Innsbruck. Während in Europas Alpen der Schnee schmilzt und der Wintersport zurückgeht, rüstet China in diesem Segment auf. Das Handelsministerium versuchte nun in Innsbruck, mittelständische Firmen für ein Geschäft mit dem Riesenreich zu begeistern.
Wo derzeit Tourismus-Investitionen fliessen, wurde zweifellos im Rahmen der "Interalpin" in Innsbruck klar. Die zweijährlich abgehaltene weltgrösste Fachmesse für Winterdienste stand 2017 erstmalig im Zeichen einer kaufkräftigen und offenbar kauflustigen offiziellen Delegation aus der Volksrepublik China.
Während der Eröffnung ergriff der stellvertretende Sektionsschef für Europa-Angelegenheiten im Handelsministerium, Zhai Qian, humorvoll das Wort. "Nachdem meine österreichischen Vorredner Englisch gesprochen haben, darf man hier wohl nicht in der Muttersprache unterwegs sein. Deshalb spreche ich meine Grussworte in Deutsch."
Was er in ausgezeichnetem Deutsch zu sagen hatte, liess die versammelte alpine Wintersport-Industrie aufhorchen: Bis zum Jahr 2025 soll die Zahl der Wintersportler in China auf 50 Millionen steigen. "2012 bis 2016 verdoppelte sich statistisch die Zahl unserer Skiläufer. In diesem Zeitraum wuchs auch das Angebot an Pisten um 86 Prozent", bilanzierte Zhai Qian. Der Fokus liegt dabei auf den Olympischen Winterspielen 2022. Dabei beschränkt man sich nicht auf den Bau von Wettkampfstätten: In dem Riesenland sollen weitere 650 Eissporthallen und 800 neue Skipisten entstehen.
"Grüner" Wintersport in China?
Die europäischen Seilbahn-Experten zeigten sich aber auch erstaunt über die Formulierungen. Schliesslich bezeichnete der Chinese den Winter-Tourismus als "grüne Industrie". Generell wolle man die historische Chance Olympische Spiele nutzen, um die Wintersport-Industrie – inklusive der Produktion von Wintersportgeräten – in China zu einer hochentwickelten Branche aufzubauen.
Doch man denkt auch an den Sommer-Outdoor-Sektor, wie Werner Vetter, Geschäftsführer von Faszinatour, Immenstadt, im Gespräch bestätigte. Das aus dem Outdoor-Reisebereich kommende Unternehmen hat im vergangenen Jahrzehnt eine herausragende Position als Produzent von Hochseilgärten erworben. Nun steht Vetter vor einer speziellen Herausforderung: "Chinesische Interessenten wollen mit uns zusammenarbeiten, um Hochseilgärten und ähnliche Anlagen in den spriessenden Bergtourismus-Gebieten errichten," sagt Vetter und zeigt damit, wie man sich in China auch schon um das Sommer-Geschäft in den neuen Skigebieten bemüht.
Doch während in der alpinen Bergwelt seit 1997 nach und nach Hochseilgärten und Kletterparks entstanden sind, denkt man in China in Einheiten von Hunderten. "Wir sind noch im Denkprozess, ob wir zu einer derartigen Expansion auf einem uns unbekannten Markt bereit sind", so Vetter. Er will nach über 32 Jahren die KMU-Struktur des Unternehmens offensichtlich nicht gefährden. / Fred Fettner