Ja Nein Vielleicht Finanz Experten entschleiern das Schreckgespenst IFRS 16 Lease
HI+

Ja? Nein? Vielleicht?

Finanz-Experten entschleiern das Schreckgespenst IFRS 16 Lease

Mit IFRS 16 stehen Pacht-Verträge jetzt auf internationalem Prüfstand.Foto: Christian Delbert, Fotolia

München. Der neue Standard zur Leasing-Bilanzierung soll vor allem für mehr Transparenz und bessere Vergleichbarkeit sorgen. Und so macht IFRS 16 mit bilanzneutralen "Off-Balance"-Darstellungen gleich einmal Schluss – ohne Übergangslösung oder Ausnahmen für alte Verträge.

Ab 1. Januar 2019 muss jede Art des Leasings in der Bilanz auftauchen. Auch einen Teil der Hotel-Branche stellt das vor Herausforderungen, denn auch Pacht-Verträge – neue wie bestehende – fallen unter den Leasing-Begriff. Worauf sich börsennotierte Hotelbetreiber-Gesellschaften nun konkret einstellen müssen – und welche Lösungswege es gibt, erklärt Beatrix Boutonnet nach Gesprächen mit den Experten von Colliers Int., JLL, Rödl & Partner, Jung & Schleicher, der Bayern LB, DG Hyp und der Deutschen Hypothekenbank.

Seit der Finanzkrise 2008 regieren in Politik und Wirtschaft Vorsicht und Misstrauen. Immer unsicherere Konjunktur-Daten und schwerer einzuschätzende Ertragssituationen bereiten Analysten und anderen Stakeholdern zunehmend Probleme. Vor allem aber missfallen diesen die Möglichkeiten zur Bilanz-Kosmetik, mit der Unternehmen ihre wahre Finanzlage verschleiern können.

Damit soll nun zumindest beim Leasing, so das International Accounting Standards Board, Schluss sein. Das internationale Gremium von Rechnungslegungs-Experten hat nach mehrjähriger Arbeit am 13. Januar 2016 den neuen Rechnungslegungsstandard "IFRS 16 Lease" veröffentlicht. Er löst den IAS 17 ab, der seit 1984 galt. An die Auswirkungen des neuen Standards muss sich auch die Hotellerie herantasten, denn auch Pacht-Verträge – neue und bestehende – fallen unter den Leasing-Begriff.

Was hat sich geändert?

Bislang war für die Klassifizierung eines Leasing-Verhältnisses in erster Linie nicht die rechtliche Gestaltung des Vertragsverhältnisses von Bedeutung, sondern der wirtschaftliche Gehalt. Das schaffte Spielräume für bilanzpolitische Kosmetik, da nur das Finance Leasing, nicht aber Operate Leasing in der Bilanz auftauchte.

Andreas Erben: Eine finale Aussage gibt es noch nicht.

In dem neuen Standard wird nun grundsätzlich jedes Leasing-Verhältnis bilanzwirksam erfasst. Das heisst: Leasingnehmer müssen zukünftig ein Nutzungsrecht an dem Leasing-Gegenstand aktivieren und die aus dem Leasing-Vertrag resultierende Zahlungsverpflichtung passivieren. "Mit diesem right-of-use Modell trägt das IASB der Kritik an den Regelungen des derzeitigen Leasing-Standards IAS 17 Rechnung, die vielfach genutzt wurden, um Leasing-Finanzierungen "off-balance" abzubilden", fasst Karsten Ganssauge, Partner in der Grundsatzabteilung von PwC und Experte für Leasing-Bilanzierungsfragen, den neuen Standard zusammen.

IFRS 16 Lease: Noch ist nicht alles festgezurrt

In Bezug auf die Auswirkungen des neuen IFRS 16 Lease ist dennoch vieles derzeit noch vage. Eines allerdings ist schon jetzt klar: Auf die Hotels und ihre Finanzabteilungen, die nach IFRS bilanzieren müssen oder wollen, werden Änderungen zukommen. Wie gross und einschneidend sie sein werden, darüber wird derzeit noch heftig spekuliert. Die Palette reicht vom Katastrophen-Szenario bis zu der völlig entspannten Einstellung, dass es schon nicht so schlimm kommen werde.

