Tanzen vor den Solarzellen ITB Hospitality Day 2014 Luxus und Nachhaltigkeit fordern sich gegenseitig

Tanzen vor den Solarzellen

ITB Hospitality Day 2014: Luxus und Nachhaltigkeit fordern sich gegenseitig

Mit Kreativität und Spass Hoteliers und Gäste von Nachhaltigkeit überzeugen: Ross Harding macht es mit Solar-Parties am Strand, Bernhard Bohnenberger mit kreativen Konzepten im Hotel.Foto: Finding Infinity

Berlin. Das Thema Nachhaltigkeit bleibt ein Dauerbrenner im Tourismus, die Widersprüche bleiben auch: Gibt es nachhaltiges Reisen überhaupt oder sollten Umweltbewusste nicht lieber zuhause bleiben? Sind Luxus und Nachhaltigkeit überhaupt vereinbar? Zwei Experten auf dem Gebiet nachhaltige Hotelkonzepte erklärten beim "ITB Hospitality Day", der Hotelkonferenz der ITB, vor einer Woche ihre Strategien und ihre Sicht der Dinge. Dabei hätten die beiden Protagonisten des Panels unterschiedlicher kaum sein können: Bernhard Bohnenberger von Six Senses Hotels Resorts Spas und der Quereinsteiger Ross Harding von "Finding Infinity".

Auf der einen Seite sass Bernhard Bohnenberger: traditionell ausgebildeter Hotelier und seit vielen Jahren im Dienst des Pioniers in der touristischen Luxus-Öko-Welt, Six Senses, deren Präsident er heute ist. Neben ihm dann der Ingenieur Ross Harding, Gründer von "Finding Infinity", der als touristischer und flippiger Quereinsteiger Hoteliers das Thema Nachhaltigkeit mit Spass zu vermitteln versucht.

Six Senses-Präsident Bernhard Bohnenberger und Quereinsteiger Ross Harding von Finding Infinity im ITB-Talk mitMaria Pütz-Willems.

Die Philosophie der 1995 gegründeten Six Senses-Gruppe hört sich denkbar einfach an: "Wir wollen die Destination so nah wie möglich an den Gast bringen", erklärte Bohnenberger. Von Anfang an seien Six Senses Resorts nachhaltig gebaut worden, denn Natur sei heute ein sehr grosser Luxus. "Weshalb sollte man auf die Malediven fliegen, um goldene Armaturen und Marmor vorzufinden?" fragte er.

Die Gäste honorieren diese "alternative" Strategie. Die Zimmerraten bei Six Senses starten bei 500 USD und gehen schnell auf 1.000 Euro pro Nacht zu. Zum Dinner kommen die Gäste in Strand- oder Freizeitkleidung, barfuss laufen auf den Inseln ist ein Muss. "Berühmte Menschen fühlen sich sicher bei uns. Wir sprechen sie nicht mit dem Namen an, sie werden auch oft nicht erkannt, weil sie so leger gekleidet sind", schildert Bohnenberger die angenehmen Nebenerscheinungen dieser Strategie. Wo dies ohne Probleme möglich ist, sollen oder dürfen die Gäste sogar auf Schuhe verzichten. In den Malediven verschwinden die Schuhe schon auf dem Zubringerboot in einen Baumwoll-Beutel mit der Aufschrift "No news, no shoes" – man findet sie später im Schrank wieder. "Wir haben nicht überall den Barfuss-Luxus. Im Oman, wo wir auf Felsen gebaut haben, gibt es dafür andere Dinge", erklärt Bohnenberger – z.B. eine eigene Gemüse-Farm ausserhalb des Resorts.

Bernhard Bohnenberger: Wir sind in erster Linie eine Hotelgruppe und kein Nachhaltigkeits-Unternehmen.

Überall, wo möglich, schenkt Six Senses direkt vor Ort aufbereitetes lokales Wasser aus. Grundsätzlich baut die Gruppe mit nachwachsenden Materialien, beschäftigt lokale Handwerker und versucht Müll zu vermeiden, vor allem Plastik "Das grösste Lob erhalten wir für unser lokales Essen und seine Qualität. Niemand schwärmt vom eingeflogenen Wein", sagt der Präsident. Was den Claim "no news" anbelangt, so verbietet Six Senses seinen Gästen heute keinesfalls den Zugang zum Netz. "Man kann die Technologie abschalten, aber es stresst die Menschen oft mehr, wenn sie keine Verbindung haben", hat Bohnenberger festgestellt.

Auch Nachhaltigkeit hat seineGrenzen

Natürlich sei es eine Herausforderung, Gästen die Region und das Nachhaltigkeitskonzept nahe zu bringen, ohne belehrend zu wirken. "Wir versuchen den Mitarbeitern den Stolz auf ihr lokales Erbe zu vermitteln. Wir haben Butler, die die Gäste im lokalen Bereich herumführen. Man muss dabei aber aufpassen, nicht zum Disneyland zu werden," so der Manager. Grundsätzlich investiere Six Senses 50 Prozent seines Umsatzes in Nachhaltigkeit. "Wir versuchen so viele Einheimische wie möglich zu beschäftigen. Bei meinem ersten Besuch in einem Six Senses fand ich es sehr verwirrend, dass dort so viele unterschiedliche Sprachen gesprochen wurden", blickt er zurück. Im neuen Resort im Oman sei das Ziel gewesen, 70 bis 80 Prozent Einheimische zu beschäftigen. Dieses Ziel habe man noch nicht erreicht, arbeite aber weiter daran, z.B. durch eine eigene Hotelschule.

