Schritt für Schritt zum Wandel Italien Die Markt Polarisierung lässt Resorts und neuen Konzepten kaum Chancen
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Schritt für Schritt zum Wandel

Italien: Die Markt-Polarisierung lässt Resorts und neuen Konzepten kaum Chancen

Rund 20 Hotels bietet die TUI rund um den Gardasee an. Das soll in anderen Regionen Italiens ähnlich werden.Screenshot TUI Hotel Leonardo da Vinci

Mailand. Das Jahr 2019 wird voraussichtlich ein Rekordjahr für Investitionen in Hotel-Immobilien in Italien. Nach jüngsten Schätzungen steigen die Gesamt-Transaktionen auf mehr als zwei Milliarden Euro. Nicht darin enthalten ist die 300 Millionen Euro-Transaktion des US-Fonds Oaktree, der derzeit 15 Hotels der italienischen Immobilien-Management-Gesellschaft Castello SGR erwerben will. Natürlich ist nicht alles eitel Sonnenschein. Internationale Investoren zögern nach wie vor, sich über die "grossen vier" Städte hinauszubewegen und Möglichkeiten für Resorts auf dem Land zu erkunden. Die anhaltende Bürokratie und mangelndes Wissen über neue Hotelkonzepte wie Co-living und Co-working hat oft zu verpassten Chancen geführt. Dennoch betrachten grosse Touristik-Unternehmen wie TUI Italien als einen stabilen Freizeitmarkt mit gewissen Auflagen.

Im Rahmen des von PKF Italien organisierten "Hotel & Tourism Forum" in Mailand wurden Gefahren und Möglichkeiten im italienischen Beherbergungssektor eingehend untersucht. Während Värde Partners 2017 die meisten Hotel-Immobilien des Boscolo-Hotel-Portfolios erwarb, wird der starke Marktzuwachs in diesem Jahr von einigen weiteren grossen Deals begünstigt: Insbesondere die Übernahme von Belmond durch LVMH für insgesamt 2,6 Milliarden Dollar beinhaltet mehr als nur einige Immobilien auf der Mittelmeer-Halbinsel.

Giovanna Manzi: Tourismus muss an den kleineren Standorten neu definiert werden.Foto: Sarti

Aber auch wenn 2018 keinen grossen Deals zu verzeichnen hatte, war es aus Sicht der Immobilien-Investoren kein schlechtes Jahr, betonte Maria Carmela Colaiacovo, Vizepräsidentin der AICA: "Der gesamte Transaktionswert des vergangenen Jahres betrug etwa 1,3 Milliarden Euro und lag damit nur 20% unter 2017. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass viele Hotels in Italien im Laufe des Jahres eine Vielzahl von Umstrukturierungs-Massnahmen getroffen haben: Investitionen von insgesamt 1,2 Milliarden Euro wurden zu grossen Teilen durch den Steuervorteil für Renovierungsarbeiten gefördert. Eine nützliche Massnahme, die jedoch nicht auf das nationale Haushaltsgesetz für 2019 ausgedehnt wurde. Unsere aufrichtige Hoffnung ist, dass sie so schnell wie möglich wiedereingeführt wird".

Schritt halten mit neuen Trends

Die Meinung der Vizepräsidentin der AICA wurde von Giovanna Manzi, CEO Best Western Italien, geteilt: Sie sagte, dass stimulierende Investitionen notwendig sind, da sie zu einem nachhaltigeren Tourismus oder zu einer Neudefinition des Tourismus führen – insbesondere in den vielen vielversprechenden kleinen und mittleren italienischen Destinationen neben den nationalen "grossen Vier": Mailand, Rom, Florenz und Venedig. "In vielen sekundären und tertiären Destinationen ist Best Western häufig die einzige aktive Hotelmarke. Wenn eines unserer Hotels mit der Renovierung beginnt, zieht es oftmals viele unabhängige lokale Hotels mit sich".

