Volle Fahrt für Full Service

Rückblick und Ausblick im neuen Dorint Hotel Garching: Die Hotelgruppe hat während der Lockdowns viel verändert.Foto: map 

Garching/München. Der Name Dorint ist für die Autofahrer, die sich dem Business Campus Garching – im Nordosten von München – nähern, schon aus der Ferne deutlich sichtbar. Dorint hat sich hier gut positioniert, passt sich exakt ein. Am Mittwoch eröffnete die Gruppe ihr 66. Hotel – ein Business- und Konferenzhotel. Sie setzt im Kern weiter auf 4 Sterne Klassik, strafft das Gesamt-Konzept und ist dabei, die Corona-Folgen mit guten Zahlen zu überwinden. CEO Jörg T. Böckeler und COO Bettina Schütt nahmen sich nach der Eröffnung Zeit für ein Gespräch.

In Weiss strahlt der Name Dorint auf dem dunklen Gebäude, dessen Architektur sich kaum von den vielen Bürogebäuden rundum unterscheidet. In diesem Viertel arbeiten inzwischen einige tausend Beschäftigte in Büros, Forschungseinrichtungen, Grosshandels- und Dienstleistungsbetrieben. Der Münchner Flughafen ist in 15 Minuten erreichbar, die Fussball-Arena des 1. FC Bayern ist nur eine U-Bahn-Station entfernt, und zum Marienplatz in Münchens Stadtmitte sind es 12 Stationen. Die Hotelgäste laufen nur drei Minuten zur U-Bahn.

In dieser Lage hat Dorint Hotels in der Bewerbungsphase 20 Mitbewerber aus dem Rennen geworfen, berichtet Michael Blaschek bei der Pressekonferenz, Geschäftsführer der DV Immobilien Gruppe. Diese plant und managt seit fast 50 Jahren u.a. Business Parks und ist auch Eigentümer des Dorint Hotels Garching. Es ist das zweite DV-Investment in ein Marken-Hotel, neben dem Achat Hotel am Park in Regensburg.

CEO Jörg Böckeler lobte die Bau- und Design-Qualität in dem neuen Dorint Hotel, das sich sehr angenehm in den Farben und mit sehr wertigen Materialien präsentiert. Das Dorint Garching wartet mit 207 Zimmern auf, mit sieben tageslicht-durchfluteten Tagungsräumen von 25-277 qm, einem Restaurant und einer grossen Rooftop-Terrasse, von der man sogar die Alpen sieht – ein schönes USP in einem Business Park, in dem überwiegend jüngere Menschen arbeiten und ein Plätzchen für den Afterwork-Drink suchen.

Dorint hält mit diesem Produkt weiter die Fahne der Fullservice Hotels innerhalb der Gruppe, wie auch im Markt, hoch: Seit der Pandemie haben sich immer mehr Fullservice Hotels auf Limited Service geschrumpft und damit auch F&B gestrichen.

Das Führungsduo: Seit Januar 2022 steht Bettina Schütt als COO an der Seite von CEO Jörg T. Böckeler. Sie sammelte vor Dorint u.a. Erfahrungen bei Swissôtel, Hilton und Scandic. Foto: map 

Tagungen: Gut, dass wir nicht ausgestiegen sind

Dorint Hotels glauben weiter an das solide 4-Sterne-Konzept, Tagungskapzitäten inklusive. "Dieses Haus werden wir sogar sieben Tage pro Woche befeuern", freut sich Böckeler, "nicht nur durch Seminare und Tagungen von Montag bis Donnerstag, sondern auch durch Leisure-Besucher am Wochenende. Die nahegelegene Arena lockt Fussball-Fans und andere Event-Fans an." Und natürlich würde Dorint auch Fussball-Mannschaften beherbergen, die gegen den 1. FC Bayern antreten, beantwortete er lachend die Frage eines BILD-Reporters.

"Das Tagungsgeschäft ist zurück", unterstreicht COO Bettina Schütt für alle Dorint-Hotels, nur das klassische Kongress-Geschäft hinkt noch etwa hinterher. "Das 1. Quartal 2023 wird wieder 'normal' sein, wir freuen uns über Tagungsgruppen von 200, 300 oder gar 500 Teilnehmern", berichtet sie weiter – "und wir sind alle froh, dass wir nicht aus der Tagungswelt ausgestiegen sind", betont sie.

