München. Die Scheidung zwischen AccorInvest und AccorHotels ist seit 1. Juni 2018 nun rechtskräftig. Beide Firmen haben nichts mehr miteinander zu tun. Die neue Kapitalstruktur hat auch das Business-Modell von AccorHotels komplett verändert. AccorHotels ist jetzt nicht mehr der klassische Betreiber, sondern "nur noch" Empfehlungsgeber gegenüber den Eigentümern. AccorHotels ist damit der "Manager" der Betriebe. Dieser Begriff allerdings ist – zumindest in der deutschen Sprache – immer noch verwirrend, weil mehrdeutig. Was klar ist: AccorHotels muss nun deutlich mehr BTI Fees generieren als zuvor. Das sind die Base Management Trade Fees. Laurent Picheral, Deputy CEO Europe & CEO Central Europe für AccorHotels, erläuterte hospitalityInside.com, wie die neue Rolle aussieht.
CEO Sébastien Bazin hatte Laurent Picheral selbst nach Paris geholt, wo er mit John Ozinga, COO AccorInvest, die neue Kapitalstruktur aufbauen sollte. Das gelang binnen eines Jahres, grosse Staatsfonds stiegen ein. Dann wurde Picheral wieder nach München zurückversetzt. "Ich war und bin eine der Brücken, um die Beziehung zwischen AccorInvest und AccorHotels neu aufzubauen", beschreibt er seine eigene Rolle. Picheral, der Finanzfachmann als Mediator zwischen Owner-Operator und Manager. "Jeder muss nun verstehen, was im Hotel Management-Vertrag jedes Hotels steht; jeder Vertrag ist anders", fügt er hinzu. Denn nur dann wird AH BTI Fees verdienen.
Zahlenmässig sieht die neue Situation so aus: Zum 31. Dezember 2017 hielt AI 799 Hotels in Europa im Eigentum, davon 192 in Deutschland. Unter dem Dach von AH befanden sich 2.834 Hotels in Europa, davon 357 in Deutschland. AH wird künftig mit der Zahl der Häuser in AI wachsen. Deshalb müssen beide Parteien auch die gleiche Sprache sprechen, trotz Scheidung. Denn der Trennungsvertrag erlaubt es beiden Seiten erst, ihre Beziehung offiziell frühestens nach 20, spätestens nach 50 Jahren aufzulösen.
Der definierte Dialog
Der Dialog zwischen den Partnern ist neu definiert: AH darf den Eigentümern von AI wie auch anderen Einzel-Eigentümern von Accor-Betrieben keine Instruktionen geben, sondern nur noch Empfehlungen innerhalb eines klaren juristischen Rahmens. "Das ist ein komplett anderer, neuer Stil als in der Vergangenheit, der erst einmal in die Köpfe muss", sagt Picheral. Denn AI hat jetzt die Verantwortung für die "Steine" und die Mitarbeiter, während AH für die Marken-Performance verantwortlich ist. Wie kann man diese verbessern? Drei Beispiele: AH gibt jedem Haus individuelle Budget-Vorschläge, empfiehlt massgeschneiderte Marketing-, Kommunikations- und Verkaufsinitiativen ebenso wie man Trainings und Initiativen zum Talent Management offeriert. Alles dient letztlich der Performance-Steigerung. Jährlich werden die festgelegten Parameter gemessen: Die Verträge enthalten Performance-Klauseln wie den zu erzielenden GOP und NOI.
Erfüllt AH die Vereinbarungen, darf es weiter Manager sein. Ein Vertragsgeheimnis bleibt aber die Antwort auf die Frage, ob die AI-Eigentümer sich einen neuen Manager suchen dürfen, sollten sie mit AH unzufrieden sein. AH jedenfalls darf keine Accor-fremde Marke managen; das steht fest. Laurent Picheral mag es überhaupt nicht, Szenarien des Versagens zu diskutieren. "AccorHotels verfügt über jahrelanges, grosses Knowhow. Verträge erfüllen wir, das sehen wir nicht als Risiko an", stellt er klar.
Er verweist an dieser Stelle auf die vielen anderen Nicht-AI-Eigentümer, zu den in Europa mindestens zwölf mächtige zählen, die zwischen 10 und 80 Hotels unter Accor-Marken besitzen; einer davon ist z.B. ein Mix aus Fonds und Privatanlegern. "Wir haben viele Eigentümer, die eine historische Beziehung zu uns haben, z.B. Ex-Accorianer, die sich selbständig gemacht haben – wie Event Hotels. Starke und grosse Partner haben wir z.B. auch in Grossbritannien".
Das Netzwerk als Treiber
Empfehlungsgeber AH ist durch diese neu definierten Rahmenbedingungen eindeutig stärker gefordert als zuvor. Picheral bringt es auf den Punkt: "Unsere aktuelle Herausforderung ist es, die BTI Fees schneller zu erreichen". Der wichtigste Treiber, um das zu erzielen, ist die Entwicklung des Netzwerkes. Das bedeutet auf AH-Seite: Markenprofile stärker schleifen, die Marken kraftvoller vermarkten und beweisen, dass man mit Accor-Marken höhere Renditen erzielen kann.
AH nennt drei Beispiele zur ROI-Steigerung: sich stärker in Märkten mit Hotel-Unterversorgung zu engagieren; das Hotel-Netzwerk durch Akquisitionen zu vergrössern; und die Kosten durch Synergien zu straffen, vor allem nach Übernahmen. Damit sind eindeutig die Upscale- und Luxus-Hotels angesprochen, für die man in der Regel Management-Verträge abgeschlossen hat, in denen Basis Management Fees wie auch Incentive Fees vereinbart sind – oder ein Prozentsatz von Zimmer-Umsatz oder Bruttobetriebsergebnis.
AccorHotels lebt weiter, aber mit einer veränderten DNA und genährt von AccorInvest. Durch den Immobilien-/Kapital-Deal ist aus dem eigenständigen Operator ein abhängiger Dienstleister geworden, gesichert durch ein Netz langfristiger Verträge. Das verschafft genügend Luft, um sich in der neuen Rolle zu positionieren. / Maria Pütz-Willems