Editorial 26 2 2021 Hier ruht ein touristischer Betrieb
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Hier ruht ein touristischer Betrieb

Liebe Insider,


"Hier ruht ein touristischer Betrieb". So steht es auf einem Plakat des Hotelverbands von der Ostsee-Insel Usedom. Der Trauertext steht unter einem Kreuz, in dessen "T" sich der traumhafte Sandstrand im Sonneruntergang verewigt hat. Dieses Motiv spiegelt exakt die aktuelle aufgewühlte Stimmung, die derzeit zumindest in Deutschland und Österreich herrscht. Die Menschen wollen raus – und sie gehen raus, wie die Bilder überfüllter Innenstädte und Ausflugsregionen letztes Wochenende gezeigt haben.

Es brodelt auf der Strasse. Hotels und Restaurants aber bleiben wohl noch länger zu. Friseure und Baumärkte dürfen am Montag aber öffnen. Dabei sagt inzwischen selbst das RKI in seinem aktuellen Strategiepapier, dass diese Branche kein Infektionstreiber ist.

Es passt einfach nichts mehr zusammen. Ungerechtigkeit und Unverhältnismässigkeit sind nicht mehr logisch zu erklären. Auch die sinkenden, stagnierenden und wieder steigenden Zahlen sind für die Menschen nicht mehr nachvollziehbar. Deshalb werden die Messkriterien jetzt auch wieder verändert.

Die Politik spürt die Unruhe des Volkes, aber sie muss noch länger unerbittlich bleiben, weil sie selbst in allem zu spät überlegt, agiert, überreagiert, überdiskutiert und dann auch noch die heilbringenden Impfungen schlecht organisiert: Ein Beamter hat hier wieder die Zügel in der Hand. Warum holt man sich keinen Profi an Bord, so wie Boris Johnson es gemacht hat?

Unsere Medienwelt ähnelt diese Woche einem Schlagzeilen-Zirkus, was genau dieses Wirrwarr auch widerspiegelt – und den Frust der Hotelgruppen noch weiter steigert: Allen Ankündigungen zum Trotz fliessen die Finanzhilfen immer noch nicht, allenfalls tröpfchenweise. Das ist aktive Sterbehilfe für Hotellerie und Tourismus, toleriert von den christlichen und sozialen Parteien.

Weil die Geier kreisen, häufen sich innerhalb der Hotel- und Immobilien-Branche die Diskussionen darüber, wie man künftig Hotels umnutzen kann. Beatrix Boutonnet zeigt heute, wie schwierig das sein kann. Oft scheitert es schon an Bau-Details, aber auch an den noch nicht zusammen passenden Preiserwartungen. Letzteres spiegelt sich auch in der globalen Investment-Analyse von JLL.

Dem drohenden Untergang steht in krassester Form die Reiselust der Leute entgegen: "Sie sitzen auf gepackten Koffern", sagen die neuesten Marktforschungszahlen aus Wien gestern… Wer es bis Mailand schafft, kann sich ja mal das neueste Hotel der Benetton-Brüder anschauen: 21WOL mixt Trends, Marken und Kategorien.

Auch die Bilanzen der globalen Ketten heute mit ihren teils Milliarden-schweren Verlusten zeigen: Die Branche blutet. Sie hängt am Kreuz. Geopfert. Übermorgen, am 28. Februar, ist es exakt ein Jahr her, dass die ITB 2020 abgesagt wurde.


 
Ihre Maria Pütz-Willems
Chefredakteurin
 
 
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