Viel Feuer im Kessel Endlich starten mehrere Anbieter für MICE Direkt Buchungen
HI+

Viel Feuer im Kessel

Endlich starten mehrere Anbieter für MICE-Direkt-Buchungen

Kleine Seminare und überschaubare Konferenzen bilden das Gros der Nachfrage.Foto Ringhotels

Wiesbaden. Die Echtzeit-Buchbarkeit im MICE-Segment hinkt der Zimmer-Reservierung um Jahre hinterher. Anfragen werden dort immer noch "manuell" und mit Dinosaurier-Software gehändelt. Doch Experten sind sich einig, dass sich dies innerhalb kürzester Zeit ändern dürfte. Die Akquise dafür läuft in der Branche auf Hochtouren. In Deutschland hat Okanda seinen Start für reine Tagungsraum-Buchungen angekündigt, aus Belgien ist bereits Book2Meet am Markt und will das gleiche Angebot mit Zimmer-Buchungen verknüpfen, und schliesslich gesellt sich Expedia noch mit seinem Portal MeetingMarket dazu, das sich auf Abfragen und Preisvergleiche konzentriert.

Die Hotellerie hat ihre Preis- und Verfügbarkeits-Hoheit bei der Zimmerbuchung grösstenteils an externe Dienstleister abgegeben. Im Tagungsbereich ist dies noch nicht so. "Zwei Drittel der Veranstaltungen im MICE-Segment werden noch direkt gebucht", erklärte Gabriele Schulze, Herausgeberin der deutschen Zeitschrift "Tagungswirtschaft" und ehemalige Geschäftsführerin der deutschen Best Western Hotels, beim HSMA MICE Day in Köln vorletzte Woche. "Der Rest ist organisiert, das heisst er läuft über RFP-Portale." RFP steht für "Request for Proposal" – Anfragen.

Der Kölner Reservierungsportal HRS habe bereits 2007 angekündigt, die Buchbarkeit von Tagungen in Echtzeit anzubieten. Doch bis heute müsse der Bucher auf der Suche nach Tagungsstätten endlose Formulare ausfüllen, wenn er auf einen Anruf verzichten wolle. Zudem löse das Ausfüllen der Formulare in der Regel keine Buchung, sondern lediglich eine Anfrage aus, auf die der Raumanbieter dann wieder reagieren müsse. "In der Bestellannahme dominieren Word und Excel und die Software für den MICE-Verkauf ist ein Dinosaurier", so Schulze.

Gabriele Schulze: Dinosaurier-Buchungen sterben aus.

Allerdings: In den vergangenen Wochen ist Bewegung in den Markt gekommen. Am 17. Oktober kündigte der frühere Steigenberger-, Starwood-, Hilton- und Rezidor-Manager Dirk Führer in Deutschland und Grossbritannien den Launch des Online-Buchungsportals www.okanda.com für kleinere Tagungen an. Aus Belgien verschickte am 23. Oktober www.Book2Meet.com bisher bekannt als lastminutemeetingroom.com, eine Pressemeldung, die das Portal als grösste Online-Realtime Tagungsplattform Europas bezeichnet. Am 30. Oktober folgte schliesslich Expedia mit der Ankündigung, Tagungsräume live und direkt buchbar zu machen.

Okanda: Fokus auf kleine Veranstaltungen

Die Okanda-Plattform soll Anfang 2015 an den Start gehen und konzentriert sich ausschliesslich auf kleinere Veranstaltungen mit maximal 30 Personen. Zum Kreis der Investoren von Okanda gehören zwei Banken, die KfW und die NRW.BANK, sowie der Privatinvestor Thomas Götzfried aus Wiesbaden. Der Name Okanda ist der US-indianischen Sprache der Lakota entliehen und bedeutet sinngemäss "um einen Platz bitten".

