Corona ein Weckruf für die universitäre Ausbildung
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Corona, ein Weckruf für die universitäre Ausbildung

Wien. Stagnation und Rückschritte in der touristischen Ausbildung gab es auch schon vor Corona. Vor allem an den Universitäten darf sich einiges verbessern.

"Covid-19 darf nicht für alles als Ausrede herhalten, was schon vorher falsch gelaufen ist", warnte Marco Gardini, Hochschule Kempten, davor, die Schuld für Versäumnisse auf dem breiten Corona-Rücken abzuladen. Auch seine Kollegen der im Rahmen der ITB.now abgehaltenen "Professorenrunde" sahen das ähnlich.

Gardini fürchtet, dass Demographie und Nachwuchsprobleme die Situation für Hotel- und Gastgewerbe weiter verschärfen werden, andererseits sieht er optimistisch einen neuen Mitarbeiter-Typus mit akademischer Ausbildung in die Aufgaben hineinwachsen: "Voraussetzung dafür ist aber professionelles Personal-Management. Nur so haben manche Unternehmen eine Zukunft. Vielleicht ist Corona ein letzter Weckruf."

Tourismus-Studenten neu begeistern, ist das Motto für die Zukunft.Foto: unsplash dollar gill

Während sich Gardini an die Branche insgesamt richtete, richtete der an der Ludwig-Maximilians-Universität lehrende Präsident der Deutschen Gesellschaft für Tourismuswissenschaft, Jürgen Schmude, die Kritik durchaus an den tertiären Bildungssektor selbst: "Schon vor der Pandemie gab es in unseren Lehrgängen eher Stagnation oder Rückgänge."

"Arm aber sexy"

Wobei Schmude "Alarmismus" fehl am Platz sieht: "Wir hatten davor einige fette Jahre in der Tourismus-Ausbildung, vor allem der private Sektor ist stark gewachsen". So seien Tourismus-Studien allein in Deutschland an zuletzt insgesamt 80 Standorten angeboten worden. Hinzu kommen im deutschsprachigen Raum noch zahlreiche Uni-Standorte mit hoher Tourismus-Affinität in der Schweiz, Österreich und Südtirol.

Schmude betont, es sei keineswegs so, dass sich seit dem Ausbruch der Pandemie keine Interessenten mehr einschreiben würden. Aber es gebe im Moment halt deutlich attraktivere Studien. Prinzipell erweise sich dabei der touristische Arbeitsmarkt für Akademiker als wenig attraktiv. Das liege gleichermassen an Arbeitszeit und Bezahlung. Wenn Tourismusberufe sich als "arm aber sexy" firmieren, sollten sie wenigstens auch den zweiten Teil dieses Versprechens einlösen, unkte Gardini. Wobei er eine neue Generation an Entscheidern sieht, die durchaus versuche, den Arbeitsplatz für Akademiker attraktiver zu gestalten.

Besser interdisziplinär forschen

Dabei ging Harald Pechlaner, Präsident der AIEST, mehr in die Tiefe: "Talent mit hoher Produktivität erfordert entsprechende Honorierung. Aber es ist für die Branche schwierig, den Qualifizierten das Geld zu geben, das es benötigen würde. Das liegt an der wirtschaftlichen Situation der Hotellerie und der Kleinstrukturiertheit im Tourismus insgesamt".

Der Inhaber des Lehrstuhls Tourismus an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt sieht die Schwächen durchaus auch in der Ausbildung selbst: "Leider erweist sich das Tourismus-Studium aktuell als überökonomisiert. Doch Tourismus besteht nicht nur aus der Analyse von Wertschöpfungsketten." Er fordert, höhere Aufmerksamkeit auf die Dienstleistung im emotionalen Umfeld zu legen, etwa auf Service-Design und Sustainability Governance. Zusätzlich sollten Naturwissenschaften, aber auch Informatik in der universitären Tourismus-Ausbildung an Bedeutung gewinnen. "Es ist notwendig, interdisziplinär zu forschen. Ein breit gefächertes Angebot wird entscheidend", ist Pechlaner überzeugt.

Schmude erwartet generell keine besonderen Veränderungen nach der Pandemie. Der Tourismus werde ebenso zurückkehren wie auch das studentische Interesse an der spannenden Materie. Er sieht das Problem aber nach dem absolvierten Studium. "Alumni-Infos belegen, dass rund ein Drittel unserer Aboslventen in anderen Branchen landet." Selbst können die Hochschulen nur versuchen, qualitativ gute Lehre und spannende Forschung anzubieten. "Es sind aber qualifizierte Arbeitsplätze notwendig, für die wir den Nachwuchs liefern", ergänzt Schmude. Oft mangele es an der frühen Einbindung und dem Übertragen von Verantwortung an die jungen Arbeitskräfte. "Sie wollen das Gelernte zeitnah anwenden können." / Fred Fettner

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