Das klassische Ferienhotel zieht nicht mehr Marken Villen und Wohnungen treiben die Veränderungen im Leisure Segment
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Das klassische Ferienhotel zieht nicht mehr

Marken, Villen und Wohnungen treiben die Veränderungen im Leisure-Segment

Hoteliers regieren mit neuen Konzepten wie Glamping auf die Veränderungen im Leisure-Segment.Foto: Valamar

München. Die Entwicklung in der Ferienhotellerie wird jener in der Stadthotellerie nacheifern. In ländlichen Regionen ist noch sehr viel Platz für Marken. Deshalb mischen sich z.B. Konzerne wie Marriott unter die Apartment- und Wohnungsbetreiber. Das typische familiengeführte Hotel wird sich den Strukturen professioneller Investoren und Betreiber anpassen müssen. Falkensteiner, Valamar, Hirmer/Travel Charme und Marriott Homes & Villas diskutierten an der Expo Real.

Anders als in grossen Städten ist in der Ferienhotellerie für regionale Brands noch genug Platz. Diese Überzeugung vertrat Otmar Michaeler, CEO der Falkensteiner Michaeler Tourism Group/Falkensteiner Hotels & Residences, mit Sitz in Wien. Schliesslich habe sich seine Gruppe genau aus diesem Grund voriges Jahr endgültig aus den Städten zurückgezogen. "Die Vermarktung musste immer globaler werden. Wir haben erkannt, dass der Zug der Stadthotellerie unaufhaltsam Richtung Konzentration fährt", blickte Michaeler zurück. Das aus Südtirol stammende, ursprünglich familiengeführte Unternehmen, agiere beim Wachstum manchmal oppertunitätsgetrieben, gestand Michaeler ein.

Er erwartet in Urlaubsregionen eine Entwicklung wie in den Grossstädten, darunter auch die Trennung zwischen luxuriösen und smarten Konzepten. "Es geht um Premium und dynamische junge innovative Produkte", betont er. Deshalb habe sich Falkensteiner Hotels letztes Jahr entschlossen, trotz ihrer Marken-Bekanntheit von 80% in Österreich die Gruppe nochmals neu aufzubauen. Mit den typischen 3- und 4-Sterne-Hotels sei keine Rendite mehr zu erzielen.

Michaeler setzte damit in der Expo Real-Diskussionsrunde zum Thema "Leisure Hype: Resorts, Villas & Homes" ein erstes Statement. Im Rahmen der Hotel-Konferenz "Hospitality Industry Dialogue" wurde bei diesem Talk klar: Anders als bei touristischen Diskussionen geht es an Europas grösster Investment- und Immobilien-Messe um andere Werte, nämlich um den Ertragswert der Immobilie. Regionale Wertschöpfung, Traditionen oder Entsiedelung der Täler treten in den Hintergrund. Deswegen herrscht aus dieser Perspektive heraus auch sehr viel Bewegung im Ferienhotel-Markt – was auch schon die ausgewählten Diskutanten repräsentierten: Auf der Bühne sassen neben dem Falkensteiner-CEO auch noch Vertreter der Valamar Group aus Kroatien, der Retailer Hirmer als neuer Eigentümer von Travel Charme Hotels und – erstmals an der Expo Real – der Europa-Chef von Marriott Villas & Homes. Als Moderator fungierte der Hotelexperte Thomas Reisenzahn von der Prodinger Consulting Group aus Wien.

Neue smarte Konzepte müssen her: Thomas Reisenzahn, Otmar Michaeler, Christian Hirmer, Franz Lanschützer und Chris Stephenson diskutierten die neue Vielfalt.Foto: HI Natalie Ziebolz

Über 90% privat
geführte Familienbetriebe

Das alpine Idealbild der Zimmer-anbietenden heimischen Familien ist langsam überholt. Ihnen treten heute immer stärker international agierende Investoren gegenüber. Die typische Hoteliersfamilie gibt es nicht mehr: Sie kam meist aus der Landwirtschaft, war mit grossem Grund- und Waldbesitz ausgestattet, konnte auf billige Arbeitskräfte setzen und profitierte vor allem seit 1970 vom Boom des Skisports. Bei den neuen Investoren sind Immobilien-Eigentum und Gastgeberrolle deutlich getrennt. Trotz steigender Tendenz zählen heute z.B. österreichweit nur 15% der Häuser zur Kettenhotellerie. Im Segment der Ferienhotellerie sind über 90% privat geführte Familienbetriebe.

