Nicht schwarz und nicht weiss Über Tutaka, eine Online Plattform für nachhaltige Alternativen zu Plastikprodukten und mehr
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Nicht schwarz und nicht weiss

Über Tutaka, eine Online-Plattform für nachhaltige Alternativen zu Plastikprodukten und mehr

Nachhaltigkeit wird oft mit Verzicht verbunden, doch es gibt Alternativen zu Portionspackungen und Plastik-Zahnbürsten.Foto: maramorosz stock.adobe com

Augsburg. Nachhaltigkeit ist zum Buzz-Wort geworden. Statt Diskussionen oder Zaudern ist Handeln gefragt. Die zwei Hamburgerinnen Franziska Altenrath und Alexandra Herget gehen mit ihrer Online-Plattform Tutaka das Thema Nachhaltigkeit in Hotellerie und Gastronomie an. Die selbsternannten "Ecoistinnen" zeigen, dass es auch in der Hotellerie Alternativen zu Portionspackungen und Plastik-Zahnbürsten gibt.

Trinkhalme, Rührstäbchen, Einweggeschirr – durch die jüngste EU-Direktive zum Thema Plastik werden die ersten Plastikprodukte aus den Regalen und damit auch aus den Hotels verbannt. Das gilt dies auch für Watte- und Luftballonstäbchen. Darüber hinaus werden die Hersteller stärker in die Pflicht genommen, u.a. auf nachhaltige Verpackungsmaterialien, Flüssigkeitsbehälter und Plastiktüten zu achten.

Dennoch greift die Direktive nicht weit genug: Einweg-Slipper, kleine Shampoo-, Duschgel-, Conditioner- und Bodylotion-Flaschen, Portionsverpackungen beim Frühstück sind in der Hotellerie beliebt und das genaue Gegenteil von umweltschonend. Dass hier auch bis jetzt kein Umdenken stattgefunden hat, liegt an unterschiedlichsten Gründen: Neben Preisdruck, Bequemlichkeit oder Vertragsbindungen ist auch die Tatsache entscheidend, dass Nachhaltigkeit oftmals mit Verzicht und Mangel verbunden wird.

Alternativen online vorstellen

Hier setzen Alexandra Herget und Franziska Altenrath mit ihrer Plattform https://tutaka.com für nachhaltiges Gastgeben an. Unter der Kategorie Marktplatz finden sich etwa Handtücher, Bademäntel oder Arbeitskleidung aus Bio-Baumwolle oder recyceltem PET, Bambus-Zahnbürsten und Biowattestäbchen, aber auch Gläser und Karaffen, die durch Upcycling entstanden sind. In Workshops und bei Vorträgen können sich Interessenten zudem genauer über nachhaltiges Handeln informieren.

Alexandra Herget und Franziska Almenrath setzen sich mit ihrem Online-Marktplatz für nachhaltiges Gastgeben ein.Foto: Sascha Martin

"Durch meine Kunden bei der Hotelmarketing Gruppe – meinem früheren Arbeitgeber, einem Verbund von spezialisierten Agenturen – habe ich gemerkt, wie unfassbar gross das Müllaufkommen in Hotels etwa durch Einweg-Slipper ist", erklärt Alexandra Herget. Gemeinsam mit Franzika Altenrath will sie daher die Stolpersteine für Gastgeber aus dem Weg räumen. Die beiden Gründerinnen gingen am 8. März 2019 mit ihrem Online-Shop online. "Wir dachten, es müsse doch eine gute Alternative für die bisherigen Produkte geben, was bei unseren umfassenden Recherchen auch bestätigt wurde. Dadurch sind wir auf die Idee gekommen, eine europaweite digitale Plattform aufzubauen, die nachhaltige Produzenten und Dienstleister für Gastgeber aller Art darstellt", erklären die jungen Gründerinnen. Die angebotenen Produkte sind dabei entweder natürlich abbaubar oder wiederverwendbar.