"30 Prozent der Tagungen in Deutschland haben weniger als 30 Teilnehmer", erklärt Dirk Führer. Dennoch werde dieser Markt von den Tagungsraum-Anbietern vernachlässigt und dies, obwohl kleinere Räume – ob in Hotels oder Tagungszentren – im Schnitt weniger als 40 Prozent ausgelastet seien. Dabei setzten Tagungen mit maximal 50 Personen nach einer Studie der Wiesbadener Beratungsgesellschaft ghh consult jährlich 19 Milliarden Euro um. Aber: "Die Bearbeitung von Anfragen für kleine Tagungen macht viel Arbeit, sie sind Zeitfresser und haben in der Regel eine niedrige Conversion-Rate. Damit halten sie die Mitarbeiter vom grossen Geschäft ab - und genau hier setzen wir an", so Führer.

Dirk Führer: Okanda ist auf Mobile vorbereitet.

Mit Okanda lassen sich Tagungsräume und Meetings in nur drei Buchungsschritten direkt online beim Anbieter in Echtzeit buchen. Das Portal ist auch über alle mobilen Endgeräte zu nutzen. Die Tagungsstätte erhält ausschliesslich verbindliche Reservierungen, aufwendige Angebotsprozesse entfallen. Okanda hat kein Inkasso. Der Tagungsraum-Anbieter erhält die Kreditkarten-Informationen des Kunden. Dem Kunden stehen freie Tagungskapazitäten mit Preisen, Fotos, Raumbeschreibung und hinzubuchbaren Leistungen auf einen Blick zur Verfügung. Zudem kann er sein Meeting mit wenigen Klicks individuell zusammenstellen oder eine der Tagungspauschalen buchen. Der Sucher erhält innerhalb von Sekunden ein sofort buchbares Angebot. Der Anbieter hat zuvor 25 Optionen definiert, die er bietet.

Über das Produkt "Okanda Management Suite" steuert der Anbieter Verfügbarkeit, Preise und Tagungsangebote. So kann er beispielsweise – je nach Nachfrage und Kapazität – über die implementierte Yield-Funktion für den Raum bis zu acht verschiedene Raten einpflegen und so Auslastung und Ertrag optimieren. Erfolgt eine direkte Buchung über Okanda, werden für den Anbieter 12 Prozent Provision fällig.

White Label-Funktion und Dash Board

Zusätzlich bietet das Unternehmen Okanda-Partnern zusätzlich eine "White Label Lösung" an. Das heisst, die Tagungsräume eines Hotels beispielsweise lassen sich direkt über dessen Homepage buchen, ohne dass der Gast bemerkt, dass im Hintergrund die Plattform eines externen Partners agiert. Für Buchungen über die White Label-Funktion "Okanda Eclipse" muss der Anbieter bei Buchung acht Prozent Provision an Okanda bezahlen.

Hotelier Jürgen Gangl mag Okanda.

Ein weiterer Vorteil der Zusammenarbeit mit Okanda ist ein Dashboard zur Analyse des eigenen Meeting-Geschäftes. Damit kann der Anbieter beispielsweise erfahren, was Okanda für ihn erreicht hat, wie viele Räume angefragt und wie viele gebucht wurden oder wie die Buchungssituation in der Stadt war. Gemeinsam mit sieben aktiven Hoteliers arbeitet Okanda an der Optimierung dieses Dash Boards. "Wir sind unseres Wissens nach der Einzige, der beim Buchen 100 Prozent Echtzeit bietet. Wir sind ein dot.com-Unternehmen und das heisst auch, dass wir die Anwendbarkeit auf Wunsch innerhalb von 14 Tagen ändern können, falls aus den Reihen der User neue Vorschläge kommen", erklärt Björn Radde, Director Digital Management & eCommerce bei Okanda.

Kritik aus der Branche, dass über Okanda keine Zimmer gebucht werden könnten, entgegnet Radde: "58 Prozent der kleinen Tagungen sind maximal eintägig. Ausserdem verlinken wir Okanda mit der Website des Hotels. Wer also Zimmer braucht, kann sie parallel dort dazu buchen." Dass das Hotel seine Daten im Falle der Zusammenarbeit mit Okanda sowohl in seinem eigenen System als auch bei Okanda pflegen muss, halten Führer und Radde aufgrund der einfachen Bedienbarkeit ihres Portals für unwesentlich.

