EVENTS / Nach der Rezession wird es einen neuen Gast geben - ITB Hospitality Day: CEO sagen mehr Menschlichkeit und weniger IT voraus

Nach der Rezession gibt es einen neuen Gast 

ITB Hospitality Day: CEO sagen mehr Menschliches und weniger IT voraus

Berlin. Den Kopf steckte beim "CEO-Panel" des ITB Hospitality Day in Berlin niemand in den Sand. Gedämpftere Expansionspläne gingen allerdings mit dem Ruf nach mehr Gastnähe und weniger Technologie einher. Glaubt man den Versprechungen der Chefs der grossen Ketten, dann werden ihm die Marken künftig mehr bieten. Es wird aber auch noch mehr Marken geben, wie die Chefs von InterContinental, Marriott, Worldhotels und Jumeirah einheitlich voraussagen. - Das CEO-Panel ist in einem neun-minütigen Video-Zusammenschnitt auch auf der ITB-Kongress-Website zu sehen.

Die Kettenmanager von IHG und Marriott sind nach wie vor davon überzeugt, dass ihre Unternrehmensgrösse sowie die Synergien und Einsparungsmöglichkeiten aus den gigantischenSystemen ihrer Firmen ihnen durch die Krise helfen werden - selbst wenn die Voraussetzungen dafür nie zuvor so düster wie im Augenblick waren. "Nur wenige Standorte sind dem heftigen Erdrutsch entgangen", sagte Andrew Cosslett, CEO der Intercontinental Hotels Group. Der RevPar ist bei allen IHG-Marken gefallen. "Die Welt befindet sich in einer Entgiftung - danach werden wir uns besser fühlen," meinte er bildhaft.

ED FULLER, President & Managing Director Marriott International:37 Jahre in der Hotellerie,verantwortlich für 3.178 Hotels und 146.000 Mitarbeiter. 

Ed Fuller, seit 37 Jahren im Geschäft und krisenerprobt, hat Marriott angeblich aus jeder Delle gestärkt hervorgehen sehen. "Jedes Mal haben wir unseren Marktanteil erhöht," sagt er. Und selbst Michael Ball, CEO der Worldhotels, einem Verbund von 500 unabhängigen und privatgeführten Hotels, registrierte im Krisenjahr 2008 insgesamt 52 neue Mitglieder - die Hälfte davon waren Kettenhotels! Gerald Lawless, CEO der erst 11 Hotels starken Luxuskette Jumeirah aus Dubai, freut sich, dass die Krise ihn so früh erwischt: Von den fast 50 geplanten neuen Projekten bis 2012 sind erst 14 im Bau.

Kostensenkungsmassnahmen stehen angesichts der Krise bei allen eindeutig im Fokus. Sie sollten aber auf gar keinen Fall zu  Lasten des Gastes fallen, ihm möglichst sogar gefallen. "Ich trage 3.000 Meilen mein Handgepäck durch die Gegend. Da ist alles drin, was ich dringend brauche. Das Letzte, was ich will, ist dass mir jemand beim Einchecken im Hotel dieses Gepäck entreisst und damit hinter irgendeiner Tür verschwindet", brachte Cosslett diese Gedanken auf den Punkt. Er  zeigte sich auch überzeugt davon, dass Hotels sich künftig eingehender mit den Bedürfnissen des Hotelgasts befassen würden. "Wir wissen immer noch nicht viel  über Schlafen und Entspannen," stellte er fest, wissend, dass der Gast damit die meiste Zeit im Hotelzimmer verbringt. Würden Procter and Gamble Hotels entwickeln, ginge diesen gewiss eine umfassendere Marktforschung und Kundenanalyse voraus als dies bisher in der Hotellerie der Fall sei,  kritisierte er die eigene Branche.

Aber nicht nur das: Die Hotellerie setzt in der Krise wieder mehr auf den Menschen, ob Mitarbeiter oder Gast. Viele Ketten nutzen die umsatzschwachen Zeiten zur Schulung der Mitarbeiter: Ed Fuller, President und Managing Director bei Marriott: "Auf die Menschen kommt es an. Wir müssen eine Atmosphäre schaffen, in der sich Menschen wohlfühlen." Die Krise hat die Sensibilität für das Thema HR spürbar erhöht.

ANDREW COSSLETT, CEO InterContinenal Hotels Group: 4 Jahre in der Hotellerie, verantwortlich für 4.150 Hotels und300.000 Mitarbeiter.

Die Abkehr von der technologischen Aufrüstung

Die technologische Aufrüstung im Hotelzimmer scheint dagegen vorbei zu sein: Investitionen in die neuste IT Zimmer hält Cosslett als Chef der weltgrössten Hotelgruppe für unsinnig: „Wir haben Millionen in CD-Player investiert. Als die MP3-Player und die I-Pods kamen, waren wir gerade fertig. Dann investierten wir in PC-Tastaturen. Und die Leute kamen mit ihren Blackberrys," wies er auf Kurzlebigkeit von IT-Investitionen hin. Wichtig sei für den Gast heute lediglich die Möglichkeit, sich im Hotel zu vernetzen. "Die Technologie bringen die Gäste heute mit", stimmte Michael Ball zu. Wichtiger seien eine zeitgemässe Zimmer- und Bad-Einrichtung. Zu einem "heavenly bed" gehöre auch eine "heavenly shower."

Der kostenlose Internet-Zugang im Hotel ist in den Augen von Ed Fuller ebenfalls kein Differenzierungsmerkmal mehr. Wichtiger sei für Marriott die sinnvolle Umgestaltung des Hotelzimmers in einen angenehmen Wohn- und Arbeitsraum. "IT sollte dem Gast Flexibilität geben," hob Gerald Lawless hervor. Auch in einer Luxushotel-Gruppe wie Jumeirah sei ein Self-Checkin denkbar: "Das nimmt niemanden letztlich das Luxus-Erlebnis." Studenten der Dubai Business School entwicklen für Jumeirah derzeit virtuell "das perfekte Zimmer".

