Mehr oder weniger eine Zielgruppe

Mehr oder weniger eine Zielgruppe

ITB Hospitality Day: Veranstalter tun sich schwer mit Individualbedürfnissen

Was werden die Repräsentanten der Reiseveranstalter antworten? Das erste Panel des 5. ITB Hospitality Day 2010 in Berlin.

Berlin. Ist es möglich, als Massen-Reiseveranstalter individuelle Kundenbedürfnisse zu befriedigen? Die Antwort renommierter Veranstalter während des "ITB Hospitality Day" 2010, der fünften Hotelkonferenz der ITB, zeigte ein ehrliches Bemühen um Fokus-Gruppen - aber selten konsequente, authentische Lösungen. Tourismusmanagement-Professor Karl Born von der Hochschule Harz vermochte als Moderator, die Veranstalter aus der Reserve zu locken und ihre Statements zu differenzieren.

Wie aber kann man die verschiedenen Interessen von Design- und Wellness-Freaks, Extremkletterern und Romantikern in ein attraktives Urlaubspaket stecken? Man kann es nicht, so klang es zwischen den Zeilen durch. "Seit über zehn Jahren wächst der Qualitätsanspruch kontinuierlich," verwies Dr. Ingo Burmester, Executive Director für TUI Deutschland, auf die tägliche Herausforderung. Mit den Ansprüchen wächst auch die Zahl der Reisemotive. "Laut Reiseanalyse ist Multi-Optionalität gefragt," hob Prof. Karl Born hervor. Wie reagieren die Veranstalter mit ihren Hotelangeboten darauf? "Es ist falsch, pro Hotel ein Konzept zu machen," meinte Dr. Ulrich Sperl, Direktor Hotel Contracting & Destination Management, Flug Nah und Fern bei Thomas Cook. Fokus könne immer nur die Segmentierung im Hotel sein - "der Rest ist Mischung."

Wybcke Meier.

Wybcke Meier, Mitglied der Geschäftsleitung beim Türkei-Spezialisten Öger Tours, bestätigte das für grosse Resorts: "Wir sprechen in den grossen Resorts bis zu acht verschiedene Zielgruppen an," sagte sie. "Der Kunde hat keine Scheu vor Grosshotels." Trotzdem hält auch das Öger-Portfolio, genau wie TUI und Thomas Cook, auch kleinere Resorts für definierte Zielgruppen vor.

Zielgruppe und Infrastruktur müssen zueinander passen

Im Kern steuern die Veranstalter ihre Kunden über Destinationskataloge, in denen zielgruppen-spezifische Hotels über Labels zu erkennen sind. "Eine Segmentierung nach oben - in hochwertige Hotels hinein - ist kein Problem," zeigte Wybcke Meier einen Widerspruch auf, "schwierig wird die Kundensegmentierung in der Masse." Ihrer Einschätzung nach muss die Infrastruktur des Hotels wie auch die Infrastruktur der Umgebung/der Region zielgruppen-spezifische Angebote spiegeln. Für Golfer sollten mehrere attraktive Plätze in der Umgebung vorhanden sein, bei einem Gourmet-Fokus sollte nicht nur das Hotel Feinschmecker-Restaurants anbieten. Burmester ergänzte: Tauch- oder Golfhotels mit kleineren Zielgruppen werde es weiterhin geben - parallel zu den "grossen" Zielgruppen.

Moderator Prof. Karl Born.

Professor Born provozierte: Was überwiegt nun für Veranstalter - die Segmentierung oder die Auslastung? Ingo Burmester gab zu, dass die Zielgruppensteuerung bei etwa 250 Zimmern ende. Und letztlich hat die Auslastung Priorität. Wo der Hotelier eine hohe Auslastung habe, erreiche der Veranstalter auch eine hohe Gästezufriedenheit, fügte er hinzu. In den TUI-eigenen Hotels erreiche man in Umfragen die höchsten Zufriedenheitswerte, sagte Burmester. In den Robinson Clubs - mit einer klar strukturierten Zielgruppe - erreiche die TUI dabei die höchste Gästezufriedenheit.

Preis-Leistung ist der Motor, nicht der Preis allein

Born hakte nach: Ist der Preis nicht die bessere Segmentierung? "Nein, der Preis manövriert in eine Sackgasse," antwortete Ulrich Sperl. "Aber der Kunde zahlt gerne einen höheren Preis, wenn die Leistung stimmt." Und TUI-Kollege Ingo Burmester ergänzte: "Bei unserer Marke Sensimar machen Mitarbeiter und Service 50 Prozent der Gästezufriedenheit aus."

Das Stichwort Sensimar veranlasste den Moderator, die zum Verwechseln ähnlichen Franchise-Hotelkonzepte der beiden Reisegiganten zu hinterfragen und die Frage zu stellen, warum "fremde" Hotels nicht so leicht auf spezifische Zielgruppen hin gesteuert werden können.

Dr. Ulrich Sperl.

Die Antworten beider Veranstalter, dass sie auf "die Kraft des Unternehmers" vertrauen und ihre eigenen Standards durch dicke Qualitätsmanuals umgesetzt sehen, klang wenig überzeugend. Qualitativ hochstehende Angebote und authentischere Angebote gibt es also offensichtlich nur in den veranstalter-eigenen Hotels.

Online-Angebote ausführlicher, aber Reisebüro-Beratung soll bleiben

Die Webseiten der Veranstalter bieten genügend Raum, um für den Kunden zielgruppenspezifischere Angebote darzustellen. Bei der TUI informiert sich laut Burmester schon die Hälfte der Gäste online über das Angebot, trotzdem wolle man u.a. durch Schulungen die Beratungsqualität in den Reisebüros vorantreiben. "90 Prozent der Buchungen finden immer noch in den Reisebüros statt," so Burmester. Trotzdem will man die Verzahnung von On- und Offline vorantreiben. Ähnlich die Situation bei Thomas Cook: Man will immer noch eine Rundum-Sorglos-Beratung bieten.

Dr. Ingo Burmester.

Auch Türkei-Spezialist Öger setzt auf Reisebüro-Vertrieb und schult, ebenso wie die Giganten, seine Reisebüro-Mitarbeiter. Denn längst nicht jeder Kunde weiss, dass der "Massen-Veranstalter" Öger Tours zum einen fünf eigene Hotels unter der Marke Majesty besitzt und daneben ein Portfolio ausgewählter, vielfach unbekannter und sehr zielgruppen-orientierter Hotels hat. Der Marketingaufwand dafür allerdings steht in keinem Verhältnis zum Absatz von Reisen in der breiten Masse.

Fazit: Letztlich bleiben Reiseveranstalter, was sie sind: Anbieter von Massengeschäft. Individual-Bausteine und Zielgruppen-Labels erleichtern dem Kunden die Suche, aber Kompromisse wird dieser trotzdem machen müssen. / Maria Pütz-Willems

 

 

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