Work Life Integration ist das Ziel ITB Hospitality Day-Talk Gen Y hinterfragt Hotellerie kritisch Arbeitgeber zeigen Wege auf

Work-Life-Integration ist das Ziel

ITB Hospitality Day-Talk: Gen Y hinterfragt Hotellerie, Arbeitgeber zeigen Wege

Kinder, Karriere und Gehälter... Diskussion im 5 Minuten-Takt und mit wechselnden Partnern... Was erwartet die Gen Y von ihren Arbeitgebern? Talk am ITB Hospitality Day 2013 in Berlin.

Berlin. Hundertprozentige Zufriedenheit wird es nach solchen Diskussionsrunden wohl nie geben, doch der diesjährige Dialog zwischen zwei Studenten der Ecole Hotelière de Lausanne und zwei Arbeitgebern besass seinen eigenen Charme: In wechselnden Paar-Kombinationen stellten beim 8. "ITB Hospitality Day" an der ITB Berlin die Studenten Adrian Ruch und Katharina Jäger, beide Anfang 20, der Human Resources-Chefin von Starwood Hotels und dem jungen Miteigentümer des Luxushotels Suvretta House in St. Moritz auf der Bühne Fragen zu ihren Karriere-Chancen und zum Markt. Der Saal, vollbesetzt, harrte der Dinge.

"Generation Y: Welche Erwartungen hat diese Generation an die Arbeitgeber?" Die beiden Hospitality-Studenten präsentierten sich in perfektem Dress, mit bestem Englisch und mit konkreten Fragen an Ingrid Eras und Reto Candrian. Im ersten Themenblock ging es um die Vorbereitung der eigenen Karriere. Wie sollten Studenten einsteigen?

Dialog zwischen Katharina Jäger und Ingrid Eras, Vice President People Development & Staffing Europe Middle East Africa bei Starwood Hotels & Resorts: Die HR-Chefin empfahl, die Kultur des Wunsch-Unternehmens gründlich zu recherchieren und mit den eigenen Bedürfnissen abzugleichen. Während die Studentin kritisierte, dass vieles aus ihren Studien-Praktika später in den Unternehmen wiederholt würde, wertete Ingrid Eras dies als Chance, um einen guten Überblick über die verschiedenen Abteilungen zu bekommen, um dann eigene Schwerpunkte setzen zu können.

Katharina Jäger fragt Ingrid Eras.

Dass andere Branchen wie die Banken oder der Einzelhandel heute häufig Hospitality-Studenten abwerben, konterte sie damit, dass die Hotellerie auch "Nicht-Hoteliers" beschäftige. Starwood schaut z.B. auch unter IT-Studenten nach Nachwuchs. Wer sich nicht sicher sei, seine Karriere in der Hotellerie zu beginnen, könne ja auch später einsteigen.

Genügt ein Bachelor als Abschluss oder muss es ein Diplom sein, fragte die Bachelor-Studentin Katharina. Antwort: "Es gibt kein Silbertablett. Ihre Karriere beginnt mit Ihrer Einstellung, Ihrer "attitude". Eine bessere Ausbildung hilft vielleicht, im Unternehmen schneller Karriere zu machen."

Nicht die Bezahlung zählt, sondern der Hygiene-Faktor

Dialogwechsel zu Adrian Ruch und Reto Candrian, Mitglied des Verwaltungsrats des Suvretta House St. Moritz. Adrian will zwei Jahre nach seinem Studium in das Development-Team einer Gruppe einsteigen. "Alles ist möglich," antwortet der Arbeitgeber, selbst erst 34 Jahre alt und vor der Rückkehr ins Familienunternehmen schon als Investment-Manager in Asien unterwegs gewesen. Er weiss seitdem: Wer Ehrgeiz und Leidenschaft beweist, ist nicht zu stoppen. Candrian, selbst ein EHL-Absolvent, ist sich zudem sicher, dass seine Karriere anders verlaufen sei, wenn er zunächst in der Hotellerie geblieben wäre. Er rät: Erfahrungen sammeln, sich auf die Aufgaben konzentrieren und ergänzt: "Leute, die nicht alles durchplanen, können erfolgreicher sein."

