Smart sein erfordert Mut H3 Talk zeigte Herausforderungen und Chancen für Mixed Use Quartiere
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Smart sein erfordert Mut

H3 Talk zeigte Herausforderungen und Chancen für Mixed Use-Quartiere

Im Februar startet eine digitale Test-Siedlung in Berlin. Einer der Schlüsselpartner ist dasUnternehmen Panasonic, das dieses Projekt am H3-Event präsentierte.Foto: Panasonic, map

Hamburg. Mixed Use-Projekte funktionieren nur mit verlässlichen Partnern, bezahlbarer Technologie und digital vernetzten Immobilien. Nur dann lebt das Quartier. Das war die Quintessenz des dritten "H3" Think Tanks, der in Hamburg Experten aus Housing, Hospitality und Health Care herausforderte, ihre Perspektiven darzulegen. Deutlich wurde: Vor allem Investoren sehen die Notwendigkeit übergreifenden Denkens, Planens und partnerschaftlicher Konzepte nicht. Startups treibt so viel Verantwortungslosigkeit bei Bauten, die Jahrzehnte lang herumstehen werden, die Zornesröte ins Gesicht.


Die Funktionsgebäude der Vergangenheit haben zu Leere und Tristess im Wohnviertel geführt, weiss man heute. Das Umdenken setzte Anfang der neunziger Jahre ein, heute begleitet auch qualitatives Denken die Verdichtung von Städten bzw. einzelnen Quartieren. Das klingt positiv – wird aber so nicht gelebt vom Gros der Projekt-Entwickler, Investoren und Architekten, wie sich im Laufe des Tages beim H3-Insider-Treffen herausstellte. Drees & Sommer hatte dieses Event zum 3. Mal initiiert, dieses Mal in Kooperation mit der Union Investment.

Es gibt viele Hindernisse auf dem Weg zur nachhaltigen – und digitalisierten – Immobilie, über alle Asset-Klassen hinweg und in grosser Bandbreite: "Vorsicht bei kontaminierten Grundstücken!" warnte der eine Redner, ein anderer verwies auf kostentreibende, neu zu erschliessende Wege zwischen den Immobilien im Mixed Use-Quartier, um später das soziale Miteinander zu fördern… Kurz gesagt: Die Kapitalgeber und Bau-Beteiligten im Raum betrachten das Thema Mixed Use der Zukunft fast ausschliesslich unter Kosten- und Rendite-Aspekten, während Architekten und Betreiber das Konzept aus der Nutzen- und Mieter-Perspektive aufziehen.

Die Erfolgskriterien für lebendige Quartiere

Dass beides künftig Hand in Hand gehen muss, machte Bent Mühlena, Leiter Immobilien Projektmanagement bei der Union Investment, deutlich. Er listete die zentralen Erfolgskriterien für vitale multifunktionale Stadtquartiere auf:

♦ Urbane Lage mit hoher baulicher Dichte
♦ Nutzungsmischung von Wohnen, Arbeiten, Versorgen, Freizeit
♦ ÖPNV, nachhaltige Mobilitätskonzepte
♦  Funktionale und infrastrukturelle Einbindung in umliegenden Stadtraum
♦ Aufwertung von fussläufiger Erschliessung
♦ 24h-Ansatz: Lebendigkeit im Quartier durch Gastronomie, Treffpunkte und Nahversorgung
♦ Quartiersmanagement als Kümmerer
♦  Quartiers-Management als kostenpflichtiger Plus-Service
♦ Nachhaltigkeit und Innovation

Das sich diesen ineinandergreifenden Faktoren niemand mehr entziehen kann, machte Thomas Müller im Prolog oben deutlich.

Dass der Erfolg künftiger, lebendiger Stadtquartiere bzw. ganzer Städte vom Grad der Digitalisierung abhängt, war längst nicht jedem klar im Raum. Tom Leppin, Gründer von REOS, einer Cloud Platform for Real Estate Management, mahnte eindringlich: "Ein Auto fährt nur, weil sein Motor es treibt. Und Digitalisierung funktioniert nur mit Echtzeit-Daten als Treiber". Es ist allerdings erschütternd zu sehen, wie wenige Daten es in der Immobilien-Welt heute gibt. Es sind noch nicht einmal die wichtigsten Verbrauchsdaten in Echtzeit verfügbar – stattdessen kommt immer noch der Zähler-Leser persönlich ins Haus.

"Wir befinden uns im wissenschaftlichen Blindflug über unseren Objekten", macht Leppin den Immobilien-Vertretern klar. Sicher kenne man seine Mieteinnahmen oder vertraglichen Wartungsintervalle, aber werden sie auch nutzbringend ausgelesen? Genauso würde man sich sicher auch Frequenz-Daten aus seinen Immobilien wünschen, Nutzer- oder Bewohner-Präferenzen kennenlernen oder auch Bewegungsprofile analysieren.

