Nach der Mega Fusion Erinnerungen an Airlines
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Nach der Mega-Fusion: Erinnerungen an Airlines

Amsterdam. Arne Sorenson, Marriott-CEO und künftig Chef des neuen Marriott-Starwood-Riesen, versuchte letzte Woche nach der Ankündigung der Mega-Fusion die Gemüter zu beruhigen. Das gewachsene Marken-Portfolio scheint das drängendste Problem zu sein. Experten vergleichen die derzeitige Konsolidierungswelle mit der Situation der Luftverkehrs-Branche in der Vergangenheit.

Bei der Vorstellung der vergrösserten Marriott Group verkündete Arne Sorenson. "Wir wollen die beiden Ketten so schnell wie möglich zu einem einzigen Unternehmen vereinen, aber dabei wollen wir die Marken beibehalten. Es ist noch ein wenig zu früh, um eine endgültige Aussage zu treffen. Wir haben diese Marken, diese wirklich starken Marken mit einem ausgezeichneten Vertrieb. Wir wollen sie übernehmen, stärker machen und dazu bringen, schneller zu wachsen, als in der Vergangenheit."

Man möchte Sorenson glauben, denn Marriott ist es bereits gelungen, Ritz-Carlton zu integrieren, wobei die unabhängige Luxusmarke schliesslich zu einer gewöhnlichen Marriott-Luxusmarke herabgestuft wurde. Für manche ist es jedoch nur schwer vorstellbar, dass sich das Board allzu lange mit kränkelnden Marken zufrieden geben wird. So steht es beispielswiese mit Sheraton nicht zum Besten.

"Über diese noch nie dagewesene Vielzahl unterschiedlicher Marken den Überblick zu wahren, wie es Marriott nach der Übernahme tun muss, ist eine ziemliche Herausforderung", zeigt sich Micah Solomon, Kundenservice-Berater und Mitarbeiter des "Forbes" Online-Magazins, überzeugt.

"Davon auszugehen, dass die Fusion ein reiner Erfolg wird darf man getrost als höchst optimistisch bezeichnen. Der Erfolgsgrad wird vor allem davon abhängen, wie sehr Marriott sich zu den vielen Marken bekennt, die schon bald unter seine Fittiche fallen. Sollte das Unternehmen seiner bisherigen Linie treu bleiben und den einzelnen Marken ihre Freiheit lassen, bin ich durchaus optimistisch, was diese Fusion angeht."

Hyatt liquide genug für Übernahmen

Ellen Bruens, Senior Manager Communication bei Starwood Hotels and Resorts Benelux, hat keine Bedenken, in welcher Form die Übernahme die Aktivitäten von Starwood Hotels in der Region beeinflussen wird. "Vorerst läuft alles weiter wie bisher. Sobald die Übernahme abgeschlossen ist, werden die vergrösserte Reichweite und unsere gemeinsame globale Plattform dabei helfen, unsere Gäste- und Kundenbasis auszubauen, unser Treue-Angebot zu erweitern, unseren Hotels mehr Umsatz generieren zu lassen und unseren Eigentümern und Aktionären etwas zurückzugeben."

Noch kein Wort über redundante Arbeitsplätze und Marken. Wenn alles nach Plan läuft, wird die Übernahme Mitte 2016 abgeschlossen sein. Allerdings erklärte Starwoods aktueller Vorsitzender, Bruce Duncan, gegenüber dem "Wall Street Journal" am Tag der Übernahme überraschend: "Das bedeutet nicht, dass nicht jemand ein noch höheres Angebot abgeben kann. Wir sind verpflichtet, das zu tun, was für unsere Aktionäre das Beste ist."

Das klingt wie ein unterschwelliger Aufruf an Hyatt oder einen der chinesischen Investoren. Während letztere schlicht zu langsam waren, um sich auf einen Bieter für Starwood festzulegen, steht Hyatt als der grosse Verlierer da und ist sicher frustriert darüber, in letzter Minute überboten worden zu sein. Wie wird die Pritzker-Familie reagieren?

