EU Labels ohne Transparenz Die ÖHV fördert ihre KMUs die Welt der Zertifizierungen bleibt nicht messbar
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EU-Labels ohne Transparenz

Die ÖHV fördert ihre KMUs, die Welt der Zertifizierungen bleibt nicht messbar

Öko-Labels, auch speziell für die Hotellerie, gibt es wie Sand am Meer. Doch was sagen sie über die tatsächlichen Bemühungen der Betreiber aus?Foto: Adobe Stock Marek Brandt 

Wien. Österreichs Touristiker haben stets ein Auge auf ihre KMUs – und fördern sie auch in Sachen Nachhaltigkeit. Über dieses Segment regnet es derzeit "grüne" Zertifzierungen. Erfrischend ist diese Brise allerdings nicht, da vor allem die EU-Aktivitäten dazu einem schweisstreibenden Dschungel ähneln und nationale Öko-Labels überlagern. Etliche Praxisbeispiele machen durchaus Mut. Wie viel sie aber zur Reduktion des CO2 beitragen, ist noch nicht messbar.

Die Österreichische Hoteliervereinigung veranstaltete Anfang Mai eine EU-Konferenz zu Green Tourism, die als Abschluss des Projekts "European Tourism Going Green 2030" diente – einem von sechs EU-Projekten zur nachhaltigen Entwicklung von Destinationen und KMUs.

So führte Andreea Staicu bereits im Tourismus umgesetzte Initiativen zur Kennzeichnung des ökologischen Fussabdrucks an. Die Referentin ist Deputy Head of Unit Tourism and Textiles bei DG GROW, dem Department, das für die KMU-Binnenmarktpolitik der EU-Kommission zuständig ist. Sie berichtete über die vor zwei Monaten beschlossene "Green Claims Directive", welche das Ziel habe, sicherzustellen, dass die Umweltzeichen und -aussagen EU-weit glaubwürdig, vertrauenswürdig, vergleichbar und überprüfbar sind.

Das EU-Umweltzeichen für Touristenunterkünfte ist das offizielle EU-Label für Umwelt-Exzellenz, das unabhängige Experten überprüfen. Es kann weltweit an Betriebe verliehen werden, sofern diese ihre Dienstleistungen am EU-Markt anbieten. Über 540 Hotels und Campingplätze in ganz Europa tragen bereits das EU-Umweltzeichen.

Gerade im Bereich des Individualverkehrs gebe es noch viel Potenzial zur CO2-Reduktion. Foto: Adobe Stock Africa Studio 

Als weiteres freiwilliges EU-Instrument führte Staicu das Umwelt-Management- und -Betriebsprüfungssystem an. Es dient Unterkünften zur Evaluierung, Verbreitung und Verbesserung ihrer Bemühungen in Sachen Nachhaltigkeit. Es geht dabei um geringen Energieverbrauch, Kreislaufwirtschaft und das absolute Einhalten von Umweltgesetzen. Über 270 Hotels, Campingplätze und Kurzzeitunterkünfte sind bereits bei EMAS registriert.

"Neu ist eine Ausschreibung speziell für Hotel-Unterkünfte. Es geht um die Entwicklung von Product Environmental Footprint Category Rules und die Erfassung relevanter, konformer Datensätze für den Beherbergungssektor", führte Staicu aus.

Österreichs Hotellerie sieht sich als Vorreiter

Innerhalb dieses europäischen Radius' brachte die ÖHV die österreichische Dimension ein. Dabei wurde das eigene Licht nicht unter den Scheffel gestellt. "Österreich verfehlt seine Klimaziele, weil keine andere Branche die Klimaschutz-Erfolge der Hotellerie erreicht", verwies ÖHV-Generalsekretär Markus Gratzer auf 54% weniger Energieverbrauch pro Übernachtung in 2019 im Vergleich mit 2008: "Hinzu kommen noch die jüngsten Reduktionen im Zuge des Energiekosten-Anstiegs!" Genauso erfreulich sei der Anstieg des Anteils erneuerbarer Energien von 36% auf 54% im gleichen Zeitraum. Das Hauptaugenmerk müsse Österreich insgesamt auf die CO2-Reduktion im Individualverkehr legen, zu dem Freizeitfahrten in statistisch nicht erfasster Höhe beitragen: "Da lassen wir viel Potenzial liegen", meint Gratzer.