Neubauten für Experimente, Bezahlbares für den Bestand

Panasonic testet seit 2014 in Japan eine nachhaltig-digitale Muster-Siedlung mit 1.000 Häusern, jetzt kommt der Technologie-Park Berlin-Adlershof in Schwung. Fünf Schlüssel-Partner testen dort ab Februar 2020 Smart Living und Smart Facility Management, berichtete Dr. Benedict C. Doepfer, Manager New Business Development bei Panasonic. Dann ziehen die Mieter von 400 Häusern ein, in Wohnungsgrössen von 35 qm bis 140 qm. Alle sollten eine eMail besitzen und eine App bedienen können, merkte Doepfer an.
Das Quartier geht also live. Daimler stellt beispielsweise die E-Fahrzeuge zur Verfügung, Schindler checkt über Kameras und Sensoren den schlüssellosen, personalisierten Zugang zu Häusern und Räumen, für Bewohner ebenso wie temporär für Pflegekräfte oder Postboten. Photovoltaik-Module auf dem Hausdach und Wärmepumpen liefern Daten in Echtzeit. Und eine App soll das "Wohnungsmanagement" übernehmen.

Sofort entbrannte eine Diskussion über die umfassende und teure Hardware, die ein solches Smart Home verschlingt. Es fehle noch an standardisierter – und damit günstigerer – Technologie. Und erst recht an bezahlbarer Technologie für Bestandsgebäude, merkten einige Teilnehmer an. "Es gibt sie aber!", beruhigte Prof. Dr. Arno Elmer von BeHome aus Berlin, einem Anbieter für altersgerechtes Wohnen mit technischen Assistenz-Systemen und Services. "Es braucht aber immer Partnerschaften vor Ort und Netzwerke", hob er hervor. Ohne diese funktioniere Smart Living nicht.

Erfordert das neue Wohnen künftig auch neu gestaltete Mieten? In diesem Punkt hielten die Experten "All-in"-Mieten für möglich, also Mieten inklusive Kosten für die Nutzung der digitalen Infrastruktur im Haus und im Quartier.

Startup Vanessa Lee Butz: Sie will für Investoren Nutzer- und Kundendaten erschliessen.Foto: map

Von der Property
zur Community App

Bis dahin hatte Vanessa Lee Butz aufmerksam zugehört – und dann nur noch den Kopf über die kleinteilig denkende, nur kosten- und problem-fokussierte Immobilien-Schar im Raum geschüttelt. Die Gründerin des Startups District Technologies forderte alle auf, "mehr zu testen und mehr zu lernen". Ihre neu entwickelte App analysiert Gebäude- und Nutzerdaten – um Mehrwerte für den Investor und den Betreiber/Mieter zu finden. Und sie will weg von der reinen "Property App" hin zu einer "Community App", die das Leben im Mixed Use-Quartier vitaler gestaltet, indem sie die Nutzerprofile matcht und neue Interessengruppen zusammenbringt.

Erfahrungen aus ihrer Co-Working-Zeit haben gezeigt: Eine App erfasst binnen zwei Monaten ca. 50% der Nutzer. In diesem Segment sind die Wechsel nämlich vorprogrammiert: Vor allem junge und expansive Firmen können keine Langfrist-Mietverträge mehr eingehen. Push Messages motivieren die Community-Mitglieder zu Aktivitäten. "Trotzdem braucht es einen Vollzeit-Community-Manager, der sich um alle Events und Services in der Immobilie oder im Distrikt kümmert", sagt auch die Startup-Gründerin, "denn sonst wäre die App ja nur eine Smart Building-App".

Die Diskussion zeigte sehr schnell, dass zwecks Monetarisierung nachhaltig-digitaler Modelle zum einen die Analyse der Immobilien-Daten helfen kann, Kosten zu sparen und Schäden vorauszusehen. Gleichzeitig kommt den Daten der Immobilien-Nutzer grosse Bedeutung zu. Wer diese besser, schneller und zielgerichteter bedient, gewinnt – ganz gleich, ob es sich dabei um einen Reinigungsservice, die Lebensmittel-Lieferung aus dem Supermarkt, um Car-Sharing oder den Shuttle in die City handelt. Dabei können sowohl Investor wie Betreiber/Verpächter verdienen, vorausgesetzt, sie sehen sich als Partner und sind bereit, Mehr-Investition gegen Mehrwert abzuwägen und auf die Schultern zu verteilen. / Maria Pütz-Willems

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