Dialogwechsel zu Adrian Ruch und Ingrid Eras: Es geht um die niedrige Bezahlung in der Hotellerie. "Ja, im Hotel kann das Anfangsgehalt niedrig sein," gibt die HR-Chefin zu. Die Bezahlung sei aber als eine Mischung von Geld und Benefits zu sehen - und das könne vieles kompensieren. Zudem sei neben der angemessenen Bezahlung der "Hygiene-Faktor" wichtig: Zu einem "gut bezahlten" Job zählen ihrer Meinung nach auch Kriterien wie Atmosphäre, Karriere-Perspektiven, Reise-Möglichkeiten. Das Ambiente eines guten 4- oder 5 Sterne-Hotels biete eine Bank nicht. Sie selbst hat in ihrem Leben eine Gehaltsreduktion von zwei Dritteln in Kauf genommen, als sie sich entschloss, Abschied vom gut bezahlten Expat-Leben zu nehmen und in die Hotellerie zurückzukehren, erzählt sie. Sie bat die Generation Y deshalb um Geduld: Hotel-Gehälter würden besser werden, sobald man die Karriereleiter aufsteigt. Die Hotellerie sei immer noch ein grosse Wachstumsbranche weltweit und stelle Leute ein – im Gegensatz zu anderen Branchen.

Adrian Ruch fragt Reto Candrian.

Nicht Work-Life-Balance,
sondern Integration das Ziel

Und wie reagiert eine HR-Chefin, wenn Hospitality-Studenten die Branche verlassen?, wollte Adrian wissen. Wegen 100 Euro mehr sei es eine Schande, meinte sie. Warte eine bessere Karriere, habe sie Verständnis dafür. Job und Bezahlung in der Hotellerie sollte man deshalb unter der Langzeit-Perspektive zu betrachten.

Dialogwechsel zu Katharina Jäger und Reto Candrian: Es geht um lebenslanges Lernen. Die Studentin wollte wissen, ob Reto Candrian die Weiterbildung der jungen Arbeitnehmer fördere. Das liess den Arbeitgeber vorsichtig werden: "Viele Junge sammeln einfach nur Weiterbildung oder Zertifikate für ihren Lebenslauf," bremste er ab. Er ist - an der Spitze eines Familienunternehmens - bereit, selektiv in Mitarbeiter zu investieren, die über längere Zeit bleiben möchten. Viele Mitarbeiter sind heute über 20 Jahre, einige über 45 Jahre im Haus. Nur Personal, das länger bleibt, bringe ein Unternehmen weiter, so Candrian. Er erlebte aber auch, dass junge Mitarbeiter, die im Suvretta House einen guten Start hatten, später wieder zurückkehren würden.

Dialog zwischen allen zum Thema Work-Life-Balance: Dieser Ausgleich sei nicht nur der Gen Y, sondern jeder Generation und jeder Branche wichtig, betonten die Arbeitgeber – Polizisten und Krankenschwestern genau wie Hoteliers. Katharina Jäger pochte im Interesse aller Eltern nochmals darauf, die Situation für Familien zu verbessern. Die Antwort der HR-Chefin von Starwood: Familie und Privatleben zu integrieren, funktioniere in der Hotellerie durchaus, aber nicht im klassischen Sinne. Man müsse das Positive sehen und einsetzen. Shoppen am Montag? Ingrid Eras findet das gut. Reisen mit Ehemann und Skype? So lässt sich Privates mit Beruflichem verbinden. Allerdings, und hier war sie sich mit Reto Candrian einig, wird trotz vieler guter Einzelbeispiele auf Unternehmensseite noch viel Flexibilität gefragt sein. Deshalb mag Ingrid Eras auch nicht beim Begriff "Work-Life-Balance" stehen bleiben, sondern lieber die "Work-Life-Integration" anpeilen.

 Moderator Ruud Reuland stoppt die Zeit.Fotos: map

Das Fazit dieser Dialoge, die von Moderator Ruud Reuland, dem früheren Direktor der Ecole Hotelière de Lausanne und heute ein Berater in Sachen Education, sehr sensibel vorbereitet worden waren: Die Fragen der Studenten waren konkret, die Antworten der Arbeitgeber ähnelten eher um Verständnis werbenden Appellen. Dass das Thema "heiss" ist, zeigen auch die spontanen Zugriffe auf das ITB-Video: Binnen zwei Wochen zählte der "Hot Spot" um die Generation Y und ihre Fragen an die Arbeitgeber über 200 Aufrufe. / map

Das YouTube-Video zu dieser Talkrunde des ITB Hospitality Day 2013 in voller Länge – Klicken Sie hier

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