Grundsätzlich erhält ein Anbieter bei einer Buchung über Okanda immer noch eine Mail, damit er nicht vergisst, sie in sein System, zum Beispiel Fidelio, einzugeben und somit die Informationen auch beispielsweise an die Küche weiter zu leiten. Okanda akquiriert derzeit Tagungsräume in Städten mit hohem Tagungsaufkommen. Launch-Partner von www.okanda.com können sich dort kostenfrei registrieren.

Jürgen Gangl, General Manager des Park Inn in Berlin und Vorsitzender der Hoteldirektorenvereinigung Deutschland, hat sich bereits intensiv mit Okanda befasst und das System für gut befunden. "Das ist ein sehr schönes, interessantes Tool, das die Buchungen ohne Vorlaufkosten direkt ins Hotel bringt", sagt er. "Wir bereiten in unserem Haus schon alles für den Start vor. Dieses einfach und simpel gemachte System dürfte aber vor allem auch für den mittelständischen Hotelier interessant sein."

Felix Undeutsch: Die neue Expedia-Plattform startet in Deutschland.

Book2Meet und MeetingMarket: Grosser und selektiver Fokus

Okandas Mitbewerber Book2Meet aus Brüssel in Belgien verfügt nach eigenen Angaben bereits über mehr als 27.000 Tagungsräume an über 5.000 Orten in 15 Ländern Europas, bis zum ersten Quartal 2015 sollen es 100.000 Räume sein. Bei Book2Meet können Kunden einen Raum ab einer Aufenthaltsdauer von einer Stunde buchen und eine Online-Buchung für maximal 20 Teilnehmer bis spätestens 48 Stunden vor Anreise kostenfrei stornieren. Weiterhin will Book2Meet einen Rundum-Service für die Kunden anbieten und auch Taxi, Flug, Hotelzimmer oder Restaurant in Zusammenanhang mit den Tagungen über die Website buchbar machen.

Im Gegensatz zu Okanda und Book2Meet verspricht das neue MICE-Portal MeetingMarket von Expedia nicht die sofortige Buchung, sondern eine Echtzeit-Abfrage von Preis und Verfügbarkeit auf Knopfdruck. Es wird in Zusammenarbeit mit dem MICE-Beratungsunternehmen Domset aufgebaut. "Wir starten im deutschen Markt", sagt Felix Undeutsch, Projektmanager des Portals bei der Expedia Partner Service Group in Deutschland. Seit einiger Zeit laufe der Initialtest in Berlin, bis Ende 2014 können sich Hotels anmelden, um das Angebot zunächst drei Monate kostenlos zu testen. "Der Startschuss läuft aufgrund unserer Supply-Struktur zunächst über Hotels, später könnten sich auch andere Anbieter von Tagungsräumen anschliessen."

Zimmer-Anbieter sehen sich im Vorteil

Bereits heute lassen sich Tagungsräume über Expedia anfragen, der Anfrager wird jedoch von einem Call Center zurückgerufen, das die Anfrage konkretisiert und an das Hotel weiterleitet. Für das kommende Jahr plant Expedia das Anzeigen von Live-Verfügbarkeiten zu Live-Preisen. Das System durchforstet dann alle Hotels und Veranstaltungsservices, die in der Liste von Expedia MeetingMarket aufgeführt sind und filtert innerhalb von Sekunden die passendsten Resultate heraus. Automatisch werden Zimmerpreise und Verfügbarkeit der Veranstaltungsräume kombiniert.

Hotelier Stefan von Schlotheim mag MeetingMarket.

Laut Undeutsch wird es aber auch dann nicht möglich sein, direkt durchzubuchen. "Wir zeigen dem Anfrager aber dann definitiv nur Räume, die an diesem Tag tatsächlich verfügbar sind. Spätestens innerhalb von 24 Stunden, voraussichtlich aber viel, viel schneller, erhält er nach seiner 'Softbuchung' dann die Auskunft von Seiten des Hotels, ob sie angenommen wurde."