Jason Kaplan, ein Investor in den USA, glaubt, dass Hyatt wieder von der Börse geht. "Hyatt hat eine zweigeteilte Aktienstruktur, aber nur die A-Aktien werden öffentlich gehandelt. Das Unternehmen ist dabei, die A-Aktien schnellstmöglich zurückzukaufen. Wenn das Tempo anhält, wird es in drei Jahren keine A-Aktien mehr geben. Die kontrollierenden Anteilseigner könnten sich überlegen, das Unternehmen von der Börse zurückzuziehen."

Heute gehört die Gruppe der Pritzker-Familie, die 77,3 Prozent der Aktien besitzt. Goldman Sachs gehören 11,4 Prozent und Madrone Capital 9,2 Prozent. Das Unternehmen hat einen geschätzten Immobilienwert von 7,5 Milliarden Dollar. Es könnte seine Liquidität für Übernahmen im grossen Stil einsetzen oder für einen Rückzug von der Börse aufwenden – ein lukrativer Schritt für die Aktionäre." Eine interessante Theorie.

Weitere Konsolidierung trifft Verbraucher

Es wird wohl noch weitere Konsolidierungen im Beherbergungssektor geben. Aktivitäten starten, da andere Gruppen versuchen, auf diesen Mega-Deal zu reagieren. Die Vorstände sind nervös und suchen den Markt nach geeigneten Kandidaten ab. Sie müssen auf möglichst kosten-effiziente Weise weiteres Wachstum generieren. Laut Londoner Analysten gibt es derzeit mehrere Hotel-Transaktionen in verschiedenen Phasen der Durchführung. Hilton, IHG, Carlson/Rezidor, aber auch AccorHotels und Fairmont, um nur ein paar zu nennen, sehen sich allesamt unter Druck, da Grösse wichtiger ist denn je.

Das hilft bei den Verhandlungen mit OTAs, sorgt für mehr Stabilität, um disruptiven Geschäftsmodellen wie Airbnb zu widerstehen, schafft die Möglichkeit, den globalen Fussabdruck schneller wachsen zu lassen, und senkt schliesslich die Kosten im Kampf um die Kunden, die jeder haben möchte.

Eine weitere Konsolidierung scheint unausweichlich und viele Experten weisen darauf hin, dass die Hotelbranche im Vergleich zu OTAs und Fluggesellschaften noch immer stark zersplittert ist. Viele vergleichen die derzeitige Phase, in der sich der Beherbergungssektor befindet, mit der Situation der Luftverkehrs-Branche vor 15 Jahren. Damals war es wie ein Domino-Effekt. Genau wie heute die Wohnungsvermietungs-Gesellschaften strömten damals Billig-Airlines auf den Markt und brachten den kompletten Markt durcheinander – mit den Folgen, die wir heute kennen.

"Die Fusionen der Airlines führten zu höheren Flugpreisen, weniger lohnenswerten Vielflieger-Programmen sowie zu einem allgemein weniger umkämpften Markt", fasst ein Insider auf der Reisewebseite "Boarding Area" zusammen. "Wir haben erlebt, was weniger Wettbewerb mit der Luftfahrt-Branche gemacht hat, und ich es gibt keinen Grund, daran zu zweifeln, dass es der Hotellerie da anders ergeht. Am Ende trifft eine Markt-Konsolidierung immer die Verbraucher."

Weniger Auswahl, höhere Preise, weniger Innovation ... das befürchten Vielreisende, wenn sie an die Auswirkungen der Mega-Fusion denken. Andere gehen sogar davon aus, dass die OTAs eine dauerhafte Konsolidierung nicht überleben werden. Warum nicht? Wenn eine Megakette die Kontrolle über Preise, Inventar, Marketingstrategie, Vertrieb und Millionen treue Kunden hat und weiterhin in die richtigen Startups und neue Technologien investiert, wozu braucht sie dann noch eine OTA? – Das Spiel geht weiter. / SD

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