Shoppst du noch oder spielst du schon Metaverse der Online Marktplatz der Zukunft: Immer mehr Hotels machen mit
HI+

Shoppst du noch oder spielst du schon

Metaverse, der Online-Marktplatz der Zukunft: Immer mehr Hotels machen mit

Shoppen, surfen, spielen – die neue Erlebnis-Welt des Metaverse wird auch für den Tourismus grosse Marketing-Chancen bereithalten.Foto: adobe stock daniilvolkov

Augsburg. Warenkörbe sind von gestern – die Zukunft des Handels liegt im Metaverse! Davon sind Trendforscher und Marketingexperten überzeugt, auch wenn die Nutzerzahlen das noch nicht widerspiegeln und sich bislang hauptsächlich Gamer dort tummeln. Trotzdem wagen sich immer mehr Pioniere aus der Hotellerie in die virtuelle Welt, um dort spielerisch neue Möglichkeiten auszuloten – und neue Geschäftsmodelle zu entwickeln.

Der Metaverse-Zug nimmt Fahrt auf und immer mehr Unternehmen springen auf – auch aus der Hospitality-Branche. Es scheint, als ob dieses Mal keine Branche die letzte sein möchte, die den Trend erkennt und die neue Technologie für sich nutzt. Dabei steht die breite Masse noch gar nicht Schlange am virtuellen Metaverse-Tor. Laut dem W3B Report "Megatrend Metaverse: Die Nutzersicht" unter über 4.000 befragten Internet-Usern wäre gut jeder dritte Deutsche daran interessiert, sich im Metaverse umzusehen. Wirklich enthusiastisch zeigen sich aber nur 12%. Angst, durch die Nicht-Nutzung des Metaverse etwas zu verpassen, empfindet momentan nur etwa jeder Fünfte.

Breit gestreute Ahnungslosigkeit

Ein Grund für die Zurückhaltung dürfte darin liegen, dass der Begriff Metaverse nur knapp jedem Zweiten geläufig ist. Davon sind fast 90% jedoch nicht in der Lage, eine mehr oder weniger zutreffende Definition zu formulieren. "Die ungestützt eingegebenen Definitionen zeigen, dass viele unter 'Metaverse' nicht ein anbieter-unabhängiges, plattform-übergreifendes, virtuelles Parallel-Universum verstehen – sondern es fälschlicherweise direkt mit dem Facebook-Konzern 'Meta' gleichsetzen", heisst es in dem Report – und das dürfte allein Mark Zuckerberg freuen.

Zu einem ähnlichen Ergebnis "einer breit gestreuten Ahnungslosigkeit" kommt auch die Billion-Dollar-Boy-Studie in den USA und Grossbritannien: In 4.560 Interviews und Umfragen mit Vermarktern, Verbrauchern und Kreativen konnten nur 28% der befragten US-Bürger das Metaverse sicher definieren und beschreiben, während 21% unschlüssig über ihre Meinung dazu sind. Weitere 21% erklärten, sie seien verwirrt darüber, was das Metaverse beschreibt oder was es ist.

Moxy lädt seine Gäste-Avatare in Asien zum 3D-Check-in und 3D-Cocktail an der 3D-Bar ein.Foto: Marriott

Im Falle von Deutschland kann Facebook von der Verwechslung mit dem eigenen Konzernnamen Meta noch nicht einmal profitieren: Laut dem W3B Report würden nur 16% der Nutzungsinteressierten bevorzugt ein Metaversum von Facebook/Meta besuchen, 36% tendieren eher zu virtuellen Welten eines anderen Anbieters. Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt es dabei kaum, aber wenig überraschend hegen vor allem jüngere Menschen Metaverse-Sympathien: In der Gen Z sind es 40%, in der Gen X 33% und bei den Boomern nur noch 20%.

Wie im wahren Leben

Um was geht es eigentlich? Nach den Ideen der Technologieführer ist das Metaversum als Weiterentwicklung des heutigen Internets ein immersiver, gemeinsam genutzter und sicherer digitaler 3D-Raum, in dem der Avatar – als digitales Abbild von einem selbst – spielt, lernt, reist, an virtuellen Geschäftsmeetings teilnimmt und mit digitaler Währung einkaufen geht – also alles macht, was er auch im echten Leben macht.