"Eine finale Aussage über die Auswirkungen der IFRS-Richtlinie/Leasing-Bilanzierung auf die Hotellerie lässt sich momentan leider noch nicht treffen", sagt Andreas Erben, Geschäftsführer bei Colliers International Hotel, Berlin. Seiner Meinung nach werden die Politik und auch die involvierten Berater nicht unerheblichen Einfluss darauf haben, welche Auswirkungen tatsächlich entstehen werden. Im Endeffekt seien es bilanzielle Planspiele, die dadurch stattfinden – ohne Folgen für das Tagesgeschäft. "Ob und wie diese Planspiele sich wirtschaftlich auswirken können, hat im Wesentlichen mit der Eigenart jedes einzelnen Hotel-Betriebs und der Grösse des jeweiligen Hotel-Konzerns bzw. der Gruppe zu tun", so der Hotelexperte weiter.

Entwarnung: Nicht alle Hotelbetreiber betroffen

Christian Landgraf: Stichtag ist 1.1.2019.

Im Fokus stehen im wesentlichen Hotel-Betreiber, die entweder börsennotiert oder sonst am Kapitalmarkt tätig sind, indem sie beispielsweise Schuldinstrumente wie Anleihen ausgegeben haben, die am geregelten Markt gehandelt werden. Auch für sie besteht eine Verpflichtung zur Bilanzierung nach IFRS. "Sie müssen ab dem Stichtag 1.1.2019 alle zu dem Zeitpunkt laufenden und neuen Pacht-Verträge in ihrer Bilanz ausweisen", sagt Christian Landgraf, Partner, Wirtschaftsprüfer und Leiter Capital Markets & Accounting Advisory Services bei Rödl & Partner mit Sitz Nürnberg. Auch nach dem IFRS Standard – allerdings freiwillig – bilanzieren oft Hotel-Gesellschaften, die beispielsweise eine angelsächsische Muttergesellschaft haben.

Die Auswirkungen des neuen Standards treffe also insbesondere Hoteliers, die Immobilien gemietet oder gepachtet haben, ergänzt Rechtsanwalt Dr. Mathias Jung von Jung & Schleicher Rechtsanwälte in Berlin. Gesellschaften, die Hotels in eigenen Immobilien betreiben, werden wohl keinen Anpassungsbedarf haben. Auch für Unternehmen, die nach US GAAP bilanzieren, dürfte, so Jung weiter, der neue IFRS-Standard keine allzu grossen Änderungen bringen, da nach US GAAP die Handhabung bzw. Grundproblematik bereits mehr oder weniger ähnlich bzw. gleich sei.

Anpassung jetzt schon möglich

Hotel-Gesellschaften, die bereits jetzt nach dem neuen Standard bilanzieren wollen, können das machen. Eine vorzeitige Anwendung verlangt aber zusätzlich die Anwendung von IFRS 15 zur Umsatz-Realisierung. In der Praxis sieht das so aus: Die operativen Leasing-Verträge in den Datenbanken müssen an den neuen Standard angepasst werden und um weitere Angaben ergänzt werden. Insbesondere sind Abzinsungs-Zinssätze zu ermitteln. Erleichterungen gibt es für Leasing-Gegenstände mit geringem Wert sowie für Leasing-Verhältnisse mit kurzer Laufzeit. Beides dürfte aber in der Hotellerie nicht wirklich relevant werden, da die meisten Hotelpacht-Verträge längere Laufzeiten und auch höhere Werte bei den Gegenständen erreichen.

Dr. Mathias Jung: Wer eigene Immobilien betreibt, hat's leichter. 

Hotel-Betreiber, die nach dem bisherigen deutschen Standard HGB bilanzieren – darunter fallen viele deutsche mittelständische Betreiber und Hotel-Ketten – sind von dieser Regelung nicht betroffen. Ein Vorteil für sie, glaubt Jung, denn schon jetzt zeichne sich ab, dass diese in vielen Fällen bei Eigentümern dadurch punkten können, dass sie auch weiterhin eine reine Festpacht anbieten können. Versicherungen und einige Fondsarten dürfen aufgrund ihrer Regularien keine Hotels mit Management-Verträgen wählen.

