Hunger auf Luxus Mandarin Oriental Christoph Mares über Flexibilität neue Gäste in Covid 19
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Hunger auf Luxus

Mandarin Oriental: Christoph Mares über Flexibilität & neue Gäste in Covid-19

Resort-Destinationen wie Sanya in China waren die ersten, die im Frühjahr schon wieder ausgebucht waren - und wenn es nur für ein Wochenende war. Der Resort-Boom hält überall an.Foto: Mandarin Oriental

Hongkong. Das Lebenselixier für Mandarin Oriental ist in Corona-Zeiten Flexibilität und Kreativität, abgerundet mit Mut. Die wirksamste Zutat im Contra-Covid-Rezept hiess und heisst Food & Beverage. Hunger ist local, der Appetit auf Mehr noch grösser. Chief Operating Officer Christoph Mares berichtet, wie sich die Hongkonger Luxushotel-Gruppe mit ihren Häusern in den Virus-Hotspots bisher über die Pandemie gerettet hat. Covid-19 ist für ihn wie "ein Marathon … und 20 km haben wir schon geschafft!"

Dass China sich in Pandemie-Zeiten im Aufwind befindet, kann Christoph Mares nur bestätigen. Seit 20 Jahren ist er für die einzige Hotelgruppe im breit diversifizierten Portfolio der chinesischen Jardine Matheson Group tätig, seit 2018 in der Position des COO. Seit 185 Jahren hat sich die Holding durch gute und schlechte Zeiten gewunden, deshalb bewahrt sie auch jetzt Geduld.

Laut Halbjahres-Report 2020 schrumpfte der Gewinn der Jardine Matheson Holdings Limited für die ersten sechs Monate durchaus: Er lag mit 373 Millionen USD um 365 Millionen unter dem entsprechenden Vorjahres-Zeitraum, die Einnahmen der Gruppe für diesen Zeitraum gingen um 21% auf 15,9 Milliarden USD zurück.

Im Halbjahres-Bericht 2020 von Mandarin Oriental war Ende Juli zu lesen: "Die zugrundeliegenden Verluste vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Amortisation beliefen sich im ersten Halbjahr 2020 auf 50 Millionen USD, verglichen mit Erträgen von 69 Millionen USD im ersten Halbjahr 2019." Die Verluste für den Zeitraum betrugen 102 Millionen USD, verglichen mit einem Gewinn von 11 Millionen USD im ersten Halbjahr 2019. Auch das dritte Quartal 2020 blieb hart mit einem Verlust von 43 Millionen USD.

COO Christoph Mares: Schnelltests geben Sicherheit.Foto: Andrew Loiterton

Die wohlhabende Mutter hält der Hotelgruppe trotzdem den Rücken frei, so Mares. Und das macht ein paar Dinge einfacher. Zum Beispiel die Entscheidung, dass alle Hotels möglichst offenbleiben sollten, wann immer möglich. "Seit 23. Januar waren wir am Ball", sagt Mares. Von Januar bis März vergingen die Wochen mit Meetings mit den Eigentümern und Finanzpartnern. So liess sich viel Druck bis in den Mai hinausschieben. Solange habe man mit einstelligen Belegungen durchgehalten. Die in der Gruppe eingerichteten Emergency Response Teams halfen sich gegenseitig mit Tipps und Empfehlungen.

Trendwende nach 6 Monaten

Die Trendwende kam ab August, brachten bis September Belegungen von bis zu 40%. Dazu haben vor allem die Resorts beigetragen – z.B. in der Touristenstadt Sanya auf der Tropeninsel Hainan, wo nur die sanfte Restriktionsstufe 4 herrschte, welche keine Maskenpflicht mehr vorschrieb. Damit war das Resort mit "Staycation" Gästen voll. "Seit Oktober sind wir wieder auf Pre-Covid-Level von Belegungen über 70%", berichtet Mares. Die Durchschnittsraten allerdings haben gelitten. Aber auch die Metropolen legen wieder zu: So verhelfen lokale/regionale Gäste dem MO Hongkong schon wieder zu 50% Belegung am Wochenende, während der Woche zu 30%. "Es baut sich weiter auf". Mares ist zufrieden.

Not macht trotzdem erfinderisch. So managte die Luxushotel-Gruppe in Singapur Testzentren. Die Regierung hatte MO angesprochen, sie suchte kompetente Mitarbeiter für die Rezeption dort, für die Betreuung und Verteilung der hereinströmenden Menschen in den vorgegebenen Zonen. Das können Hoteliers. MO schloss Verträge über 90-120 Tage ab – gut verdientes Geld dank verlässlicher Mitarbeiter.

