Bad Ragaz. Das Grand Resort Bad Ragaz in der Schweiz hat seine medizinische Strategie neu ausgerichtet: Ab 1. September ergänzt eine stationäre Rehabilitationsklinik das Angebot des führenden Wellbeing & Medical Health Resort in der Schweiz. Ein ungewöhnlicher Schritt für ein 5 Sterne-Resort mit Thermalbad, Casino und Golfplätzen. 18 Zimmer aus dem erst fünf Jahre alten Spa-Suiten-Hotel werden künftig nicht mehr Gästen, sondern ausschliesslich Patienten zur Verfügung stehen. All das hat seinen Grund – und soll dem Resort neue Umsätze bescheren. Peter Tschirky, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Grand Resort Bad Ragaz AG, erläutert die Hintergründe und die Vorteile für das Resort.
Gesundheit ist schon seit 1957 fester Bestandteil des Luxushotel-Konzeptes: Seitdem gibt es das "Medizinische Zentrum", das auf ambulanter Basis arbeitet und heute insgesamt über 70 Ärzte und Therapeuten in den Hauptfeldern Diagnostik, Präventivmedizin, Rehabilitation und Therapie beschäftigt. Der Ruf des Zentrums, in dem sich Promis, Fussball- und Ski-Nationalmannschaften behandeln und trainieren lassen, hat sich weit über die Schweiz hinaus einen exzellenten Ruf erworben.
Davon profitierten stets auch die beiden Hotels, das Grand Hotel Hof Ragaz wie auch das Grand Hotel Quellenhof mit dem jüngst dazu gebauten Spa-Suiten-Hotel. Drei Hotels mit 289 Zimmern, ein Busines & Events Center im Resort-Park wie auch die öffentliche, vor wenigen Jahren komplett sanierte Tamina Therme mit Thermalwasser aus eigener Quelle, ein eigenes Casino und die nahegelegenen Golfplätze – all das klang bisher schon immer nach einem runden Mix für ein anhaltendes Erfolgskonzept.
Doch auch das Grand Resort Bad Ragaz litt in den letzten Jahren unter den Auswirkungen der Finanzkrise und unter dem starken Schweizer Franken. Die Gäste der Kernmärkte Deutschland und Schweiz blieben aus, ebenso wie die sehnsüchtig erwarteten Asiaten, die die Schwankungen kompensieren sollten… Peter Tschirky musste sich selbst wieder stärker in der Operations engagieren – und lernte auf diese Weise seit 2009 sehr viel über das "Wahnsinnspotential", das das Thema Medizin in sich trage, sagt er heute rückblickend. "Wir mussten uns in diesem schwierigen touristisch-wirtschaftlichen Umfeld neu erfinden," resümiert der Hotelmanager nüchtern. "Und die Medizin ist sicherlich der richtige Weg dazu."
Spa-Suiten-Hotel
wandelt sich
So entstand die neue Strategie. Neben dem Medizinischen Zentrum gibt es ab 1. September jetzt also die neue "Clinic Bad Ragaz – The Finest Art of Rehabilitation". Mit ihr können Patienten künftig ihren Reha-Aufenthalt stationär auf 5 Sterne-Niveau verbringen, wenn sie von Leiden des Bewegungsapparats und von internistischen Problemen genesen müssen. Ab 2015 soll ein dritter Bereich über psychosomatische Rehabilitation folgen.
Damit ergänzt die neue Clinic mit ihren Feldern das Angebot des Medizinischen Zentrums mit den Fachbereichen Diagnostik, Ernährung, Dermatologie, Zahngesundheit, Frauen- und Augenheilkunde sowie Komplementär-Medizin.
Möglich wird der Betrieb einer stationären Klinik überhaupt aber erst durch die Hotel-Struktur im Grand Resort: Die 18 Zimmer für die künftigen Patienten hat man dem stylischen Spa-Suiten-Hotel entkoppelt. Damit sind die ersten drei Etagen des neunstöckigen Turms künftig nur für diese Zielgruppe reserviert und ausschliesslich über einen eigenen Eingang zugänglich. Es gibt keinerlei Verbindung zu dem regulären Gästetrakt, aber die gleichen kurzen Wege zu den Reha-Einrichtungen, die unmittelbar neben dem Spa-Suiten-Hotel liegen.
In den 50 bis 55 qm grossen Zimmern darf sich der Reha-Patient verwöhnen lassen - z.B. von dem Thermalwasser aus der eigenen Quelle, das nur im Spa-Suiten-Hotel aus den Wasserleitungen fliesst. Trotzdem mussten die Zimmer den gesetzlichen Anforderungen angepasst werden, ohne das Luxus-Design zu verletzen. "Wir haben 3,5 Millionen Franken in diese Infrastruktur-Anpassungen gesteckt," berichtet Peter Tschirky.
