanlagen mit betreutem Wohnen über Ärztezentren und Rehakliniken bis zu Pflegeheimen, Privatkliniken und Krankenhäusern.

Nicole Hörmann, Beratungs- und Bewertungsspezialistin bei MRG Metzger Realitäten, Wien.

Und für diese breite Palette an Immobilien interessieren sich weniger Investoren als Betreiber?

Nicole Hörmann: Zumindest zahlenmässig, so unser Eindruck bei MRG, ist die Gruppe der interessierten Investoren noch kleiner als die der Betreiber. In puncto Finanzierung jedenfalls gäbe es weniger Probleme als momentan in der klassischen Hotellerie: Grössere Versicherungen und Banken hier in Österreich zeigen sich für die Finanzierung solcher Projekte aufgeschlossen. Wir haben aber schon etliche Standort- und Immobilien-Bewertungen mit Cash-flow-Berechnungen gemacht. Gesundheitsimmobilien sind stabile Immobilien mit einer relativ guten Rendite: Fünf bis sechs Prozent Umsatzrendite darf man da mindestens erwarten.

Welche der vorhin erwähnten Immobilien-Typen erzeugen die höchste Resonanz?

Nicole Hörmann: Eindeutig Gesundheitsimmobilien mit Tagesbetreuung oder abrufbarer Betreuung in benachbarten/integrierten Ärztezentren. Diese werden momentan in Österreich auch stark subventioniert.

Für welche Standorte und in welchen Immobilien-Konstellationen eignen sich Gesundheitsimmobilien?

Nicole Hörmann: Das hängt natürlich von der Nutzung der Immobilie ab. Ein Ärztezentrum lässt sich gut in eine Mixed Use-Immobilie mit Geschäften integrieren. In deren Nachbarschaft lässt sich damit das Konzept betreuten Wohnens gut einfügen. Nach unserer Erfahrung möchten ältere Menschen immer dort sein, wo das Leben pulsiert und nicht "ins stille Grüne abgeschoben" werden. Pflegeheime hingegen passen dagegen in jede kleinere Gemeinde und an Rand-Standorte. Gesundheitsimmobilien, die sich an überwiegend Gesunde richten, müssen in guten, zentralen Lagen stehen. Das macht das Investment eben auch teurer.

Gesundheitsimmobilien sind Spezialimmobilie, die besondere Anforderungen haben. Sind diese härter als bei einem Hotelbau?

Nicole Hörmann: Auf jeden Fall. Sowohl für betreutes Wohnen wie auch für Pflegeheime und erst recht für Krankenhäuser gelten strenge gesetzliche Bestimmungen, die vor allem die Baukosten erhöhen. Man denke nur an breitere Gänge oder höhere Räume, an die Vorschriften für barrierefreies Wohnen. Bei betreutem Wohnen nähern sich die Investitionskosten pro Bett noch am ehesten Hotelkosten an, ein Pflegebett hingegen kostet in Österreich etwa 150.000 Euro. Deshalb geht der Trend in der Investition auch momentan eher zu den Immobilientypen für Gesunde.

Im jüngsten Gesundheitsimmobilien-Workshop, den MRG mit Kohl & Partner in Salzburg ausgerichtet hat, war die Rede davon, dass PPP-Modelle, also Private Public Partnerships, eine gute Chance bieten, dieses Marktsegment weiter zu entwickeln…

Nicole Hörmann: Ja, PPP-Modelle helfen natürlich, vor allem in kleineren Gemeinden. In solchen Fällen stellt die Kommune das Grundstück, ein Investor investiert in die Immobilie und schliesst mit dem Betreiber einen Pachtvertrag ab.

Registriert MRG Metzger Realitäten auch Anfragen von Hotels, sich Kliniken andocken zu wollen?

Nicole Hörmann: Ich persönlich sehe für Klinik-Hotels ein grosses Potential. Für unser Gefühl aber denken noch nicht genügend Hoteliers oder Hotel-Investoren über diese Alternativen nach. Die Markt-Stimmung pro Gesundheitsimmobilie ist momentan aber gut, und angesichts des fast stagnierenden Hotelmarktes wären hier sicherlich neue Überlegungen angebracht. Realistischerweise muss man allerdings auch gegen fragen, ob es von Seiten der Patienten auch schon genügend Resonanz gibt, um ggf. Klinikhotels zu füllen. Wer kann sich heute vorstellen, zur Genesung vom Klinik- ins Hotelbett überzuwechseln? Es fehlen einfach noch Muster-Betriebe und damit Benchmarks.

Alle Anbieter suchen den betuchten Privatzahler als Kunden/Gast. Bei dem Workshop in Salzburg aber berichtete die Generali-Versicherung, dass ihr Angebot eines Zusatzpflege-Gelds nicht angenommen wird. Das Problem besteht wohl darin, dass z.B. 60jährige, die sicher ihrer Altersfragen bewusst werden, viel zu hohe Beiträge zahlen müssten - zusätzlich zu den bereits bestehenden Belastungen. Wie sehen Sie das?

Nicole Hörmann: Nach unseren Erfahrungen müsste man solche Zusatzversicherungen mit der aktuellen privaten Gesundheitsvorsorge verknüpfen. Es gibt da durchaus innovative Konzepte am Markt. Denn welcher ältere Mensch kann sich heute schon einen Platz in einem Pflegeheim reservieren, der 4.000 Euro im Monat kostet? Auch solche Beträge werden sich erst anpassen, wenn das Immobilien-Angebot steigt. Der Bedarf ist riesig, vermutlich nicht nur in Österreich: Nur ein Drittel des Angebotes am Markt sind Wohnplätze mit Pflege-Abruf, zwei Drittel sind klassische Pflegeheime und Krankenhäuser. Es gibt also eine Riesenlücke im Markt für den gesunden alternden Menschen.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Maria Pütz-Willems.

 



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