Wachsen jeder Krise zum Trotz Israel Tourismus Minister und Hotellerie halten gemeinsam an neuen Rekorden fest
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Wachsen, jeder Krise zum Trotz

Israel: Tourismus-Minister und Hotellerie halten gemeinsam an neuen Rekorden fest

Bis 2030 soll die Negev-Wüste der grösste Besucher-Magnet Israels sein. Foto: Ministry of Tourism Dafna Tal

Tel Aviv. Israel feiert seinen 75. Geburtstag und wollte eigentlich mit Vollgas nach Covid an die Vor-Covid-Erfolge anknüpfen. Doch das Land erlebt ein Auf und Ab, ist politisch zerrissen wegen der geplanten Justizreform. Im Hintergrund halten aber das Tourismus-Ministerium, der Hotelverband und die Hotel-Betreiber eng zusammen und glauben schon allein durch den blühenden, rekordverdächtigen Inlandstourismus an weiterhin traumhafte Touristen-Steigerungen. Für Investoren gibt's weiterhin Incentives.

Als Israel im Jahr 2021 schneller als die meisten Länder mit einer hohen Impfquote im Rücken die Öffnung verkündete, ging ein Optimismus-Raunen durch die Welt und eine allgemeine Sehnsucht nach dem Beginn der Post-Covid-Ära. Israel selbst hoffte, bald an die frühere Tourismus-Nachfrage anknüpfen zu können und sie zugleich erheblich zu steigern. 2019 waren 4,5 Millionen Touristen in das 8,4-Millionen-Einwohner-Land, ein Rekord. "Allein die Nachfrage nach geführten Touren war kaum noch zu bewältigen", erinnert sich eine Gästeführerin. "Mit Covid sank die Nachfrage sofort auf Null. Der Staat startete Programme, um uns als Guides als Lehrer etc. anders einzubinden. Es war eine wirklich schwierige Zeit."

2021 und 2022 sollte wieder der grosse Aufbruch folgen, auch wenn sich Israel durch Covid-Rückschläge erst im März 2022 – und damit später als ähnliche Reiseziele in der Region und in Europa für den Incoming-Tourismus – öffnete. Yoel Razvozov, seit Sommer 2021 Tourismus-Minister der Vorgänger-Regierung Bennett-Lapid, machte sich persönlich stark für die Erholung. In einem eigens entwickelten Werbespot imitierte er James-Bond-Szenen vor verschiedenen Kulissen des Landes und warb für die Vielfalt vor Ort. Auch für die Mitarbeiter des Tourismus-Ministeriums war der Filmeinsatz ihres Chefs ein starkes Signal, nicht zuletzt, weil Yoel Razvozov den Werbespot aus seiner eigenen Tasche zahlte.

Die zu Beginn des Jahres zu beobachtende, positive Dynamik wird anhalten, ist Avia Magen von Fattal überzeugt. Foto: Cadya Lev

Die Übernachtungen steigen
wieder deutlich

Für Hotelgruppen wie Fattal "erwies sich 2022 als ein herausragendes Jahr", sagt Avia Magen, CEO von Fattal Hotels Israel, die national grösste Hotelkette mit 46 Hotels und 21 im Bau. Insgesamt steigerten sich die touristischen Einreisen ins Heilige Land von 397.000 im Jahr 2021 auf 2,675 Millionen zum Ende letzten Jahres. Das entspricht 60% des Reisevolumens von 2019 und brachte der Wirtschaft 13,5 Milliarden NIS. Die meisten Gäste kamen wie früher aus den USA, dann aus Frankreich und Grossbritannien, gefolgt – nicht mehr von Russland – sondern Deutschland, wobei der Anteil der Deutschen spürbar gesteigert werden soll.

Und wie früher kamen die Touristen für Pilgerreisen und individuelle Urlaubsreisen, für klassische Geschäftsreisen und MICE. Der Flughafen Ben Gurion östlich von Tel Aviv platzte Ende des Jahres aus allen Nähten. Dafür sorgten aber auch die weiter hohen bürokratischen Hürden bei der Ein- und Ausreise.