Chiara Caruso: Traditionelle Investoren schauen meist nur nach den 'big four' Standorten.Foto: Sarti

Der Markt entwickelt sich so rasant, dass es unerlässlich geworden ist, mit neuen Trends Schritt zu halten: "Der Hotelmarkt polarisiert", so Giovanna Manzi weiter. Auf der einen Seite steht das Luxus-Segment mit seinen immer grösser werdenden Zimmern und allen erdenklichen Arten von Dienstleistungen und Annehmlichkeiten. Auf der anderen Seite steht das neue Mittelklasse- und Budget-Angebot, das sich stärker auf Gemeinschaftsräume und innovative Formate wie Hostels der neuen Generation konzentriert. Gleichzeitig verläuft die Nachfrage-Kurve sektorübergreifend und folgt nicht mehr nur sozialen Clustern. Heute halten sich Reisende nicht mehr an eine bestimmte Unterkunftsart, sondern wählen immer das Angebot, dass ihren aktuellen Bedürfnissen und Geschmäckern jeweils am besten entspricht".

Nischen-Konzepte blühen auf

Das ist der Boden, auf dem viele Nischen-Konzepte gedeihen, denen Formeln zugrunde liegen, die auf spezifische Zielgruppen ausgerichtet sind: "Zum Beispiel denke ich an die wachsende Zahl von fahrrad- und tierfreundlichen Hotels. Aber auch bei Objekten, die eine 'digitale Entgiftung' anbieten und ihren Gästen eine Pause von der Hektik unserer digitalen Welt ermöglichen. Solche Nischen-Modelle sind wirtschaftlich nachhaltig geworden – vor allem dank des Internets, das es Hoteliers ermöglicht, die relevante Öffentlichkeit zu erreichen".

Aber offensichtlich ist nicht alles nur eitel Sonnenschein. "Internationale Investoren zögern immer noch, über die 'grossen Vier' hinauszuschauen", betonte Chiara Caruso, Business Development Manager von InvestiRE SGR, einer Immobilien-Management-Gesellschaft mit einem Portfolio von mehr als 7 Milliarden Euro in Italien. "Das gilt oft auch für italienische Investoren. Als Immobilien-Manager betrachten wir daher vor allem die grössten urbanen Destinationen, selten Resorts, sondern eher einzigartige Immobilien in den wichtigsten touristischen Lagen. Tatsächlich verliert das Leisur-Segment für klassische Investoren an Reiz, wenn sie erst einmal mit dem Geschäftssektor in Berührung gekommen sind".

Dieter Kornek: TUI Hotels konzentriert sich jetzt auf den Süden Italiens.Foto: Sarti

Ein zu komplizierter Markt?

Derzeit prüft InvestiRE insbesondere eine breite Palette von Hotel-Immobilien, die von Hostels bis hin zu 4 Sterne-Häusern reichen. "Wir sind nicht sehr an Luxus interessiert, da es sich aus Immobiliensicht um einen sehr eigentümlichen Sektor handelt", stellte Chiara Caruso erneut fest. Italienische institutionelle Investoren werden vor allem von Core-Immobilien und besonders prestigeträchtigen Häusern angezogen.

Dagegen sind internationale Investoren mehr an wertschöpfenden und opportunistischen Geschäften interessiert". Auf die Frage, ob sie chinesische Investoren für eine Bedrohung oder eine Chance hält, antwortete Chiara Caruso sehr selbstbewusst: "Internationale Investoren sind niemals eine Bedrohung. Ich wäre eher besorgt über mangelndes Interesse aus dem Ausland. Während des letzten IHIF in Berlin hörte ich Leute über viele attraktive Länder sprechen. Es ist schade, dass Italien dabei oft als zu kompliziert bezeichnet wurde".

Luigi Martinenghi, Managing Director Italy des Immobilien-Managers und -Entwicklers FREO Group, deutete interessanterweise an, wie ein Übermass an Bürokratie zu verpassten Chancen führen würde: "Vor einigen Jahren, noch bevor man sich für eine Expansion in Deutschland entschied, wollten Adina Apartment Hotels einige Objekte in Mailand entwickeln. Aber diese Projekte waren aufgrund der zu langwierigen Verfahren der Stadtverwaltung nicht erfolgreich". Martinenghi abschliessend: "Wenn man heute Vertreter lokaler Institutionen trifft und versucht, mit ihnen über neue Hotelkonzepte wie Co-living und Co-working zu sprechen, erntet man oft nur verblüffte Blicke". / Massimiliano Sarti

 

DIE PLÄNE VON GRUPPO UNA UND TUI HOTELS

Im zweiten Quartal 2020 wird die Gruppo UNA in Mailand ein neues 4 Sterne-Haus mit 163 Zimmern eröffnen, das aus dem Umbau einer Atahotels-Residenz hervorgeht. Die Nachricht wurde von General Director Fabrizio Gaggio auf dem Hotel & Tourism Forum bekannt gegeben. Das Haus wird unter dem Namen UNA Esperienze neu eröffnen, der gehobenen Marke dreier Kollektionen, die von der Holding Unipol Gruppo aus Bologna nach dem Zusammenschluss von Atahotels und UNA in das Portfolio des Betreibers integriert worden waren.

