Wer gewinnt das Online Monopoly 12 ITB Hospitality Day Talk über die Rolle der Metasearcher und der Hoteliers

Wer gewinnt das Online-Monopoly?

12. ITB Hospitality Day Talk über die Rolle der Metasearcher und der Hoteliers

Metasearcher sind Konkurrenten von OTAs geworden. Zum Vorteil der Kunden.

Berlin. Die Hoteliers führen weiter ihren Kampf gegen die OTAs, doch diese haben inzwischen ganz andere Probleme: Sie müssen sich gegen Metasearch-Maschinen behaupten. Zudem sind Fusionen und Merger auch in diesem Segment längst an der Tagesordnung. Der Mittelstand scheint weiter abzudriften. Das gab auch Privathotelier Marius Donhauser zu. Trivago-Geschäftsführer Johannes Thomas setzt deshalb mehr denn je auf die Such-Erfolge für Einzel- wie Ketten-Hotels. Angesichts der Dynamik im Markt gab HRS-CEO Tobias Ragge in der Diskussion beim 12. "ITB Hospitality Day" im März in Berlin lokalen Playern grosse Chancen. Insgesamt aber entwickele sich der gesamte Vertrieb zu einem "Money Game".

Die zunehmende Konzentration in der Ketten-Hotellerie sieht Tobias Ragge, CEO der HRS Group, noch gelassen, er sucht lieber Optimierungswege für sein eigenes Business: "Die Ketten-Hotellerie hat insgesamt einen Anteil von 24 Prozent", sagt er. "Und alle mergern jetzt untereinander, weil man für die Investitionen in die Technologie einen Scale braucht." Rechne man aber beispielsweise den Markt-Anteil des Branchenriesen Marriott nach dem Starwood-Deal weltweit herunter, liege dieser nur bei drei Prozent, in Städten wie New York oder San Francisco erreiche er zehn Prozent. Und: Bereits 15 Prozent des Gesamtumsatzes eines Ketten-Hotels fliesse heute in die Zentrale. "Ein lokaler Player hat da durchaus Vorteile, wenn er flexibel ist und sich intelligent vermarktet", so Ragge. Die Global Player hingegen liefen Gefahr, zu arrogant zu werden und damit Gäste zu vergraulen.

Einem Hotelier, der sich auf seine Kern-Kompetenzen konzentriert und gute Vertriebspartner sucht, prognostiziert Ragge gegenüber der Ketten-Hotellerie durchaus noch Erfolgsaussichten. Anders sehe dies im Corporate Business aus, dieser Markt sei bereits zu 63 Prozent von der Ketten-Hotellerie besetzt. Ragge: "Wir wollen bis 2020 die weltweit beste Experience für Geschäftsreisende schaffen." Dazu gehörten neben dem Einkauf der Raten auch die Abrechnung sowie spezielle Programme für Firmen. Ob Metasearcher, Multisourcer oder OTA: Nach wie vor arbeiten alle mit der Marken-Hotellerie zusammen und diese betont inzwischen auch stets, nicht komplett auf die externen Vermarkter verzichten zu wollen – oder zu können.

Tobias Ragge, HRS: Distribution entwickelt sich zum 'Money Game'.

Eine lebhafte Runde an der ITB-Hotelkonferenz versuchte, die passende Vermarktungsstrategie für die Branche aufzuzeigen. Unter der Moderation von Quality Reservations-Geschäftsführerin Carolin Brauer präsentierten sich Trivago-Geschäftsführer Johannes Thomas, HRS-CEO Tobias Ragge und mit Marius Donhauser, dem Eigentümer des Hotels Salzburger Hof in Salzburg, ein online-affiner Vertreter der Privathotellerie. Neben seinem Job als Hotelier hat er auch das digitale Hotel-Organisations-Tool hotelkit gegründet.

Die Uhr lässt sich nicht zurückdrehen

Schnell zeigte sich auch hier: Die Zusammenarbeit der Hotellerie mit Drittvermarktern wie OTAs wird sich nicht mehr zurückdrehen lassen. Die eingangs an die Zuschauer gestellte Frage, ob die Hotellerie die Buchungen des Online-Gastes ein Stück zurückgewinnen könne, wurde beim ersten Anlauf positiver beantwortet als am Ende der Diskussion. Stimmten zu Beginn noch 54,5 Prozent mit "Ja" und 45,4 Prozent mit "Nein", gaben danach 42,1 Prozent ein "Ja" ab, 57,9 Prozent aber ein "Nein".

Johannes Thomas zeigte sich von der Zukunft der Metasearch-Maschine Trivago überzeugt. "Wir organsieren den Markt und machen ihn besser zugänglich", erklärte er. Der Kunde spare auf diese Weise Zeit und Geld. Der User müsse nicht mehr fünf bis zehn Plattformen besuchen. Trivago achte beim Anzeigen des Angebots auf Preis, Inhalt sowie Bewertungen. "Wir sammeln keine Bewertungen, schauen uns aber Reviews an und zeigen dem Nutzer per semantischer Analyse, was ihn an Qualität und Leistung erwartet."

Vor einer Konsolidierung auf dem Metasearcher-Markt fürchtet sich der Manager derzeit nicht. "Das Asset eines Metasearchers ist die Technologie", erklärte er selbstbewusst. "Wir sammeln innerhalb von Sekunden Preise von Websites zusammen und investieren in unsere Marke. Wir haben sehr früh entschieden, nicht von Google abhängig zu werden. Über die Hälfte der Nutzer kommen direkt zu Trivago." Dabei handle es sich um loyale Kunden, die Metasearch verstanden hätten und nutzen wollten. Man erkläre den Kunden die Geschäftsphilosophie von Trivago sehr genau, u.a. über den weltweiten Mr. Trivago Spot. "Wir haben die Transaktionsseite, aber keine Buchungsplattform. Wir wollen nicht, dass der Kunde sagt: 'Ich habe bei Trivago gebucht.' Wenn der Kunde bei uns anruft und umbuchen will, dann haben wir etwas falsch gemacht", so Thomas.

