Es geht nicht mehr um den Preis ITB Hospitality Day 2014 Online Panel rät zur Preis Kontrolle in den Kanälen

Es geht nicht mehr um den Preis

ITB Hospitality Day 2014: Online-Panel rät zur Preis-Kontrolle in den Kanälen

Das Thema Online-Vertrieb fasziniert die Branche: Jeder will wissen, wo er Geld sinnvoll investieren sollte. Voller Saal am ITB Hospitality Day 2014. Fotos: ostwestfoto

Berlin. Wieviel Geschäft bringt die eigene Website? Das war die zentrale Frage, auf die die Teilnehmer der Talkrunde zum Thema Online-Vertrieb während der 9. ITB-Hotelkonferenz an der ITB Berlin antworten sollten. Entstanden ist eine muntere und selbstkritische Runde zu den Herausforderungen des Online-Vertriebs, sowohl aus Sicht der OTAs wie auch aus Sicht der Hoteliers. Die Teilnehmer: Vertreter von Marriott Hotels, Ringhotels, VIR/Verband Internet Reisevertrieb und ein Pricing-Berater.

Moderatorin Carolin Brauer, Geschäftsführerin der Beratungsgesellschaft Quality Reservations in Langenhagen bei Hannover, versuchte wie schon in den Vorjahren mit ruhigen, konzentrierten Fragen die Unterschiede in den Meinungen hervor zu kitzeln. So legten die beiden Hoteliers der Runde, Susanne Weiss von der mittelständischen Kooperation der Ringhotels, dar, dass 2007 noch 10% der Reservierungen über das Call Center zustande kamen, wohingegen heute dieser Prozentsatz nur noch drei bis vier Prozent ausmacht. Aktuell kommen 80% der Reservierungen online, 20% direkt.

Moderatorin Carolin Brauer.

Bei Marriott International, einer globalen Kette mit ungleich höherem Buchungsvolumen, kommen laut Alexander Pyhan, Sr. Director, Global eCommerce Channels, bis zu 40% des Zimmer-Umsatzes durch den Eigenvertrieb, während 25% aufgrund des Firmengeschäfts noch von den GDS stammen und fast noch mehr sogar noch übers Call Center herein strömen – aufgrund des starken Kundenbindungsprogrammes "Marriott Rewards". Die Conversion-Rate übers Call Center sei mit 40% immer noch wesentlich höher als über Online, so Pyhan. Bis zu 80% der Buchungen strömen damit über die unternehmenseigene Website marriott.com – und das will man künftig auch beibehalten.

Preisleistungsverhältnis stimuliert Zahlungsbereitschaft

Michael Buller, Vorstand im Verband Internet Reisevertrieb, gab zu, dass grosse Marken es leichter haben als kleine. Aus Perspektive der OTAs gab er zu bedenken, dass auch diese sich als eine Marke sehen und inzwischen Expedia z.B. etwa 45% seines Gewinns für Marketing ausgebe.

Airlines können von hohen Direktbuchungszahlen nur träumen, wie Pricing-Experte Dr. Mark Friesen von Quinta Consulting, klarstellte. Bei den Hotelpreisen stellte er einen starken Trend zu Rabatten fest: "Wenn der Aktionspreis der Normalpreis ist, ist das schlecht." Für ihn ist deshalb Fokus auf den Preis zu kurz gegriffen.

Vertreter der OTAs: Michael Buller vom VIR.

Buller hakte da konkret ein: Hoteliers würden noch nicht einmal ihre Zimmer-Kategorien überblicken, von daher könne der Verkauf nur beim Preis enden. Die OTAs und ihre Systeme bekämen nur schlechte Infos von den Hotels geliefert – dabei sei es doch so, dass für die OTAs heute nicht mehr der Preis, sondern das Preisleistungs-Verhältnis zähle. Pricing-Experte Mark Friesen definierte das Preisleistungsverhältnis daraufhin als die Zahlungsbereitschaft des Kunden, die es zu eruieren gilt.

"Der Kunde hat keinen Anker mehr durch den Preis," stimmte Ringhotels-Chefin Susanne Weiss selbstkritisch zu. "Und wir haben uns das selbst kaputt gemacht." Friese bestätigte: "Der verwirrte Kund kauft nichts." Er riet der Hotellerie, sich die Preis(leistungs)modelle der Autobranche anzuschauen.

Marriott empfahl jedem eine Vertriebsstrategie und einen Mix an Kanälen: "Man muss aber nicht mit jedem Vertriebskanal zusammenarbeiten", so sein Fazit. Sogenannte "third parties" suche die Kette sehr selektiv aus, und es gelte einfach, diese Distributionspartner zu kontrollieren.