Das Ende der Gestaltbarkeit

Bisher war es für Hotel-Betreiber, die ihr Hotel pachteten anstatt es zu kaufen und nach IFRS Standards bilanzierten, mehr oder weniger eine Sache der Gestaltung, erklärt Landgraf. Nach dem bisherigen Standard IAS 17 gab es einen Kriterien- bzw. Indikatoren-Katalog, der über die Zurechnung des wirtschaftlichen Eigentums und somit über die Einordnung als Finance oder Operate Lease entschied. Das Erfüllen der Voraussetzungen ist allerdings durch Vertragsgestaltung in gewissem Umfang beeinflussbar, präzisiert Landgraf.

• Bei einem "Finance Lease", der eher einem fremdfinanzierten "Kauf" gleicht, wird der Leasing-Gegenstand als Vermögenswert in den Aktiva und gleichzeitig mit einer entsprechenden Verbindlichkeit in den Passiva abgebildet.

• Ein "Operate Lease", der einer Miete entspricht, wurde bisher bilanzneutral dargestellt und erschien nicht in der Bilanz. Eine Erwähnung im Anhang reichte aus. Dieser wurde allerdings häufig kaum wahrgenommen. Der Betreiber musste die Leasing-/Pacht-Zahlungen lediglich im Aufwand in der Gewinn- und Verlust-Rechnung verbuchen.

Da die Kriterien für die Einordnung in Operate und Finance Lease stark ermessensbehaftet waren und sind, stand dieses Vorgehen schon seit langer Zeit in der Kritik. Kein Wunder: Nach Erhebungen des IASB werden ca. 85 Prozent der weltweit bestehenden Leasing-Vereinbarungen – rund 3,3 Billionen US-Dollar – bislang off-balance geführt und erscheinen nicht in der Bilanz.

Mehr Transparenz und Vergleichbarkeit

Gregor Büchner: Die Finanz-Abteilungen sprechen mit.

Kerngedanke des neuen Standards ist es, beim Leasingnehmer, also dem Hotel-Betreiber, generell alle Leasingverhältnisse/Pacht-Verträge und die damit verbundenen vertraglichen Rechte und Verpflichtungen in der Bilanz zu erfassen, Risiken sichtbar zu machen und dadurch für alle Stakeholder mehr Transparenz und Vergleichbarkeit zu schaffen. In der Bilanz sollen nun die langfristigen Leasing- und Miet-Verpflichtungen auf der Passivseite den positiven Betrachtungen – d.h. den Einnahmen und Umsätzen aus den Nutzungsmöglichkeiten in der Zukunft – gegenübergestellt werden. Der IASB will mit der neuen Regelung verhindern, dass hohe Verbindlichkeiten versteckt werden. Daher sei die Anwendbarkeit auf bestehende Miet-/Pachtverträge aus Sicht der IASB logisch, so Anwalt Jung.

Die Probleme hinter den Veränderungen

Den Betreibern, die nach IFRS bilanzieren, könnten Miet- und Pacht-Verträge nach allgemeiner derzeitiger Einschätzung dennoch Probleme bereiten: Durch die Bilanz-Verlängerung wird das Eigenkapital auf dem Papier geschwächt. Nach Einschätzung der IASB zählt daher auch "Travel and Leisure" – und damit auch die Hotellerie – nach ihrer Analyse "Effects Analysis" zu den Geschäftszweigen, bei denen sich die neue Bilanzierung stärker auf die Abschlüsse auswirken wird.

Konkret ändert sich wirtschaftlich durch die neuen Bilanzierungsstandards nichts, hebt Wirtschaftsprüfer Landgraf noch einmal hervor, ändern werden sich durch die Bilanz-Verlängerung "nur" manche Kennzahlen wie beispielsweise der Verschuldungsgrad, die Zinsbelastung oder die Eigenkapital-Quote.

