EVENTS / ITB Hospitality Day 2008: Hotels nehmen den Umweltschutz ernst - Selbst Pionier sein und den Gästen ein Vorbild

Selbst Pionier sein und den Gästen ein Vorbild

ITB Hospitality Day 2008: Hotels nehmen den Umweltschutz ernst

 

Berlin. Nachhaltigkeit und ökologische Konzepte waren das grosse Thema der diesjährigen ITB. Vertreter aus Forschung und von renommierten internationalen Tourismus-Unternehmen wie Hilton, Emirates Hotels und Schloss Elmau erläuterten beim ITB Hospitality Day ihre zukunftweisenden Strategien im Bereich Nachhaltigkeit, untermauert von wissenschaftlichen Erkenntnissen. Mit über 300 Besuchern war dieses Panel von allen Talkrunden der diesjährigen ITB-Hotelkonferenz das bestbesuchte - ein sicheres Zeichen für die Aktualität des Themas.

Auf dem Podium herrschte Einigkeit: Es gibt keinen anderen Weg mehr als den grünen. Zwar sind noch nicht durchgängig alle Gäste bereit, für umweltfreundliche Konzepte mehr zu bezahlen als bisher, der Wandel ist jedoch im Gange. "Eine Umfrage des Marktforschungsinstituts JD Powers kam zu dem Ergebnis, dass Gäste bereit sind bis zu zehn Prozent mehr für eine Reise zu bezahlen, wenn das Umweltkonzept stimmt," betonte Welf J. Ebeling, Executive Vice President und COO der Leading Hotels of the World und erhielt bei dieser Aussage Rückendeckung von
Dr. Manfred Stock vom Institut für Klimafolgenforschung in Potsdam. "Zehn Prozent sind die Schmerzgrenze", stimmte dieser zu.

Aber müssen nachhaltige Konzepte und umweltbewusstes Verhalten überhaupt zwangsläufig zu Preiserhöhungen für die Gäste führen? Dietmar Müller-Elmau, Eigentümer von Schloss Elmau bei Garmisch-Partenkirchen, stellte genau dies immer wieder in Frage. "Die Frage ist nicht, den Preis zu heben, sondern den Verbrauch zu senken," liess er seine Kollegen wissen und zeigte am Beispiel seines Holz-Heizkraftwerks auf, wie ein Hotel mit fünf Pools und drei Spas kostengünstig und CO2-neutral beheizt werden könne. Müller-Elmau spart durch den Einsatz einer Holzverbrennungs-Anlage, deren Investitionsvolumen sich auf 1,2 Millionen Euro belief, 200.000 bis 300.000 Euro im Jahr. Und: Er erhält für den Einsatz dieses Systems auch noch Geld von der Regierung, weil das Fällen der Bäume seltene Blumenarten schützt.

Resorts nur bauen, wenn man Energie gewinnt

Sein Beispiel, so ernüchterte Müller-Elmau jedoch die Kollegen, sei nicht direkt auf jedes Hotel übertragbar. Das Holz stammt aus der Umgebung des Hotel und kann daher in kurzer Zeit angeliefert werden. Für die Anlieferung durch den Holz-Transporter, der alle drei bis vier Tage zum Hotel kommt, wird viel Platz gebraucht. Sein Rat an die Branche: "Baut neue Resorts dort, wo ihr die Energie dafür selbst gewinnen könnt. Und wenn ihr das nicht könnt, dann lasst es bleiben."

Energie-Gewinnung in südlichen Ländern stellt sich dank Solar-Techniken und neuer Methoden zur Nutzung der Meere als unterstützende Energiequellen zunehmend einfacher dar. Welf J. Ebeling erläuterte am Beispiel von Hayman Island am Great Barrier Riff, wie dank eines Strohhalm-Prinzips sechs Grad Celsius kaltes Wasser vom Meeresgrund ins Hotel gesogen werden kann. Dort kommt es mit einer Temperatur von 16 Grad an, wird mit etwas warmer Luft vermischt und dann mit etwa 18 bis 20 Grad in die Klimaanlage des Resorts geleitet.

The Leading Hotels of the World haben im April 2007 das Programm "The Leading Initiative" eingeführt. Es dient der Vermeidung von Kohlenstoff-Emissionen und soll Gäste in die Lage versetzen, sich bewusst für ein umweltbewussteres Reiseverhalten zu entscheiden. Damit unterstützen sie die Umwelt-Organisation Sustainable Travel International. Für jede Nacht, die der Gast über www.lhwgreen.com oder - bei telefonischer Buchung - unter der Erwähnung von Leading Green bucht, spendet Leading einen Betrag an STI, der 29,3 Kilowattstunden Elektrizität durch neue Energien entspricht.

Über 300 Besucher interessierten sich für das Thema Umwelt. 

Umweltfreundlich und kostensenkend arbeitet auch Hilton Hotels Worldwide, beim Hospitality Day vertreten durch Andrew Forte, Europa-Direktor für Energie und Nachhaltigkeit. Das Programm "We care" von Hilton integriert alle Mitarbeiter des Unternehmens und wird von Ingenieuren begleitet und konzentrierte sich zunächst auf die beiden Hauptthemen Energie und Wasser. Seit der Einführung im Jahr 2005 wurden die Energiekosten des Unternehmens um zehn Prozent gesenkt und vier Hotels der Gruppe erhielten bereits Umwelt-Auszeichnungen. Forte hat allerdings die Erfahrung gemacht, dass das Umweltbewusstsein Gäste im Urlaub schnell verlässt. "Selbst die grünsten von ihnen lassen dann das Wasser laufen", sagt er. Umso bedeutender ist in diesem Zusammenhang der Einsatz moderner Technologien, die beispielsweise Wasserflüsse unterbrechen.