Vor knapp 20 Jahren war mit dem Spiel Second Life ein ähnliches Konzept auf dem Markt: Schon damals reisten in einem digitalen 3-D-Raum selbsterstellte Avatare durch die Welt oder kauften Kleidung und Immobilien; Starwood Hotels gehörte 2006/2007 zu den wenigen Mutigen aus der Hospitality-Branche. Damals allerdings noch ohne die Möglichkeiten von Virtual oder Augmented Reality. Heute entführen Spiele wie Roblox, Fortnite, Minecraft oder Decentraland mit VR- und AR-Headsets in parallele virtuelle Welten.

Experten sagen: Egal, ob man Computerspiele mag oder nicht… das Spielen sei der beste Weg, um zu erfahren, wie sich Leben und Arbeiten im Metaverse anfühlen könnte – und um vor allem fundierte Entscheidungen über potenzielle Chancen für das eigene Unternehmen zu treffen.

Avatare: die neuen Hotel-Animateure?

In der Hotellerie kann man diesen Weg bereits erkennen. Marriott hat mit Moxy gerade im spiele-affinen Raum Asien-Pazific die Kampagne "Moxy Universe, Play Beyond" gestartet. Bis zum 31. Dezember 2022 sind hierbei Gäste in zwölf Moxy-Hotels von Shanghai bis Tokio eingeladen, mit ihrem eigens gestalteten Avatar an der Bar des virtuellen Hotels einzuchecken, einen 3D-Cocktail zu schlürfen, später im Zimmer auf dem Bett zu tanzen oder im Fitnessbereich zu schwitzen.

Über einen gescannten QR-Marker an der Bar sieht man holografische Projektionen und kann sich mit anderen lebensgrossen Avataren fotografieren. Und ähnlich wie bei einem Escape Room sind die Gäste eingeladen, mindestens fünf Herausforderungen in den Zimmern und öffentlichen Bereichen zu lösen, um Preise zu gewinnen. Avatare werden so quasi zu den Hotel-Animateuren der Zukunft.

Look aussuchen und Shooting im Hotel - die Oetker Collection setzt derzeit auf eine Fashion-Kooperation im Metaverse.Foto: Oetker Collection

Die Oetker Collection setzt dabei zusätzlich noch auf den It-Girl-Faktor: In einer Kooperation mit dem mobilen Fashion-Spiel Drest reisen Spieler derzeit als Stylisten in die virtuellen Hotels der Kollektion und wählen für ihren Avatar High-Fashion-Looks, die zum jeweiligen Haus bzw. einer bestimmten Situation in der Location passen. Diesen setzen sie via Moodboards mit Bildern aus dem Hotel, mit Ansichten der Umgebung oder auch Stickern in Szene. Die Looks und die jeweilige Location werden dann von der Community bewertet. Clever, denn die Häuser werden somit im Rahmen des Fashion-Wettbewerbs als Kulisse zelebriert und im Netz verbreitet.

Hotel buchen einmal anders

Das RIU Plaza España in Madrid kombiniert, wie bereits berichtet, virtuelle Design- und Gebäudeelemente wie den Glasbalkon, der 100 Meter über dem Boden hängt, mit realen Bildern, z.B. der Aussicht von ganz oben auf Madrid. Ein weiteres Highlight ist der Rezeptionist Michael, bei dem man demnächst auch ein Zimmer buchen kann. RIU hat das Projekt zusammen mit der Agentur La Agencia Encubierta entwickelt, die sich selbst begeistert zeigt, hier Räume bzw. Gebäude nachstellen zu können, die sonst für wenige Madrilenen zugänglich sind.

The Chedi Andermatt in der Schweiz greift sich wiederum die neuen E-Commerce-Möglichkeiten im Metaverse heraus. Das Luxushotel präsentiert sich noch bis 19. August 2022 im virtuellen Metaverse-Showroom von Worldline, einem Anbieter von Zahlungsdienstleistungen. Gäste können hier als "Merchant of the Month" drei exklusive Hotelangebote buchen und u.a. in Kryptowährung bezahlen.

Technik lässt die Grenzen verschwimmen

Beim Weltwirtschaftsforum im Mai in Davos konnten Menschen auch aus der Ferne an Diskussionen im erstmals angebotenen virtuellen "Global Collaboration Village" teilnehmen. Dieses bot immersive Räume, also Bereiche, in die man mit anderen Beteiligten eintauchte, um gemeinsam mögliche Lösungen und Aktivitäten zu bestimmten Fragestellungen zu besprechen.

