Supermarkt oder Feinkost Marken und Kooperationen nähern sich an Hotel Eigentümer haben die Wahl
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Supermarkt oder Feinkost?

Marken und Kooperationen nähern sich an: Hotel-Eigentümer haben die Wahl

Die Grenzen zwischen Ketten und Kooperationen fliessen, aber die Ketten bleiben selbstbewusst. 'Supermarkt'-Panel an der Expo Real 2014 mit Moderatorin Tina Froboese in der Mitte.

München. Internet-Buchungen nehmen zu und Gäste sind aufgeklärter denn je. Kein Wunder, dass Hotel-Eigentümer heute die Kosten für den Anschluss an eine uniformierte Marke aus dem Bauchladen der internationalen Ketten sehr kritisch hinterfragen. Diese stellen sich mit neuen Strategien darauf ein; Rückhalt erhalten sie bei der Expansion zudem nach wie vor von den Banken. Trotzdem nehmen Kooperationen immer stärker die Züge von Ketten an und punkten mit niedrigeren Kosten.

Für Ernst Hackmann, Associate Director bei der Deutschen Pfandbriefbank aus Unterschleissheim, sind Marken nach wie vor wichtig. "An erster Stelle wollen wir aber, dass unser Betreiber die Pacht bezahlt und seinen finanziellen Verpflichtungen wie Zinszahlungen nachkommt", erklärte er auf dem "Hospitality Industry Dialogue" zum Thema Marken auf der Expo Real in München Anfang Oktober. Er wisse, dass ein unabhängiges, kleineres Hotel flexibler auf Veränderungen reagieren könne als ein Kettenhaus. "Das müssen wir analysieren, aber für uns ist es einfacher, einer Marke zu vertrauen. Wir wollen einen Track Rekord, gute Kommentare in Bewertungsportalen und einen guten Vertrieb", so Hackmann. Neuen Konzepten gegenüber sei man nicht sofort aufgeschlossen, sie sollten sich zunächst bewähren. Man orientiere sich bei der Betreiberwahl eher an guten Erfahrungen aus der Vergangenheit.

Das klingt nach nichts Neuem und auch nicht danach, dass sich Banken überhaupt nach "Ketten-Alternativen" umschauen. Als genau solche sass Worldhotels auf dem Panel. Die 40 Jahre alte Kooperation – die unter dem Steigenberger-Dach als SRS begann – vereint unter ihrem Dach heute rund 500 Hotels, darunter auch kleinere Ketten. Worldhotels-COO Jeff Andrew glaubt nicht daran, dass Uniformität in Zukunft das Sagen haben werde. Vor allem in jüngerer Zeit erfreue sich Worldhotels regen Zuspruchs bei Hoteliers und Gästen. "Die Leute wollen nicht mehr im Marken-Supermarkt einkaufen", so seine Meinung. Kunden von Worldhotels wollten vor allem ihren Vertrieb stärken.

"Hotel-Eigentümer müssen sehr viel investieren. Alle Kosten steigen. Wer gerne und passioniert Hotels betreibt, hat bald keine Lust mehr, weil er kein Geld verdient. Das muss anders werden. Hier sehen wir unsere Rolle", so Andrew mit einem Seitenhieb auf die strengen Vorgaben der Ketten: "Wenn die Marke neue Betten oder Duschen beschliesst, dann hat das wenig mit Marken-Standard zu tun. Zudem sind die Franchise-Kosten sehr hoch, sie bewegen sich je nach Kette ab 5 bis zu 18 Prozent."

Luxushotelier, Franchisegeber und Kooperations-Vertreter: Markus Semer, Kempinski Hotels; Georg Schlegel, Choice und Geoff Andrew, Worldhotels.

Die Kosten bei Worldhotels für den Anschluss eines 200 Zimmer Hauses bezifferte er mit drei Prozent und damit vergleichbar mit den Konditionen von Franchise-Geber Choice. Auf Wunsch der Kunden gebe es inzwischen auch Häuser, die unter dem Worldhotels-Logo firmierten. "Unser Service hier ist mit dem einer Marke vergleichbar, auch wenn er weniger kostet," so sein nächster Seitenhieb. Worldhotels wird Ketten immer ähnlicher: Im April führte die Kooperation erstmals ein globales, virtuelles Loyality-Programm ein und schliesst damit auch in diesem Punkt zu den Ketten auf.

Marken sind Orientierung

Die Stärke seiner Marke setzt Markus Semer, Chief Group Development and Corporate Affairs Officer von Kempinski Hotels, dort ein, wo ein Haus sie am dringendsten benötigt. Mit den Regierungen von China und Abu Dhabi hat die Gruppe Verträge für ein Doppel-Branding mit den Kempinski-verbundenen Sunrise und Shaza Hotels geschlossen. Obwohl Kempinski auch Flaggschiff-Hotels mit starken Eigennamen wie das Adlon in Berlin, das Ciragan Palace in Istanbul oder das Vier Jahreszeiten in München betreibt, ist Semer davon überzeugt, dass der Verbraucher noch eine Marke braucht. "Loyalty-Programme sind wichtig und man würde in China kein Sunrise Hotel buchen, wenn dies nicht mit dem Namen Kempinski verbunden wäre."

