Die Wanderung der Investoren Gelder Neue Wohnformen entwickeln sich zum Wettbewerb für klassische Hotellerie
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Die Wanderung der Investoren-Gelder

Neue Wohnformen entwickeln sich zum Wettbewerb für klassische Hotellerie

Das Student Hotel in Berlin, ein Hybrid aus Hotel und alternativen Wohnformen.Foto: The Student Hotels

Wiesbaden. Der demographische Wandel und die nach wie vor ungebrochene globale Reiselust haben die Scheu der Investoren vor Betreiber-Immobilien wie Hotels, Pflegeheimen und Serviced Apartments in Deutschland in den vergangenen Jahren deutlich reduziert. Auch die teils dem Wohnungsmarkt zugeordneten Mikro-Apartments boomen. Doch welcher dieser Immobilientypen steht aktuell am höchsten in der Investoren-Gunst und weshalb? hospitalityInside.com begab sich auf die Spurensuche.

Das Interesse an Hotelinvestments in Deutschland ist nach wie vor hoch, die Möglichkeiten aber begrenzt. "Das hohe Preisniveau veranlasst Investoren insbesondere in den Top 7-Städten zu umfassenderen Ankaufsprüfungen. Die Sorge vor Überkapazitäten an einigen Standorten führt dazu, dass die Preisentwicklung allmählich ausgereizt ist", erklärt René Schappner, Geschäftsführer Hotel bei Colliers International. Dies spiegele sich auch in den Spitzenrenditen wider: Im Jahresvergleich gaben sie 2019 noch einmal leicht nach und gingen zum Jahresende in eine Seitwärtsbewegung über. Ende Dezember notierte die Renditespanne der Top 7 von 3,7 Prozent in München bis 4,4 Prozent in Berlin. In Düsseldorf und Stuttgart waren im Jahresverlauf erstmalig leichte Anstiege zu beobachten.

Neue Wohnformen wecken Interesse

Unterdessen bekommt die Hotellerie zunehmend Konkurrenz im Segment Serviced Apartments, Mikro-Apartments und Branded Residences, aber auch im Bereich Healthcare. All diese Bereiche finanzieren sich sowohl über private Anleger als auch über institutionelle Investoren und können sich dabei durchaus in die Quere kommen. Bahnt sich hier eventuell ein neuer Wettbewerb an?

Marriott Residence Inn London Tower Bridge: Ein Healthcare-Experte vergleicht Longstay-Modelle mit Betreutem Wohnen im Segement Healthcare.Foto: Marriott

Immobilien-Spezialist JLL beschäftigt sich mit all diesen Asset-Klassen und hat dazu auf seiner Homepage verschiedene Studien und Beiträge veröffentlicht. In einem davon heisst es, dass in Zukunft noch einiges von der Asset-Klasse Mikro-Living zu erwarten sei. Deren Entwicklung werde nicht nur aus Mangel an städtischem Wohnraum getrieben, sondern sei ein stückweit auch vom Lebensgefühl. Reduzierte persönliche Flächen mit vollständiger Möblierung, ergänzt um Gemeinschaftsräume, die es Neu-Ankömmlingen erleichtern, soziale Kontakte zu knüpfen, bedienten die Anforderungen einer immer mobileren jungen Bevölkerung, die heute schon im Studium mehrfach den Standort wechselt. "Der Wohnungsmarkt muss diese veränderte Lebensrealität abbilden können", sagt Dr. Konstantin Kortmann, JLL Head of Residential Investment German.

Mit Mikro-Apartments können Investoren überdurchschnittliche Spitzenrenditen von derzeit 7,5% erzielen. "Zu bedenken ist bei dieser Rendite allerdings, dass es sich in der Regel um voll ausgestatte Wohnungen von höherer Qualität handelt. Entsprechend hoch sind die regelmässig anfallenden Instandhaltungskosten", erklärt Tobias Köhler, JLL Team Leader Residential Investment. Die Mietspanne bei Wohnimmobilien für Studenten beziffern die JLL-Experten mit 41 bis 225 Euro wöchentlich. Damit bewegt sich die Bundesrepublik am unteren Ende der europäischen Skala, selbst hinter Italien. Ungeschlagen an der Spitze: Grossbritannien mit einer Spanne von 110 bis 650 Euro wöchentlich.

GBI steigt bei Pflege-Immobilien ein

Projektentwickler GBI aus Berlin macht sich für einen Einstieg in das Segment Pflege-Immobilen bereit, sagte das Unternehmen gestern in einem Gespräch mit hospitalityInside. Bereits jetzt ist der grosse Hotelprojekt-Entwickler auch schon stark im Bereich Gefördertes Wohnen, Student Housing und Serviced Apartments tätig und entwickelt zunehmend Mixed Use-Projekte aus den Segmenten Wohnen und Serviced Apartments. Da liege es auf der Hand, auch Serviced Apartments für Senioren zu bauen und das entsprechende Quartier um eine Pflege-Immobilie zu erweitern.

