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Heisst Öko mehr Profit oder Profit mehr Öko?

ITB Hospitality Day: Eine lebhafte Diskussion über integrierte Resorts

Berlin. Seminare mit dem Wort "nachhaltig" im Titel finden oftmals vor leeren Hörsälen statt, was angesichts der Lippenbekenntnisse, die die Mehrheit zu diesem Thema abgibt, nicht weiter verwunderlich ist. Aber bei der ITB Berlin war dies nicht der Fall. Vielmehr fühlten sich die etwa 500 Zuhörer der Diskussion zum Thema "Integrierte Resorts - eine Evolution in Richtung Nachhaltigkeit" bestens unterhalten, als sich knallharte Kapitalisten und gemässigte Umweltschützer hitzige Wortgefechte lieferten. Eingefleischte Umweltschützer suchte man vergebens.

Vielleicht waren die Zuhörer gerade deswegen so zahlreich erschienen? Die Teilnehmer an der Runde waren in erster Linie Geschäftsleute, die allesamt in Grossprojekte im Bereich Mixed-Use Resorts verwickelt sind. Diskussionsführer war Klaus Lengefeld, Seniorberater für Tourismus und nachhaltige Entwicklung bei der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit. Besonders Achilles Constantankopoulos, Managing Director Temes SA, Karl J. Pojer, Mitglied des Executive Committee der TUI AG/TUI Hotels & Resorts, sowie Samih Sawiris, Chairman und CEO der Orascom Development Holding, vertraten die Ansicht, dass Nachhaltigkeit für die finanzielle Leistungsfähigkeit von elementarer Bedeutung sei.

Die einsame, aber umso lautere Stimme, die den Kapitalismus als oberstes Prinzip hochhielt, kam von Eric Bello, Vice President Sales von Las Vegas Sands. Äusserungen wie: "Der Gewinn steht an erster Stelle, die Umwelt an zweiter", trafen bei vielen einen wunden Punkt.

5 Aspekte der Nachhaltigkeit

Indem er fünf Aspekte von Nachhaltigkeit beschrieb, lenkte Lengefeld die Diskussion in eine konkrete Richtung: nachhaltige Wirtschaftlichkeit, nachhaltige Kundenzufriedenheit, soziale Nachhaltigkeit - in erster Linie bezogen auf die Schaffung neuer Arbeitsplätze vor Ort, Umweltverträglichkeit und kulturelle Nachhaltigkeit.

Karl Pojer, TUI.  

Dabei stand die Frage, wie man den Verbrauch von Ressourcen und die Auswirkungen auf das soziale und ökologische Umfeld von "Megaresorts" mit wirtschaftlicher und sozialer Nachhaltigkeit vereinbaren liesse, so sehr im Mittelpunkt, dass andere Themen kaum angesprochen wurden. Lengefeld beschrieb den Sachverhalt als "Balanceakt zwischen gewaltigen Möglichkeiten und Risiken". Im Mittelpunkt der Diskussion stand die Frage nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit und Umweltverträglichkeit.

"Ich glaube fest an freie Märkte", schwärmte Bello, bevor er auf sein Hauptanliegen einging. "Uns interessieren ökologische Auswirkungen so lange nicht, bis sie Einfluss auf den Gewinn haben", erläuterte Bello die ständige Suche nach Möglichkeiten, den Shareholder Value in die Höhe zu treiben.

Obgleich sich diese Sichtweise für eher feinfühlige, politisch korrekte Europäer ziemlich extrem anhört, sei in aller Bescheidenheit darauf hingewiesen, dass jede wirtschaftliche Aktivität stets nur dann realisiert wird, wenn sich damit Gewinne erwirtschaften lassen. Dies allerdings ohne jegliche Rücksicht auf die Umwelt zu tun, ist das eigentliche Problem.

