Deutschland Halbierte Restaurant Umsätze Rettungsschirm ohne Schirm
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Deutschland: Halbierte Restaurant-Umsätze, Rettungsschirm ohne Schirm

Berlin. 81,5% der Restaurants und Cafés in Deutschland verdienen seit ihrer Wiedereröffnung kein Geld mehr. Die Konsumlust bleibt bisher aus, die halbierten Umsätze sind zum Sterben zu viel und zum Leben zu wenig. Die jüngsten Umfrage-Zahlen des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes sprechen eine deutliche Sprache.

Wirtschaftliches Handeln ist unter Berücksichtigung der Corona-bedingten Auflagen nicht möglich ist. Den Umfrage-Ergebnissen zufolge, die am Dienstag veröffentlicht wurden, erzielten 78,3% der Betriebe in den ersten Tagen nach dem Neustart nur maximal 50% der sonst üblichen Umsätze.

Abstandsregeln und limitierte Betten-Belegung: So verdientkein Restaurant und kein Biergarten Geld.Foto: Tobias Seeliger Adobe Stock

Präsident Guido Zöllick formulierte es deutlich: "Die Betriebe stehen aufgrund der geltenden Abstandsgebote und Kontakt-Beschränkungen mit dem Rücken zur Wand". Nach der Wiedereröffnung berichten 83,5% der Betriebe, dass sich ihre Umsatz-Erwartungen nicht erfüllt hätten. So meldet fast jedes dritte Restaurant lediglich einen Umsatz zwischen 25 und 50% im Vergleich zum Vorjahr. 29,1% der Betriebe kommen auf einen Umsatz zwischen 10 und 25% der Vorjahreswerte. 17,3% der Betriebe erzielen sogar weniger als 10% der Normalumsätze. Nur bei 21,8% der Befragten lagen die Umsatz-Verluste bei weniger als 50%.

Das Ausmass wird deutlich bei der Antwort auf die Frage nach den Corona-bedingten Umsatz-Einbussen seit dem 1. März. So beklagen die Betriebe durchschnittliche Verluste in Höhe von 80%. Bezogen auf das Gesamtjahr rechnen die Betriebe mit einem Umsatz-Rückgang von mindestens 55%. "Keine oder nur geringe Einnahmen bei laufenden Fixkosten verdeutlichen die existenzielle Betroffenheit nahezu aller Betriebe", appellliert Zöllick an die Politik.

Ein Entwurf sickert durch

Der wiederholte Hilferuf der Branche wird bislang von der Politik aber nicht gehört. Seit Montag, 25. Mai, sprechen Medien von weiteren geplanten Direkthilfen für den deutschen Mittelstand, die Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier ins Spiel gebracht hat. Unternehmen, die für die Monate April und Mai 2020 mindestens 60% Umsatz-Einbruch gegenüber dem Vorjahr nachweisen können, könnten für sechs Monate monatlich bis zu 50.000 Euro bekommen. Wer 70% Umsatz-Einbruch hat, bekommt 80% der monatlichen Fixkosten erstattet – das ist die Höchstsumme. Umgekehrt bekommen Firmen mit weniger als 50% Umsatz-Einbrauch keine Erstattung mehr.

Diese Hilfen zielen auf Firmen mit bis zu 249 Mitarbeitern – und laufen damit ein zweites Mal am Gros der deutschen Hotellerie vorbei.
Das kritisierten IHA-Geschäftsführer Markus Luthe und IHA-Vorsitzender Otto Lindner im Blog des Hotelverbands gestern scharf. Den Wortlaut finden Sie unten.

Gericht lehnt Klage gegen Belegungslimit ab

Inzwischen versuchen Hotel-Unternehmer, das Schlimmste per Eigeninitiative abzuwenden. So wehrte sich Hotelier Oliver Schmidt aus Ahrenshoop in Mecklenburg-Vorpommern per Eilantrag gegen die entsprechende Verordnung: Deutschlands nördlichstes Bundesland würde gerne von den Pfingstferien in anderen Bundesländern profitieren. Die Klage richtete sich gegen die bestehende limitierte Auslastung in Hotels, was kein wirtschaftliches Betreiben sicherstellen kann. Schmidt wollte erreichen, dass diese Begrenzung aufgehoben wird; Hotels in Schleswig-Holstein und Bayern können bereits alle Betten belegen.