Noch allerdings steckt Co-Living in den Kinderschuhen. In Europa belief sich Mitte 2019 die Zahl der Betten auf rund 23.000, entweder im Bestand oder noch in Entwicklung. Gemessen am gesamten Wohnungsmarkt ist dies ein geringer Umfang, aber das Wachstum ist rasant. 60% dieser Projekte stammen aus den vergangenen zwei Jahren, wie der JLL European Coliving Index zeigt. Vorreiter sind London und Amsterdam. Aber auch in Berlin und Hamburg, auf die mittlerweile rund 5% der europäischen Angebote bzw. Entwicklungen entfallen, hat Co-Living erkennbar Fahrt aufgenommen.

Branded Residences erzielen höhere Preise

Während Mikro-Living die Mindest-Anforderungen an modernem Komfort erfüllt, etablierten sich am oberen Ende der Skala aber auch zunehmend Branded Residences, Eigentumswohnungen unter dem Banner einer bekannten Marke, meist eines Hotels, auf dem Markt der Wohnimmobilien. Das, so JLL gelte ganz besonders für Deutschland. Aber auch weltweit beläuft sich derzeit der Bestand auf nicht mehr als rund 55.000 Apartments in etwa 400 Anlagen.

Angetrieben wird dieser Markt u.a. – aber nicht ausschliesslich – von den so genannten High-Net-Worth Invidividuals mit einem investierbaren Kapital von mehr als einer Million US-Dollar. Die Zahl der HNWI hat sich weltweit allein zwischen 2008 und 2017 verdoppelt, in Deutschland lag der Anstieg sogar bei 70%. Oft handelt es sich dabei um Vertreter einer mobilen, kosmopolitischen Elite, die sich nicht mit der Haushaltsführung belasten möchte.

"Vom Knowhow, der Reputation und der Bekanntheit der Marke profitieren auch Projekt-Entwickler beim Einzelverkauf von Eigentumswohnungen: Die starke Marke generiert einen höheren Kaufpreis", weiss Thomas Zabel, JLL Head of Residential Development Germany. Während sich derzeit z.B. in München ein Spitzen-Quadratmeterpreis von 18.500 Euro im Einzelvertrieb von Eigentumswohnungen erzielen lässt, wären für Branded Residences bis zu 22.000 Euro realistisch.

Branded Residences können Teil eines bestehenden Hotel-Komplexes sein, als Teil eines gemischt genutzten Quartiers entstehen oder auch als eigenständiges Objekt ohne angeschlossenes Hotel. "Es gibt im Grunde zwei Arten von Standorten, an denen Branded Residences funktionieren", erklärt Zabel. "Zum einen sind es Ferienorte, dort stammt das Konzept ursprünglich her. Zum anderen findet sich diese Wohnform vermehrt in Grossstädten. In Deutschland sehe ich vor allem Berlin, Hamburg, München und Frankfurt als prädestinierte Städte dafür." Noch allerdings ist die Bundesrepublik Entwicklungsland bei Branded Residences – ganz anders als die USA oder Asien, dort vor allem in Thailand und Indonesien, oder in Einzel-Metropolen wie Dubai. In Europa erschliesst sich derzeit London als Gateway-Destination die Vorreiterrolle bei Branded Real Estate.

Seniorenresidenz Augustinum Meersburg: Auch diese Wohnformen werden künftig Teil von Mixed Use-Quartieren sein.Foto: Augustinim Gruppe

Pflegebedürftigkeit verspricht Riesen-Markt

Eine weitere Studie von JLL beschäftigt sich mit dem Pflegemarkt und seinen positiven Perspektiven. In der Gruppe der ab 75-Jährigen ist bereits heute jeder Vierte pflegebedürftig, in der Gruppe ab 80 Jahren mehr als jeder Dritte. Allein die Zahl der gesetzlich versicherten Pflegebedürftigen, die ambulante Pflege in Anspruch nehmen, wird bis 2050 um rund 50% steigen, die Zahl derjenigen, die stationäre Pflege nachfragen, um 74%, zitiert JLL eine Pressemeldung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK vom Juli 2019.

Je nach Prognose-Variante wird die Gesamtzahl der Pflegebedürftigen in Deutschland in den kommenden 20 Jahren auf fast fünf Millionen anwachsen, bis 2050 auf annähernd sechs Millionen. Mit fortschreitendem Alter rücken bei der Wahl des Wohnorts und Wohnkonzepts Themen wie Betreuung, Unterstützung und Pflege verstärkt in den Mittelpunkt. Diese Prognose setzt sich aus der Bevölkerungsprognose 2019 nach Altersgruppen, verschnitten mit Pflegequoten nach Altersgruppen aus dem Jahr 2017 zusammen, als Quelle gilt das Statistische Bundesamt.

Die verschiedenen Konzepte des betreuten Wohnens werden immer eigenständiger und auch innovativer. Insgesamt gibt es in Deutschland über 6.200 Einrichtungen des betreuten Wohnens, mit steigender Tendenz. Inzwischen ist das betreute Wohnen die zweithäufigste Sonderwohnform nach den Heimen.

Ein grosses, auf Seniorenheime, Rehazentren und psychiatrische Kliniken spezialisiertes Unternehmen ist beispielsweise Orpea aus Frankreich mit rund 180 Einrichtungen in Deutschland. Hierzulande sucht das Unternehmen weitere Grundstücke, Bestandsgebäude oder projektierte Seniorenpflegeheime in fast allen Bundesländern. Besonders im Fokus sind dabei die A-Destinationen. / Susanne Stauss

 

 

 

 

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