Zur Provision für MeetingMarket will Undeutsch keine Angaben machen: "Sie basiert auf den Komponenten Verpflegung, Technik, Raum und Zimmer. Jede dieser Kategorien hat andere Margen und die Provision hängt letztendlich auch von den Verträgen ab, die das Hotel bereits mit uns geschlossen hat."

Wie Okanda erntet auch MeetingMarket schon wohlwollende Kommentare aus der Branche. "Eine professionelle Bearbeitung von MICE-Anfragen ist sehr zeitintensiv und nur ein Bruchteil der Anfragen wird am Ende realisiert. Ein Tool wie MeetingMarket von Expedia optimiert den Anfrageprozess von Tagungsanfragen und Gruppenanfragen bereits im Vorfeld", erklärt Stefan von Schlotheim, Verkaufsdirektor des Kempinski Hotel Bristol Berlin.

Laut Undeutsch verzeichnet Expedia für das neue Tool bereits ein "wahnsinniges Interesse." "Unser Vorteil ist einerseits die Echtzeit-Anbindung an die Hotels, andererseits unsere globale Aufstellung." Insgesamt konstatiert er dem MICE-Buchungsmarkt: "Es ist derzeit viel Feuer im Kessel." Er sei davon überzeugt, dass vor allem die Anbieter von Hotelzimmern auf Hochtouren am Aufbau und der Optimierung weiterer Buchungstools arbeiteten.

Albert Wasl: Pionier beiMICE-Buchungen.

Das viel Bewegung im Markt ist, bewertet Schulze positiv und führt als weiteres Unternehmen mit Tagungsangeboten MeetingsMaker aus Grossbritannien auf. Dieser Realtime-Buchungsanbieter für Meetingräume habe dafür bereits eine Opera-Schnittstelle. Schnittstellen zwischen unterschiedliche Systeme schaffe zudem das Unternehmen Hetras, mit dem beispielsweise CitizenM bei der Tagungsraum-Buchung zusammen arbeite.

Nach vielen Jahren endlich der Durchbruch

Erste Versuche, Tagungsräume online darzustellen und direkt zu buchen, hat vor zehn Jahren schon Albert Wasl, Geschäftsführer der Münchner Werbe- und Kommunikationsagentur balleywasl, unternommen – im Auftrag der Leading Hotels of the World. Es kam damals aber nicht zur Umsetzung des "ganz grossen Plans", denn die Hoteliers wollte sich durch die Online-Kontingente nicht selbst blockieren: Sie fürchteten, dann u.U. keine grösseren Tagungen mehr annehmen zu können. Trotzdem nutzen heute etwa 100 Leading Hotels das Muster von Wasl in der Online-Darstellung ihrer MICE-Kapazitäten. Inzwischen gibt es natürlich noch sehr viele Tagungshotels mehr und die Einstellung gegenüber Online hat sich massiv verändert. / Susanne Stauss

{"host":"www.hospitalityinside.com","user-agent":"Mozilla/5.0 AppleWebKit/537.36 (KHTML, like Gecko; compatible; ClaudeBot/1.0; +claudebot@anthropic.com)","accept":"*/*","referer":"http://www.hospitalityinside.com/articles/viel-feuer-im-kessel-endlich-starten-mehrere-anbieter-fuer-mice-direkt-buchungen,32902,466.html","x-forwarded-for":"3.129.45.92","x-forwarded-host":"www.hospitalityinside.com","x-forwarded-port":"443","x-forwarded-proto":"https","x-forwarded-server":"d9311dca5b36","x-real-ip":"3.129.45.92","accept-encoding":"gzip"}REACT_APP_OVERWRITE_FRONTEND_HOST:hospitalityinside.com &&& REACT_APP_GRAPHQL_ENDPOINT:http://app/api/v1