Österreichs Klimaschutz-Ministerin Leonore Gewessler sieht aber auch in der unmittelbaren Tourismuswirtschaft noch genug Potenzial. Sie verwies in ihrer Grussbotschaft auf die Notwendigkeit nachhaltigen Wirtschaftens – und gleichzeitig auf zahlreiche Musterbeispiele: Hotels mit nachhaltiger Bauweise, Strom- und Wärmesysteme auf Basis erneuerbarer Energien, Bio-Lebensmittel aus der Region und klimafreundliche Mobilität als wichtigster Hebel zur Reduktion von Emissionen.

Ihre Regierungskollegin, Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler, ergänzte: "Green Tourism ist Weg und Ziel". Es gehe um die Balance zwischen Bedürfnissen der Bevölkerung, Erwartungen der Gäste und dem Schutz der natürlichen Lebensräume. "Schon kleine Massnahmen wirken Wunder, vom Energiesparen bis hin zur Plastikvermeidung", führte sie an. "Nur Kooperation und Koordination in der Destination sichern Österreich als attraktives Reiseziel und Lebensraum, in dem sich Gäste und Einheimische wohl und sicher fühlen! Und das gilt ganz sicher nicht nur für Österreich.

Einer der Öko-Vorzeigebetriebe: das Alpenresort Schwarz in Mieming, Österreich. Foto: Mario Rabensteiner  

Öko-Vorzeige-Betriebe weit gestreut

Zurück in die Praxis: European Tourism Going Green ermöglichte KMUs kostenlose Schulungen, Beratungen, Zertifizierungen und einen internationalen Erfahrungsaustausch. Die Audits für die Zertifizierung führten unabhängige Experten durch. Teilgenommen haben 70 Tourismus-KMUs aus Bulgarien, Deutschland, Italien, Kroatien, Rumänien und Österreich. Die Liste der Teilnehmer reichte von Campingplätzen über Reisebüros bis hin zu Qualitätshotels. Alle elf teilnehmenden Beherbergungsbetriebe aus Österreich haben ihr Audit positiv mit dem Österreichischen Umweltzeichen und dem EU-Ecolabel abgeschlossen. Sie erhielten ihre Auszeichnungen im Rahmen der Wiener Veranstaltung.

Nicht nur regional, auch in ihrer Dimension sind die neuen Öko-Vorzeige-Betriebe breit gestreut. So ist das Alpenresort Schwarz am Mieminger Plateau in Tirol in zweiter Generation fast schon zu einem Dorf – Golfplatz inklusive – gewachsen, während das Hotel Johann Strauss in Wien mit 64 Zimmern ein "unauffälliges" Stadthotel ist. Das COOEE alpin Hotel Bad Kleinkirchheim wiederum ist ein "Veranstalterhotel", das Familien-Sport-Resort Brennseehof Feld am See und der Ferienhof Neusacher Moser in Weissensee sind weitere Betriebe aus Kärnten, während das Hotel Schloss Seggau ein idyllisches Schlosshotel im ländlichen Leibnitz ist und das Hotel Schloss Lerchenhof in Hermagor schon länger ein Stützpunkt der Kärntner Slow Food-Bewegung ist. Eine Besonderheit stellt das Aviva in St. Stefan-Afiesl, Oberösterreich, dar: Es hat sich auf Singles spezialisiert. Was alle eint, ist der Einsatz, die grüne Transformation nicht den anderen zu überlassen.

