Illegale Aktivitäten gefährden die Branche Federalberghi fokussierte Mitarbeiter Mangel und holte Ministerin auf die Bühne
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Illegale Aktivitäten gefährden die Branche

Federalberghi fokussierte Mitarbeiter-Mangel und holte Ministerin auf die Bühne

Steuer-Entlastungen und leichtere Zugänge ausländischer Arbeitskräfte – das sind einige Forderungen der Federalberghi. Im Luxushotel-Alltag spürt man davon vordergründig nichts. Foto: Roberto Bonardi

Bergamo. Früher war das Geheimnis von Hospitality Conrad Hiltons Motto "Lage, Lage, Lage". Zuletzt hatte es sich zu "Experience, Experience, Experience" gewandelt. Jetzt heisst es "Mitarbeiter, Mitarbeiter, Mitarbeiter". Sie fehlen überall und diejenigen, die sich bewerben, verfügen nicht über entsprechende Qualifikationen. Italiens Hotellerie steht vor einer riesigen HR-Herausforderung. Illegale Aktivitäten spielen eine grosse Rolle.

Bei ihrer 73. Hauptversammlung konnte die italienische Hotelier-Vereinigung Federalberghi dem Thema HR nicht länger aus dem Weg gehen. "Die meisten unserer Unternehmen berichten uns, dass das Finden von Mitarbeitern, qualifiziert und unqualifiziert, die grösste Herausforderung ist", so Präsident Bernabò Bocca gegenüber den Vertretern der Vereinigung, die sich dieses Jahr in Bergamo versammelt hatten. "Ressourcen-Knappheit ist etwas, das Hotels in der gesamten Reisebranche in Europa erleben. Uns ist bewusst, dass ein geteiltes Problem nur noch ein halbes Problem ist. In diesem Fall gibt es aber kaum Anlass zum Feiern. Innerhalb weniger Jahre erlebten wir eine grosse Abwanderung von Mitarbeitern in andere Branchen. In den öffentlichen Sektor, in Logistik, Bau, Einzelhandel... Das bereitet uns grosse Sorgen, da die Abwanderung gut ausgebildeter Mitarbeiter für das Austrocknen der Hotellerie sorgt."

Das ist ein Problem, das nicht nur intern gelöst werden kann. "Wir haben schon immer im Ausland nach Mitarbeitern gesucht", berichtete Bocca. "Über ein Viertel aller Mitarbeiter in unseren Hospitality-Unternehmen stammen aus dem Ausland. Das ist ein wichtiger Aspekt unserer Aktivitäten, die unsere Hotels zu einem Paradebeispiel von Inklusion machen.

Bernabò Bocca: Die Abwanderung gut ausgebildeter Mitarbeiter sorgt für das Austrocknen der Hotellerie.Foto: Sarti

Aus diesem Grund fordern wir schon lange einfachere und schnellere Einreise-Bestimmungen für qualifizierte, internationale Mitarbeiter. Das bedeutet, dass wir weniger Bürokratie und mehr Möglichkeiten für Personen brauchen, die unser Land für ihre Lebensprojekte ausgewählt haben."

Schattenwirtschaft generiert
lediglich 137.000 Jobs

Ein weiterer wichtiger Punkt des Jahresberichts von Federalberghi sind die illegalen Hospitality- Aktivitäten. Die italienische Hotel-Vereinigung hatte versucht, auf der Welle einiger jüngster Statements von Vertretern mehrerer grosser Städte mitzureiten, darunter Dario Nardella aus Florenz und Matteo Lepore aus Bologna, die vor dem Wiederauftreten von Overtourismus warnten, der grösstenteils durch Kurzzeit-Vermietung befeuert wird.

In einer Studie, die vom Beratungsunternehmen Sociometrica durchgeführt wurde, gab Federalberghi an, wie viel Wohlstand in der sogenannten Schattenwirtschaft generiert wird. Die Analyse zeigt eine grosse Lücke im Wirtschaftseffekt, die durch legale und illegale Aktivitäten entsteht: Die Zahl der inoffiziellen Übernachtungen wird auf rund 23,6% der gesamten Reiseströme im Land geschätzt, doch gleichzeitig generieren sie lediglich 11,9% aller Tourismus-Ausgaben und entsprechend einen Teil des nationalen Vermögens und der nationalen Arbeitsplätze. Insgesamt generiert die Schattenwirtschaft rund 137.000 Arbeitsplätze, während legale Tourismus-Unternehmen über eine Millionen Menschen beschäftigen.