"Das Hotel wird in der Nähe unseres neuen Hauptsitzes in Mailand umgebaut und soll das Flaggschiff unseres Portfolios werden", so Gaggio. UNA eröffnete kürzlich auch das Leone Blu Suites, ein reines Suitenhotel im Palazzo Ricasoli in Florenz. Die Development-Pläne der Gruppe werden noch weiter gehen. Das Unternehmen verwaltet derzeit 38 Hotels, von denen die meisten im Eigenbesitz stehen. Jetzt versucht man möglichst einen Asset Light-Ansatz zu verfolgen, der dem Weg der meisten internationalen Konzerne folgt.

"Grundsätzlich ist die Gruppe bereit, über jede Art von Geschäften in Partnerschaft mit allen Arten von Investoren zu sprechen", so Gaggio. "UNA Esperienze und UNA Hotels eignen sich eher für Pacht-Verträge, während Unaway im Franchise einigen Erfolg zu haben scheint. Was die Destinationen betrifft, so konzentrieren wir uns insbesondere auf Mailand, Florenz, Venedig und Rom, ohne die Sekundär-Standorte ausser Acht zu lassen. Im letzteren Fall suchen wir jedoch nach Hotels, in denen die Volatilität und Saisonalität des Leisure-Segments durch eine anhaltende Nachfrage aus dem Firmenkunden-Geschäft zumindest teilweise gemindert wird".

Im Hinblick auf ihre Expansion hat die UNA Gruppo kürzlich ihre Vertriebs- und Digitalteams verstärkt. Vor allem die Marke Unaway scheint interessante Möglichkeiten zu eröffnen: "Wir haben betrachten diese Marke", verriet der General Director, "als ein Produkt, das in der Lage ist, einige alternative Hotelmodelle auszutesten. So denken wir beispielsweise darüber nach, etwas im Stil der sogenannten Posh Hotels zu schaffen und möglicherweise mit Co-living- und Co-working-Bereichen zu kombinieren, während die Zimmer zu äusserst wettbewerbsfähigen Preisen angeboten werden. Eine solche Diversifizierung würde unseren potenziellen Partnern auch die Möglichkeit geben, ihre Kapitalrisiken zu mindern".

TUI: Italien ist ein stabiler Markt

Bei der Veranstaltung in Mailand war auch Dieter Kornek, Head of Project Scouting von TUI Hotels & Resorts, zugegen. Mit Blick auf die Expansionsprojekte in Italien hob er die baldige Eröffnung des neuen TUI Magic Life Resort in Kalabrien hervor. Der in Deutschland ansässige Betreiber will sich auf den Süden der Halbinsel, und dort wiederum auf Kalabrien, Apulien und Sizilien konzentrieren, da er dort die Synergien mit der Muttergesellschaft TUI besser nutzen kann und seinen Gästen Komplett-Pakete inklusive Flug und Transfer anbietet: "Tatsächlich", betonte Kornek, "reisen die meisten Deutschen und Österreicher alleine nach Norditalien".

Der TUI-Manager vergass nicht, auf einige Herausforderungen hinzuweisen, denen sich ein ausländisches Unternehmen, das in Italien investiert, gegenübersieht. "Bei der Bewertung einiger weniger Projekte in Sizilien sehen wir im Süden, dass die Markt-Saisonalität noch zu kurz ist. Wir sprechen von einer maximalen Öffnungszeit von sechs bis sieben Monaten, während Hotels am Gardasee oftmals in der Lage sind, das Geschäft für drei Viertel des Jahres aufrechtzuerhalten". Kornek schien sich weniger Sorgen um den Wettbewerb zu machen, der sich aus der Erholung der Mittelmeer-Märkte wie der Türkei und Ägypten ergibt: "Derzeit verbessert sich die Lage dort, aber unglücklicherweise heisst das nicht unbedingt, dass die aktuelle Situation von Dauer ist. Aus unserer Sicht ist Italien definitiv ein stabilerer Markt." / MAS

 

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