Globale PlastikmüllInitiative: Ein System Wandel muss her
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Globale Plastikmüll-Initiative: Ein System-Wandel muss her

Augsburg. Bevor der Tourismus wieder voll in Schwung kommt, rufen die UNWTO und Wissenschaftler dazu auf, gegen den erdrückenden Plastikmüll anzukämpfen. Der Kampf gegen Corona trägt aktuell sogar noch zur Vergrösserung dieses Müllbergs bei. Die ersten Hotelgruppen machen bei der "Tourism Plastics Initiative" schon mit.

Die anhaltende Pandemie hat den Tourismussektor wie keinen anderen getroffen und gefährdet weltweit derzeit über 100 Millionen Arbeitsplätze. Fast nebensächlich erschienen in der Krise drängende Lösungen zur Reduzierung von Plastik-Verschmutzung. Deshalb haben die Welttourismusorganisation, das Umweltprogramm der Vereinten Nationen und die Ellen MacArthur Foundation die "Global Tourism Plastics Initiative" ins Leben gerufen – einen Aktionsplan.

Die Initiatoren haben Empfehlungen zu Hygiene und Einweg-Kunststoff zusammengestellt, um so den Plastik-Fussabdruck zu verringern, auch in Kooperation mit den Lieferanten und den Abfall-Dienstleistern. Einigen touristischen Destinationen machen aktuell zusätzlich Handschuhe, Masken und Desinfektionsflaschen zu schaffen, die nicht ordnungsgemäss entsorgt werden und die Umwelt verschmutzen.

"Wenn der Übergang in die neue Realität, mit der wir konfrontiert sind, nicht verantwortungsbewusst bewältigt wird, kann dies erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben", sagte UNWTO-Generalsekretär Zurab Pololikashvili.

Die touristischen Global Player Accor, Club Med und Iberostar bekräftigten ihr Engagement mit ihrer Unterschrift der Global Tourism Plastics Initiative, zusammen über 20 weiteren Unterzeichnern aus allen Erdteilen, die als Multiplikatoren fungieren.

Es gibt keine Patent-Lösung. Nur den System-Wandel.Foto: unsplash brian yurasits

80% Plastikmüll reduzierbar

80% des Plastik-Mülls sind bis 2040 reduzierbar, sagt ein internationales Team um Winnie Lau vom Pew Cheritbale Trust, einer NGO, die sich dem Umwelt- und Naturschutz verschrieben hat, in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern mehrerer Forschungseinrichtungen. Die Umweltverschmutzung mit Plastik liesse sich in den nächsten 20 Jahren derart drastisch senken, wenn global grösstmögliche Anstrengungen unternommen würden hinsichtlich der Nutzung, der Verarbeitung und dem Recycling von Plastik und Plastikmüll. Die Studie wurde soeben im Fachjournal "Science" veröffentlicht.

Das Problem wächst. 9,5 Millionen Tonnen Plastik, untereilt in Makro- und primäres Mikroplastik, gelangen ins Meer. Kunststoffe befinden sich inzwischen überall, in den entlegensten Regionen der Welt, in allen Meeren und Meerestiefen, in Mägen und Muskeln von Tieren – und im Menschen? Die Auswirkungen auf den Menschen rücken weiter ins Blickfeld.

Für ihre Studie entwickelten die Wissenschaftler um Winnie Lau fünf Szenarien: Business-as-usual, Einsammeln und Entsorgen, Recycling, Verringerung der Plastikmenge und die gleichzeitige Anwendung all dieser Interventionen. Ergebnis:

Es gibt keine Patent-Lösung. Vielmehr sei ein kompletter Systemwechsel notwendig. Würden alle denkbaren Massnahmen gemeinsam umgesetzt, liesse sich die Menge des Plastikmülls, der in die Umwelt gelangt, um 78% im Vergleich zum Business-as-usual-Szenario verringern.

Dies bedeutet, dass bis ins Jahr 2040 immer noch 710 Millionen Tonnen Plastik in die Umwelt gelangen würden. Zum Vergleich: Im Jahr 2015 wurden weltweit insgesamt 380 Millionen Tonnen Plastik hergestellt.

System-Wandel erwünscht

Zu den Ergebnissen der Studie wurden Fachleute befragt, die sich unabhängig von der Studie mit den Auswirkungen von Plastik in terrestrischen und marinen Ökosystemen beschäftigen. Dr. Melanie Bergmann ist Meeresökologin, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Sektion Tiefsee-Ökologie und -Technologie, Fachbereich Biowissenschaften am Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven.

Sie kommentiert: "Diese Studie stellt einen wichtigen Meilenstein dar auf unserem Weg, unsere Plastik-Emissionen zu reduzieren. Zum ersten Mal werden die Auswirkungen verschiedener Instrumente zur Reduzierung von Plastik-Emissionen bzw. ihre Gesamtwirkung berechnet, und es zeigt sich, dass selbst beim gebotenen sehr ehrgeizigen Ziel 'System Change' immer noch 22% in unsere Umwelt gelangen, was nicht wenig ist. Die Arbeit zeigt auch, dass Eile geboten ist, denn wenn die tiefgreifenden Veränderungen des System Change-Szenarios um nur fünf Jahre verschoben werden, sammeln sich in der Umwelt 300 Millionen Tonnen mehr Plastik an. Genau derartige Zeitskalen brauchen wir, um den Ernst der Lage zu begreifen und beherzt umzusteuern." / TH

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