Auf die besondere Rolle des Gastes beim Klimaschutz wies Tony Williams, Vice President Resorts & Projects bei Emirates Hotels & Resorts, hin. So müsse es ein Ziel sein, auch bei den Gästen auf einen nachhaltigen Bewusstseinswandel hinzuwirken. Denn wenn Gäste - zu Recht - hohe Umweltstandards von den Hotels einforderten, sollten sie diese auch bei sich selbst zuhause einhalten, wo sie in der Regel mehr Zeit im Jahr verbringen als im Hotel.

Im Kommen: Energie-Börsen und neue Finanzierungsmodelle

Die technologische Seite vertrat beim Hospitality Day Michael W. Hartmann, Chef der Abteilung Hospitality Solutions bei Siemens Technology in München. Er wies darauf hin, dass der Staat zunehmend regulierend eingreifen werde. In China bestehe  bereits eine Energie-Börse für jedes neue Gebäude. Diesem wird ein Energie-Volumen zugestanden. Liegt es darunter, kann der Eigentümer seine Energieanteile weiter verkaufen.

Hartmann sieht Ansätze zur Nachhaltigkeit zunächst beim Thema Neubau. Hier lässt sich das Routine-Verhalten der Gäste durch neue Technologien am besten unterlaufen. "Mit Elektronik von heute kann man den Energiekonsum von Zimmern messen", sagte Hartmann. Mehr Transparenz, so der Experte, könne auch dazu führen, dass man die Gäste beispielsweise für ihr umweltfreundliches Verhalten belohnen könnte. Selbst für Hoteliers in Entwicklungsländern hält Siemens schon Finanzierungsmodelle bereit, die den Einsatz von umweltfreundlichen Technologien für sie erschwinglich machen. "Wir garantieren die Einsparungen und erhalten dafür später das Geld, das eingespart wurde. Wenn die Einsparungen nicht eintreten sollten, wäre das das Problem von Siemens", so der Manager. Wie ernst seinem Unternehmen das Thema Umwelt ist, unterstrich Hartmann am Beispiel der Geschäftsreise-Vorgaben von Siemens: Pro Geschäftsreisendem ist der Kerosin-Verbrauch limitiert. Wer ihn überschreitet, darf nicht mehr reisen.

Wie weltweit bedeutend das Thema Nachhaltigkeit für die Zukunft ist, zeigte die Präsenz und Präsentation von Tony Williams über die Aktivitäten der Emirates Hotels & Resorts aus Dubai. Er bestätigte, dass man sich in den arabischen Ländern inzwischen viele Gedanken über nachhaltigen Tourismus macht. "Wir haben ein erstes Hotel mit Solarenergie gebaut", so Williams. Ausserdem sei in Dubai der Bau einer weiteren, mit herkömmlicher Energie betriebenen Skihalle zurückgestellt worden. Williams erklärte auch das Konzept der auf den ersten Blick wenig nachhaltig wirkenden neuen Resort-Projekte seines Unternehmens. In Australien wird Emirates ein Resort auf einem 4.000 Hektar grossen Gelände eines geschützten Reservates bauen. Williams führte aus, dass dies durchaus zum Schutz Australiens beitrage, weil das Resort lediglich ein Prozent der Gesamtfläche einnehme. Auf dem restlichen Gelände werden vom Aussterben bedrohte Tierarten angesiedelt. Auf diese Weise würde mit der Unterstützung von Emirates das Leben bedrohter Tierarten geschützt genau wie in der Schutzzone rund um das Al Maha Desert Resort in Dubai.

Seriöse Konzepte sind gefragt

Alle Podiumsteilnehmer versicherten glaubhaft, dass ihre Umwelt-Konzepte einen ernsthaften Hintergrund hätten und keinesfalls oberflächliche Marketinggags seien. Denn gerne versuchen inzwischen Unternehmen mit vordergründigen Aktionen auf den trendigen Zug Umweltschutz aufzuspringen und sich damit von ihrem schlechten Gewissen rein zu waschen. Für dieses vorgetäuschte Umweltbewusstsein gibt es sogar schon einen Fachausdruck, genannt "greenwashing".
Die Seriosität, mit der die Hospitality-Runde das Thema behandelte, lässt hoffen.

Schliesslich, so hatte Professor Martin Stock zu Beginn der Runde betont, habe die Menschheit noch die Möglichkeit, das Ruder herum zu reissen. "Wir können den CO2-Ausstoss verringern", zeigte er sich überzeugt, warnte jedoch vor zu langem optimistischen Nichtstun.  "Wenn wir weiterhin `business as usual` machen, wird der heisse Sommer 2003 in 30 Jahren normal sein, noch später wird er als kühler Sommer gelten," warnte er und zeigte dazu erschreckende Bilder von Klimakatastrophen der vergangenen zehn Jahre. "Ich frage mich manchmal, ob wir nicht zu lahm damit sind, die Bevölkerung über die Auswirkungen der Klimaveränderungen zu informieren", meinte Stock. Bei den Besuchern und Vertretern des Hospitality Day dürften die grünen Forderungen an die Branche angekommen sein. / Susanne Stauss 

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