Nicht nur deshalb ist Mares ein Fan von Testungen. In ganz China gehören Schnelltests und Fiebermessen inzwischen zum Alltag. "Weshalb sollte Europa das nicht auch schaffen?", fragt er im Gespräch zurück. Je nach Vorgabe müssen die Gäste eigene Tests beim Checkin vorlegen; als permanente Auflage für die Betreiber-Gesellschaft bleibt das Testen der eigenen Mitarbeiter im Zweiwochen-Takt, was die chinesische Regierung bezahlt, in anderen Ländern aber bis zu 100 US-Dollar pro Test kosten kann. Das ist teuer, "aber so lässt sich wenigstens der Hotelbetrieb aufrecht halten", kontert der Manager.

In Dubai arrangiert das Hotel-Management sogar die erforderlichen PCR-Screenings 72 Stunden vor der Abreise im Hotel-Zimmer, basierend auf einer Partnerschaft mit lokalen Kliniken und Krankenhäusern. Zwölf Stunden später ist das Ergebnis als Zertifikat zurück. Der Gast ist happy. Andere Schwester-Hotels möchten das Modell nun auch einführen.

Voll fokusiert auf das lokale Geschäft

Mandarin Oriental Hotels hat bisher nur Management-Verträge gezeichnet, mit Ausnahme des MO Tokio. Es galt also, den Eigentümern in vielen Reports alle Zahlen akkurat aufzuschlüsseln – und vorzurechnen, dass man durch die volle Konzentration auf das einheimische Business zumindest Kostendeckung erzielen könne. Dazu gehörte allerdings auch die Einsicht, dass man alle Mitarbeiter unter allen Umständen an Bord halten müsse.

F&B-Angebote, schnell und sexy 'serviert', lockten in der ganzen Gruppe die Gäste an. Das half, die Grundkosten zu decken.Foto: Mandarin Oriental Singapur

Er rät seinen Luxushotel-Kollegen: "Durchleuchten Sie jedes Hotel, verbrennen Sie kein Cash!" In den USA hatte MO zeitweise vier Hotels geschlossen, in Europa zwölf. In jedem Land die behördlichen Unterstützungs-Massnahmen ausfindig zu machen, entwickelte sich von Hongkong aus zu einem kniffligen Puzzle.

Umso wichtiger wurde das Geschäft vor der Haustür, in der Region. Und da gewannen Dachterrassen z.B. enorm an Bedeutung – "auch weil wir häufig das einzige Luxushotel in der Stadt waren, das offen blieb", fügt der COO hinzu. Mit Food and Drinks konnte man z.B. Football-Teams ins Hotel locken, auch kleinere Events inhouse catern.

Das jedes Hotel das Hygiene-Protokoll perfekt umsetzt, dass für alle Desinfektionsmittel und Masken bereitstehen, ebenso wie Schutzanzüge für die Mitarbeiter bereitliegen. In China vor allem, aber zunehmend auch in anderen Ländern, wächst der Wunsch der Gäste nach kontaktlosem Checkin und Handling. Das funktioniert inzwischen in 28 von 34 MO-Hotels, so Mares. "Ja, wir sehen schon, dass weniger Direktkontakt und mehr Digitales gewünscht ist", ergänzt er. Ihre Menüs haben die MO-Hotels schon vor Covid-19 gescannt, heute liegen für jeden Mitarbeiter und Gast eigene Devices bereit.

Waren die Massnahmen in China naheliegend, so entwickelten sich Europa und die USA zu einem Puzzle, je nach Land, Lockdown, Restriktionen und staatlicher Unterstützung. Die Belegungen hinken deutlich hinter China hinterher; im MO London Hyde Park wie auch im MO München erreichten sie 20%. "Die EU muss in Bewegung kommen, sofort – es geht darum, den Cashflow für die mittelständischen Hotels zu schützen und die Plätze für die Mitarbeiter zu retten", fordert der gebürtige Deutsche Christoph Mares. Nüchtern bleibt sein Blick allerdings auch Richtung USA: "Florida kommt gut voran – Miami bewegt sich Richtung 40% Belegung, wohingegen Boston und Washington mit 400 resp. 500 Zimmern 15-20% erreichen."

Neue und jüngere Gäste gewonnen

Unabhängig von der Region rund um den Erdball agieren die Gäste immer kurzfristiger. "Umso wichtiger sind die Informationen über das einzelne Haus und aus dem einzelnen Haus heraus", spricht der COO die direkte Kommunikation an. Folglich erfahren die Hotel-Teams und Direktoren wesentlich mehr auch über ihre – lokalen/regionalen – Gäste, "und sie können deutlich verbesserte 'Experiences' ermöglichen".

Mandarins Loyalty-Programm "Fans of M.O.", das eher als Relationship-Programm einzuordnen ist, blüht in der Krise neu auf: Die Luxushotel-Gruppe generierte viele neue Mitglieder. Ebenso erfreulich: Die "Corona-Gäste" verjüngen sich. Mares bestätigt: Es checkt eine höhere Anzahl von jüngeren Gästen ein – Paare, Honeymooners und junge Familien in der Altersklasse zwischen den Spät-Zwanzigern und Mitt-Dreissigern. Sie lassen sich digital locken und mit Best-Raten unter dem Stichwort "Staycation" umwerben.