Nun kommt ein weiteres an den Urlaubsgast gerichtetes Konzept hinzu, das seinen Ursprung in den Städten hat: die Nutzung von vorhandenem Wohnraum. Was als urbanes Couch-Surfing begann und durch Airbnb als Sharing Economy konzernfähig wurde, setzt seit kurzem der Hotelriese Marriott als "Homes and Villas" vor allem im Luxus-Segment um. Europa-Direktor Chris Stephenson verriet, dass innerhalb von fünf Monaten der Bestand auf 4.000 Häuser in 150 Destinationen verdoppelt wurde. Vor zwei Jahren habe man in einer Testphase mit 400 Objekten begonnen. Denn Marriott hatte bei einer Umfrage festgestellt, dass 27% ihrer Kunden im vorangegangenen Jahr auch ein Ferienhaus gebucht hatten. "Wir wollten diese Menschen im Marriott-Eco-System halten", führte Stephenson an.

Unterschiedliche Menschen hätten auch unterschiedliche Präferenzen bei ihren Reisen und es zeige sich langsam, dass eine neue Kundengruppe die Ferienhäuser nutze: Familien oder grössere Gruppen mit den gleichen Interessen – wie etwa Naturfotografen. "75% der Gäste mieten die Ferienhäuser in der Freizeit, im Hotelgeschäft ist es umgekehrt", erklärte Stephenson.

Die Objekte mietet Marriott nicht direkt von den Eigentümern, sondern schaltet professionelle Property Manager dazwischen. Sie sorgen nicht nur für die Verträge, sie sind gegenüber dem Konzern auch für die Einhaltung der notwendigen Qualitäts- und Sicherheitsstandards verantwortlich.

Michaeler ortete generell in der Vermietung von bereits vorhandenem Wohnraum die künftige Haupt-Konkurrenz für Hotel-Betreiber in Ferienregionen – mit dem nicht minder unerwünschten Nebeneffekt der Wohnraum-Verknappung für die heimische Bevölkerung. Aufgeschreckt durch Airbnb sind vor Marriott auch schon die Konzernriesen Accor, Choice, Wyndham und Hyatt ins Homesharing-Segment eingestiegen. Diese werden überall dort, wo eine starke klassische Hotellerie, Wohnbevölkerung und geringe bebaubare Grundflächen zusammentreffen, besonders stark bekämpft.

Immobilie steht im Vordergrund

Spannend an der Diskussionsrunde in München war nicht zuletzt, dass mit Dr. Christian Hirmer sowie Franz Lanschützer, stellvertretender Aufsichtsrat der Valamar-Gruppe, zwei Hotel-Vertreter am Podium waren, die Eigentümer und Betreiber sind. Valamar, an der der Wiener EPIC-Fonds 44% hält, ist zwar die absolute Nummer eins in Istrien und will dort die nächsten Jahre weiterhin 100 Millionen Euro pro Jahr speziell in den Ausbau seiner Top-Hotels investieren, hat aber seit vergangenem Winter auch ein Hotelstandbein im Salzburger Obertauern. Auf Publikumsfrage schloss Lanschützer eine stärkere alpine Präsenz, nicht zuletzt zur Schaffung von Ganzjahres-Arbeitsplätzen für die kroatischen Mitarbeiter, nicht aus. Valamar würde sich dabei auch an der Immobilie beteiligen, erwarte aber zusätzlich Mittel von lokalen Projektentwicklern.

Die Property Manager garantieren die Einhaltung von Qualitätsstandards bei Marriotts Villas and Homes.Foto: Marriott Int.