Doch das allein macht ein Produkt nicht gleich nachhaltig: Sowohl Ressourcen-Effizienz, Reduzierung von Treibhaus-Gasen als auch Arbeitssicherheit sowie angemessene Löhne spielen eine ebenso wichtige Rolle. Daher müsse jeder ihrer potenziellen Lieferanten einen umfangreichen Fragebogen ausfüllen, in dem er auch seine Unzulänglichkeiten und Ziele präsentiert, so Alexandra Hegert. "Nachhaltigkeit ist nicht schwarz und nicht weiss und anhand der Antworten lässt sich ein guter Eindruck davon gewinnen, wer wirklich authentisch, nachhaltig produziert und wer eher dem Greenwashing verfallen ist".

Zusätzlich setzen die Gründerinnen auf eigene Recherchen über die Hersteller, Zertifizierungen und auf ein Netz aus Experten: "Im Textilbereich haben wir bspw. einen engen Austausch mit MaxTex, einem Netzwerk von Unternehmen der Textil- und Bekleidungsindustrie, das sich für die nachhaltige Entwicklung der Branche einsetzt. Mit Prof. Martin Topel, der an der Universität Wuppertal den Studiengang Industrie Design leitet, tauschen wir uns bei Fragen zu Plastik-Alternativen aus".

Nicht alles ist Gold, was glänzt?

Dass die Informationen auf der Plattform dennoch sehr allgemein gehalten sind – statt sie direkt zu benennen, wird bspw. lediglich von Initiative gesprochen –, erklären die Gründerinnen damit, dass sie Nachhaltigkeit für alle zugänglich machen wollen und Zugänglichkeit erreiche man auch durch die klare Aufbereitung und das Schlankmachen von Informationen. "Wir bekommen jedoch unzählige Rückfragen und überlassen den Gastgebern dann auch alle benötigten Informationen. Normalerweise führen wir vor einer Bestellung ein bis zwei Telefonate mit den Kunden".

Die Produkt-Beschreibung liefert darüber hinaus neben Gründen, die für das Produkt sprechen, auch Angaben zu Materialien, Bestell-Details, Produktionsstätte und Herkunftsland. "Der Lieferweg spielt eine wichtige Rolle", spricht Herget einen wunden Punkt an. Sie betrachtet den Landweg als weniger schädlich wie den Transport per Flug. Jedoch müssen auch die Hersteller ihre ökonomische Nachhaltigkeit im Auge behalten und ihre Wettbewerbsfähigkeit sicherstellen – was dann in der Realität häufig zugunsten des Fluges ausfällt. "Das angefallene CO2 kompensieren einige Lieferanten dafür an anderer Stelle", sagen die Gründerinnen. "Ein 100prozentig nachhaltiges Produkt gibt es nicht. Nachhaltigkeit ist ein niemals endender Prozess".

Nicht nur die Hersteller, auch die Gastgeber haben ihre Kosten im Blick. "Es braucht viel Überzeugungsarbeit, bis eine Bestellung aufgegeben wird". Jedoch zeigten die Unternehmen Interesse daran, sich weiterzuentwickeln und das sei immerhin der erste Schritt in Richtung nachhaltige Hotellerie.

Dennoch, lohnt sich auch bei den Produkten, die auf der Tutaka-Plattform angeboten werden, ein zweiter Blick, denn dieser offenbart Lücken in der Nachhaltigkeitskette: Zur Auswahl stehen bspw. fünf unterschiedliche Slipper, wobei nur zwei Modelle mit Materialien aus Europa gefertigt werden. Für die nachhaltigen Hotelslipper Basic werden die Rohstoffe etwa aus Asien, Frankreich und Portugal bezogen, produziert in Slowenien. Die Slipper aus Leinen hingegen erhalten das Material aus Frankreich und Portugal, wo auch produziert wird. Bei den Schürzen wird sogar nur eine von sechs aus Materialen aus Europa gefertigt.