Dieser Effekt wird durch den degressiven Verlauf der Aufwandserfassung beim Leasingnehmer noch verstärkt, so dass die Gefahr eines sogenannten "Frontloadings" gegeben sein kann, da es zu einer Nach-Vorne-Verlagerung des Aufwands komme. Beim Cashflow dagegen werde sich wegen der Tilgungsleistungen der operative Cashflow zukünftig verbessern.
Das könnte je nach Gestaltung des Darlehnsvertrags durchaus relevant werden. Wichtig sei es daher für Hotel-Gesellschaften mit einem Operate Lease, frühzeitig mit ihrer Bank über mögliche Auswirkungen zu sprechen.

Und es gibt noch einen weiteren Problemkreis: In Kredit-Verträgen sind Kennzahlen regelmässig Gegenstand von Zusicherungen des Kreditnehmers. Um die finanzielle Situation eines Kreditnehmers beurteilen zu können, vereinbaren Banken immer Kennzahlen mit den Betreibergesellschaften, wie beispielsweise EK-Quote, Verschuldungsgrad, Liquiditäts- und Ertragslage. Der Kreditnehmer muss diese Kennzahlen der Bank turnusmässig mitteilen. Ändern sich die Kennzahlen, kann die Bank sie bei entsprechenden Klauseln anpassen. Im Extremfall kann das Nichteinhalten der Financial Covenant zur Kündigung des Kredit-Vertrags führen. Es muss daher sichergestellt werden, dass es, soweit Höchst-Verschuldungsgrade in Kredit-Verträgen vereinbart sind, nicht zu einer Verletzung dieser Zusicherung kommt, hebt Jung hervor.

Ursula Kriegl: Die Hotellerie ist progressiv.

Auch Andreas Erben von Colliers sieht Banken mit einer gewisse Problemstellung konfrontiert: Durch die Verlängerung der Bilanz kann sich die Eigenkapital-Quote reduzieren, ohne dass hierfür aus dem operativen Betrieb  ein Grund erkennbar ist.

Finanz-Experten sprechen jetzt mehr mit

Nutzungsvorteile aus dem Leasing werden über die Nutzungsdauer abgeschrieben bzw. der Finanzierungsteil im Finanzergebnis ausgewiesen. Daraus folgt, dass der bislang im EBITDA erfasste Aufwand nun unterhalb des EBITDA erfasst wird. Auch dies kann sich auf die Finanz-Kennzahlen auswirken. Markt-Teilnehmer schätzen daher, dass Finanzierungen durch die andere bilanzielle Behandlung nun einen höheren Erklärungsaufwand nach sich ziehen werden, auch wenn das zugrunde liegende Element – der Pacht-Vertrag und dessen Risiken – gleich bleiben.

Professionelle Finanzierungsinstitute sollten hierfür Verständnis aufbringen, sagen Experten wie Jung, dennoch werde es die Finanzierungen sicherlich nicht einfacher machen. Noch haben die Hotel-Betreiber Zeit, doch sie sollten sich möglichst bald über ihre individuelle Finanzsituation Gedanken zu machen und mit ihren Partnern sprechen.

Gregor Büchner, Director Corporate Solutions bei JLL, sieht auch den strategischen Aspekt des Themas. Zum einen werden die Finanz-Abteilungen zukünftig mehr bei Immobilien-Themen mitsprechen, damit alle verstehen, welche Auswirkungen Mietverträge auf die Bilanz haben. Andererseits werden Portfolien künftig auch aktiver gemanagt werden müssen. Bilanziell wird es künftig durchaus eine Rolle spielen, wann ein grosser Mietvertrag unterschrieben wird. Unternehmen, die sich bisher aus bilanzieller Sicht für Mieten entschieden haben, könnten sich durchaus zukünftig – sofern die Finanzierungssituation passt – wieder fürs Kaufen entscheiden. Allerdings sehe er keinen massiven Trend darin, so Büchner weiter.

Ursula Kriegl, Executive Vice President Hotels & Hospitality Group bei JLL, sieht das Thema ebenfalls eher gelassen. Die Hotel-Branche sei durch ihre internationale Prägung ohnehin vielen Immobilien-Asset-Klassen voraus. Es könne aber schon sein, dass durch der neue Standard der Trend zu Hybrid- und Management-Verträgen gestärkt werde und zukünftig Hotelketten auch wieder mehr kaufen.