Im Jahr 2022 verzeichnete man über 20 Millionen israelische Übernachtungen in einer Vielzahl von Unterkünften in Israel und damit deutlich mehr als 2019. Die Einnahmen aus dem Inlandstourismus sind von 12,7 Milliarden NIS auf mehr als 17 Milliarden NIS im Jahr 2019 gestiegen. Der neue Tourismus-Minister Haim Katz will dabei weiter hoch hinaus: "Das Brechen des Rekords im Incoming-Tourismus von 2019 ist ein realistisches Ziel am Horizont. Der Inlandstourismus hat sich als eine ebenso wichtige Wirtschaftskraft erwiesen wie der Incoming-Tourismus."

Tourismus-Minister und Hotellerie halten zusammen

Katz ist seit 29. Dezember 2022 verantwortlich für den Tourismus im neuen "Kabinett Netanjahu IV". 2015 war er schon einmal Minister im Bereich Wohlfahrt und Soziale Dienste gewesen und trat 2019 zurück, nachdem gegen ihn Anklage wegen Betrug und Vertrauensbruch erhoben wurde, wie man bei Wikipedia lesen kann. Bei seinem neuerlichen Antritt im Tourismus-Ressort sagte er nun: "Das Ministerium spielt eine wichtige Rolle bei der Stärkung der Wirtschaft und der Werbung für das schöne Gesicht Israels. Unser Ziel ist es, neue Rekorde zu erreichen."

Der neue Tourismusminister Haim Katz und frühere Yoel Razvozov signalisierten bei der Amtsübergabe eine Fortführung bisheriger Programme.Foto: Shlomi Amsalem GPO

Bereits sein Vorgänger hatte die ehrgeizige Massgabe verkündet, in fünf Jahren 10 Millionen Touristen ins Land zu holen, was mehr als das Doppelte der Rekordzahl von 4,5 Millionen im Jahr 2019 wäre. Katz hat dem Ziel bislang nicht widersprochen. Die Januar-Daten dieses Jahres dürften ihn bestätigen, weil die Besucherzahlen bereits wieder bei 90% des Vor-Corona-Niveaus lagen.

Auch Fattal Hotels Israel ist hier bester Dinge: "Wir sind fest davon überzeugt, dass die zu Beginn des Jahres 2023 zu beobachtende, positive Dynamik anhalten und den Weg für ein noch erfolgreicheres Jahr ebnen wird", so die CEO Avia Magen Ende Mai gegenüber hospitalityInside.com, und sie betont weiter: "In Anbetracht des kürzlichen Regierungswechsels haben wir nicht nur eine reibungslose Kontinuität erlebt, sondern das Tourismus-Ministerium unter der Leitung des neu ernannten Tourismus-Ministers Haim Katz hat fleissig an der Förderung des Tourismus in Israel gearbeitet."

Das Ministerium und der israelische Hotelverband hätten in ihren Bemühungen "stets zusammengearbeitet und diese Partnerschaft ist nach wie vor unerschütterlich", so Magen. Gemeinsam stünden sie vor der Herausforderung, den Zustrom von Touristen nach Israel erheblich zu steigern. "Ähnlich wie seine Vorgänger erkennt auch Tourismus-Minister Haim Katz die entscheidende Rolle der Tourismus-Industrie für die Stärkung der israelischen Wirtschaft an. In diesem Sinne setzt er sich dafür ein, das touristische Angebot insgesamt zu verbessern und die Infrastruktur auszubauen. Gleichzeitig ist es offensichtlich, dass die Tourismus-Branche im Lande floriert."

Inzwischen gab es aber die schlimmsten Attentate seit rund 15 Jahren und hunderttausende Menschen gehen wegen der Politik der neuen konservativen Regierung seit Monaten auf die Strasse. Und dann starb im April ein italienischer Tourist auf der Strandpromenade von Tel Aviv nach einer Attacke mit einem Auto. Touristen, die in Israel getötet werden – das ist eine neue Stufe des Terrors. So sicher Israel in den letzten Jahren für ausländische Gäste gewesen war, so schwieriger wird es nun, dieses Bild weiter zu vermitteln.