Für einen klimaneutralen Versand werden die anfallenden Emissionen bei DHL Go Green durch externe Projekte und interne Massnahmen ausgeglichen.Foto: Deutsche Post AG

Bei einem Versand, der auf Europa beschränkt ist, widerspricht dies einerseits dem Bestreben in Hinblick auf die Nachhaltigkeit regionale Produkte zu fördern. Andererseits sind die Hersteller für die Transportwege selbst verantwortlich. 60-70% der Sendungen liefen über DHL GoGreen, erklärt Herget. Oftmals werde zudem auf Verpackungen verzichtet, das Verpackungsmaterial recycelt oder das CO2 kompensiert. Wie die einzelnen Hersteller vorgehen, ist auf der Plattform jedoch nicht erkennbar.

Zudem birgt die Kompensierung des CO2 die Gefahr, dass durch Spenden das Gewissen erleichtert wird anstatt nachhaltige Alternativen zu suchen. Denn nicht nur die Hersteller selbst nutzen diese Methode. Auch die DHL gleicht das anfallende CO2 der Lieferungen durch Investitionen in Klimaschutzprojekte aus. Eine Vorgabe, bis zu welcher Menge CO2 die Kompensation vertretbar ist und ab wann man nicht doch besser von Greenwashing sprechen sollte, gibt es nicht.

Viel Aufklärungsarbeit

Nachhaltige Produkte anzubieten, stellt jedoch nur eine Seite der Medaille dar: "Wir leisten viel Aufklärungsarbeit, erklären, wieso es sich lohnt, in ein nachhaltiges Konzept zu investieren. Viele verbinden in ihrem Kopf Nachhaltigkeit immer noch mit Verzicht statt mit gesünderen Produkten, mehr Wohlergehen für den Gast und zufriedeneren Arbeitnehmern".

Auch die Zielgruppen-Analyse über die "Wachstumstrends im Deutschen Hotelmarkt" von Scandic zeigt, dass Nachhaltigkeit für 35% der Deutschen ein wichtiger Faktor bei der Hotelwahl ist. Vor allem Reisende im Alter von 18 bis 34 Jahren legen auf das Thema grossen Wert. Das macht sich auch bei der Nachfrage nach Infrastruktur bemerkbar: So wünschen sich immerhin 12% der Deutschen von Hotels eine Ladestation für Elektrofahrzeuge. Auch hier gilt: Je jünger, desto mehr Interesse besteht.

Alexandra Herget und Franziska Altenrath sind sich daher sicher: "Nachhaltigkeit ist eine strategische Ausrichtung, kein Projekt. Zuerst braucht es eine Strategie im Unternehmen, dann sollte mit Beratern ein Plan für die Umsetzung ausgearbeitet und das Thema vertieft werden".

Über die Gründerinnen

Vor der Gründung entwickelte Alexandra Herget Hotelkonzepte und -marken. Während ihrer Stationen im Ritz-Carlton Berlin, beim Berliner Projektentwickler hospitality competence und bei der Hotelmarketing Gruppe lernte sie die Branche, ihre Probleme, aber auch ihre Möglichkeiten, kennen. Alexandra Herget hat ein Interactive Art Direction Studium beim globalen Lernanbieter Hyper Island absolviert, und einen Master of Science in Strategie & Innovation absolviert.

Franziska Altenrath hat die negativen Auswirkungen nicht nachhaltiger Konsum-Muster in verschiedenen Branchen wie Automotive, Immobilien und Mode direkt erfahren können. In ihrem Studium der Ethik, Politik und Wirtschaft an der Ludwig-Maximilian-Universität in München erforschte sie die Wurzeln von Nachhaltigkeitskonzepten und widmete ihre Masterarbeit dem Thema "Nachhaltigkeit und Humanität im Tourismus". / Natalie Ziebolz



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