Geimpft im Wartemodus Dürfen Arbeitgeber den Piks verlangen Die Branche bereitet sich vor
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Geimpft im Wartemodus

Dürfen Arbeitgeber den Piks verlangen? Die Branche bereitet sich vor

Geimpfte Mitarbeiter sorgen für Entspannung im Unternehmen, eine Impf-Pflicht aber kann nicht verordnet werden.Foto: belinda fewings unsplash

Augsburg. Nun auch Steigenberger und Seetelhotels – immer mehr Hotelketten planen eigene Impf-Angebote für ihre Mitarbeiter. Dabei wirkt dies im Moment eher als freundliches PR-Instrument, weil die Hotels immer keine Touristen empfangen dürfen. Ob Arbeitgeber das Impfen verlangen können, erläutert eine Arbeitsrechts-Kanzlei.

Die deutsche Bundesregierung schob Entscheidungen mal wieder auf. Die Diskussion um die Aufhebung der Corona-Beschränkungen für Geimpfte und Genesene ist damit wieder den Ländern überlassen; einige haben inzwischen wieder eigene Fakten geschaffen.

Zumindest hat das Abwarten in diesem Punkt ein Ende: Das überarbeitete vierte Infektionsschutzgesetz ist als vielzitierte "Bundesnotbremse" in Kraft getreten. Zusammen mit dem beschleunigten Impf-Tempo soll dies den Durchbruch in der endgültigen Pandemie-Bekämpfung bringen. Zugleich kippt die Impf-Priorisierung spätestens im Juni 2021 in Deutschland.

Das hat die Kanzlerin am Montag im Rahmen des Impf-Gipfels von Bund und Ländern verkündet. Alle Bürger können sich ab dann frei impfen lassen, sobald sie einen Termin erhalten. In Bayern soll dies schon möglichst ab Mitte bis Ende Mai der Fall sein, weil sich die Priorisierung inzwischen zunehmend zu einem Zeithindernis entwickelt hat, erklärte Ministerpräsident Markus Söder.

Vor allem Familien- und Betriebsimpfungen hält Söder für entscheidend. Zudem hat er den Startschuss für ein Modellprojekt gegeben, bei dem noch in dieser Woche zehn ausgewählte Firmen in Bayern damit beginnen können, ihren Mitarbeitern Impfangebote zu machen. Neben Maschinenbau- oder Chemie-Unternehmen zählt dazu sogar auch eine Hotelgesellschaft: Arvena Hotels mit fünf Häusern in Franken. Bei der Auswahl der Firmen seien vor allem jene wichtig gewesen, die auf eine Tätigkeit in Präsenz angewiesen sind und Home Office nicht oder nur eingeschränkt umsetzen könnten, heisst es dazu aus dem bayerischen Gesundheitsministerium.

Rolf Seelige-Steinhoff richtete schon im Oktober das erste private Corona Testzentrum auf Usedom ein. Dort soll jetzt auch geimpft werden.Foto: Seetelhotels

Piks für den Mitarbeiter

Schon vor wenigen Wochen hatten auch Hotel-Unternehmen wie die Amano Gruppe, Gorgeous Smiling Hotels oder Ruby bekundet, möglichst ab Mai oder Juni ihren Mitarbeitern freiwillige Impf-Angebote machen zu wollen. GSH und Ruby arbeiten dabei mit der Protekto Süd GmbH zusammen, indem diese die Durchführung der Impfungen betreuen, während die GSH z.B. alle ihre in Deutschland befindlichen Hotels als weitere Impflocations für Protekto Süd zur Verfügung stellt. Und auch die Deutsche Hospitality plant, Mitarbeitern ein Impfangebot zu machen. Impf-Dosen sind schon reserviert, impfen wird das Betriebsärzte-Team.

Diese Woche hat zudem Seetelhotels, der grösste Hotel-Arbeitgeber auf der Ferieninsel Usedom, bekanntgegeben, so schnell wie möglich mit eigenen Impf-Teams und im eigenen Corona-Testzentrum zu impfen, welche der Geschäftsführende Gesellschafter Rolf Seelige-Steinhoff im Oktober 2020 eröffnet hat. "Mitarbeiter-Impfungen in der Hotellerie sind ein weiterer wichtiger Schritt, als Modellregion den Tourismus unter aktuellen Hygiene-Bedingungen bestmöglich umzusetzen", erklärt dazu Rolf Seelige-Steinhoff.