Performance durchgängig über der Prognose

Den Aufschwung spürt das Dorint-Management an den Zimmer-Raten, Belegungsquoten und am RevPAR: Alle Kennziffern würden überall "deutlich über Prognose" liegen – sowohl bei der Kern-Marke Dorint Hotels & Resorts wie auch bei der smarten Marke Essential by Dorint. Und die Hommage Hotels? "Hommage ist ein Raten-Treiber", sagt Böeckler stolz, "wir verzeichnen hier bei allen ein Raten-Wachstum von über 30 Euro netto".

Die Front Runner aus diesem Kreis von sechs Luxushotels sind: das Kö59 Düsseldorf, Maison Messmer Baden-Baden und der Nassauer Hof. Grosses Potential verspricht nach den ersten zwei Monaten in Operation auch das Grand Tirolia Kitzbühel, von dem sich Boeckeler mittelfristig einen Umsatz von 20 Millionen Euro verspricht.

Hier die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen von 2021 und der Forecast:

Quelle: DHI Dorint Hospitality & Innovation GmbH, Stand 3.2.2023

Böckeler weist bei diesen Zahlen darauf hin, dass die Hotels im Jahr 2022 Coron-bedingt vier Monate so gut wie keinen Betrieb hatten. Umso stolzer ist man auf den Umsatz von 253 Millionen, der zwischen Mai und Dezember generiert wurde. "Ausserdem sind wir bereits dabei, die zu Corona-Beginn beschlossenen Pachtstundungen zurückzuzahlen", merkt er an, "die Leistung unserer Mitarbeiter war im vergangenen Jahr überragend". Wie in der gesamten Branche bleiben aber Inflation, Indexierungen und Energie schwer kalkulierbare Kosten-Treiber.

Das Dorint-Management geht davon aus, dass sich die gruppenweiten KPIs bis 2026 voll erholen werden; im Vergleich zu 2021 sollte sich der gesamte RevPAR dann verdreifacht haben. Die Bilanz 2022 soll im Juli 2023 veröffentlicht werden.

Dorint, das einzige Marken-Hotel mit Full Service im Businesspark von Garching. Im Ort gibt es noch Budget-Hotels der Marken Motel One, ibis und B&B. Foto: Dorint Hotels  

HR-Programme:
Zeit für Achtsamkeit   

Die "toten Zeiten" während der Lockdowns nutzte Dorint für interne Adaptionen und Umstellungen auf neue Systeme: So installierte die Gruppe u.a. SynXis als CRS, setzte ein neues Revenue Management-System ein, optimierte die Social Media-Strategie auf, überarbeitete den Web-Auftritt, verfeinerte die F&B-Konzepte, trieb die ESG-Strategie weiter und motivierte über neue Trainingmethoden die Mitarbeiter. Jörg Böckeler und Bettina Schütt unisono: "Wir haben seit der Pandemie strategisch nichts verändert, wohl aber Inhalte".

Eine Menge Zeit widmete das Management dem Ausbau seiner HR-Programme. Der rote Faden dabei ist eigentlich ein "Blauer Faden", eine Beschreibung der Unternehmenskultur, auch zur Arbeitskultur und z.B. über das Verhalten gegenüber dem Gast. 2022 startete die Gruppe zudem mit einer spezialisierten Agentur das "Next GM Leadership Program", das die Teilnehmer in zehn Modulen die Bedeutung von Achtsamkeit vermittelt, sie zur Selbstreflexion und Feedback-Gesprächen auffordert. Regionaldirektoren und GMs nehmen daran teil; bis Ende dieses Jahres sollen alle das Programm absolviert haben.

Parallel dazu werden mithilfe eines Assessment Center pro Jahr zwölf junge Menschen gesucht, die mit Dorint Karriere machen möchten. "Unsere Fluktuationsquote liegt mit 18-20% deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von 26-30%", merkt Bettina Schütt an.

Entspannen sollen aber auch die Gäste: In ausgewählten Hotels bietet Dorint das Progamm "DeinYOGA für Business" an: kurze Yoga-Einheiten vor oder am Ende der Veranstaltung, nach Mittagessen oder Kaffeepause. Neben einem professionellen Fitnessraum verfügt auch das neue Dorint Hotel in Garching über einen eigenen Yoga-Raum. Einen solchen Raum gibt es sogar in der Dorint-Zentrale in Köln.