Costa Navarino: Nur 8 Prozent der Fläche bebaut

Und so sehr provozierend Bellos Bemerkungen waren, so fand er unter den anderen Diskussionsteilnehmern durchaus eine gewisse Zustimmung. Schliesslich hat man es mit Geschäftsmännern zu tun. Auch wenn sie stärker an die Vermarktbarkeit grüner Unternehmenspolitik glauben. "Wir entwickeln unsere Projekte nicht rein profitorientiert, sondern achten auch darauf, was die Umwelt verkraften kann," erläuterte Constantakopoulos von Temes SA die Philosophie hinter den Costa Navarino Resorts, die das Unternehmen derzeit in Messinia am Südende des Peloponnes entwickelt. Dort entstehen inmitten unbefleckter Natur vier Wohn- und Resort-Communitys mit insgesamt elf Hotels und sieben Golfplätzen. Die ersten beiden Projekte sollen unter Starwoods Marken Westin und Luxury Collection laufen und werden noch 2009 eröffnet. Griechenlands erstes integrierte Resort wird dabei mit der Umwelt im Hinterkopf entwickelt; tatsächlich bebaut werden lediglich 8% der gesamten Anlage.

Samih Sawiris, Orascom. 

Auf breite Zustimmung trafen die Worte von Pojer und Sawiris über die Notwendigkeit, ökologische Verantwortung zu übernehmen. "Es gibt keine qualitativ hochwertige Unterbringung ohne Rücksicht auf Nachhaltigkeit", so Pojer, der den Bau eines TUI-Resorts in einem alten Dorf in der Toskana beschrieb, das trotz hoher Auflagen umgesetzt würde. "Können Sie es sich leisten, nichts zu tun?", fragte Sawiris. "Allein der Anspruch, CO2-neutral zu sein, ist es wert. Solch ein Anspruch ist zwar meist unwirtschaftlich, aber die Welt hat es verdient", so Sawiris weiter.

Beide argumentierten, dass sie sich geschworen hätten, die Umwelt zu schützen. Für Nachhaltigkeit Sorge zu tragen, möge zwar mehr Geld kosten, aber die Mehrkosten wären im Geschäftsplan einkalkuliert. Pojer ergänzte: "Bei TUI pflegen wir sechs Geschäftsregeln und Umweltfreundlichkeit ist genauso wichtig wie Wirtschaftlichkeit.
Wenn wir das bei einem Projekt nicht hinkriegen, werden wir es nicht realisieren, selbst wenn es profitabel wäre."

Der Massstab und die Vielfältigkeit grosser Resorts steigern deren Attraktivität sowohl in wirtschaftlicher Hinsicht als auch aus Sicht der Umwelt. Bello erläuterte, dass seine Projekte stets darauf ausgelegt sind, alles unter einem Dach zu bieten. "Die Konferenzelemente unserer Resorts sind wichtig, da wir mit unseren Anlagen Destinationen schaffen", so Bello. Sawiris äusserte sich ähnlich zu Ursache und Wirkung von Mischimmobilien. "Einkaufs- und Golfelemente sind wichtig, denn Gäste kommen zum Einkaufen oder Golfspielen."

Nachhaltigkeit muss sich entwickeln

Constantakopoulos hob hervor, dass es nicht nur um die reine Grösse ginge, sondern auch darum, jeden Standort getrennt für sich zu betrachten. Temes SA beispielsweise baut einen Golfplatz nur dort, wo es genügend regnet. Auch Orascom behandelt seine Projekte höchst individuell, sei es die Entwicklung weiterer Strandresorts in El Gouna an der ägyptischen Küste des Roten Meeres oder das geplante Bergresort in Andermatt in der Schweiz. "Nachhaltigkeit ist keine Formel, sondern muss sich mit der Zeit entwickeln", erkärte Sawiris.

Eric Bello, Las Vegas Sands. 