Johannes Thomas, Trivago: Der Kunde darf eine starke Suchmaschine erwarten.

Von der Mutter Expedia agiere man zu 100 Prozent unabhänig. Grösstes Ziel sei es, den "Looker" zum "Booker" zu konvertieren. Auch in Zukunft konzentriere sich das Unternehmen darauf, noch mehr Stärke bei der Suche zu entwickeln. "Wenn ein Kunde unser System nutzt, muss er sein Hotel finden", so Thomas. Angesprochen auf neue Player am Markt wie Check24 oder Verifox antwortete Thomas: "Unser grösster Markt sind die USA, dann Grossbritannien, diese Portale kommen aus der DACH-Region und werden nie so gut sein wie jemand, der sich mit 1.100 Mitarbeitern in 55 Märkten nur mit Hotels beschäftigt." Trivago treibe auch Systeme voran, die mit freien Suchbegriffen und mit Voice umgehen könnten.

Multisource contra Metasearch

Im Unterschied zur Metasearch von Trivago bietet HRS in Form eines sogenannten Multisource auf seiner Homepage auch Angebote anderer Anbieter an. "Wir integrieren andere Anbieter über APSs", erklärte Ragge. Biete dort jemand das Hotel günstiger an als HRS, könne man es über HRS durchbuchen. HRS übernehme das Fulfilment und das Customer Handling. "Der Kunde merkt nicht, dass er woanders bucht", so Ragge. Dafür bezahlen die anderen Anbieter dann aber eine Kommission an HRS. "Bei uns wird einfach angezeigt, wer Verfügbarkeit und den günstigsten Preis hat. Wir bekommen von den anderen Supplyern auch Kommission für jede Buchung." Geld erhält HRS erst im Erfolgsfall, das heisst bei einer Buchung.

Es erstaunt wenig, dass der Hotelier in diesem Raten-Karussell zunehmend an Einfluss und Überblick verliert. "Er hat andere Aufgaben," sagte dazu Donhauser. "Er kann sein Produkt bestimmen. Bewertungen und Produkte müssen gut sein. Dann befreie ich mich von dem Thema Preis."

Letztlich, so Ragge, koste auch die Direkt-Distribution ein Hotel viel Geld. Entscheidend sei, wer von den Anbietern den Arbitrage-Effekt besser abbilden könne. Er wisse, welche Wühlerei die Arbeit im Hotel sei, so der HRS-Chef. Daneben noch selbst die digitale Vermarktung zu optimieren, sei fast unmöglich. Diese Arbeit werde regelmässig unterschätzt. "Der Hotelmarkt läuft mit dem Preis in einer Struktur, die mit Überkapazitäten behaftet ist", argumentierte Ragge. Die Vermarktung funktioniere nur über den Mix. Hotels, die alles alleine abwickelten, könne man an einer Hand aufzählen. "Es ist ein Money Game, wer den Zugang kontrolliert" so Ragge. Entscheidend sei, wie Marken und Häuser gefunden würden, sei es über Google, Trivago, TripAdvisor, OTAs oder Apps. Auch Alexa, der digitale Sprachassistent von Amazon, sei ein grosses Thema der Zukunft.

Marius Donhauser: Ein Hotelier hat andere Aufgaben.Fotos: HI

Nischen für die Privathotellerie

Nach wie vor sei es schwierig, sich als Privathotelier selbst zu vermarkten, erklärte auch Johannes Thomas. Zwar kämen immer mehr Tools auf den Markt, die Direkt-Marketing vereinfachten. Technologie und Marketing müssten dabei aber Hand in Hand gehen. "Die Frage ist, wie positioniere ich mich online. Wichtig ist ein Storytelling über alle Kanäle hinweg", so der Trivago-Manager.

Gleichzeitig müsse man alle Portale im Blick haben, die auf Trivago aufgezeigt würden. "Wer sind Elvoline, 7ideas oder Rooms XXL? Wo kommen die her?" Trivago habe ein Relations-Team, das an alle Portale herantrete. Dann werde die technische Anbindung geprüft und letztendlich entscheide ein Auktionsmodell darüber, auf welche Position das Hotel gelange. Der ausschlagende Punkt sei der Hotelzimmer-Preis. Da Trivago am Click auf die weitergeleitete Seite verdiene, sei es entscheidend, wer den höchten CPC erziele. "Wenn ein Hotel eine höhere Click-Rate hat, dann können wir das in die Personalisierung mit einbeziehen", sagte er.

Angesichts der vielen Fusionen auf dem Ketten-Markt sehen sowohl Ragge als auch Thomas durchaus noch reelle Überlebenschancen für den individuellen Mittelstand: "Wenn sich der Hotelier auf seine Kern-Kompetenz konzentriert und ein paar Vertriebspartner sucht, kann er Erfolg haben," wiederholt Ragge.

Der Mittelständler selbst, Marius Donhauser, beobachtet die Fusionen auf dem Online-Buchungsmarkt eher sorgenvoll. "Ich hoffe, dass Google mit Hotelfinder erfolgreich ist und Amazon auch, damit nicht einer oder zwei den Markt beherrschen", sagt er. / Susanne Stauss

In einem separaten ITB-Pressegespräch äusserte sich HRS-CEO Tobias Ragge zu weiteren Aspekten des OTA-Marktes und zur Rolle von HRS.

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