Touristenströme aufs Land verteilen

Für die Entwicklung des Tourismus in Israel also auch herausfordernde Zeiten. Hinzu kommt, dass erst vor rund zwei Wochen der Haushalt für 2023 und 2024 verabschiedet wurde und damit auch das Tourismus-Ministerium im Juni/Juli mit einem Budget rechnen kann. Wäre die Verabschiedung des Haushalts bis zum 29. Mai 2023 nicht gelungen, hätte sich das Parlament automatisch auflösen müssen und es hätte Neuwahlen gegeben.

Die grundsätzlichen Zielsetzungen für den Tourismus haben sich bislang nicht geändert. "Wir müssen die Dienstleistungen weiter verbessern, sowohl für einreisende als auch für israelische Touristen. Wir werden daran arbeiten, die Infrastruktur zu verbessern und das Angebot an Unterbringungsmöglichkeiten zu erhöhen", sagt Katz.

Die Fattal-Gruppe hat gerade in Haifa mit dem Botanica Hotel ein weiteres Luxushotel eröffnet.Foto: Aya Ben Azri

Wie unter der alten Regierung sollen weiterhin die Touristenströme mehr von Tel Aviv und Jerusalem in alle anderen Landesteile verteilt werden, idealerweise mit Individual-Reisenden und weniger Gruppen, ob an die 130 Kilometer lange Mittelmeerküste bis nach Haifa in den Norden, ob in die Wüste oder ans Tote Meer bis nach Eilat ganz im Süden am Roten Meer.

Die Negev-Wüste, die 62% der Gesamtfläche Israels ausmacht, soll bis zum Jahr 2030 der grösste Besucher-Magnet innerhalb Israels mit sechs verschiedenen Regionen werden. Dafür ist u.a. der Ausbau der Zuganbindung geplant, die Sanierung der Küstenlinie von Eilat sowie auch neue Unterkünfte für unterschiedliche Zielgruppen – sei es mit Beduinenzelten, futuristischen Glamping-Anlagen mit transparenten Unterkünften in Kugelform, mit Familienhotels oder auch mit Hotels in Kibbuzen, die sich seit einigen Jahren vielerorts auf neue wirtschaftliche Füsse gestellt haben.

Katz wiederum will auch das Westjordanland, wo es seit Monaten verstärkte Unruhen gibt, mehr touristisch fördern, gerade auch für die Israelis selbst – was nicht jedem gefällt.

Mit den Plänen verbunden sind etliche Nachhaltigkeitsprojekte, für die sich das Land als Vorreiter sieht. Hier wurde die Tröpfchen-Bewässerung erfunden, hier fahren auf Tel Avivs Strassen Elektro-Busse, die sich auf dem Strassen-Belag aufladen – Israel als Hochtechnologie-Land mit Zentren wie Hazlyia nahe Tel Aviv, in denen u.a. Öko-High-Tech erforscht werden.

Subventionen für Hotel-Investments laufen weiter

An der ITB Berlin bestätigte das Tourismus-Ministerium in diesem Jahr, die bisherige Strategie mit Wüstenfokus etc. auch unter der neuen Regierung nicht ändern zu wollen. Die USPs bleiben die gleichen, es gelte, den Tourismus als stabile Säule des Landes weiterzuentwickeln. Dabei soll auch weiterhin das Hotel-Wachstum massiv vorangetrieben werden. Noch immer ist dafür z.B. das Subventions- und Incentives-Programm des Staates für Hotels in Kraft. Aktiv werden hier mögliche Investment-Projekte im ganzen Land promotet, worauf eine Landkarte im Internet hinweist [Red: bitte Firefox Browser benutzen].