Hoteliers können nicht „einfach“

Nachdem es zumindest in Deutschland jetzt keine Ratenparität mehr gibt, verfügen die Hoteliers über neue Preis-Freiheit. Wird sich jetzt eine bessere Preissteuerung entwickeln? Buller verneinte: Nein, das alles werde den Preis eher noch nach unten drücken. Auch Moderatorin Carolin Brauer sieht momentan auch noch eher schwarz: "Unser Argument ist immer noch der Preis."

Kurz: Die Hotellerie muss sich vom Preisdruck befreien, stärker Preisleistung betonen und seine Preishoheit leben. Susanne Weiss von Ringhotels: "Die Kunden wollen heute alles 'einfach' haben," erklärte sie, "aber die Hoteliers können nicht 'einfach'!" In dieser Denkweise sieht sie das grösste Dilemma.

Preisleistung kommunizieren, sagtPricing-Experte Dr. Mark Friesen.

Verspielte Webseiten der Hotels würden die Gäste direkt in die Arme der OTAs treiben, merkte die Moderatorin an. Das sah Michael Buller natürlich anders: Der Zulauf zu den OTAs wäre da, weil diese für den Kunden einfach einen Nutzen stiften würden. Pyhan von Marriott gab dem sogar Recht: OTAs bieten Auswahl, zeigen Services und USPs, das schaffe ein Hotel nicht. „Imponieren Sie dem Gast im Hotel, dann kommt er direkt zu uns zurück,“ riet er seinen Kollegen.

Der VIR-Vertreter sah bedrohliche Wolken aufziehen: Hoteliers würden OTAs als Konkurrenten sehen, diese sollten für Transparenz sorgen, aber die Buchungen würden die Hoteliers direkt abgreifen wollen. „Hotels wollen das einfache Geschäft!“ merkte Buller an, „wir wollen Waffengleichheit und Fairness.“

Positive Bewertungen sahen alle Diskussionsteilnehmer eindeutig als Business-Treiber an, wobei Marriotts Einwand überraschte: Die US-Kette hat festgestellt, dass viele Kunden einer neutralen Seite wie TripAdvisor mehr vertrauen würden als der Hotel-Website wie marriott.com. Buller riet den Hoteliers, z.B. über Facebook Geschichten zu erzählen, das Leben im Hotel zu illustrieren, um so dem Kunden Sicherheit vor der Buchung zu vermitteln… Auch das würde letztlich zu höheren Preisen führen.

Die Vertriebskanäle kontrollieren: Alexander Pyhan,Marriott Hotels.

Als Weg am OTA vorbei ist damit Roomkey zu bewerten. Diese junge US-Portal haben fünf Mega-Ketten gegründet, darunter auch Marriott. Alexander Pyhan bezeichnete dieses Portal als eine Art „Exit“-Pool für den Kunden, der nach erfolgloser Suche bei der ersten Gesellschaft gleich umgelenkt würde zu deren Partnern.

Metasearchmaschinen sind die neuen Monster

Werden nach dem Fall der Ratenparität nun die Metasuchmaschinen heftigen Auftrieb spüren? Buller: „Ja! Das sind die Monster, die auf uns zukommen. Sie schaffen Nutzen und vergleichen unabhängig.“ Er prophezeite zudem, dass sie bald auch auch noch in den Preisleistungsvergleichen besser werden würden, so dass der Kunde nicht mehr –zig Webseiten einzeln durchforsten müsse. Für Pricing-Berater Friese ist das die „Amazon-isierung“ der touristischen Wertschöpfungskette.

Auch Marriott kann den Metasearchern Vorteile abgewinnen – weil der Kunde Ratenparität ohnehin nicht verstehe und es tatsächlich auch keine gebe: Die Hotels wäre stets mit unterschiedlichen Preisen in unterschiedlichen Portalen unterwegs. „Wer direkt bucht, wird bestraft,“ kritisierte Alexander Pyhan die eigene Branche. Er fasste zusammen: Es gehe nicht mehr um den Preis, sondern um die Kontrolle der dritten Vertriebskanäle! „Preis-Controlling wird die Aufgabe jedes Marken-Hotels werden!“

Viel Zeit zum Handeln bleibt der Hotellerie für diese Umstellung vermutlich nicht. Denn dem immens gestiegenem Traffic im Internet folgt jetzt der Mobile-Boom. Und dann sprechen wir erst recht nicht mehr über den Preis und auch nicht mehr über Preis-Controlling, sondern bereits über die Kunst der Verknüpfung von Kundendaten. / Maria Pütz-Willems

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