Deutschland-Tourismus weiter im Tief
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Deutschland-Tourismus weiter im Tief

Berlin. Zehn Prozent Belegung und wenig Aussicht auf Besserung in Deutschland. Die neue bundesweit ausgerichtete "Corona-Notbremse" erlaubt wenig Spielraum. Die ausgesetzte Insolvenz-Antragspflicht sollte jetzt verlängert werden.

EINBRUCH DER ÜBERNACHTUNGEN: Die Zahl der Hotel-Übernachtungen in Deutschland brach im Februar im Vergleich zum Vorjahresmonat um rund drei Viertel auf 7,2 Millionen ein, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag in Wiesbaden mitteilte. Besonders dramatisch fiel der Rückgang bei den ausländischen Gästen aus. Hier verringerte sich die Zahl der Übernachtungen um 86,2% auf 0,8 Millionen. Die Zahl der Übernachtungen von Gästen aus dem Inland ging um 73,6% auf 6,4 Millionen zurück.

Touristische Übernachtungen sind derzeit verboten. Hotels, Pensionen oder Gasthöfe dürfen seit vergangenem Herbst nur noch Geschäftsreisende aufnehmen. Doch für viele Betriebe lohnt sich der Aufwand offenbar nicht: Von den rund 51.000 vom Statistischen Bundesamt erfassten Beherbergungsbetrieben hatten im Februar nur 29.300 geöffnet. Im Corona-Krisenjahr 2020 war die Zahl der Übernachtungen von Reisenden aus dem In- und Ausland gegenüber dem Vorjahr um 39% auf das Rekordtief von 302,3 Millionen gesunken.

4. Infektionsschutzgesetzt ändert zunächst nichts

INFEKTIONSSCHUTZ BUNDESWEIT. In den nächsten Tagen soll die einheitliche und für alle Bundesländer verbindliche Pandemieschutz-Verordnung, die sogenannte Corona-Notbremse, kommen. Der Bundestag muss noch abstimmen. Heute geht fer Entwurf in die erste Lesung. Die Details zum "Vierten Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite" vom 13.4.2021 finden Sie unter diesem Link.

Leere Shopping-Mall in München im März. Wie lange bleibt es noch so?Foto: map

Das erste Land zieht zum Beginn der neuen Woche bereits die Notbremse, berichtet dpa heute morgen: Mecklenburg-Vorpommern. Private Treffen sind dann nur noch mit einer Person ausserhalb des eigenen Haushalts erlaubt, kündigte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig am Donnerstagabend an. Kitas, Schulen und die meisten Geschäfte müssen schliessen. Die Sieben-Tage-Inzidenz lag in MV am Donnerstag bei 149.

Für die Hotellerie ändert sich durch die neue Verordnung zunächst nichts, analysiert das Datenforschungsunternehmen Fairmas, Berli,n in seiner Betrachtung des Monats März diese Woche. Einzige Ausnahme sei das Modellprojekt. Im Rahmen von Modellprojekten öffnen in ausgewählten Gemeinden, mit wissenschaftlicher Begleitung und hohem Pandemieschutz Hotels, Aussengastronomie und kulturelle Veranstaltungen. Es soll untersucht werden, wie sich die Inzidenz bei vorsichtiger Öffnung für Corona-negativ getestete Personen verhält. "Für einen versöhnlichen März-Ausklang mit Osterurlaubern reichten die Modellprojekte nicht", so Fairmas. Die ersehnten Lockerungen wurden verschoben.

MESSEN WEITER GEFÄHRDET. Verschoben hatte auch die Messewirtschaft die grossen Frühjahrsmessen. Mit der IFA und der IAA soll im Herbst dann so etwas wie Normalität zurückkehren. Für das Münchner Oktoberfest 2021 rollt bereits die erste Nachfrage-Welle an; eine Entscheidung getroffen hat die Stadt München aber noch nicht.
Wie dramatisch sich die Lage um Gross-Events im Monat März entwickelt hat, zeigen allein diese zwei Fairmas-Beispiele im Vergleich der drei Jahre 2019-2021 für Berlin:

Im Event-Zeitraum ITB von 2019 auf 2020 auf 2021 fällt  
die Belegungsrate von 77,9 >> 46,4 >> 13,2 %.
der RevPar von 102,70 >> 56,30 >> 8,60 Euro.

Im Event-Zeitraum Berlinale fällt
die Belegungsrate von 73,6 >> 74,6 >> 13,5 %,
der RevPar von 76,60 >> 76,10 >> 8,50 Euro.

In seiner aktuellen April-Ausgabe mit weiteren Daten hat Fairmas deshalb zusätzlich eine zweite, grau eingefärbte Grafik integriert, die die Wachstumsraten im Vergleich zum März 2019 und 2020 zeigt.
Der März 2021 schloss laut Fairmas unterdessen etwas besser als der Februar. Bundesweit und über alle Hotelkategorien erreicht die Belegungsrate 12,6%, die durchschnittliche Zimmerrate steht mit durchschnittlich 68,60 Euro in den Büchern, der RevPar liegt bei 8,60 Euro.