Simon Allison, Chairman von Hoftel, einem internationalen Verband von Hotelimmobilien-Eigentümern, wies in München u.a. auf die unterschiedliche Wahrnehmung von Marken in verschiedenen Ländern hin. So sei beispielsweise Holiday Inn in China eine Prestige-Marke. Die Zugehörigkeit zu einer Marke, so Allison, sei aber keinesfalls ein Garant für dauerhaften Erfolg. "Die Marke selbst hat wenig Einfluss auf den Erfolg. Wenn der Markt zusammenbricht, brechen die Ketten auch zusammen", betonte er.

Ausserdem ergäben Umfragen stets, dass die beliebtesten Hotels weltweit keine Kettenhotels seien. Allison warnte die Eigentümer vor unüberlegten und zu teuren Franchise- oder Management-Verträgen. Man müsse seine Partner schon genau anschauen. Laut einer Untersuchung in den USA sei beispielsweise Westin über einen Zeitraum von zehn Jahren der teuerste Franchise-Geber. Komplett gegen Marken sprach aber auch er sich nicht aus. "Hospitality Europe besass das Sheraton Frankfurt Airport mit seinem direkten Link ins Hauptterminal. Das bedeutete, dort war immer etwas los; wir hätten es auch 'Simon-Hotel' nennen können, es wäre immer noch voll gewesen. Wir haben Sheraton dafür viel Geld für die Marke gegeben, aber in diesem Fall hat sie nicht viel beigetragen."

Als fünfter im Bunde wies Georg Schlegel, externer Berater für Choice Hotels, auf die Vorzüge und Besonderheiten seiner Marken hin. "Wir sind sehr dezent bei unseren Standards, wir konzentrieren uns mehr auf Qualität und adaptieren die Standards auf die regionalen Gegebenheiten. Uns genügen auch die lokalen Brandschutz-Standards." Deshalb seien die Choice-Marken besonders gut geeignet für Konversionen. Weiterhin wähle Choice die regionale Sprache für die Verträge und orientiere sich an regionalem Gesetz. In Europa unterstütze Choice die Franchise-Partner auch finanziell.

Bänker Ernst Hackmann und Investoren-Vertreter Simon Allison.

Grundsätzlich müsse eine starke Marke darauf achten, dass ihre Hotels zeitgemäss seien. Deshalb gebe es bei Choice jährliche Qualitätschecks. Bei der Einführung neuer Marken-Standards würden Franchise-Nehmer eingebunden. Die Franchise-Gebühren für ein Quality Hotel beliefen sich auf eine drei- bis vierprozentige Royalty Fee, die System-Gebühr betrage zwei Prozent des Zimmer-Umsatzes, weitere Kosten kämen kaum hinzu.

Immer mehr Partner für die Eigentümer

Ob Franchise-Geber, klassischer Betreiber oder starke Kooperation: Die Expansion schreitet voran: "Wir haben in diesem Jahr 13 Verträge unterschrieben und zur Zeit befinden sich 69 Kempinski Hotels im Bau", so Semer. In der Regel müsse sich die Gruppe nicht ins Eigentum einbringen, wobei sie dies grundsätzlich lieber täte als einen Pacht-Vertrag zu unterzeichnen. "Pacht-Verträge mögen wir nicht so gerne. Wir geben keine Garantie, aber ein Performance Sheet." Kempinski-Verträge würden über 10 bis 20 Jahre abgeschlossen, mit manchen White Label-Betreibern auch nur für fünf Jahre.

Von Moderatorin Tina Froböse, Managing Partner bei der bbg-Consulting aus Düsseldorf, auf jüngere Meldungen wie den Verlust des Airport Hotels in München an Hilton und ein Projekt in der Randregion Harz angesprochen, sagte Semer. "Das Airport Hotel am Flughafen in München ist auch heute voll. Wenn Sie in ein paar Jahren dort vorbeikommen, wird sich am Standard nichts verbessert haben. Das Haus ist für uns nicht strategisch wichtig, aber der wirtschaftliche Verlust tut uns weh. Wir verhandeln durchaus im Harz, denn wir sind innovativ. Wir sind da interessiert, wo unsere Marke passt."

Choice Europa ist derzeit in Polen und der Türkei sehr aktiv. In den nächsten Jahren solle das Deutschland-Portfolio auf 60 bis 80 Hotels, das polnische auf 20 bis 30 und das in der Türkei von derzeit vier Projekten auf 60 bis 80 Hotels wachsen. In Frage kämen dabei sowohl Conversions als auch neue Hotels. Worldhotels' Wachstum, so Andrew, verlaufe vor allem organisch. Ein Markt mit grossem Potenzial sei beispielsweise Afrika.

Simon Allison von Hoftel erkennt derzeit einen Trend zu Eigentümer-betriebenen Hotels. In Asien gebe es jedoch bisher fast nur Management-Verträge, in den europäischen Ländern Deutschland, Skandinavien und Spanien dominiere nach wie vor die Pacht und in den USA habe ein Hotel in der Regel vier Partner: den Eigentümer, einen Asset Manager, einen White Label-Betreiber und eine Marke. Während also Marken an günstigeren und lockereren Konzepten basteln, nähern sich die Leistungen der Kooperationen denen von Marken an. Der Kunde hat eine immer grössere Auswahl, vom Feinkostladen bis zum Billig-Supermarkt ist alles zu haben. Es kostet immer mehr Mühe, die Details genau gegenüber zu stellen und die erfolgversprechendste Wahl für jedes einzelne Haus zu treffen. / Susanne Stauss

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