Darüber hinaus prüfen Leonardo Hotels mit ihren Betriebsärzten die Impf-Optionen und wollen demnächst einen Plan aufstellen, gemäss des vorhandenen Impfstoffes und noch geltenden Priorisierungen. Erfahrungen mit Covid-19-Impfungen bei den Mitarbeitern im Heimatmarkt Israel bringt das Unternehmen übrigens keine mit. "Betriebsimpfungen waren/sind in Israel keine Notwendigkeit, da es ausreichend Impfstoff gibt, die Impfungen sehr schnell umgesetzt worden sind und unsere Mitarbeiter und Kollegen in Israel bereits alle geimpft sind", berichtet Sprecherin Sandra Dreher.

Marriott belohnt US-Mitarbeiter

Marriott International hat wiederum Anfang März 2021 ein Vaccination Care Program aufgelegt, das US-amerikanischen und kanadischen Mitarbeitern eine finanzielle Prämie bietet, wenn sich diese gegen Covid-19 impfen lassen. Die Mitarbeiter werden über die Vorteile des Impfens informiert, dürfen flexibel auch während der Arbeitszeit Impf-Termine wahrnehmen und erhalten nach Abschluss der Impfung den Gegenwert von vier Stunden Lohn. In der Region EMEA weicht Marriott allerdings von dieser Strategie ab und beschränkt sich nur auf die angebotene Flexibilität bei den Arbeitszeiten und der Möglichkeit, während der Arbeitszeit zu Impf-Terminen zu gehen.

Die meisten Hotelgruppen beziehen Betriebsärzte in die geplanten Impf-Aktionen mit ein.Foto: steven cornfield unsplash

Nahezu alle Hotelgruppen betonen, nur Angebote zu machen und keinen Impf-Zwang auszusprechen. In diesem Sinne begrüsst auch die gastgewerbliche Gewerkschaft NGG die Impf-Angebote in den Hotels über die Betriebsärzte: "Das ist eine sehr gute Nachricht. Wichtig ist, dass es tatsächlich freiwillig ist, ob die Beschäftigten diese Angebote annehmen. Und selbstverständlich unterliegen auch Betriebsärzte der Schweigepflicht", erklärt die Gewerkschaft gegenüber hospitalityInside.com.

Fragt man heute Juristen, so könnten diese Aspekte und die Einsatz-Planungen von Mitarbeitern in der künftigen Praxis einige arbeitsrechtliche Verfahren nach sich ziehen.

19 EU-Staaten haben kein Beherbergungsverbot

Geimpfte bleiben im Idealfall von schweren Covid-19-Verläufen verschont, können gefahrloser arbeiten und sorgen für mehr Sicherheit im Hotel. Doch wie bald wird das Engagement der Hotels belohnt, wenn die Öffnungsperspektiven weiter im Dunkeln verbleiben? Auch Lockerungen für Geimpfte und Genesene lassen nach dem jüngsten Impf-Gipfel in Berlin weiter auf sich warten. Zum weiteren Ärger einiger Tourismusverbände, die dies als absolut notwenigen Schritt in Richtung Öffnung sehen.

Der Deutsche Tourismusverband verwies darauf, dass es – laut Wissenschaftlichem Dienst des Europäischen Parlaments – derzeit in 19 EU-Mitgliedsstaaten kein touristisches Beherbergungsverbot für die einheimische Bevölkerung gibt. Das ist die deutliche Mehrheit. Die Bundesregierung sei gefordert, mit den Ländern jetzt schnell eine handhabbare Regelung für den Nachweis der Immunisierung im Deutschland-Tourismus zu erarbeiten.

Pfingsten: Österreich erlaubt Gastro, Deutschland knebelt alle weiter

Derweil geht die Flickenteppich-Politik weiter: Die Bundesländer Hessen, Bayern und Brandenburg haben diese Woche kurzerhand eigene Freiheiten für Geimpfte und Genesene beschlossen. Dies betrifft vor allem die Testpflicht im Alltag und die Aufhebung der Quarantänepflicht bei der Rückkehr aus Risikogebieten. Letzteres hatten davor auch schon Bundesländer wie Niedersachsen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz beschlossen.

Die Bundesregierung hat den 28. Mai 2021 für eine umfassende, bundesweite Neuverordnung in Aussicht gestellt. Das ist der Freitag nach Pfingsten und damit versaut die Regierung der Hotellerie wieder gutes Geschäft, genau wie im Vorjahr. Zu diesem Zeitpunkt hat das Land Österreich schon wieder seit neun Tagen umfänglich geöffnet, selbst wenn heute noch keine Details für die Hotellerie klar sind, aber die Gastronomie eine grosse Chance hat. Die Österreicher jedenfalls öffnen am 19. Mai und damit exakt vor dem langen Pfingstwochenende. / syk

 

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