Hoteliers verlangen echte Namen TripAdvisor Fakes Erstes Urteil doch Kommentare sind nach wie vor anonym
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Hoteliers verlangen echte Namen

TripAdvisor & Fakes: Erstes Urteil, doch Kommentare sind nach wie vor anonym

TripAdvisor griff die Diskussion über Fakes nach dem ersten Urteil gegen einen Betrüger selbst auf.Screenshot: TripAdvisor

Lecce. Falsche Bewertungen unter Nutzung einer falschen Identität zu schreiben, ist nach italienischem Gesetz eine kriminelle Handlung. So lautet das Urteil der ersten Instanz des Gerichts von Lecce, das den Fall eines hartnäckigen Online-Betrügers verhandelte, der zu neun Monaten Gefängnis und einer Zahlung von rund 8.000 Euro Kosten und Schadensersatz verurteilt wurde. Das Urteil erging bereits Anfang Juni, doch es wurde erst später aufgrund einer Kommunikations-Kampagne von TripAdvisor bekannt.

Die oben genannten Geschehnisse ereigneten sich bereits 2015, als der Eigentümer eines Restaurants in Triest verdächtige Post erhielt, in dem Bewertungspakete zum Kauf angeboten wurden: zehn Bewertungen für 100 Euro, 20 für 170 Euro und 30 für 240 Euro; zahlbar per Überweisung oder über eine spezielle aufladbare Prepaid-Karte.

Der Gastronom wandte sich an den italienischen Polizeidienst für Post und Kommunikation, der den Absender ausfindig machen konnte: ein Mann aus Apulien, rund 50 Jahre alt, Gründer des Tourismus-Unternehmens PromoSalento und den Behörden bereits wegen früherer Betrügereien bekannt. Sein Unternehmen wurde 2016 zerschlagen, wie das lokale Magazin "LeccePrima" schreibt. Bis dahin hatte der Mann innerhalb weniger Monate rund 8.000 Euro für das Veröffentlichen von rund 1.000 falschen Online-Bewertungen erhalten, hauptsächlich auf TripAdvisor. Diese Bewertungen waren voller Übertreibungen wie "köstlich", "wunderbar" oder "hervorragend".

Im September wurde das Urteil von der Bewertungsplattform stürmisch begrüsst und in einer Pressemitteilung hiess es, dass das Unternehmen in der Anklage gegen PromoSalento als Zivilkläger aufgetreten war und diese mit Beweisen der unternehmenseigenen Betrugs-Ermittlungen sowie seinem italienischen Rechtsbeistand unterstützt hatte. "Dies ist ein bahnbrechendes Urteil für das Internet. Falsche Bewertungen zu veröffentlichen, war schon immer Betrug, doch diesmal muss zum ersten Mal jemand dafür hinter Gitter", so der Kommentar in der offiziellen Nachricht von Brad Young, TripAdvisor Vice President Associate General Counsel.

Brad Young: TripAdvisor hat bisher selbst 60 bezahlte Bewertungsfirmen gestoppt.

Das Unternehmen nutzt die Gelegenheit, um sein Engagement im Vorgehen gegen falsche Bewertungen zu bekräftigen: "Wir investieren viel in Betrugs-Prävention und wir sind erfolgreich. Seit 2015 haben wir die Aktivitäten von weltweit über 60 bezahlten Bewertungsfirmen gestoppt. Doch alleine erreichen wir nicht so viel, deshalb arbeiten wir gerne mit Regulierungs- und Strafverfolgungs-Behörden zusammen, um deren Klagen zu unterstützen", so Young.

Anonyme Kommentare bleiben Herausforderung

TripAdvisor ist bereit, mit nationalen Behörden zusammenzuarbeiten, um Informationen mit diesen zu teilen und sie dabei zu unterstützen, falsche Online-Bewertungen aufzudecken. Ausserdem veröffentlichte die Plattform einen ausführlichen Artikel und schilderte darin, was das unternehmenseigene Anti-Betrugs-Team unternommen hatte, um das illegale Geschäft von PromoSalento aufzudecken, Beweise zu sammeln und Bewertungen zu blockieren.

