Amsterdam/Berlin. Der Hotelverband Deutschland wie auch die schweizerische hotellerieSuisse und der europäische Dachverband HOTREC weisen Hoteliers darauf hin, dass sie mit jeweiligem Recht hadern, wenn sie ab 1. Juli die neuen AGB von Booking.com – und von Expedia – akzeptieren.
Ende letzter Woche hatte das Online-Buchungsportal mit Sitz in Amsterdam seinen Vertragspartnern kurzfristig mitgeteilt, dass man unbeeindruckt von der Abmahnung des deutschen Bundeskartellamts vom 2. April 2015 weiterhin auf seiner Raten-Paritätsklausel bezüglich der Hotel-Websites beharre. Setze der Hotelpartner die Zusammenarbeit mit dem Portal nach dem 1. Juli fort, träten die neuen AGB von Booking.com automatisch in Kraft. Expedia habe seine AGBs inzwischen denen von Booking.com angepasst, liess der Hotelverband Deutschland jetzt wissen.
IHA-Hauptgeschäftsführer Markus Luthe sieht durch diese Klauseln den klaren Versuch, den Hotel-Vertrieb "im Keim zu ersticken". Ausserdem "missachtet der Marktführer unter den Buchungsportalen mit diesem Vorgehen nicht nur die Wettbewerbshüter und die Rechtsprechung in Deutschland, sondern düpiert mit dem konzertierten Umsetzen innerhalb der EU auch die französische Nationalversammlung, die derzeit ein umfassendes gesetzliches Verbot eben dieser Paritätsklauseln auf den Weg gebracht hat.".
Die IHA weist darauf hin, dass auch Bookings modifizierte Raten-Parität mit geltendem Kartellrecht nicht vereinbar sei. Jedes Hotel, das eine solche kartellrechtswidrige Klausel akzeptiere und damit zum Vertragsgegenstand mache, beteilige sich folglich selbst an einem Verstoss gegen deutsches und europäisches Kartellrecht. Letztlich könnten sogar empfindliche Bussgelder und Schadensersatzansprüche drohen. Den Sanktionen des Kartellamtes könne nur durch ausdrücklichen und eindeutigen Widerspruch entgangen werden.
Auf Macht-Missbrauch achten
"Viele Hoteliers werden sich zu Recht fragen, ob ein Widerspruch zu diesen AGB-Klauseln von Booking.com nicht zu Repressalien wie einer Herabstufung im Ranking oder gar zu einer Auslistung führen könnte. Hier sollte der Hinweis genügen, dass jeglicher Vorstoss von Booking.com in eine solche Richtung absehbar einen Marktmacht-Missbrauch gemäss §§ 19 ff. GWB darstellen würde und das Unternehmen insbesondere mit Blick auf das noch laufende Verfahren vor dem Bundeskartellamt ein Bussgeld-Risiko von bis zu 600 Millionen Euro eingehen würde. Die Entscheidung liegt somit bei jedem Hotelier selbst", erläutert Luthe die Rechtsauffassung des Hotelverbandes Deutschland.
Bezeichnend ist für den Hotelverband Deutschland auch, dass Booking.com den Hotels zu suggerieren versuche, die neuen AGBs seien genau so mit den französischen, italienischen und schwedischen Wettbewerbsbehörden vereinbart worden. Ein Blick auf die Details offenbart aber bemerkenswerte Diskrepanzen:
• Gegenüber den Behörden dieser Länder hat sich Booking.com verpflichtet, "keine vertraglichen Verpflichtungen zu vereinbaren oder durchzusetzen, die Unterkünfte verpflichten, dieselbe oder eine grössere Zahl von Zimmern gleich welchen Typs anzubieten als auf einem anderen Hotelbuchungsportal oder als der Unterkunft selbst vorbehalten ist". Gleiches gilt für die Geschäftsbedingungen für Endkunden.
• In den neuen AGBs will Booking.com aber hierzu abweichend bestimmen: "Während der Laufzeit der Vereinbarung) gibt die Unterkunft Boo-ing.com jederzeit Verfügbarkeiten von Zimmern und Zimmerkategorien und gewährt Booking.com fairen Zugang zu allen Zimmern und Zimmerkategorien und Raten." / red