Es geht bei solchen Meetings und auch bei künftigen Arbeitsplätzen darum, dass sich 2D-Kamerabildraster zu einem 3D-Raum mit digitalen Avataren bewegen. Mithilfe von VR-Brillen und Motion-Capture-Handschuhen werden Gesichtsausdruck, Stimmqualität und Körpersprache erfasst. Mittels neuester räumlicher Audio-Technologie wird Sprache so lebendig gemacht, als käme sie aus der Richtung der Person, die gerade spricht – und nicht aus einem Computer-Lautsprecher. "Wir nähern uns einer Schwelle, an der die Technologie beginnt, die Erfahrung des Zusammenseins im Büro wirklich nachzubilden", schrieb Bill Gates in seinem Blog Ende letzten Jahres.

Teile der Event-Branche arbeiten bereits daran, ganze Veranstaltungen in solchen Räumen stattfinden zu lassen. Als Vorteil nennen sie, dass sich mit dem Metaverse Erlebnisse und Emotionen kreieren lassen, die in besonderem Masse lange und nachhaltig wirken. Marketing-Experten sind überzeugt, hier künftig ganze Markenwelten noch lebendiger und ganzheitlicher transportieren zu können als es derzeit mit dem klassischen Internet und Social Media-Marketingstrategien geht.

Mehr als nur ein Warenkorb

Das Metaverse kann dabei helfen, Märkte weiter zu vergrössern oder bereits totgesagte Technologien zu neuem Leben zu erwecken. Der Handel könnte nun vom bisher eher erlebnisarmen Online-Shopping im "Retailverse" bzw. "Meta-Commerce" aufgehen, beschreibt es der Retail Report 2023 des Zukunftsinstituts.

Auch Konferenz-Angebote im Metaverse könnten für Hotels ein grosses Thema werden.Foto: adobe stock daniilvolkov

Im Metaverse Shop wird bald alles vom virtuellen Luxusstück bis zum Lebensmittel verkauft. Hier sind Händler keine reinen Verkäufer mehr, sondern präsentieren sich auf neue Weise als Markenwelt, als Service-Plattform mit dezentralen Strukturen und als grosses neues Community-Angebot – und das virtuell wie auch analog.

Der grosse E-Commerce-Player JD.com z.B. hat gerade in der chinesischen Metropole Xi'an eine 42.000 qm grosse Mall eröffnet, die mit Produkten wie auch Holografien und Robotern aufwartet, mit denen man wiederum in Live-Streams oder in die Virtual Reality eintaucht.

Den Schritt zu solchen Metaverse Stores beschreiben die Autoren des aktuellen Retail Reports als nicht gross, wenn immer der Mehrwert für den Kunden erkennbar ist. In dem Fall bedeutet dies, dass der eigene Lifestyle im Metaverse gelebt werden kann und in der Community mit Musikevents, beim Fussballspiel oder in der Open-Air-Küche am Strand zelebriert wird. Das Metaverse wird zum "place to be", moderiert von Handelsmarken, die wieder mehr als nur Warenkörbe zum Anklicken anbieten können.

Nachhaltiger Reisen im Metaverse

Ob das auch bei Reiseangeboten gelingt? Wenn nicht hier, wo dann, sagen bereits einige und führen Tiefsee-Tauchtouren und virtuelle Zeitreisen als neue reiseähnliche Erlebnisse ins Feld. Der deutsche Digitalverband Bitkom hat gerade Umfrage-Ergebnisse von mehr als 1.000 Personen in Deutschland ab 16 Jahren veröffentlicht, wonach ein Fünftel schon heute im Metaverse Urlaub machen möchte. 21% erwarten, dass im Jahr 2030 fremde Orte im Metaversum oder mit Virtual Reality-Brillen erkundet werden, statt klassisch zu reisen – unter den 16- bis 29-Jährigen ist sogar jeder Vierte davon überzeugt; 15% sind es unter den Älteren ab 65 Jahren.

Für mehr Digital-Technologien spreche auch, sagen 64% der Urlaubsreisenden, dass man das Reisen nachhaltiger gestalten kann – egal ob bei der Planung, bei der Anreise oder während des Aufenthalts.