"Orascom ist kein Resort-Entwickler, sondern ein Stadtentwickler", so Sawiris weiter, und zeigt sich froh darüber, gross genug zu sein, um bei der Entwicklung von Versorgungseinrichtungen, Recycling usw. nicht auf Staatshilfe angewiesen zu sein. Da es Regierungen grundsätzlich nur darum geht, wiedergewählt zu werden, sieht er sie nicht als verlässliche Partner an. Pojer dagegen erkannte die Notwendigkeit, die örtliche Infrastruktur gemeinsam mit dem Resort auszubauen und das Resort in puncto Energieversorgung, Abwasserbeseitigung usw. unabhängig zu machen, allerdings durchaus mit der Hilfe staatlicher Subventionen. Temes SA verfahren so mit der griechischen Regierung mit dem Ziel, eine Windfarm aufzubauen, die so viel Strom produziert, dass 50% des produzierten Stroms in das nationale Stromnetz eingespeist werden können.

Die Grösse ihrer jeweiligen Projekte erlaubte es den Diskussionsteilnehmern die soziale Nachhaltigkeit ihrer Projekte bezogen auf den örtlichen Arbeitsmarkt hervorzuheben. Ohne Frage macht der Einsatz einheimischer Mitarbeiter aus geografischer Sicht Sinn, wobei Sawiris hervorhob, dass Orascom sogar Geld verdiene, indem es seinen Mitarbeitern - bei El Gouna sind es insgesamt 20.000 - Unterkünfte zur Verfügung stelle. Constantakopoulos sah es als noch wichtiger an, für die Produkte von Temes SA eine gute, einheimische Konsumentenschaft aufzubauen, und dass es durch die Schaffung von Arbeitsplätzen gelinge, Menschen wieder raus aufs Land zu locken. Pojer fügte hinzu: "Eine gute Atmosphäre braucht Einheimische - wir verkaufen schliesslich Emotionen." Bello führte an, dass die Schaffung von 50.000 Zweitjobs in Las Vegas und 15.000 Jobs für Einheimische für das Venetian in Macau ein Beweis für die soziale Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells von Las Vegas Sands sei.

Zukunftsentscheidend: ökologischer sein als andere

Aber das letzte Worte gehörte Constantakopoulos: "Grösse im Sinne von Zimmergrösse allein wird in Zukunft kein ausschlaggebendes Kriterium von Luxus sein. Ökologischer zu sein wird den Unterschied ausmachen."

Achilles Constantakopoulos, Temes SA.                             Fotos: map                           

Was genau mit Umweltverträglichkeit gemeint ist, ob bereits praktiziert oder geplant, wurde kaum konkret erwähnt. Bello brachte einige Beispiele der Aktionen für mehr Umweltverträglichkeit von Las Vegas Sands wie die Wasseraufbereitung auf einem Museumsdach des neuen Marina Bay Sands mit 2.700 Suiten in Singapur, das 2010 eröffnen soll. Weitere Informationen über die Massnahmen grosser Hotelanlagen für mehr ökologische Nachhaltigkeit wurde im Zuge des ITB Destination Day - Architektur & Tourismus präsentiert.

Das Thema Nachhaltigkeit bei Megaresorts ist unbestritten ein komplexer Mix verschiedener Faktoren, die allesamt von der Prämisse wirtschaftlicher Nachhaltigkeit überlagert werden. Die soziale Nachhaltigkeit der Schaffung lokaler Arbeitsplätze ist eine ebenso notwendige wie glückliche Folge. Dass wirtschaftliche und soziale Nachhaltigkeit kombiniert werden können und dabei die Einbeziehung umweltverträglicher Massnahmen nicht auf der Strecke bleiben muss, ist ebenso unbestritten. Sofern die Entwickler dazu bereit sind. Lengefeld brachte es auf den Punkt: "Die Zukunft der Megaresorts ist Herausforderung und Chance zugleich." / Guy Dittrich

Den Link zum Video-Zusammenschnitt des Panels Integrated Resorts finden Sie hier.

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