TripAdvisor verhängte zudem Strafen für Häuser, die das Unternehmen für gefälschte Bewertungen bezahlt hatten, und senkte deren Position in den Rängen der Plattform. In wenigen Fällen, in denen die verdächtigen Aktivitäten fortgesetzt wurden, gab es sogar eine rote Kennzeichnung als Nachricht auf der Unternehmensseite, die Reisende davor warnt, dass das Unternehmen versucht hat, Bewertungen zu fälschen.

Doch so vorbildhaft das Engagement von TripAdvisor auch sein mag, diese Anstrengungen reichen nicht aus, um das Hauptproblem bei den Online-Bewertungen zu lösen, über das sich die Hoteliers am stärksten beklagen: Anonyme Kommentare und Fantasie-Spitznamen machen es unmöglich herauszufinden, ob es sich um einen echten Kunden handelt, der den Service wirklich erlebt hat, über den er schreibt.

"Das Urteil des Gerichts in Lecce geht in die richtige Richtung. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass es sich um ein riesiges Problem handelt", so eine offizielle Mitteilung der Hotelier-Vereinigung Federalberghi. "Wir dürfen uns auch nicht einreden, dass wir das Problem lösen, indem wir uns nur auf Richter oder den guten Willen Einzelner verlassen. Wir sind überzeugt, dass das Prinzip der Verantwortung die einzige Lösung hier ist. Um ein glaubwürdiges System mit echten Bewertungen zu erschaffen, die von echten Kunden stemmen und von echten Erlebnissen handeln, müssen Online-Plattformen als Erstes anonyme Kommentare stoppen und Fantasie-Namen verbieten. Jeder darf seine Meinung äussern, doch gleichzeitig haben bewertete Unternehmen und Online-Leser das Recht, die wahren Identitäten der Online-Autoren zu kennen sowie das Recht darauf, zu wissen, ob es sich bei ihren Texten um Lügen oder echte Erlebnisse handelt".

TripAdvisor selbst in den Schlagzeilen

TripAdvisor selbst spricht davon, dass "die Anzahl der Fälschungs-Versuche auf unserer Plattform aufgrund modernsten Entdeckungs- und Abwehr-Techniken sehr gering ist". 2012 jedoch beschuldigte die britische Advertising Standards Authority die Website bereits, Schlagworte zu verwenden wie "vertrauenswürdige Bewertungen" und "Bewertungen von echten Reisenden". Die Entscheidung war die Antwort auf die Beschwerde eines Unternehmens für Reputations-Management und zweier Hotels, die behaupteten, dass die Plattform die Glaubwürdigkeit und Echtheit der auf der Website veröffentlichten Bewertungen nicht garantieren kann. Seit der Entscheidung der ASA wurde die Marken-Kampagne von TripAdvisor im Vereinigten Königreich verändert und das Unternehmen hat die kritisierten Slogans durch andere ersetzt.

Im September hat die Bewertungs-Plattform eine wichtige Neuerung für ihre Website und das mobile Erlebnis angekündigt und setzt nun auf professionellere Beiträge. TripAdvisor führt neue Hilfstools ein, die sich aktuell noch in der Beta befinden, um bei der Planung und Buchung wichtige Tipps und Informationen von Personen und Experten, denen die Nutzer vertrauen, mit einbeziehen zu können, darunter Marken, Social-Media-Influencer, Verlage und Freunde.

Es gibt keine direkte Verbindung zwischen dieser jüngsten Entwicklung und dem Urteil des Gerichts in Lecce. Dennoch ist es seltsam, dass die Plattform, die jahrelang die Erfahrungen und Erlebnisse der Massen vermarktet hatte, nun wieder auf professionelle Kritiker zurückgreift. / Massimiliano Sarti

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