Zugleich geht die grosse Mehrheit von 87% davon aus, dass auch in Zukunft klassisches Reisen mit echten Erfahrungen einen wichtigen Ausgleich zum Alltag darstellen wird. "Im Metaverse können wir die Welt neu entdecken und Erfahrungen machen, die in der Realität nicht möglich wären", erklärt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder und nennt Aktivitäten mit Freunden, die an anderen Orten leben, das Zugänglichmachen von schwer erreichbaren Zielen und die Möglichkeit, potenzielle Urlaubsdestinationen vorab virtuell zu erkunden. Ohne Reisepass quasi rund 200 Länder entdecken und als Highlight dort hinzureisen, wo es tatsächlich möglich ist…

Dabei sein ist alles

Experten rechnen damit, dass das Metaverse bis 2030 voraussichtlich einen Wert von bis zu 5 Billionen US-Dollar erreichen wird. Unternehmen aller Branchen versuchen derzeit herauszufinden, welche Strategien sie anwenden sollten, um es zu nutzen. RIU ist fest davon überzeugt, dass das Metaverse in Zukunft die "Grundlage für die digitale Präsenz von Marken und Menschen" sein wird – "immersiv und nicht nur als Schaufenster". Die Zeit wird zeigen, ob sich daraus auch ein echtes Geschäftsmodell für Hotels ergibt oder ob es einfach nur heisst: Dabei sein ist alles. / Sylvie Konzack

Verwandte Artikel

NFTs in der Hotellerie: Die nächste Revolution hat schon begonnen

2.6.2022

Amsterdam. NFTs sind eine immer bedeutendere Form alternativer Investments und sprechen die persönlichen Interessen und Leidenschaften von Anlegern an. Die Technologie soll bis 2023 zu einem alternativen Investmentmarkt mit einem Volumen von 14 Billionen Dollar anwachsen. Hoteliers könnten mithilfe von NFTs und Blockchain ihre Margen erhöhen, neue Zielgruppen ansprechen, Direktbuchungen fördern, treue Gäste belohnen und ihre Markenbekanntheit steigern. Aber werden sie das auch tun?

Metaversum: Mitmachen oder abgehängt werden?

Metaversum: Mitmachen oder abgehängt werden?

5.5.2022

Amsterdam. Das Interesse am Metaversum ist während der Pandemie förmlich explodiert. Von Facebook über Microsoft bis hin zu Google liefern sich die Tech-Riesen einen Wettlauf dabei, ihr neues Geschäftsmodell zu identifizieren, und Investoren verfolgen jeden einzelnen ihrer Schritte. Die Wall Street schätzt, dass die Metaversum-Wirtschaft bis 2030 einen Markt von insgesamt 8 bis 13 Billionen Dollar ausmachen könnte. Möglichkeiten gibt es viele für die Hospitality-Branche. Werden Hoteliers auf diesen Wagen aufspringen oder zusehen, wie der Zug – mal wieder – vorbeifährt?

Ein Testplatz für Hotels

6.4.2007

Wiesbaden. Rund fünf Millionen Menschen auf der Welt haben bisher im Internet einen Blick auf das zweite Leben, die virtuelle neue Welt "Second Life" geworfen oder zählen zu den regelmässigen Besuchern. Während grosse Markenartikler dort schon seit Monaten ihre Waren feilbieten und für ihre Produkte werben, hält sich das Gros der Hotellerie noch zurück. Nur Starwood mit seiner Marke aloft, das österreichische Privathotel Übergossene Alm und der niederländische Ferienhaus-Anbieter Euro Relais haben sich auf das Experiment mit der virtuellen Parallelwelt eingelassen.

{"host":"www.hospitalityinside.com","user-agent":"Mozilla/5.0 AppleWebKit/537.36 (KHTML, like Gecko; compatible; ClaudeBot/1.0; +claudebot@anthropic.com)","accept":"*/*","x-forwarded-for":"18.190.152.38","x-forwarded-host":"www.hospitalityinside.com","x-forwarded-port":"443","x-forwarded-proto":"https","x-forwarded-server":"d9311dca5b36","x-real-ip":"18.190.152.38","accept-encoding":"gzip"}REACT_APP_OVERWRITE_FRONTEND_HOST:hospitalityinside.com &&& REACT_APP_GRAPHQL_ENDPOINT:http://app/api/v1