Bei Hirmer steht die Immobilie absolut im Vordergrund. Seit 20 Jahren ist das etablierte Münchner Haus für Männer-Mode auf diesem Sektor aktiv. "Bei den Immobilien haben wir uns stark auf Hotels konzentriert. Eher aus einer Notwendigkeit heraus haben wir dann vor zwei Jahren Travel Charme als Betreiber übernommen", so Hirmer, weil man Synergien zum Einzelhandel sah. Beide Segmente seien stark service-orientiert aufgebaut. Über Mitarbeiter-Entwicklungsprogramme bis hin zu Cross Selling und gemeinsamen Kundenbindungsprogramme würden die Synergien genutzt. Relativ rasch ergriff man bei Travel Charme Massnahmen, die zuvor im Textil-Bereich gefruchtet haben. Das Marketing wurde wieder ins Haus geholt, bei den Buchungssystemen wurde radikal umgebaut.

Eher zufällig hat sich bei Hirmer ein Österreich-Schwerpunkt ergeben.

In Zukunft "Staff Resorts"

Die international erfahrenen Investoren zeichneten in der Diskussion ein positives Bild des Segments. Hirmer wollte keinen Unterschied zwischen Österreich und Deutschland festmachen, wichtig sei nur, dass man sich in der gleichen Kultur bewege. Konkreter wurde Michaeler. Das Falkensteiner Hotel in Schladming sei 15 Monate vor der Ski-WM beschlossen und pünktlich eröffnet worden. Für die Ski-WM Cortina 2021 wurde längst ein Falkensteiner-Hotel beschlossen. Dank Bürokratie werde man bis zu diesem Event aber noch nicht einmal mit dem Bau beginnen können. "Zum Glück hat Cortina den Zuschlag für Olympia 2026 erhalten. Bis dahin wird's hoffentlich klappen", nimmt's der gebürtige Südtiroler mit Humor.

Spannende, aber wenig kontroverse Statements brachten die Hotel-Eigentümer am Podium auch zu einigen aktuellen Themen. Zu den hohen Mitarbeiter-, Energie- und Provisionskosten, welche die Erträge der Hotelbetreiber belasten, sagte Hirmer: "Wir haben bei allem, was der Gast gar nicht nutzt, die Stellschrauben vorsichtig, aber sukzessive angezogen".

Für Lanschützer steht wiederum das Mitarbeiter-Thema über allen anderen. "In einem Land, das 100.000 meist mobile, junge und engagierte Kroaten verlassen haben, müssen wir sehr viel investieren: in Mitarbeiter-Programme, Aus- und Weiterbildung, grosszügige Bezahlung und eigene Staff Resorts". Was Michaeler nur bestätigen konnte, aber zu einer anderen Konsequenz brachte: "Ich muss hinterfragen: Welches Produkt muss ich anbieten, um mir die Mitarbeiter leisten zu können? Da trennt sich die Spreu vom Weizen: entweder ein industrialisiertes Produkt wie ein City-Budget oder eben ein Betrieb im Premium-/Luxus-Segment".

In der Frage nach dem optimalen Vertrieb scheint allen bewusst zu sein, dass trotz Marken-Bekanntheit und vertikaler Integration zusätzliche Vertriebswege notwendig bleiben. Unterschiedlich wurde bewertet, ob Thomas Cook eine Veränderung Richtung OTAs bewirken wird. Lanschützer erklärte, vom Fall Thomas Cook nicht überrascht worden zu sein. "Wir haben das seit vier bis fünf Jahren beobachtet". Hirmer erwartete durch diesen "Paukenschlag", dass das Vertrauen der Kunden in den Reiseveranstalter nachhaltig erschüttert sein könnte: "Wir spüren, dass aktuell Verunsicherte verstärkt mit Vorausbuchungen direkt zu uns kommen". Michaeler warnte wiederum davor, die Reiseveranstalter in Grund und Boden zu verdammen: "Es ist ein Schaden für die gesamte Branche. Wir werden jedenfalls auch künftig den guten, diversifizierten Tour Operator brauchen. Jede Form der Konzentration schadet den Hoteliers". / Fred Fettner

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