Banken: Kredit-Kündigungen nicht in Sicht

Lothar Lohr: Kredite sollten nicht nachverhandelt werden.

Banken, die sich auf Hotel-Finanzierungen spezialisiert haben, wissen um die IFRS-Problematik. Eine Nachverhandlung der Kredit-Verträge sei bei der Bayern LB aufgrund der geänderten Bilanzierungsstandards kein Thema, da sie keine Gleitklausel in den Verträgen haben, so Lothar Lohr, Prokurist und Direktor Immobilienkunden Deutschland. Bei ausländischen Banken könne das anders aussehen. Er sehe in der neuen IFRS Bilanzierung kein grosses Thema, da er bei Finanzierungen auch losgelöst von der Bilanz und dem Kreditvertrag wesentlich weitschichtiger prüfe. Regelmässig tausche er sich beispielsweise auch mit den Bewertern der Immobilien über die Vervielfältiger aus. Der Beleihungswert sei eine rechnerische Grösse, wichtig sei aber vor allem der Marktwert.

Und was auch nicht vergessen werden dürfe, so Lohr, der Kredit-Vertrag werde ja meist mit dem Hotel-Eigentümer und nicht mit dem Betreiber geschlossen. Solange bei einem Kredit-Vertrag die Raten bezahlt werden, bestehe ohnehin keine Gefahr einer Kredit-Kündigung. Dennoch rät auch Lohr den Betreiber-Gesellschaften, sich frühzeitig mit allen Beteiligten zusammenzusetzen und über mögliche Konsequenzen zu beraten.

Ähnlich sieht es Uwe Barth, Leiter Kreditrisiko-Management DG Hyp, Frankfurt. Auch für ihn sei die Bilanz nur ein Aspekt unter mehreren bei der Beurteilung. Wichtig sei vor allem auch der Track Record des Betreibers.

Uwe Niemann von der Deutschen Hypothekenbank in Hannover betrachtet durchaus Kennzahlen des Betreibers und ihre Veränderungen, viel wichtiger sei aber, ob sich das Rating des Kreditnehmers insgesamt geändert hat. Das jedoch spiele bei den Vertragsverhandlungen erst nach Auslaufen des Kreditvertrages eine Rolle. Während der Laufzeit des Kreditvertrages würde man diesen ohne vertragliche Grundlage nicht ändern. Inzwischen ist der Finanzierungsmarkt wieder umkämpft. Gleitklauseln würden, so die Meinung vieler Banker, kaum akzeptiert werden. Und auch in der Rechtsprechung seien sie schwer durchzusetzen.

Uwe Niemann: Das Rating beobachten.

Mehrkosten in Sicht

Noch ein Blick auf die personelle und finanzielle Seite des neuen Standards. Die neue Richtlinie bringe durchaus auch eine Reihe von Kosten im Bereich IT, Compliance und Organisation mit sich, die viele Betreiber-Gesellschaften noch nicht auf dem Schirm hätten, warnt Büchner von JLL. Bisher nicht dokumentierte Daten müssten nun gesammelt und aufbereitet, Objekte neu bewertet werden. Richtig kompliziert werde es bei Optionen und indexierten Mietverträgen. Liegt nämlich ein indexierter Mietvertrag vor, so muss jedes Jahr eine Bewertung erfolgen.

Auch Mathias Jung bestätigt: Es muss also damit gerechnet werden, dass für nach IFRS-Bilanzierende künftig ein entsprechend hoher Umstellungsaufwand anfallen wird.

Lösungsmöglichkeiten

Hintertürchen gibt es kaum. Die grossen börsennotierten Gesellschaften und Hotel-Konzerne haben sich aber bereits vor Jahren auf das Thema eingestellt und entsprechende Anpassungen ihres Geschäftsmodells durchgeführt, sagt Erben. Viele Betreiber-Gesellschaften sind dabei, ihre Verträge rechtzeitig umzustrukturieren. Besonders Franchise liegt im Trend, denn dadurch ist weiterhin eine bilanzneutrale Erfassung möglich, denn Franchise-Verträge fallen nicht unter Leasing, der Franchise-Nehmer ist in der Regel auch nicht börsennotiert.