Vor zwei Tagen, am Mittwoch, wies das Oberverwaltungsgericht Greifswald Schmidt's Klage als unbegründet ab. Die Gegenseite, die Landesregierung vom Mecklenburg-Vorpommern, hatte argumentiert, dass die Regelung diene in erster Linie der Beschränkung von Kontakten in den Beherbergungsbetrieben diene. Die Regelungen seien angesichts ihrer Geltungsdauer bis 10. Juni angemessen.

Das OVG erklärte, die Regelung sei erforderlich. Andere Mittel seien nicht vorhanden, um das Ziel der Verordnung, Infektionen mit dem Coronavirus zu verhindern, effektiv zu erreichen.

Gegen die Belegungsobergrenze in Mecklenburg-Vorpommern hat auch die Dorint-Hotelgruppe mit Sitz in Köln geklagt – mit der Begründung der Unverhältnismässigkeit. Über diese Klage wurde noch nicht entschieden. / map



KOMMT DER RETTUNGSFONDS ODER NICHT?

Blogpost von Otto Lindner und Markus Luthe zur Corona-Krise, 28.5.2020
Im Wortlaut:

"Der versprochene Rettungsfonds für die Branche ist weiter überfällig. Jetzt zeichnet sich ab, dass er wohl auch noch überkomplex und unterdimensioniert ausfällt. Wird er letztlich gar übergriffig sein?

Am Montag sickerten über die Medien Eckpunkte der vom Bundeswirtschaftsministerium konzipierten "Überbrückungshilfe" durch. Schon der Versuch dieses Framings, als ob bis hierhin allen unverschuldet notleidenden Betrieben ausreichend geholfen worden sei, stösst uns sauer auf.

Zudem würde diese "Überbrückungshilfe" erst im Juli und damit viel zu spät fliessen. Wenn überhaupt. Denn das Konstrukt ist so kompliziert, dass zur Abwicklung erst einmal eine Menge Bürokratie aufgebaut und Kompetenzrangeleien auf einer ganzen Reihe von Ebenen geklärt werden müssen.

Die Betriebe würden für die Monate Juni bis längstens Dezember gestaffelt nach Umsatzeinbussen entweder 50% oder 80% nicht rückzahlbaren Zuschuss zu fest definierten Fixkostenbestandteilen, maximal aber 50.000 Euro monatlich pro Unternehmen erhalten. Damit wird ein mittelständisches Hotel mit 150.000 oder 200.000 Euro monatlicher Miete der Schuldenfalle kaum entkommen können.

Was uns aber nachhaltig verärgert, dass die "Überbrückungshilfe" einen Keil in die Branche treiben wird. Denn obwohl alle Betriebe gleichermassen betroffen sind, will die Bundesregierung grösseren Unternehmen nicht helfen. Wer mehr als 249 Beschäftigte hat, soll in die Röhre schauen – oder der Insolvenz entgegen.

Das Bundeswirtschaftsministerium rechtfertigt dies mit vermeintlichen Vorgaben des EU-Beihilferechts. Das kann aber so schlichtweg nicht zutreffen, denn zum Beispiel die neue österreichische Fixkostenzuschussrichtlinie hilft auch Betrieben mit mehr als 249 Beschäftigten.

Besonderen Sprengstoff birgt zudem die Regel zu sogenannten "verbundenen" Unternehmen, die bei mehreren Betrieben nur für einen einzigen antragsberechtigt sein sollen. Damit würde die Politik massiv und verzerrend in den Wettbewerb im Hotelmarkt eingreifen. Ausgerechnet bei schwerstem Seegang wirft das Bundeswirtschaftsministerium den ordnungspolitischen Kompass über Bord!

Denn es macht dann einen erheblichen Unterschied, in welcher Rechtsform eine Hotelkette konkret am Markt operiert.

Auch hier gibt es keinen Anhaltspunkt, dass so ein wettbewerbsverzerrender Zuschnitt des Hilfepakets etwa nach EU-Beihilferecht zwingend wäre. Im Gegenteil, wenn wir noch einmal nach Österreich blicken: Dort kann der Fixkostenzuschuss mit einem Maximalbetrag von 90 Mio. Euro auch von verbundenen Unternehmen in Anspruch genommen werden. In Deutschland sind dies 350.000 Euro...

Das Bundeswirtschaftsministerium muss unbedingt die "Überbrückungshilfe" gleich an mehreren Stellen noch nachbessern. So kann das nicht stehenbleiben! Es droht ansonsten der Ausverkauf der mittelständischen Hotellerie Deutschlands."

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