Investitionen ins Internet gelten bei allen Ketten unterdessen als lebensnotwendig. "Wir haben 250 Millionen Dollar in die Entwicklung der Internet-Plattform investiert. Wer hier nicht investiert, ist unsichtbar", so Cosslett. Bei Marriott spielt IT schon immer eine grosse Rolle. "Unser Chairman ist ein Blogger, wir kümmern uns um alles, was neu ist. Wir kennen Twitter und Facebook. Sie sind alle da und werden von uns wahrgenommen", so Fuller.

Hotelimmobilien: Investoren-Pool
und Investoren-Interesse bleiben gleich

Die Wirtschaftskrise macht allen Unternehmen zu schaffen, die Vertreter der Hotellerie glauben sich allerdings gut gerüstet und zeigen keine Panik. "Unsere Markenvielfalt trägt zur Entspannung bei," meinte Fuller. Selbst in den USA habe  Marriott aktuell noch 52 Hotels in Planung, davon seien 47 ohne Probleme und fristgerecht realisierbar. "Die Investoren können aber natürlich noch absagen", so Fuller gelassen. Unter den Investoren selbst gäbe es keine nennenswerten Verschiebungen, auch in Krisenzeiten nicht.

MICHAEL BALL, CEO Worldhotels: 25 Jahre in der Hotellerie, verantwortlich für etwa 500 Hotels in 70 Ländern.

Ähnlich der Tenor bei IHG: Die rund 3.2000 Häuser der Gruppe gehören rund 2.000 Eigentümern - nur 16 Hotels hat IHG selbst noch im Eigentum. Rund 3.000 davon sind Mittelklasse-Hotels und sie gehören, so Cosslett, meist kleineren, konservativen Familienunternehmen mit guten Verbindungen zu ihren lokalen Banken. Das hilft auch dem börsennotierten Grossunternehmen IHG.

Cosslett unterstrich: "Die Zeit seit dem 'Lehmann Day' ist eine sehr aufregende.
Wir haben schon vergangenen Mai umgeschuldet, jetzt ist die Cash-Situation sehr wichtig. Wir sind in einer gesunden starken guten Verfassung, wenn man die Gesamtsituation betrachtet. Wann die Banken wieder Geld für Investitionen geben, weiss ich nicht." Die bei IHG und den meisten anderen Ketten in den vergangenen Jahren erfolgte Trennung von den Immobilien wertet Cosslett als Vorteil. Die Hotelbetreiber könnten sich damit  besser auf den Service konzentrieren.

Gerald Lawless meinte, die Zeit sei gar nicht so schlecht für den Bau neuer Hotels. Die Bauträger könnten die tieferen Zinssätze nutzen. Und wenn die Hotels in zwei oder drei Jahren eröffneten, dürfte die Rezession vorbei sein. Anders sehe es für Hotels aus, die schon eröffnet sind oder gerade eröffnen. "Ich bin froh, hier das Baby unter den Hotelgruppen zu sein," sagte Lawless. Promotions mit dem Tourismusbüro DTCM, Emirates Airlines und anderen Hotelgruppen haben geholfen, die Belegungszahlen für Februar und März 2009 von den noch im Dezember prognostizierten 55% erneut auf 90% anzuheben. Die Average Rate allerdings sackte dafür um 20 bis 23% ein. "Wir müssen zweimal so schnell paddeln wie bisher und 'added value' geben," rät Worldhotels-Chef Michael Ball seinen Mitgliedern.

Noch mehr Marken und mehr Reglementierungen

Auf die Frage der Moderatorin Maria Pütz-Willems, Chefredakteurin von hospitalityInside.com, nach den "tatsächlichen Werten" einer Hotelmanagement-Gesellschaft antwortete Ed Fuller: "Das sind für mich zuerst die Menschen, dann die

Gerald Lawless, ExecutiveChairman Jumeirah Group:35 Jahre in der Hotellerie, verantwortlich für 11 Hotels und11.500 Mitarbeiter.                                  

Marken und schliesslich das System." Alle CEOs glauben, dass die Markenvielfalt weiter zunehmen wird, weil die Menschen anspruchsvoller werden - ähnlich der Entwicklung im Automarkt, erklärte Cosslett, "selbst wenn keine grossen Stückzahlen von jedem Auto mehr abgesetzt werden."

Die wirtschaftlichen Bedrohungen werden die Gästewünsche aber auf jeden Fall verändern. "Nach dieser Rezession haben wir einen anderen Gast," sagt Gerald Lawless voraus. Für ihn geht der Trend zu einer Vermischung von Business und Leisure, zu grössererFürsorge und zum Umweltschutz. Ed Fuller gibt Boutique-Gruppen wie Jumeirah eine Chance und sieht noch weitere Marketing-Kooperationen à la Worldhotels kommen. "Die durchschnittlichen Hotels werden besser werden", unterstrich Cosslett seine Meinung zum Hotel der Zukunft. Allerdings werde es künftig auch deutlich mehr Gesetzes-Vorschriften zur Umwelt, Sicherheit und zur Risikovermeidung geben. Allein diese Dinge, die er in den nächsten fünf Jahren heraufziehen sieht, würden die Kaufentscheidungen des Kunden beeinflussen. "Und wenn Hotels diese veränderten Vorschriften nicht erfüllen, wird der Gast diese Hotels von seiner Liste streichen," sagte der Chef der weltgrössten Hotelkette voraus. / Susanne Stauss

Den Link zum Video-Zusammenschnitt des CEO-Panels finden Sie hier

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