Trotz aller Nachhaltigkeit: Auf Pools kann ein Luxusresort nicht verzichten und die meisten Gäste reisen zu den Six Senses Resorts per Flugzeug an. "Wir sind in erster Linie eine Hotelgruppe und kein Nachhaltigkeits-Unternehmen," modifiziert Bohnenberger. "Das heisst, wir müssen die Wünsche der Gäste erfüllen. Unser Geschäft ist der Tourismus und ich bin der Meinung, dass er noch immer der beste Weg ist, um einem Land oder einer Region zu helfen." Für die Pools habe man spezielle Ökosysteme entwickelt, die meisten von ihnen wären zudem mit Meerwasser gefüllt.

Die ITB-Hotelkonferenz im Froschauge: Luxus und Öko lockteerneut hunderte von Besuchern an.Fotos: ostwestfoto

Kein Geheimnis macht der CEO auch darum, dass die Nachhaltigkeit selbst einen kommerziellen Hintergrund hat. Davon müsse man die Investoren überzeugen. Als Marketing-Tool sehe man das Thema hingegen nicht. "Wir sprechen nicht so viel über unsere Vorteile, weil es im Marketing zu diesem Thema auch viel Greenwashing gibt", sagt er mit Blick auf die gesamte Branche.
Vor zwei Jahren kaufte die US-Investmentfirma Pegasus Capital Six Senses. Heute befinden sich zehn neue Resorts in der Entwicklung, ein neuer Fokus sind Urban Resorts. In den Städten werde es sicher schwieriger, die Marke zu positionieren, meint Bohnenberger. Doch erste Erfolge mit Six Senses Spas machen Mut.

Bei der Wissensvermittlung begeistern

Den in Berlin lebenden gebürtigen Australier Ross Harding brachte Design-Hotel Gründer Claus Sendlinger auf seine Unternehmensidee. "Finding Infinity" beschäftigt sich mit neuen, Ressourcen-schonenden Energiequellen und Fortbewegungsmethoden wie dem Reisen per Containerschiff, Motorradfahren mit Gemüsekraftstoff oder Wind-, Holz- und Sonnen-Energie.

"Wir versuchen, Unterhaltung mit Bildung und Wissensvermittlung zu verbinden. Menschen sollen Situationen verstehen, wir wollen sie zur Kommunikation ermutigen", erklärte Harding in Berlin. Strandparties, bei den Solarzellen erläutert werden, gehören genauso dazu wie der Besuch in einer Käserei in den Bergen. Ziel seines Unternehmens sei es, Menschen bisher unbekannte neue Möglichkeiten aufzuzeigen. Das Grösste, was die Hotellerie tun könne, sei es, ist die Umwelt wenig zu belasten und den Gästen trotzdem das zu bieten, was sie begeistert.

Ross Harding: Ingenieur mit Spass am Edutainment in Sachen Nachhaltigkeit.

Ross Harding ist damit der Mann für spielerisches, aber nachhaltiges Edutainment. Leider werde während des Design-Prozesses das Thema Nachhaltigkeit zu oft nicht berücksichtigt, bedauerte der Berater hingegen. Vor allem in Deutschland bestehe ein sehr hohes Engagement im Bereich Nachhaltigkeit, viele Unternehmen böten Lösungen an. In Australien hingegen ziehe die Regierung unterdessen Initiativen wieder zurück.

Bei Design Hotels ist die globale Nachhaltigkeits-Initiative gerade erst gestartet. "Aber egal, wohin wir bisher kamen, in die Hotels oder in ihre Nachbarschaft: Wir stiessen überall auf viele gute Ideen", sagt Harding und nennt als Beispiele das Design Hotel in Laax, Schweiz, das komplett mit Biomasse beheizt wird oder das Loisium Wine & Spa Resort in Langenlois, Österreich, in dessen Umgebung Winzer ohne Pestizide arbeiten.

"Das Hotel mit der Nachbarschaft zu verbinden, ist uns sehr wichtig," erklärt der Experte. Ein Beispiel dafür sei das Kochen mit der Nachbarin. Die Integration und der Kontakt zu Einheimischen funktioniere bei vielen Design Hotels bereits sehr gut. "Das Rockhouse Hotel in Negril, Jamaica, hat beispielsweise eine Stiftung gegründet und sammelt Spenden für den Bau oder die Verbesserung lokaler Schulen." Grundsätzlich setze Design Hotels Häuser mit besonders guten nachhaltigen Konzepte gerne als Lehrbetriebe ein.

Von einem - nicht ganz unwesentlichen - Punkt zum Thema ist Harding inzwischen jedenfalls überzeugt: "Das Thema Nachhaltigkeit bringt smarte Investoren." / Susanne Stauss

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