Rein statistisch können sich die ausgezeichneten Betriebe sehen lassen: Sie zählen zusammen über 500 Mitarbeiter, 700 Zimmer, 1.600 Betten, 3,34 Millionen Übernachtungen und insgesamt 44 Millionen Euro Umsatz. Einige Stichworte aus den erfolgreichen Massnahmen zur CO2-Reduktion: Der Müll wurde um 76% reduziert. In Sachen Energieeffizienz ragte das Hotel Aviva heraus, das seinen kompletten Car Park mit einer Photovoltaik-Anlage überdachte.

Mario Gratzer, Generalsekretär des Österreichischen Hotelier-vereinigung.Foto: ÖHV 

Internationale Ansätze von Eco-Marine
bis Alpaka-Wanderungen

Auf der Green Tourism Conference wurden mehrere internationale Ansätze auf die Bühne geholt. So hat sich der Bootstouren-Anbieter Eco-Marine auf Malta auf Beobachtungstouren mit "Edutainment"-Charakter spezialisiert. Als weiteres Beispiel dient die Region Pays de la Loire, die bis 2025 das wichtigste Reiseziel für Fahrrad-Tourismus in Frankreich werden will. Hier geht es um die Entwicklung intermodaler Transportlösungen: Bis 2030 sollen alle Reiseziele mit umweltfreundlichen Verkehrsmitteln erreichbar sein.

Zagreb in Kroatien setzt sich das Ziel, noch in diesem Jahr ein einheitliches System zur Überwachung der nachhaltigen touristischen Stadt-Entwicklung umzusetzen. Derzeit gibt es aber noch kein System zur Messung der Nachhaltigkeit. Geplant ist nun zumindest die Einrichtung einer digitalen Plattform, auf der alle Berichte jährlich zusammengestellt werden, um so mögliche negative Auswirkungen zu erkennen.

Für Deutschland stellte Peter Zimmer des Tourismusberatungsunternehmen Futour mit Eco-Labels ausgezeichnete Betriebe aus den Regionen Eifel und Ostbayern vor. Originell muten die aus einer persönlichen Corona-Not geborenen "Eifel-Nomaden" an: Wanderungen mit Alpakas. Mit auffällig umweltschonenden Beispielen kann immer wieder der Camping-Tourismus aufwarten, z.B. Eco Camping Südeifel und das Anderswo-Camp in Ostbayern. Ansonsten zeigte Zimmer mit unterschiedlichen Zertifizierungen ausgezeichnete Hotelbetriebe unterschiedlicher Grösse: Brunner Hof Arnschwang, Sixt Rohr/Niederbayern, Hotel Hoeferer Regensburg, Zum Bräu in Kollnberg und die Wolfringmühle im Landkreis Schwandorf.

"Der Weg zu den Ergebnissen war lang. Nach der ersten Beratung erfolgte anhand von Arbeitsblättern eine Auswahl von fünf infrage kommenden Zertifikaten", berichtete Zimmer. Dann wurde die Checkliste für das Audit entwickelt. "ETGG 2030 hat sich als gute Basis für Neueinsteiger, Quereinsteiger und auch traditionelle Familien-Unternehmen erwiesen", ergänzt Zimmer. Der Marktzugang durch die Green Travel Map Deutschland sei gerade für KMUs eine zusätzliche Motivation gewesen. Doch die Kunst sei es, immer die Menschen hinter den nachhaltigen Massnahmen in den Vordergrund zu rücken.

Gratzer begrüsste das mit der Konferenz zum Ausdruck gekommene Engagement der EU-Institutionen, würde sich von der EU jedoch einen stärkeren Fokus aufs Wesentliche wünschen: "Natürlich braucht es Dokumentation. Doch wieviel CO2 durch diese Initiativen eingespart werde, weiss am Ende noch immer keiner. Dabei wäre genau das wichtig."

Das Bewusstsein für Veränderung ist auf allen Seiten im Tourismus da. Es fehlt aber weiterhin an koordinierten, einfachen Initiativen mit messbaren, nachweisbaren Ergebnissen für ALLE. Momentan schlägt innerhalb der EU der Aktionismus immer noch Vernunft und gemeinsame Strategie. / Fred Fettner

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