Das Flaggschiff der Luxushotel-Gruppe: Mandarin Oriental Hongkong.Foto: Mandarin Oriental

Wichtig ist, und das betont Mares mehrfach im Gespräch, flexibel zu bleiben, bei F&B- und Spa-Angeboten immer wieder Neues zu erfinden und über Social Media zu vermarkten. USPs schnell über die digitalen Kanäle schieben, ist das Gebot der Stunde. So kann man die Erwartungshaltung der Gäste von Quartal zu Quartal strecken und die Bindung steigern. Im MO Miami verkaufte die Gruppe jüngst 300 Couverts am Wochenende, das MO in München 90-100 Couverts. Hotels, die "sexy" bleiben, locken sogar Gäste an, die mit zwei Tagen Vorlauf eine Woche "Staycation" buchen. "Viele möchten nach so vielen Monaten des Lockdowns oder der Restriktionen nicht mehr zuhause bleiben, sondern einen anderen Rahmen erleben." Hoteliers, die heute 60% Belegung schaffen, haben bereits eine Erfolgsstory kreiert!

"Dynamisches Denken ist kreatives Denken und Überlebensdenken", macht er seinen Branchen-Kollegen Mut. Niemand dürfe mehr auf dem hohen Ross sitzen, Vermieter wie Banken müssten mitziehen, spielt er auf die ganze Reihe der Stakeholder rund um ein Hotel an.

Die Mitarbeiter nicht alleine lassen

Und erneut appelliert er vor allem an die Kollegen im Luxus-Segment, die Mitarbeiter zu behalten: "Motivieren Sie sie, kommunizieren Sie mit ihnen, pushen Sie sie psychologisch, bieten Sie ihnen online Meditation, Yoga, Stretching…", ermuntert er – und denkt dabei vor allem an jene Mitarbeiter mit Trinkgeld-abhängigen Jobs. In Zeiten, in denen auch die chinesischen Hotels einstellige Belegungen aufwiesen, nahmen zeitweise hunderte von Mitarbeitern an den Online-Programmen teil. Wer seine Mitarbeiter verliert, verliert viel Knowhow und Skills… Wer sie behält, kann selbst kurzfristig anberaumte Wiedereröffnungen stemmen. "Wir beschreiben die Covid-19-Krise stets wie einen Marathon", so Mares, "… und 20 km haben wir schon geschafft!".

Covid-19 ist für Mandarin Oriental trotz allem nur ein vorübergehendes Tief. Die Expansionswünsche der Gruppe, die heute 33 Hotels und sieben Residences in 23 Ländern umfasst, bleiben bestehen, mit leichten Nuancierungen, so Mares: "Wir planen keine Zukäufe, aber übernehmen gerne Neustrukturierungen bestehender Hotels, gerne auch in Nordeuropa. Equity würden wir momentan nicht einsetzen wollen."

An diesem Montag hat Mandarin die Übernahme des Hotels Savoy Baur en Ville in Zürich bekanntgegeben. Das geschichtsträchtige 80-Zimmer-Hotel am Paradeplatz, unweit des Zürcher Sees und im Eigentum der Credit Suisse, schliesst 2022 für eine umfassende Renovierung und eröffnet 2024 neu unter dem Namen Mandarin Oriental Savoy Zürich. Es ist das zweite MO Hotel in der Schweiz, nach dem Palace Luzern, das zum Jahresende 2020 wiederöffnen soll. Gestern kündigte die Gruppe zudem an, Ende 2021 das Management des bestehenden Al Faisaliah Hotel Riyadh zu übernehmen. Hinter dem 319 Zimmer grossen Hotel steht die saudische Al Khozama Company. / Maria Pütz-Willems

 

"FANS VON M.O." WACHSEN

 Seit dem Start der Fans of M.O. im April 2018 haben sich 720.000 neue Mitglieder eingeschrieben. Im Jahr 2020 gab es trotz der Herausforderungen von Monat zu Monat stetig Zunahmen, allein im Oktober waren es 23.000.
 YTD 42% der Aufenthalte waren Fans von M.O.
 Die meisten Mitglieder-Aufenthalte im Verhältnis zu den Gesamt-Aufenthalten verzeichneten übers Jahr gesehen Bangkok, Peking und Hongkong. Im Mandarin Oriental Wangfujing, Peking, zum Beispiel waren auflaufend 78% der Aufenthalte Fans von M.O.
 China bezeichnen 15% aller Mitglieder, die sich eingetragen haben, als ihr Heimatland.
 Fans von M.O. werden in Kürze vollständig in die WeChat-Plattform integriert werden.
 Bereichernde Expriences für die Mitglieder sind u.a. Morgensegnung mit lokalen Mönchen, Kochkurs, Paddelbrett-Yoga-Kurse, Cocktail-Meisterklasse auf dem Dach, geführte Läufe oder zusätzliche Zeit mit Spa-Behandlungen, Zugang zu Touren hinter die Kulissen.

(Quelle: Mandarin Oriental)

 

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