Zu den konkreten Fairmas-Zahlen für die Top-6 Städte im Monat März geht es unter diesem Link.

Die Misere geht weiter

SOMMER NUR MIT EINHEIMISCHEN. Das Ausmass der Misere zeigt auch das Beratungsunternehmens mrp mit Büros in Berlin, Wien und Amsterdam diese Woche auf. Die durchschnittliche Hotelauslastung liegt in den meisten europäischen Grossstädten derzeit bei 5 bis 10%, Buchungen erfolgen fast nur aus dem Corporate Segment, touristische Reisen sind verboten. Aber gerade was Business-Reisen anbelangt, haben viele Konzerne Travel Bans bis mindestens 30. Juni 2021 ausgesprochen, eine Vielzahl an grossen Konferenzen wurde bereits jetzt auf 2022 oder Q4/21 verschoben, unterstreicht auch mrp.

Blieben Reiserestriktionen innerhalb von Europa oder auf der Langstrecke aufrecht, steht der DACH Region ein starker Reisesommer mit Reisenden aus dem eigenen Land bevor – vorausgesetzt dort findet eine Öffnung statt. Allerdings könnten noch strengere Auflagen als im letzten Sommer auf die Branche zukommen. Outlets wie Spa, Bars oder Restaurants könnten noch weiterführend von den Restriktionen betroffen sein.

Insolvenz-Gefahr steigt massiv

STILLE TRÜGT. Dass bisher grosse Insolvenzen ausgeblieben sind, begründet mrp Senior Consultant Alexander Schick zum einen mit dem Aussetzen der Insolvenzantragspflicht, zum anderen mit der bereits erfolgten frühzeitigen Übernahme von Betreibergesellschaften sowie abgeschlossener Vereinbarungen zwischen Betreibern, Banken und Eigentümern. "Die Liquidität wird erst dann auf die Probe gestellt werden, wenn Förderungsmassnahmen reduziert werden, aber das Gäste-Volumen weiterhin gering ist", so Schick. Mittelfristig sei eine mögliche Insolvenzwelle insbesondere von Rückführungsmodalitäten der gewährten Kredite mit Staatshaftung abhängig, die meist bis 2025 erfolgen müsse.

Dass in den nächsten vier Jahren ausreichend Überschuss für eine vollständige Tilgung erwirtschaftet werden könne, sei unwahrscheinlich. Auch mrp fordert daher dringend, dass staatliche Hilfen so ausgestaltet werden müssen, dass Rating-Kennzahlen und die in der Hotellerie schwach ausgeprägte Eigenkapitalstruktur verbessert werde.

ÜBERSCHULDUNG. Bilanzpolitische Massnahmen sowie auch die Fragestellung einer möglichen Überschuldung rückten zudem nach einem gebeutelten Jahr 2020 immer mehr in den Fokus. Bereits für den Jahresabschluss 2020 werde oftmals eine Erstellung einer Fortführungsprognose verlangt. Die nötige Be- und Abwertung von Hotel-Portfolios zwingt zudem Banken aufgrund eigener Regularien vermehrt, ihre Gebühren- und Zinsstruktur auf Kundenseite anzupassen.

Der Tourismus- und Reisesektor macht laut mrp rund 10 % des BIP innerhalb der EU aus und generiert damit 27 Millionen Arbeitsplätze. 6 Millionen davon sind aufgrund der momentanen Krise gefährdet.

39% der Verbraucher wollen dieses Jahr noch verreisen

UMFRAGE: Rund 39% der Menschen in Deutschland wollen einer Umfrage zufolge in diesem Jahr noch verreisen. 13% planten dagegen für 2021 wegen der Corona-Pandemie keine Urlaubsreise mehr, wie bei einer am Dienstag veröffentlichten Online-Befragung der Gesellschaft für Konsumforschung im Auftrag des Bayerischen Zentrums für Tourismus herausgekommen ist.

Abwartend verhielten sich 28% der mehr als 2.000 Befragten im Alter zwischen 18 und 74 Jahren. Sie nannten häufig die Quarantäne-Vorschriften bei der Rückkehr und mögliche Kosten bei einer Stornierung als Argumente gegen eine Reise. Fast die Hälfte der Befragten, die wegen der Pandemie nicht verreisen wollen, würden demnach ihre Meinung ändern, wenn sie selbst oder grosse Teile der Bevölkerung gegen Corona geimpft sind.

Die Urlaubswilligen zieht es mehrheitlich zu deutschen Zielen mit Bayern, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein an der Spitze. Ins europäische Ausland wollten noch 18% aller Befragten aufbrechen. Hier lagen Spanien, Italien und Österreich vorn. Bevorzugtes Reisemittel ist für 80% der Deutschland-Urlauber und 71% der EU-Auslandsinteressenten das Auto. Gebucht würden vor allem Ferienwohnungen und -häuser. / red, dpa

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