Das meiste davon floss in Sicherheitsmassnahmen: Patienten-Zimmer müssen beispielsweise Rufknöpfe in Bodennähe haben, Sofas mussten auf eine Mindesthöhe aufgepolstert werden, niedrige Tische durch Tische in regulärer Esshöhe ersetzt werden. Ein Bett von zweien muss verschiebbar sein, so dass der Patient von beiden Seiten einsteigen kann, die Waschbecken müssen mit einem Rollstuhl unterfahrbar sein, Türen brauchen behindertengerechte Breiten, Klinik-Türen dürfen kein Schloss haben…
Nach diesen Erfahrungen kann der Hotelier Tschirky nur noch den Kopf schütteln über so manche Diskussion im Markt: "Wer glaubt, dass man ein Hotelzimmer kosteneffizient sowohl für die Bedürfnisse von Gästen wie auch für Patienten ausstatten oder mit minimalem Aufwand umgestalten kann, irrt!"
Alternde Gesellschaft
erhöht die Nachfrage
"Wir rechnen mit einer Million Franken Anlaufkosten für die Clinic," kommt Peter Tschirky auf die betriebswirtschaftliche Seite zu sprechen. Bis Ende 2015 rechnet er für die 18 Zimmer mit 70% Auslastung, danach mit einer Voll-Auslastung. Die Voraussetzungen dafür klingen gut: Die Nachfrage nach Reha-Einrichtungen wird steigen.
So zitiert das Grand Resort Bad Ragaz die "Prognos"-Studie, nach der sich der Bedarf nach Rehabilitatstionseinrichtungen, die für die rasche Integration in den Berufsprozess, die Wiedererlangung der psycho-physischen Fähigkeiten bzw. die Wiedererreichung der Selbstständigkeit bis ins Jahr 2025 verfünffachen sollen. Die Gründe: die zunehmende Überalterung der Bevölkerung, die notwendige rasche Reintegration von qualifizierten Arbeitnehmern und der Trend zu verkürzten Aufenthalten in den Akut-Spitälern.
Diesen Trend haben offenbar auch andere erkannt. So entsteht, unabhängig von den Plänen im Grand Resort, im Nachbarort Fläsch bis 2017 eine neue OP-Klinik mit drei Operationssälen und 2.000 Operationen im Jahr. Betreiber wird die renommierte schweizerische Klinik Gut sein, die bereits Kliniken in St. Moritz und Chur betreibt.
Betuchte Gäste kommen als Patienten wieder
Solche Investments im Umfeld des Grand Resorts Bad Ragaz werden dazu beitragen, die Klinik-Zimmer im Spa-Suiten-Hotel künftig zu füllen – und in fernerer Zukunft vielleicht auch noch auszuweiten? Ganz von der Hand weisen mag Peter Tschirky diesen Gedanken nicht. Denn: Das Spa-Suiten-Hotel sei Fluch und Segen zugleich gewesen, "aber ich würde es wieder bauen!". Mit dem Turm und seinen 56 Design-Suiten hatte das Grand Resort 2009 seine Bettenkapazitäten um 20% erhöht, was die beiden etablierten Hotels Belegungspunkte kostete. Das Spa-Suiten-Hotel selbst schaffte zuletzt selbst aber nur knapp 50% Belegung – und ist trotzdem die "money-making machine": Das elegante Design-Hotel schaffte es in den letzten Jahren, die Crème arabischer Gäste anzuziehen, die über Wochen hin Suiten zu Top-Preisen buchen. Und Tschirky ist sich sicher: Spricht sich bei diesen Gästen, die teilweise ja auch aus medizinischen Gründen in die Schweiz kommen, der neue Clinic-Fokus des Spa-Suiten-Hotels herum, wird auch dies die Jahresauslastung stabilisieren.
Die stationäre Klinik wird dem Grand Resort wieder neue Umsätze aus dem zuletzt schrumpfenden Schweizer Markt bringen und damit die Abhängigkeit vom währungsabhängigen Geschäft mit dem Ausland verringern. Und betuchte Clinic-Patienten werden mit Sicherheit auch die Infrastrukturen und Services des übrigen Resorts in Anspruch nehmen.
"In der Schweiz werden solche Bewilligungen für stationäre Kliniken sehr selten vergeben," merkt der Vorsitzende der Geschäftsleitung der Grand Resort Bad Ragaz AG stolz an. "Unsere Vision war und ist es, das führende Wellbeing & Medical Resort in der Schweiz zu bleiben."
Die Bodenhaftung hat das Resort jedenfalls noch nie verloren. Ebenso bemerkenswert ist, dass sich das Unternehmen stets auch zu seiner lokalen Verantwortung bekennt. Die neue Clinic schafft 25 Arbeitsplätze. Mit über 700 Mitarbeitern ist das Grand Resort Bad Ragaz ohnehin schon der grösste Arbeitgeber der Region.
Eine Studie der Hochschule für Technik und Wirtschaft Chur analysierte die Wertschöpfung, die durch Ausgaben der Gäste generiert wird. Gemäss der Studie stiftete die Grand Resort Bad Ragaz Gruppe 2010 in der Gemeinde Bad Ragaz einen Nutzen von 41,7 Millionen Franken und im gesamten Kanton St. Gallen von 76,6 Millionen Franken. Werden die Mitarbeiter der Zulieferer hinzuaddiert, arbeiten 41% der Beschäftigten in Bad Ragaz direkt bzw. indirekt für die Grand Resort Bad Ragaz Gruppe. / map