• IFRS-gebundene Pacht-Interessenten versuchen umzuschwenken, zunehmend entweder auf Mindest- bzw. Umsatzpacht-Modelle oder aber auf totale Hybridverträge wie beispielsweise Management-Verträge mit garantiertem GOP und Übernahme auch von betrieblichen Verbindlichkeiten durch die Management-Gesellschaft. Ob das letztlich gangbare Lösungen sein werden, lasse sich, so Jung, noch nicht sicher prognostizieren. Er vermute, dass man dies bei einer ersten Abschlussprüfung diskutieren müsse.

• IFRS oder US-GAAP gebundenen Betreibern werden zukünftig sicher noch mehr als bisher echte Management- oder Franchise-Verträge bevorzugen. Das vielbeschworene "Ende der Hotelpacht-Verträge" sieht Jung noch nicht. Sicherlich mache der neuen IFRS-Standard Management- oder Franchise-Verträge bei Betreibern noch populärer als sie es ohnehin schon sind. Umgekehrt eröffne der neue Standard vielleicht ungebundenen, nach HGB bilanzierenden Betreibern neue "Opportunities", da sich nicht alle Eigentümer von einem Festpacht-Modell verabschieden wollen oder können. Andererseits werden auch Versicherungen und Fonds-Gesellschaften es nicht mehr ganz vermeiden können, variable oder hybride Strukturen diskutieren zu müssen.

Ist die neue Bilanzierungsrichtlinie IFRS 16 Lease nun doch nur ein Sturm im Wasserglas? Nicht ganz, glauben die Experten, doch ganz so schlimm wie angenommen ist es auch wieder nicht. War bisher das Glas halb voll, so wird es nun mit der neuen IFRS-Regelung halb leer sein. Die Flüssigkeitsmenge jedoch bleibt gleich – und schliesslich kommt es nicht nur beim Rotwein und Whisky, sondern auch bei Hotel-Betreibern ganz besonders auf den Inhalt an. / Beatrix Boutonnet

Verwandte Artikel

Der Papier-Tiger

Der Papier-Tiger

2.9.2010

Augsburg. Fassungslosigkeit war in den vergangenen Tagen aus jedem Gespräch zu hören, das sich um ArabellaStarwood Hotels drehte. Niemand in der Branche versteht die Schnelligkeit der Entscheidung seitens der Schörghuber Unternehmensgruppe. Da es weder einen Zeit- noch Aktionsplan für die nächsten Monate der Hotelgruppe gibt, beginnen jetzt die Spekulationen. hospitalityInside.com hat bei Bänkern und Hotelgruppen nachgefragt, wie sie vor allem das Hauptargument sehen - die drohende Risiko-Erhöhung durch die zu erwartenden IFRS 17-Bilanzierungsrichtlinien. Im Gegensatz zur Schörghuber-Gruppe begegnen die meisten dem Thema sachlich-nüchtern und lösungsorientiert, selbst wenn sie Nachteile bei einer geänderten Bilanzierung erkennen.

{"host":"www.hospitalityinside.com","user-agent":"Mozilla/5.0 AppleWebKit/537.36 (KHTML, like Gecko; compatible; ClaudeBot/1.0; +claudebot@anthropic.com)","accept":"*/*","referer":"http://www.hospitalityinside.com/articles/ja-nein-vielleicht-finanz-experten-entschleiern-das-schreckgespenst-ifrs-16-lease,34291,269.html","x-forwarded-for":"18.226.251.68","x-forwarded-host":"www.hospitalityinside.com","x-forwarded-port":"443","x-forwarded-proto":"https","x-forwarded-server":"d9311dca5b36","x-real-ip":"18.226.251.68","accept-encoding":"gzip"}REACT_APP_OVERWRITE_FRONTEND_HOST:hospitalityinside.com &&& REACT_APP_GRAPHQL_ENDPOINT:http://app/api/v1