BGH-Urteil: Nachbar Eigentümer müssen Vermietung an Touristen dulden
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BGH-Urteil: Nachbar-Eigentümer müssen Vermietung an Touristen dulden

Karlsruhe. Der deutsche Bundesgerichtshof hat in einem aktuellen Urteil die Rechte einzelner Wohnungseigentümer gegenüber der Wohnungs-Eigentümer-Gemeinschaft gestärkt. Diese können die kurzfristige Vermietung einer Wohnung in ihrem Haus nicht verbieten.

Seit Airbnb ein neues Zeitalter der Übernachtung eingeläutet hat, steigen viele Touristen und Geschäftsleute lieber privat in einer coolen Altbau-Wohnung oder in einem Szene-Loft ab als in einem klassischen Hotel. Für die Vermieter ist das ein lukratives Geschäft, doch die anderen Mieter und Eigentümer in den Wohngebäuden und die Städte sehen das oft nicht so gern. Und so hat dieser neue Trend viele neue, seit langem anhaltende Rechtsfragen aufgeworfen.

Grundsätzlich gilt: Mieter dürfen in ihrer Wohnung Gäste aufnehmen, wie sie wollen. Doch es stellt sich die Frage, wann eine Beherbergung zur Untervermietung wird. Das ist in der Regel der Fall, wenn der Mieter von Besuchern für die Überlassung ein Entgelt bekommt. Eine Untervermietung aber muss vom Vermieter genehmigt sein. Doch wie sieht es aus, wenn der Eigentümer selbst vermietet? Hierzu hat nun der 5. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs – er ist für Wohnungseigentumsrecht zuständig – in Karlsruhe ein Urteil gesprochen.

Sonderfall: Eigentümer gegen Eigentümer-Gemeinschaft

Gegenstand war die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die kurzzeitige Vermietung von Eigentumswohnungen beispielsweise an Feriengäste auf der Grundlage einer sogenannten Öffnungsklausel durch Mehrheitsbeschluss verboten werden kann. Beherbergt ein Mieter beispielsweise zahlende Gäste ohne Erlaubnis, darf der Vermieter ihm sogar fristlos kündigen. Doch beim Eigentum sieht es anders aus.

In dem vorliegenden Fall beschloss die Mehrheit der Mitglieder einer WEG mit acht Wohnungen, die kurzzeitige Vermietung an Touristen zu verbieten. Die Klägerin ist Eigentümerin einer der Wohnungen, die Beklagten sind die übrigen Wohnungseigentümer. Das Besondere dabei: Die Teilungserklärung enthält eine Regelung, wonach den Wohnungseigentümern auch die kurzzeitige Vermietung ihrer Wohnungen, beispielsweise an Feriengäste, gestattet ist. Eine sogenannte Öffnungsklausel sieht aber vor, dass die Teilungserklärung mit einer Mehrheit von 75% aller Miteigentumsanteile geändert werden kann.

Das setzten die Eigentümer bei einer Eigentümer-Versammlung um. Die Eigentümerin klagte dagegen, das Amtsgericht gab ihr Recht. Der Fall ging in die Revision.

BGH stärkt Rechte der Eigentümer

Nun sprach der BGH sein Urteil. Er entschied, dass der Beschluss der Eigentümer-Versammlung rechtswidrig sei, weil die Zustimmung der Klägerin fehlte. Er begründete es damit, dass in der bislang geltenden Gemeinschaftsordnung die kurzzeitige Vermietung zulässig gewesen sei. Dienten Einheiten – wie in diesem Fall – zu Wohnzwecken, sei dies nämlich als Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter anzusehen.

Die zulässige Wohnnutzung umfasse, wie der BGH schon im Jahr 2010 entschieden habe, auch die Vermietung an täglich oder wöchentlich wechselnde Feriengäste, diese Vermietungsformen seien hier bislang sogar ausdrücklich erlaubt.

Die allgemeine Öffnungsklausel erlaube zwar, solche Vereinbarungen mit qualifizierter Mehrheit zu ändern, doch zum Schutz der Minderheit seien dabei aber bestimmte fundamentale inhaltliche Schranken zu beachten. Dazu gehört auch die Zweckbestimmung.

Ein spezielles Vermietungsverbot greife, so der BGH weiter, jedoch in das "mehrheitsfeste" Recht eines Eigentümers auf die Zweckbestimmung der Wohnung ein. Er beschied, die Revision sei erfolglos gewesen. Der Beschluss der Eigentümer-Versammlung sei rechtswidrig, weil die Zustimmung der Klägerin fehlte, deshalb sei der Beschlussmängel-Klage der Klägerin zu Recht stattgegeben worden.

WEG: Störung durch Gäste muss nicht geduldet werden

Und die übrige Mietergemeinschaft? Auch dazu traf der BGH eine Aussage und hat die Eigentumsrechte der übrigen Wohnungseigentümer nicht ausser Acht gelassen. Sie müssten mit der Kurzzeit-Vermietung einhergehende Störungen wie Überbelegung, fortwährende Verstösse gegen die Hausordnung oder Lärm-Belästigungen durch Feriengäste nicht hinnehmen, sondern könnten einen Unterlassungsanspruch gemäss § 15 Abs. 3 WEG begründen. Störungen wie diese, habe die Mietergemeinschaft aber, soweit für den BGH ersichtlich, nicht geltend gemacht. Der von ihnen vornehmlich angeführte Umstand, dass die kurzzeitigen Mieter den anderen Bewohnern unbekannt seien, stellte für den BGH keine Störung dar.

Erläuterung: Die für den BGH massgebliche Vorschrift § 13 WEG:Abs. 1 lautet: "Jeder Wohnungseigentümer kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit den im Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen nach Belieben verfahren, insbesondere diese bewohnen, vermieten, verpachten oder in sonstiger Weise nutzen, und andere von Einwirkungen ausschliessen". / BB

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