Hotels brauchen einen institutionellen Rahmen

"Die Konkurrenz im globalen Markt ist gross und häufig wird ein leichterer Kostenrahmen bevorzugt", so der Federalberghi-Präsident weiter. "Deshalb können italienische Unternehmen diese vorübergehende Herausforderung nur gewinnen, wenn sie sich auf Qualität konzentrieren. Doch sie benötigen eine wirtschaftliche Umgebung, die Investitionen ermöglicht und unterstützt. Die nationalen PNRR-Programme werden unsere Branche sicherlich mit wichtigen Ressourcen versorgen. Trotzdem reichen sie noch nicht aus. Wir benötigen durchgehende institutionelle Unterstützung, um Renovierungen von Häusern zu fördern, nicht nur temporäre Massnahmen. Und diese Unterstützung muss auf rationalere Art und Weise umgesetzt werden, um das frustrierende Erlebnis der sogenannten 'Click Days' zu vermeiden. Hierbei handelt es sich um strukturelle Massnahmen, die zum Beispiel durch Nutzung von Teilen der kommunalen Bettensteuern und durch europäische Ressourcen finanziert werden, die an die Regionen gehen."

Schönes Italien, viel Schattenwirtschaft: Fast jede vierte Übernachtung gilt als inoffiziell.Foto: cristina gottardi unsplash

Eine gute Saison macht den Schaden durch
Corona nicht wett

Die Forderungen von Federalberghi kommen zu einem Zeitpunkt, an dem die Winde der Erneuerung bereits seit Beginn des Frühjahrs 2022 wehen. "Laut aktueller Daten unseres nationalen Statistikinstituts", so Bocca, "verzeichneten italienische Unterkünfte letztes Jahr insgesamt 396 Millionen Übernachtungen. Diese Zahl liegt nach wie vor 9,3% unter dem Niveau von 2019. Insbesondere die internationale Nachfrage fiel 12,8% niedriger aus als im letzten Jahr vor Corona, während die Ströme aus dem Inland mit -5,7% und dementsprechend -12,3 Millionen Übernachtungen hinter 2019 zurücklagen." Ausserdem waren die Gesamtausgaben internationaler Touristen in Italien 5% unter dem Niveau von 2019.

"Jüngere Trends aus dem ersten Teil dieses Jahres liessen uns glauben, dass unser Markt 2023 endlich zum Niveau von vor der Covid-Pandemie zurückkehren würde", so Bocca. Gleichzeitig wies er auf die Inflation, auf Gas- und Energiekosten hin, die zusammengenommen die Hotel-Gewinne erodieren lassen. "Wir dürfen uns nicht irreführen lassen, dass eine gute Saison ausreicht, um den Schaden der letzten drei Jahre wettzumachen."

Die fünf weitergeleiteten Prioritäten

Wie jedes Jahr beim Federalberghi-Treffen schloss Bocca seine Rede mit der traditionellen Liste an Forderungen der Hotelier-Vereinigung, die an die nationalen Institutionen weitergegeben werden: insgesamt fünf Punkte, die dafür sorgen sollen, dass der "Tourismus mehr Wohlstand generiert als in der Vergangenheit".

Zu den Prioritäten zählt erstens die Senkung von Steuerlasten, insbesondere von Steuern, die mit Immobilien in Zusammenhang stehen: Abgaben, die Unternehmen zahlen müssen, auch wenn Hotels geschlossen oder fast leer sind. Federalberghi bittet auch um Unterstützung bei Investitionen in die Branche, insbesondere durch Erhöhung und Konsolidierung von Steuer-Gutschriften für Hotel-Renovierungen. Ein weiterer Punkt ist die Schaffung von Möglichkeiten, um ganz neue Hotel-Dienstleistungen anbieten zu können; dies umfasst die gewünschte Reform von veralteten Regelungen, die beispielsweise verhindern, dass Hoteliers Tourismus-Angebote mit unterschiedlichen Pauschal- und Reiseangeboten verkaufen dürfen. Und die italienische Hotel-Vereinigung fordert stärkere Massnahmen, um illegale Hospitality-Aktivitäten zu bekämpfen und das nationale Transportwesen insgesamt zu modernisieren. / Massimiliano Sarti

 

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