Allein im letzten Juni hatte das damalige Tourismus-Ministerium 50 Millionen USD für den Bau neuer oder die Erweiterung bestehender Hotels bereitgestellt. Seit 2018 gewährt die Regierung einen Zuschuss in Höhe von 20% der Investitionskosten sowohl für den Bau oder die Erweiterung von Hotels als auch für die Restaurierung und Umnutzung von Gebäuden als Hotels – wenn diese ausserhalb von Tel Aviv und Herzliya angesiedelt sein.

Die Brown Hotels, wie hier in Jerusalem, gehören zu den am stärksten wachsenden Gruppen in Israel.Foto: Konzack

In Haifa z.B. präsentiert sich das Schumacher Hotel seit wenigen Monaten als Premium-Design-Hotel mit 40 Zimmern, Dachterrasse und einem Anbau in einer umgebauten Villa. Fattal hat kürzlich in Haifa das Luxushotel Botanica Haifa am Fusse der Bahai Gärten eröffnet und will in zwei Monaten das Canaan Spa Hotel als neues Luxus-Wellness-Retreat mit 123 Zimmern auf dem Berg Canaan im Norden des Landes starten. Als weitere Fattal-Hotels in verschiedenen Regionen sind Häuser in der Judäischen Wüste geplant, am Toten Meer, in Eilat und in der historischen Stadt Tiberias.

In der hügeligen Prärie findet man wiederum schon jetzt von Einzelbetreibern auch Boutique-Weingüter mit internationaler Weinschule. Und in den grossen Städten wachsen weiter die etablierten Hotelketten des Landes, allen voran die Brown Hotels, Isrotel, Prima Hotels oder eben Fattal Hotels mit Leonardo und anderen Marken.

Auch Accor hat für dieses und nächstes Jahr vier weitere Häuser in Jerusalem und Tel Aviv angekündigt, vor allem im Luxusbereich mit Swissôtel oder MGallery. Und Six Senses will nach dem Israel-Debüt im Jahr 2021 in der Negev-Wüste mit dem Six Senses Shaharut, im Jahr 2025 in Tel Aviv nachlegen. Das als LEED-Platin-zertifiziert geplante Denkmalschutzprojekt, das mit der Tidhar Group entsteht, ist am Rande des Rothschild-Boulevards eine Zusammenfügung von fünf Gebäuden aus dem Jahr 1909 und damit ein Teil des Erbes von Ahuzat Bayit, der ersten Siedlung der Stadt. Der künftige Rothschild 10 Turm des Six Senses Tel Aviv wird 140 Zimmer auf zehn Stockwerken beherbergen, hinzu kommen 55 Residences auf weiteren 21 Etagen, die von Six Senses betreut werden.

Doch das Bild, das Israel momentan der Welt von sich zeigt, ist zerrissen. Die neue politisch rechtsgerichtete Regierung sucht mit der Justizreform die Entmachtung des obersten Gerichts, so die Meinung der Demonstranten auf der Strasse. Als Netanjahu Ende März erklärte, die Entscheidung über die Justizreform auf Ende Juli nach der Parlamentspause zu verschieben, mag er gehofft haben, dass sich die Bevölkerung beruhigt und einfach in diesen Tagen den 75. Landes-Geburtstag feiern kann. Doch tatsächlich ist der Druck seitdem weitergewachsen.

Vor wenigen Wochen hat auch die Ratingagentur Moody's den Kreditausblick für Israel abgestuft. Wochenlang hatten da schon wichtige Wirtschaftsvertreter des Landes Brand-Briefe an die Regierung geschrieben. Vor allem die Hightech-Industrie, die 49% der israelischen Exporte stellt, ist in ihrem Protest laut und erste Firmen haben bereits ihren Rückzug aus Israel angekündigt.

Israel als begehrtes Touristenziel – der Tourismus soll hier eher als Botschafter und Vehikel fungieren und nicht als "Opfer" der Entwicklungen. Die Hotelbranche will in diesem Sinne die Fahne hochhalten und die avisierten Rekordzahlen unterstützen. / Sylvie Konzack

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