F&B-Konzepte in Entwicklung

Entspannte Mitarbeiter, entspannte Gäste: Da braucht es nur noch entspannte F&B-Konzepte. Was hält der Dorint-CEO mit seinem Fokus auf Fullservice von dem F&B-Wahn, der inzwischen alle Lifestyle-Hotels erfasst hat und dessen F&B-Outlets mindestens die Hälfte zum Umsatz beisteuern sollen? Jörg Böckeler schmunzelt und kontert kühl: "Das ist letztlich eine Frage des Arbeitsmarktes". Anspruchsvolle Konzepte brauchen professionelle Service-Kräfte. Deshalb denkt das Dorint-Team lieber länger über einfache bzw. einfach umzusetzende Konzepte nach.

Le Bistrot99 im Dorint Hotel am Heumarkt in Köln. Das erste von derzeit drei F&B-Konzepten.Foto: Dorint Hotels 

Mit dem französischen "Le Bistrot99"-Konzept hat Dorint den ersten Schritt getan, gefolgt von dem ebenfalls französischen angehauchten Konzept "Brasserie Moulins". Mit "Josef's" Wirtshaus in Garching wagt man sich erstmals an die bayerische Küche heran, kombiniert mit internationalen und saisonalen Einflüssen, wie es heisst. "Wir schreiben für jedes neue F&B-Konzept ein eigenes Buch über die Standards", erläuterte Boeckeler. Umgekehrt hält Dorint aber auch seit Jahren an seiner Feinschmecker-Küche fest: Das legendäre Restaurant "Ente" im Nassauer Hof Wiesbaden wie auch der Söl'ring Hof auf Sylt gehören zu den Aushängeschildern und sind laut Böckeler auch profitabel. Fest steht: An den F&B-Konzepten wird weiter gearbeitet werden.

ESG in schrittweiser Umsetzung

Weiterentwickeln wird Dorint auch sein Hotel-Portfolio. Davon soll künftig ein Drittel der Häuser Resorts sein, zwei Drittel Business-Hotels. Obwohl aktuell die Umsetzung von Neubauten einfach zu viele Hürden nehmen muss, trifft Dorint in seinem Investoren-Kreis doch immer häufig auf Kapitalgeber, die die Chancen in erneuerbaren Energie sehen und generell ESG unterstützen. Beim Dorint Zürich baute der Schweizer Eigentümer beispielsweise ein Solaranlage aufs Dach. Und das neue Dorint Seehotel & Resort Klink/Müritz wird mit Erdwärme, Pellets und Solartechnologie arbeiten.

In den nächsten 24 Monaten will die Hotelgruppe in ihren Dorint und Essential Hotels weitere Umwelt- und klimafreundliche Massnahmen einführen, berichtet COO Bettina Schütt. Unter dem Namen "Green Square Concept" treibt die Hotelgruppe das Thema in alle Richtungen und holt sich auf dem Weg zu "Net Zero" auch die Expertise von der Sustainable Hospitality Alliance in London mit ein.

Abgesehen von technischen Erneuerungen in den einzelnen Hotels ist man derzeit dabei, die Gäste-Experience nachhaltiger zu gestalten: Eine Näherei in Portugal liefert z.B. Handtücher aus 100% Bio-Baumwolle und Bettwäsche aus biologisch zertifizierten Naturfasern aus Bio-Baumwolle und Polyester, welches aus dem Plastikmüll des Meeres recycelt wurde. Und in den Bädern des neuen Dorint Garching stehen jetzt auch grosse Pump-Spender zum Nachfüllen – mit Natur-Shampoo aus griechischen Oliven.

Dorint Hotels & Resorts betreibt derzeit 66 Hotels mit rund 10.000 Zimmern. Davon sind 40 Pacht-Betriebe, 4 Management- und 23 Franchise-Betriebe. Ein neuer Master-Developer wird gesucht. Die Expansion wird vorangehen, aber kontrolliert. Die Gruppe beschäftigt aktuell 3.800 Mitarbeiter, davon 50 in der Hauptverwaltung in Köln. / Maria Pütz-Willems